M.I.GOD. - Specters On Parade | |
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Review von Metal Guru vom 15.02.2019 (4303 mal gelesen) | |
M.I.GOD. aus Nürnberg spielen laut Infoblatt 'Sophisticated Metal' - aha, mal wieder 'ne neue Schublade für anderweitig nicht kategorisierbare Musik oder fatale Fehleinschätzung, grenzenloser Größenwahn oder einfach nur die Wahrheit und nichts als eben diese (Wahrheit)? Und wenn schon: Kann mir vielleicht mal irgendjemand da draußen den Unterschied zwischen 'Progressive' und 'Sophisticated' Metal erklären? Auf spezielle Fragen erstmal allgemeine Antworten: Max Chemnitz (Führungsgesang), Dan Heß (Rhythmisierungsgitarre und Hintergrundgesang), Uli Holzermer (Führungsgitarre und Hintergrundgesang), Dodo Schmitt (weißschwarze Tasten und Hintergrundgesang), Mick Steger (Bassgitarre) und Eric Wunderlich (Schlagzeug) präsentieren nach ihrem 2012er Debüt "Floor 29" mit ihrem 2019er Zweitwerk "Specters On Parade" ein Konzeptalbum der durchdachten, elaborierten, verkopften Art - oh, my God! Egal, die eine Nürnberger Lady und die fünf Nürnberger Gentlemen können singen und spielen - keine Frage! Und einundzwanzig Stücke in sechsundsechzig Minuten und zwölf Sekunden sind sicherlich 'ne Menge Material und Zeit, um genau DAS zu beweisen - puh! Allerdings wird diese Materialmenge erstens durch sieben zwischengequetschte/vorangestellte/untergehobene Geräuschkulissen (Dröhnen/Schritte/Telefon, Glocken/Kirche/Orgel, Regen/Wind/Wetter) und zweitens durch den letzten (nicht wirklich zum Rest des Albums passenden Cover-)Song 'I Feed You My Love' relativiert. Bleiben runde fuffzich Minuten (Flyer-Zitat) 'Drama, Horror, Mystery und Thriller' - uiuiui ... "Specters On Parade" zeichnet sich durch bodenständigen Bass, melodischen/tonal ‚richtigen’/(für meinen Geschmack viel zu) viel Gesang, zwei 'männliche' (elektrifizierte, gedroppte und verzerrte) Gitarren, ein 'weibliches' (mir zu leises, zu seltenes, zu verhemmtes) Keyboard und ein (offensichtlich mit Füßen und Händen eingespieltes) Schlagzeug aus, zusätzlich die oben genannten Geräuschkulissen - so weit, so sophisticated! Die Produktion gefällt auch (kein datenminimierter MP3-Müll), aber bedingungslose Begeisterung will trotzdem nicht so recht (oder auch links) aufkommen - warum bloß? Ich mach's kurz: Weder kompositorisch noch instrumentell noch gesanglich hauen mich die "Specters On Parade" vom Hocker - das Teil strengt desto mehr an, je länger es läuft! Na ja, wahrscheinlich hab’ ich unter dem Begriff 'Sophisticated Metal' mehr 'aha'/weniger 'soso', mehr Innovation/weniger Tradition, mehr Musik/weniger Text, mehr Mut/weniger 'Nummer Sicher', mehr Überraschung/weniger Vorherhörbarkeit erwartet - selbst Schuld! Nein, meine Erwartungen werden viel zu verhemmt, viel zu selten, viel zu leise erfüllt - wenn überhaupt! Und dann Max: Er kann singen, trifft die Töne und vibriert verträglich - ja, ja und nochmals ja! Sein Stimmvolumen tönt dabei beachtlich, sein Stimmumfang hingegen begrenzt und seine Stimmfarbe macht mich (als heterogener 'High-Register-Lover') eher aus als an - sorry ... Wer sich im Besitz des Original-Booklets befindet (und sich zudem die Mühe macht, dieses auch zu lesen), wird gegebenenfalls feststellen, dass Herr Chemnitz hier als alleiniger Lead- und Backingsänger (zusammen mit Frau Schmitt) aufgeführt wird. DAS entspricht nur zum Teil den Credits, die somit die Livebelegung meinen könnten. DIE liegen auf einer Studioscheibe aber nicht vor - verwirrend! Ferner taucht im Kleingedruckten (und NUR da) mehrmals der Name Michael Sopolidis auf: DER verantwortet ('arranged, performed and recorded') demnach die oben erwähnten Geräuschkulissen, die ihrerseits einen nicht zu unterschätzenden Anteil des Gesamtwerks einnehmen - verwirrender! Schließlich wird Sänger Max (no barks, no growls, no screams) auch noch als alleiniger Arrangeur, Storyboarder und Texter hervorgehoben - musste diese Hervorhebung wirklich sein und wenn ja, warum? Ach so, die tiefsinnigen Texte über Selbstsuche, Entfremdung, Angst und so weiter - also, ehrlich gesagt erschließen sie sich mir kaum oder überhaupt nicht, was vielleicht an der Stimme, vielleichter am Thema, am vielleichtesten an der Wortwahl liegt. An der Sprache liegt's auf jeden Fall nicht, DENN: Die Deutschen im Allgemeinen/M.I.GOD. im Besonderen singen/sprechen heute ein bedeutend besseres Englisch als Krautkapellen der 70er (AMON DÜÜL, BIRTH CONTROL, ELOY, EMBRYO oder JANE als Krautlands peinlichste Vertreter). Trotzdem frage ich mich, warum der Nürnberger Sechser glaubt, ein 'sophisticated' Thema wie das selbst gewählte in einer anderen als seiner Muttersprache angemessen behandeln zu können? Bitte nicht falsch verstehen - englische Aussprache, englische Grammatik, englisches Vokabular - alles ok und Texte hör- und verstehbar, dennoch klingt "Specters On Parade" auf mich extrem gewollt, konstruiert und unlocker. Nach dreimaliger Kompletthörung (= auf der Suche nach irgendeiner Form nennenswerter Sophistication) gebe ich "Specters On Parade" ziemlich gefrustet auf - was nicht existiert, kann vielleicht gesucht, NICHT aber gefunden werden! Das mag abgewandt, allerhand und arrogant klingen, aber mittelmäßig memorable Melodien, kaum Keyboards, recht repetetive Rhythmen, eine starke (aber auf Dauer anstrengende) Stimme, eine strange (aber mich nicht ansprechende) Story und viel zu wenige positive Überraschungen ergeben eben nicht mehr als sex'n'halb 'unsophisticated' Tropfen ... Gesamtwertung: 6.5 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Vertigo 02. The Solitary Ghost 03. Tongues Of Poison 04. We All Belong To The Dark 05. Embracing The Neon 06. Titans Of The Void 07. The Sleeping Cruelty 08. Atelier Macabre 09. Specters On Parade 10. Sonata In Tenebris (Interlude I) 11. Tears Of Today 12. What's Your Favorite Scourge? 13. Chances 14. The Call 15. Weight Of A Million Souls 16. Cluster (Interlude II) 17. Bound To A Daydream 18. Between The Devil And The Deep Blue Sea 19. The Threshold 20. Terminus: Life 21. I Feed You My Love | Band Website: Medium: CD Spieldauer: 66:12 Minuten VÖ: 15.02.2019 |
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