Various Artists - Sound & Action - German Hardrock & Heavy Metal Rarities - Vo

Review von baarikärpänen vom 21.07.2021 (14901 mal gelesen)
Various Artists - Sound & Action - German Hardrock & Heavy Metal Rarities - Vo Wenn zwei wie Neudi und Oliver Butz, die man getrost (im positivsten aller Sinne) als Nerds bezeichnen darf, sich zusammentun, dann darf man Großartiges erwarten. Neudi braucht man nun wirklich niemandem mehr vorzustellen. Oliver Butz, den Herausgeber von Sound & Action, kann man ruhigen Gewissens eine lebende Enzyklopädie nennen, wenn es um das Undergroundigste des deutschen Metal-Undergrounds der Anfangsjahre geht. Wären beide als Wühlmäuse zur Welt gekommen, ganz Deutschland wäre wohl nach der Arbeit (darf man das so nennen, wo es doch um reine Liebhaberei geht?) die in "Sound & Action - German Hardrock & Heavy Metal Rarities - Volume 1 " steckt, großflächig untertunnelt. Was die beiden da ausgebuddelt haben, lässt so manchem selbsterklärten Szenekenner die Kinnlade nach unten klappen. Dazu zähle ich mich übrigens auch. Aber wenn selbst meine Wenigkeit nur ein Drittel der aufgeführten Bands kennt, dann bleibt nichts anderes übrig, als sich demütig und voller Hochachtung vor der Leistung von Neudi und Oliver Butz zu verneigen.

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Auf den beiden Scheiben dieses mehr als gelungenen Samplers befinden sich, lassen wir das Intro mal weg, 34 Songs. Natürlich könnte ich jetzt anfangen und jeden einzelnen Song hier "besprechen", aber darauf könnt ihr lange warten. Zum einen wäre jegliche Spannung weg und zum anderen - und das scheint mir der wichtigste Punkt - sollt ihr ja einen Anreiz haben, euch das Teil wegen des wieder mal göttlichen Booklets in die Sammlung zu stellen. Die Infos und kleinen Anekdoten (ich sage nur RIPPING ENTRAILS), die Neudi und Oliver Butz hier zusammengetragen haben, sind es einfach wert, gelesen zu werden. Also picke ich mir nur ein paar kurze Beispiele raus. Lassen wir vorab mal die bekannteren Acts wie TRANCE (neue Scheibe im August), MASS oder AVENGER (die späteren RAGE) außen vor und kommen zu einer der Frauen, die schon weit vor einer Doro Pesch mit den Größen des deutschen Rocks (UDO LINDENBERG) auf der Bühne stand: Jutta Weinhold. Auf "Sound & Action..." ist Weinhold mit ihrer Band (bestehend aus dem Who-Is-Who des deutschen Krautrocks) und dem kultigen Bluesrocker 'Teddy' in einer Live-Version aus dem Jahr 1978 vertreten. Knappe acht Minuten, genug Zeit für ausladende Soli. Schönes Beispiel dafür, wie tief Neudi und Oliver Butz gegraben haben. Zweite Band, die ich erwähnen möchte, sind EXPLODER aus Bremen. Die veröffentlichten ihre Scheibe 1987 via Rockwerk, ein Label, das die German Rockmusic Association Truppen zur Verfügung stellte, um so ihre selbstfinanzierte Scheibe einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Early stages of Bandcamp in gewisser Weise. Der hier vertretene Longtrack 'Berlin' ist ein Song, der mich quasi umgehauen hat. Tradtioneller Metal, der eigentlich alles hatte, um eine breite Öffentlichkeit anzusprechen. Kleines Schmankerl: der Song selbst stammt eigentlich von besagter LP, ist aber hier in einer früheren Version zu hören, was ihn umso rarer macht. Dritte im Bunde sind PETTYPEW aus Baden-Württemberg, die es immerhin auf eine 7" (1992), ein Album (1996) und eine EP (2002) brachten. Die Mischung aus Power- und Speed Metal läuft selbst 2021 noch mehr als gut rein. Und wieder reibt man sich verwundert die Ohren, warum auch diese Truppe nur echten Trüffelschweinen ein Begriff sein dürfte. Etwas, was wirklich auf den kompletten Sampler zutrifft, beziehungsweise auf alle beteiligten Bands (die bekannteren mal ausgeklammert). Und da ist es völlig egal, in welchem Subgenre die Bands unterwegs waren oder ob - wie im Falle von CYCRA - kein geringerer als Tom Warrior das Logo entworfen hatte. Die auf diesem Sampler vorgestellten Bands sind einfach zu gut, um in Vergessenheit zu geraten, sind sie doch ein wichtiger Teil der Geschichte des Metals aus Deutschland. Um es mal wie ein Fliesenleger zu sagen: Die Kacheln (sprich: die wirklich großen Bands) in der Nasszelle (sprich: die Szene) halten nur an der Wand, wenn der Kleber (sprich: der Underground) stimmt. Der ist hinterher zwar unter den Kacheln versteckt, aber wichtig ist er doch. Danke deshalb an Neudi und Oliver Butz, die ihn sichtbar gemacht haben.

Wie Titel (und Untertitel) bereits andeuten, ist zumindest ein zweiter Teil dieser Retrospektive geplant. Betrachtet man, welche Perlen Neudi und O. Butz hier zu Tage gefördert haben, die in Hochzeiten von Grunge und Gothic schlicht übersehen wurden, dann kann man sich schon freuen auf eine weitere Zusammenstellung, die sich den Bands widmet, die in Zeiten von Nu Metal oder Metalcore schlicht übersehen wurden. Da auch einige der auf "Sound & Action..." vertretenen Bands dank Neudis Arbeit für Golden Core mit einer Wiederveröffentlichung aufwarten, gilt es, die Augen offen zu halten. Bis dahin gibt es eine unengeschränkte Kaufempfehlung für diesen großartigen Sampler, den wirklich JEDER, der sich auch nur halbwegs für die Geschichte des deutschen Metals interessiert, in die Sammlung zu stellen hat. Punkt! Hier kann es nur die Höchstnote geben!



Gesamtwertung: 10.0 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood blood blood blood
Trackliste Album-Info
CD 1

01 Intro
02 TRANCE - Haze In The Twilight
03 STAGEFRIGHT - After Death
04 MASS - Burn On
05 AMPYRE - Passion And Pain
06 YUMA - Nightrider
07 JUTTA WEINHOLD BAND - Teddy (Live 1978)
08 THUNDER - City Geek
09 BLACK JACK CO. - She Wants To Get Out
10 SPEED - Hurt My Feelings
11 TYRANT - Look Out (7" Version)
12 EXPLODER - Berlin
13 PETTYPEW - Immortal
14 DEZTROYER - Heaven´s Gate
15 OBLIVION - Use Your Time
16 TEMPEST - Incomprehenseble Conduct
17 BRAINLESS - Death Patrol
18 EXCESS - Grinding Raid


CD 2

01 AVENGER - Prayers Of Steel (12" Live Version)
02 MONSTERS - Break The Law
03 XANDRIL - Labyrinth
04 BREATHLESS - Normandie
05 DESTROYER - When The Worlds Crumbling To Dust
06 QUO VADIS - Quo Vadis
07 HELLBREATH - Riding Free
08 GLORY ANTHEM - Towards The Edge
09 DEAFEN FORCE - Children Of The Sea
10 MAD BUTCHER - Run For Your Life
11 DEFENDER - Bright Glare
12 KALÖGENA - Riders Of The Night
13 MIDNIGHT DARKNESS - Free Man
14 OUTSIDE - Killer
15 CYCRA - The Far Side Of Shadow
16 MAD EVIL - No Way To Survive
17 RIPPING ENTRAILS - Carnage In The Whorehouse
Band Website:
Medium: CD
Spieldauer: 159:12 Minuten
VÖ: 02.07.2021

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@Gurkengandalf: lass mich raten, nicht einen einzigen Song gehört, aber gleich mal gemutmasst, es muss ja schlecht sein? ;)
(23.07.2021 von Baarikärpänen)

Trance hab ich mitte der 80er zwei mal live gesehen, größter Hit war eine Power Ballade namens "Loser", anscheinend Motto für diese Zusammenstellung der letzten Reste bodensatz. Hat eben in den 70ern, 80ern 90ern... Keiner gehört, warum nur? 0/0
(22.07.2021 von Gurkengandalf)

Ganz ehrlich: Ich habe auch viel neu entdeckt bei meinem Teil der Arbeit! Man kommt auf eine Band...und dann erzählt der Sänger, dass es da ja noch eine andere Combo gab... Oder wie bei Pettypew! Die waren bei einem kleinen Label und da habe ich mal geschaut, was es da sonst so gab. Schwupps waren Oblivion mit an Bord. Nur zwei Beispiele :)
10/10   (21.07.2021 von Neudi)

Bei EXPLODER hat's geklingelt, die hab ich tatsächlich damals mitbekommen. TRANCE hab ich schon mit 14 oder so gehört und über Jörg Eckrichs "Hard 'n'Heavy" auf HR3 kennengelernt. Den Mitschnitt hab ich sogar noch auf Tape irgendwo in meiner Analog-Sammlung. Auch TYRANT sind mir ein Begriff. Beim Rest muss ich passen. Mehr als Hard'n'Heavy, Scream (WDR1) und Sonntag nachts schwacher BFBS-Empfang hatten wir nicht. Und natürlich die Beschreibungen aus dem Malibu-Heftchen.
9/10   (21.07.2021 von Opa Steve)

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