Eier Mit Speck 2011

Take off: 29.07.2011 - Review (15302 mal gelesen)
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Eier mit Speck Festival 2011



Tja, so ist das halt, im richtigen Leben. Da freut man sich das ganze Jahr auf sein kleines, feines Festival vor der Haustür und dann machen einem diverse andere Verpflichtungen einen dicken Strich durch die Rechnung. So konnte ich dieses Jahr mein geliebtes Eier mit Speck Festival lediglich sporadisch heimsuchen, war aber - wie immer - absolut begeistert. Die Veranstalter konnten bereits im Vorfeld stolz ein restlos ausverkauftes Wochenende vermelden - was 4.500 Zuschauer bedeutet -, das Wetter war angenehm temperiert und nahezu trocken, was für diesen "Sommer" ja schon erwähnenswert ist, und das Publikum befand sich in allerbester, friedlicher Partylaune. Es ist immer wieder einfach grandios, in diesen Schmelztiegel von Fans der unterschiedlichsten Genres einzutauchen. Metaller, Waver, Punks, Gothics, Normalos und völlige Unnormalos. Von vierzehnjährigen Teens bis zu Endsechzigern waren sämtliche Altersschichten vertreten, plauderten, rockten und feierten gemeinsam. Wenn die Band gerade nicht genehm war, vergnügte man sich - je nach Alter - auf der Hüpfburg (!!!) oder an einem der diversen Bierstände sowie Cocktailzelte. Trotz sold out gab es keinerlei große Wartezeiten, die Qualität war richtig gut und die Preise sehr zivil. Leider konnte ich - wie oben erwähnt - lediglich temporär auf dem Gelände sein, habe dabei, neben absolut überzeugender Acts anderer Musikstile, aber auch zwei großartige, energiegeladene Auftritte gesehen, welche in das bleeding4metal-Beuteschema passen.


BREED 77 imgright

Die Band war mir bis dato kein sonderlicher Begriff, die Erwartungshaltung eher gering und das Spannendste schien im Vorfeld die exotische Herkunft - Gibraltar - zu sein. So ging es wohl den Meisten auf dem Gelände, da der Platz vor der Bühne zunächst sehr spärlich besetzt war und sich das Publikum entweder mit sich selbst beschäftigte oder sich den Gig lieber aus der Distanz an der Bierbude lümmelnd anschauen wollte. Die Betonung liegt hier allerdings auf "zunächst", denn als BREED 77 die Bühne betrat und kommentarlos die ersten beiden Songs abfeuerte, ging ein Ruck durchs Gelände. Nicht der erwartete Allerwelts-Metal drang glasklar und druckvoll aus der PA, sondern eine explosive Mischung aus Ethno, Flamenco, orientalisch angehauchten Passagen und natürlich extrem powervollem Riff-Metal. Seit langem endlich mal wieder eine Combo mit wirklich eigenständigem, unverwechselbarem Stil! So dauerte es nicht lange, bis sich immer mehr und mehr Menschen vor der Bühne einfanden und die Band abfeierten. Der Funke sprang in Richtung Bühne über, denn auch die Herren auf selbiger tauten nun endgültig auf und wurden minütlich agiler und spielfreudiger. Als Bindeglied fungierte ein furioser Fronter Paul Isola, der es schaffte, Publikum und Band gleichermaßen zu motivieren, ohne dass seine sehr gute Gesangs-Performance darunter litt. Ab Mitte des Sets war es vor der Bühne rappelvoll, wobei es selbst bei dem Circle-Pit keinerlei Enge und Gedränge gab, da sich alle extrem rücksichtsvoll und zivilisiert verhielten. Trotz hunderter Konzerte habe ich selten erlebt, dass die Fans völlig unbekannte Songs dermaßen abfeiern. Neben dem göttlichen Titeltrack der aktuellen Scheibe, 'Insects', war unumstrittener Höhepunkt sicherlich das CRANBERRIES-Cover 'Zombie', der das gesamte Areal zu kollektivem Singen, Klatschen und Bangen veranlasste. Leider war nach (allerdings immerhin) 75 Minuten bereits Schluss, ich hätte gerne noch mehr von BREED 77 genossen. Beim After-Show-Bierchen stellte man sich wieder und wieder die Frage, warum zum Teufel diese Band nicht auf den großen Schwermetall-Festivals verteten ist, sondern sich nach immerhin fünf Alben weiterhin durch Veranstaltungen wie dem "Umsonst und Draußen Festival" in Mossingen oder dem "Free For All Open Air" in Stapelmoor kämpfen muss?! Nichts gegen diese Events, klasse, dass es sie gibt, aber wenn ich mir den Bullshit anschaue und höre, der sich Jahr für Jahr in Wacken, Balingen und Co. tummelt, dann zweifele ich doch an einer qualitätsorientierten Zusammenstellung der Billings. Danke Tappi, dass Du die Jungs nach Viersen geholt hast!


imgleft IN VIRO

Nicht ganz so weit war die Anreise für IN VIRO. Die Krefelder hätten auch gut mit dem Fahrrad zum Gig kommen können. Sind sie allerdings nicht, was ganz gut war, da sie so ihre gesamte Energie in den Auftritt steckten. Das war auch bitter nötig, da erstens kurz nach Frühstück auf dem Gelände noch alles in geruhsamen, gemächlichen Bahnen verlief, zweitens eine taghelle Bühne nicht unbedingt das ideale Ambiente für IN VIRO bietet und drittens Kaffee eigentlich auch nicht das richtige Getränk ist, um für Songs wie 'Geiles Stück', 'Küss mich' oder 'Gehorche! Fühle! Glaube!' in Stimmung zu kommen. Gut, dem Trio aus der Seidenstadt ging es da natürlich deutlich besser und sie bekamen leckeres Beck's kredenzt, was Mastermind Dante Frost auch in höchsten Tönen lobte, aber das Publikum war zunächst eben noch gelinde gesagt schläfrig. Auf die vollmundig angekündigte Videoshow verzichtete man übrigens genauso wie auf die eigentlich obligatorische Kriegsbemalung, so dass der Auftritt gefühlt etwas von NDH unplugged hatte, was der Sache allerdings unter dem Strich keinen Abbruch tat und IN VIRO ihren Set routiniert, abgeklärt und selbstsicher begannen. Dante Frost mühte sich redlich, das Publikum vor die Bühne zu bekommen - und es gelang ihm. Zwar langsam, aber sicher. So wurde es dann doch noch ein sehr kurzweiliger, stimmungsvoller Auftritt, der den Nerv der Anwesenden traf und sie für den zweiten Festivaltag angemessen auf Touren brachte. Bester Song war für mich 'Vaterland', wobei Mr. Frost wert darauf legte, dass es sich keineswegs um einen politisch motivierten Titel handelt, sondern er seinem Opa gewidmet ist. Unterm Strich sehr schade, dass die Rahmenbedingungen für kalte Elektronik und hartes Riffing nicht ansatzweise günstig waren, ansonsten hätten IN VIRO sicherlich noch amtlicher abgeräumt. Aber die Reaktionen und Thekengespräche ließen darauf schließen, dass ich gewiss nicht der Einzige bin, der sich die Band nochmal unter besseren Voraussetzungen genehmigen wird.


Fazit imgright

Für ein echtes Festivalfazit konnte ich leider nicht ausreichend präsent sein, aber was ich gesehen und gehört habe, hat erneut absolut überzeugt. Nächstes Jahr werde ich dem EMS definitiv mehr Zeit einräumen, denn auch - oder gerade - für einen überzeugten Metaller ist die kunterbunte Billingmischung eine farbenfrohe Abwechslung zu den puristischen Hard- und Heavyevents. Außerdem gibt es beim EMS keine fünf Meter breiten Fotogräben oder höchst unfreundliche Security Typen, man ist irgendwie mittendrin statt nur dabei. Desweiteren gibt es kaum ein Festival, wo es so viele neue, verborgene Schätze - siehe BREED 77 - zu entdecken gibt, wie in Viersen. Daumen hoch, danke für die geilen Stunden, bis nächstes Jahr!

STRADIVARI


Homepage: www.eiermitspeck.de
Billing
BREED77 - STRAIGHT FRANK - KAIZERS ORCHESTRA - BETONTOD - MOTORJESUS - TRIGGERFINGER - KELLERKOMMANDO - PHRASENMÄHER - BOY HITS CAR - 3 FEET SMALLER - der Sieger des Young Talents Contest and many more.

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