Lenore S. Fingers - Inner Tales

Review von Opa Steve vom 03.03.2014 (8175 mal gelesen)
Lenore S. Fingers - Inner Tales Aus Italien kommen diese bisher unbekannten Newcomer mit dem merkwürdigen Bandnamen LENORE S. FINGERS, der sich aus einem Comic von Roman Dirge ableitet. Das Quintett mit gitarrespielender Frontfrau schickt sich an, dem Genre "melancholischer Dark Metal" neue Impulse zu geben. Die Jahre seit der Gründung 2010 haben sie vor allem damit verbracht, ihre Werke auszufeilen, was schon die interessanten Arrangements, wo zusätzlich zu den Keyboards auch Gitarren-Synthies zum Einsatz kommen, deutlich beweisen. Man merkt es schon an der Instrumentierung: ein Brachialsound der Marke TYPE O NEGATIVE ist hier nicht zu erwarten. Aber dennoch geben LENORE S. FINGERS hier keine weinerliche Jammerfigur ab, sondern durchmischen ihre Melancholie und Düsterheit immer wieder - ganz Italiener - mit Sprenklern klassischen Power Metals.

Die Stärke liegt aber nicht einfach in einer ausgelutschten zart/hart-Dynamik. Dazu fehlt schon mal dankenswerterweise der obligatorische männliche Grunzer als Gegenpart. Nein, die Titel haben im Kern eine ganz eigene Sprache, die zwar entfernt an die ganz frühen Werke von LACUNA COIL erinnert, aber dabei deutlich mehr riskiert. Das göttliche Hauptriff von 'Victoria' erinnert an das sträflich unterbewertete 'My Wings' ihrer erfolgreichen Landsleute. Frontfrau Federica steckt zwar gegenüber einer Scabbia noch ein deutliches Stückchen zurück, aber in puncto Songwriting können die Newcomer das damals vorgelegte Niveau locker halten. Der Mut gegenüber dem genannten Vergleich besteht aber vor allem darin, deutlich ruhigere Gothic-Töne zwischen den Metal-Riffs zuzulassen. Und was soll ich sagen? Es ist ihnen gelungen. 'Cry Of Mankind' ist eine wunderschöne Düsterballade, und das getragene 'To The Path Of The Lost' beginnt als mutige Vokalnummer zum Piano und steigert sich zum Ende in eine Gothic Rock-Nummer vom Schlage etwas flotterer FIELDS OF THE NEPHILIM-Titel. Selbst wenn die Distortion-Gitarren mal aussetzen vermisst man diese nur selten, denn das Talent für packende Songs ist bei diesen Newcomern mit der erst 18-jährigen Frontfrau zu ausgeprägt, und auch unverzerrt können sie bei Bedarf durch geschickte Arrangements von Gitarren, Klavier und kräftigen Drums auch spürbar Power aufbauen. Auch dass die Titel alle direkt ins Ohr gehen darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie dennoch alles andere als simpel aufgebaut sind. Immer wieder gibt es rhythmische Verwobenheiten und interessante Drum-Muster von Drummer Gianfranco, die den Arrangements den richtigen Drive geben. Als Anspieltipps möchte ich das Über-Epos 'Doom' und den schwebenden Goth-Rocker 'The Calling Tree' nennen.

Fazit: ein großer Wurf für ein Debütalbum. Tolle Musik mit feinem Gespür für Kunst und Emotion. Dass die Band dabei noch kein hundertprozentiges Charakterwerk abgeliefert hat, was man für eine volle Punktzahl voraussetzen sollte, ist angesichts des jungen Stadiums durchaus verständlich. Aber die Chancen stehen ziemlich gut, dass sie in 1-2 weiteren Alben den Volltreffer landen könnten. Die Ansätze sind mehr als gut.

Gesamtwertung: 9.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Inner Tales
02. The Last Dawn
03. Victoria
04. Cry Of Mankind
05. To The Path Of Loss
06. Song To Eros
07. Doom
08. The Calling Tree
09. An Aching Soul
Band Website: www.lenoresfingers.com
Medium: CD
Spieldauer: 35:39 Minuten
VÖ: 24.02.2014

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