Panzerballett - Planet Z

Review von Metal Guru vom 12.10.2020 (11205 mal gelesen)
Panzerballett - Planet Z PANZERBALLETT war ursprünglich mal Jan Zehrfelds Kopfkind. Er komponierte den Löwenanteil des chartUNverdächtigen, hitparadenINkompatiblen und radioUNfreundlichen Materials, notierte alles für seine Mitmusikanten und schreckte auch nicht vor dem einen oder anderen Solo-Exzess zurück. Heute arrangiert er mehr als dass er komponiert (DAS überlässt er anderen, nicht minder talentierten Kandidaten) und spielt zudem achtsaitige Ibanez-Gitarren (im vorliegenden Fall AUCH die meisten Bässe). War seine Band anfänglich eine ziemlich feste, scheint diese im Jahre 2020 (coronabedingt?) zu einem Künstlerkollektiv PLUS Stargäste mutiert zu sein - wer gerade Interesse, Lust und Zeit hat (UND Zehrfelds monströses Material exekutieren kann), spielt mit. Unabhängig davon fabrizieren alle Mitspielenden irgendetwas zwischen Jazz, Metal und Prog. Jazz wegen der zugrundeliegenden Harmonik (UND der vielen Posaunen, Saxophone und Trompeten), Metal wegen der Gitarren-Stimmung (UND -Zerrung) und Prog wegen der rechenschiebermäßigen Rhythmik (UND Untanzbarkeit). Für manche ist das Kunst (KANN also 'weg'), für die meisten einfach nur Krach (MUSS also 'weg'). Für mich ist's weder jene (Kunst) noch dieser (Krach), sondern die derzeit mörderischte Mucke im mir bekannten Universum.

"Planet Z" präsentiert neun neue Stolperstücke in 51 marternden Minuten und 12 schädelspaltenden Sekunden. Ohne auf jeden einzelnen Titel eingehen zu wollen, möchte ich nur zwei hervorheben: Da wäre zum einen Track No. 4 ('No One Is Flying The Plane'). DER zeichnet sich nicht nur durch das möglicherweise bekloppteste Bläser-Arrangement der Jazz-/Metal-/Prog-Geschichte, sondern auch ständig stressendere Stolperungen aus. Dann haben wir - wie auf (fast?) jeder PANZERBALLETT - auch eine Bearbeitung, Interpretation oder 'Nachspielung' eines mehr oder weniger bekannten Hits der Rock-, Pop- oder Klassikgeschichte, in diesem planetarischen Fall Track No. 5 ('Wallkürenritt', im Original von keinem Geringeren als Richard Wagner): DER wird zunächst respektlos atomisiert, dann mit allerlei Jazz-Harmonik, Metal-Verzerrung und Prog-Rhythmik zersetzt und schließlich zu einem kaum wiedererkennbaren Monstrum an harmonischer Herausforderung, melodischer Misshandlung und polyrhythmischer Verwirrungstaktik zusammengeschraubt. Ob der gute Richard W. wohl sein eigenes Werk wiedererkannt hätte? Ich möchte mal behaupten, dass die hier gebotene Musik so ziemlich das arrangementmäßig Abgefahrenste, kompositorisch Komplexeste, musikalisch Nervenaufreibendste, rhythmisch Unspielbarste, technisch Verkopfteste ist, was sich derzeit auf Planet Z so tummelt.

Im Vergleich zur Vergangenheit fährt "Planet Z" einige sowohl musikalische als auch personelle als auch technische Veränderungen auf: Erstens: kein fester Drummer diesmal/kein Sebastian Lanser hinter der Schießbude, stattdessen mindestens drei der weltbesten Schlagwerker überhaupt: Morgan Agren (FREDRIK THORDENDAL'S SPECIAL DEFECTS, KAIPA, KARMAKANIC, MATS & MORGAN, solo), Virgil Donati (Allan Holdsworth, PLANET X, Derek Sherinian, Steve Vai, Steve Walsh, solo) und Marco Minnemann (ARISTOCRATS, ILLEGAL ALIENS, ILLOGICIST, NECROPHAGIST, THE SEA WITHIN, UK, UKZ, Mike Keneally, Steven Wilson, solo). Zweitens: Neben diesen verifizierten Wahnsinnigen gerben die Becken/schmieden die Felle noch Gergo Borlai (TRIBAL TECH), Hannes Grossmann (BLOTTED SCIENCE) und Andy Lind - deren Namen mögen (noch) nicht so groß wie die genannter Wahnsinniger sein, ihre Schlagzeug-Akrobatik aber schon. Drittens: insgesamt seltenere Gitarren- und straffere Sax-Soli, dafür (noch) mehr Gestolpere, (noch) mehr Untanzbarkeit, (noch) mehr Verkopfung. Viertens: die Produktion reichlich dicht, der Sound ziemlich dunkel (kaum Höhen = Becken), was bei Agrens, Donatis und Minnemanns rhythmischer Virtuosität (speziell auf deren multiplen Hihats) gegebenenfalls zu temporärer Orientierungslosigkeit führt. Fünftens: bis auf ein gesprochenes (na, eher gestammeltes) Intro zu 'Plane' absolut überhaupt gar keine Vocals - nicht ein Satz, nicht ein Wort, nicht eine Silbe, null! Wie geht's also weiter, was kommt nach "Planet Z" (sofern nach f...ing Corona überhaupt noch irgendetwas 'kommt')? Let's hope for the best ...

Gesamtwertung: 10.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Prime Time (5:23)
02. Who The Jack Is Migger? (6:37)
03. Mind Your Head (3:34)
04. No One Is Flying The Plane (7:08)
05. Wallkürenritt (2:43)
06. Urchin Vs. Octopus (6:20)
07. Alle Meine Ändchen (5:50)
08. Coconut (6:32)
09. SOS (7:05)
Band Website: www.panzerballett.de
Medium: CD
Spieldauer: 51:12 Minuten
VÖ: 18.09.2020

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