Winger - Better Days Comin'

Review von Elvis vom 23.05.2014 (6220 mal gelesen)
Winger - Better Days Comin' WINGER mussten Anfang der 90er manchen Spott ertragen, hauptsächlich bei "Beavis & Butthead", wo sie als Weichspüler par excellence am laufenden Band veräppelt wurden. Vielleicht ist es das, was vielen beim Gedanken an Kip Winger und seine Band noch in Erinnerung geblieben ist. Dabei ist der Eindruck wirklich unberechtigt, denn der ehemals bei Großmeister Alice Cooper in den 80ern den Bass spielende - und neidvoll zugegeben, unverschämt gut aussehende - Kip Winger hat musikalisch einiges auf dem Kasten. Waren die ersten beiden Alben nach der Gründung seiner eigenen, selbstbetitelten Band vielleicht nicht der Gipfel der Härte (als die sie aber auch nie vermarktet wurden), so handelte es sich doch um sehr gute Melodic Rock-Alben mit Mainstream-Appeal. Das gute Aussehen des Bandchefs sorgte für reichlich Airplay, was den Erfolg zusätzlich befeuerte. Mit dem leider nicht mehr so erfolgreichen dritten Album "Pull" gab es - auch bedingt durch Grunge - leider keinen sonderlichen Erfolg mehr, obwohl dieses musikalisch bereits deutlich anspruchsvoller war. Folgerichtig löste man sich erst mal 1993 auf. Das lag wohl weniger am Spott der beiden MTV-Cartoon-Stars, sondern an der radikal gewandelten Musiklandschaft. Während Gitarrist Reb Beach etwa zu WHITESNAKE ging, machte Kip selbst einige Solo-Alben und auch viel im Bereich klassischer Musik. 2006 versuchte man ein ernsthaftes Comeback mit dem Album "IV" welches mit mehr Ecken und Kanten bei der Kritik ordentlich ankam. Dem folgte 2009 mit "Karma" ein weiteres feines Album, welches ebenfalls gut ankam. 2014 gibt es nun Album Nr. 3 seit dem Comeback in Gestalt von "Better Days Comin'".

Und WINGER gehen den Weg, den Sie eingeschlagen haben, konsequent weiter - und genau das ist richtig. Das neue Album, welches Kip Winger selbst produziert hat, zeigt eine Synthese aus den "alten" und den "neuen" Seiten von WINGER, die so gefällig und erwachsen rüberkommt, ohne dabei aufdringlich oder langweilig zu sein. Ja, man merkt jederzeit, dass WINGER große, eingängige Melodien schreiben können. Das war schon bei den ersten beiden Alben der Fall. Den später eingeschlagenen Weg, sich an Rhythmen zu wagen, die nicht einfach nur 08/15 sind, sondern Anspruch haben und sich jenseits eingeschliffener Standard-Songstrukturen zu bewegen und komplexere Strukturen zu wählen, verbindet die Band dabei mit der bekannten Melodiefreude. Wer also gerne viel Melodie mag: bitte! Wer trotzdem gern mehr hört als bloße radiotaugliche Musik: ebenfalls bitte! Abwechslungsreich wird ebenso gerockt (z. B. 'Midnight Driver Of A Love Machine' oder 'Rat Race') wie ruhigere Töne angeschlagen (z. B. 'Ever Wonder' oder 'Be Who You Are, Now') und zwischendrin gibt es plötzlich so was Spezielles wie 'Tin Soldier' oder den epischen Rausschmeißer 'Out Of This World'. Mit viel Lässigkeit wird das Material dabei runtergezockt, es ist leicht erkennbar, wie viel WINGER musikalisch eigentlich draufhaben ... aber trotzdem ist hier alles songdienlich verpackt und artet nicht in Poserei oder Griffbrettgewichse aus.

Im positiven Sinne ist das hier reifer, melodischer Rock einer Band, die weiß was sie kann und will. Der Unterton ist positiv, Abwechslung wird geboten, musikalisch ist eh alles im grünen Bereich und dass das Songwriting passt, wurde ja schon erwähnt. WINGER haben also mit "Better Days Comin'" eindrucksvoll bewiesen, dass sie auch anno 2014 mehr als nur eine Daseinsberechtigung haben. Und wer die Band live sehen kann, sollte das schleunigst tun, denn auch auf der Bühne haben Kip und seine Jungs es richtig drauf. So darf die Zukunft gerne auf uns zukommen.

Gesamtwertung: 8.5 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. Midnight Driver Of A Love Machine (4:14)
02. Queen Babylon (4:31)
03. Rat Race (3:36)
04. Better Days Comin’ (3:31)
05. Tin Soldier (3:49)
06. Ever Wonder (6:52)
07. So Long China (4:17)
08. Storm In Me (4:42)
09. Be Who You Are Now (5:11)
10. Out Of This World (6:37)
Band Website:
Medium: CD
Spieldauer: 47:20 Minuten
VÖ: 18.04.2014

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