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70000 Tons Of Metal 2024Hier geht's zur Bildergalerie! |
Take off: 29.01.2024 - Review (60645 mal gelesen) |
Vorspann
Dass die 70000 Tons Of Metal kein gewöhnliches Festival ist, muss man jetzt - nach 12 Runden (zwei Jahre mussten wegen Corona ausfallen) - niemandem mehr erklären. Gerade Nicht-US-Bürger stehen vor einem nicht zu unterschätzenden Unterfangen, was nicht nur zusätzliches Geld kostet, sondern auch wegen der Einreisebestimmungen der USA nicht immer so trivial ist. Auch in diesem Jahr scheiterten im Vorfeld angekündigte Bands an der Logistik, so MARDUK und DRACONIAN. Und quasi einen Tag vor der Cruise erwischte es LEGION OF THE DAMNED, denen das Boarding verweigert wurde, weil ein Mitglied der Band auf einem Transitflug eine Zwischenlandung in Kuba hatte. Dazu muss man wissen, dass die USA ehemalige Kuba-Besucher nicht mehr per ESTA visumfrei einreisen lassen und dies offensichtlich bei den Passagierlisten sehr streng auslegen.
Die Bleeding4Metal-Delegation hat rechtzeitig alle Hürden aus dem Weg geschafft und dem Flug nach Miami stand nichts mehr im Weg. Nach unserem letzten Besuch in 2020 gestaltet sich vor Ort der Aufenthalt zwischen Landung und Cruise zum Glück sehr einfach, denn 2024 startet das Schiff direkt in Miami, während es 2020 noch Fort Lauderdale war. So haben wir noch genügend Zeit, uns an die aktuellen Preise in der Stadt zu gewöhnen und und zu akklimatisieren. Schon am Tag nach unserer Landung geht's erst mal nach Miami Beach, wo bei angenehmen Temperaturen eine der ersten Parties von Metalheads am Strand steigt. Davon gibt's in unserem Festival-Video dann noch etwas mehr.
Montag - Boarding und Leinen los!
Am 29. Januar geht es dann morgens endlich los. Koffer packen, auschecken, und ein leckeres Frühstück um die Ecke einnehmen. Bei Bagles, Blueberry Muffins und Kaffee/Tee bremsen wir die latente Aufregung etwas herunter und chillen noch bis zu unserer Boardingzeit. Dabei werden die letzten News und Mails gecheckt, denn vor uns liegen viereinhalb Seetage, bei denen wir die meiste Zeit auf das extrem teure Wifi an Bord verzichten werden. Da der Weg zum Cruise Port Miami nur ca. drei Meilen beträgt, bestellen wir dann ein Uber und lassen uns komfortabel und preisgünstig zum Dock der Royal Caribbean transportieren. Dort herrscht schon ein reges Treiben aus Ubers, Lyfts, Taxis und Sammelbussen. Der Port ist von Metalheads eingenommen. Ein Dutzend Sprachen vermischt sich mit dem Hupen der gestauten Transportanbieter. Fans rollen ihr Gepäck zu den vielen mobilen Aufnahmepunkten, wo man es schon nach paar Sekunden aus der Hand geben kann. Mittendrin immer wieder Musiker, die ihr mitgebrachtes Equipment und Instrumente argwöhnisch beobachten, ob es auch wirklich in das Terminal zum Verladen transportiert wird. Da man quasi zehn Meter vor der Gepäckverladung steht, bekommt man auch keine Quittung oder Ähnliches, wie man es von Flügen gewöhnt ist. Zeit ist Geld. Danach der obligatorische Check aller Dokumente, ein biometrisches Foto, Security. Doch dann ist es nach einer Stunde endlich geschafft: Wir betreten die Gangway und vor uns baut sich die "Freedom Of The Seas" auf. Noch einen Schritt und wir sind auf heiligem Boden der "United Nations of Heavy Metal at Sea".
Natürlich gibt es auch wieder einen Empfang der Poolgirls und -boys, jede Gruppe wird mit lautem Jubel an Bord empfangen und das Programm mit allen wichtigen Informationen ausgehändigt. Einige sind hungrig von der Anreise und gehen was essen, wir stellen uns erst einmal im Pressebüro zum Empfang der Fotobändchen an, wo die gesamte Crew von CMM Marketing ganze Arbeit leistet. Anschließend stürzen wir uns ins Getümmel in der Royal Promenade, denn die Kabinen sind wie gewohnt noch nicht bezugsfertig. Strahlende Augen bekommt man natürlich beim Anblick der kultigen Big Tins von Foster's mit sagenhaften 25oz Inhalt. Das sind ca. 0,7 Liter, eisgekühlt, und laufen bei dieser Temperatur hervorragend die Kehle herunter. Getränkestationen sind wie üblich über das ganze Schiff verstreut zu finden. Pünktlich werden dann die Leinen losgemacht und wir gehen auf den kleinen Teil des Oberdecks, der schon freigegeben ist. Am Pooldeck wird derweil noch am Aufbau der Pooldeck-Stage gearbeitet, die erst in der Nacht fertiggestellt wird. Das Schiff verlässt den Hafen und dreht auf's offene Meer zu. Und schon ist es Zeit für die ersten Bands.
Die diesjährige Heavy Metal-Kreuzfahrt beginnt mit einem mehr als ordentlichen musikalischen Auftakt. Während INFECTED RAIN den Konzertreigen in der kleinen Star Lounge eröffnen, betreten HEIDEVOLK als Opener im Studio B - Ice Rink die Bühne. Die niederländische Band, die 2002 gegründet wurde, ist bekannt für ihren Mix aus Heathen- und Folk-Metal. Inspiriert von der niederländischen Geschichte und Mythologie verleihen die Mannen ihren Songs mit schönen Melodien und kraftvollen Rhythmen eine epische Note. Schon mit ihrem zweiten Song 'A Wolf In My Heart' ziehen HEIDEVOLK die Zuhörer in ihren Bann. Trotz der frühen Stunde ist der Raum vor der Bühne im Ice Rink fast komplett gefüllt und die Atmosphäre schon gut angeheizt. Immer wieder formieren sich Circle Pits und die Fans lassen sich von der energiegeladenen Musik mitreißen. Doch die Niederländer bringen nicht nur musikalische Kraft auf die Bühne, sondern auch eine gehörige Portion Unterhaltung. In der Mitte der Show sieht man einige mutige Konzertbesucher in der Mitte auf dem Boden sitzen und sich im improvisierten Rudern üben, was für viele Lacher und eine lockere Stimmung sorgt. Beeindruckend ist die Vielseitigkeit der Band, die nicht nur mit zwei Gitarren, sondern auch mit zwei Sängern aufwartet. Diese harmonisieren gut miteinander und verleihen den Songs eine zusätzliche Dynamik. Insgesamt ist das Konzert von HEIDEVOLK ein voller Erfolg und bietet den perfekten Einstieg in die Heavy Metal-Kreuzfahrt. Mit ihrer Musik und einnehmenden Bühnenpräsenz macht die Band Lust auf mehr. (Krümel)
In der winzigen Star Lounge kämpfen die Bands jedes Jahr mit dem verfügbaren Platz. Eine sehr kleine Bühne, wenig Licht, und ein verwinkeltes (wenn auch sehr bequemes) Interieur bieten nur wenig Platz für Band und P.A.. INFECTED RAIN kämpfen hier spürbar mit den Gegebenheiten, denn die internationale Band, die einst in der Republik Moldau gegründet wurde, ist bekannt für ihre hochenergetischen Shows. Mit einem basslastigen Sound und einem harten Groove wird das moderne Metal-Material in die Menge gedrückt. Lena Scissorhands lässt ihre Rastas fliegen, brüllt und singt die dystopischen Titel heraus, während Vadim an der Gitarre wie verrückt umherspringt und jeden Millimeter des knappen Platzes ausreizt. Die Band bringt zeitgleich zur Cruise ihre neues Album heraus und hat an Bord auch zu einer Listening Session geladen und brennt darauf, bei ihren 70K-Gigs alles zu geben. Die Neu-Bassistin Alice Lane aus Mailand hält sich dabei allerdings recht im Hintergrund und Lena bittet zwischendurch um einen Extra-Applaus für sie, da sie sich fernab ihrer "Homebase" etwas unwohl fühle. (Opa Steve)
Als erste Band im Royal Theater sollen EQUILIBRIUM auftreten. Sie spielen eine einzigartige Mischung aus verschiedenen Metal-Genres, darunter Folk, Symphonic und Viking Metal. Bekannt sind sie für ihre epischen Melodien, die oft von orchestralen Elementen begleitet werden. Die Band hat mehrere erfolgreiche Alben veröffentlicht, darunter "Sagas" und "Erdentempel", und ist für ihre mitreißenden Live-Auftritte bekannt. Inspirationen werden oft aus Themen wie nordischer Mythologie und Folklore geschöpft. Zwar öffnen sich Punkt 18 Uhr die Türen, aber die 2001 gegründete Band ist um 18:15 Uhr immer noch beim Aufbau. Je länger das dauert, umso mehr fragt sich das Publikum, was da wohl los ist. Offenbar gibt es Probleme mit der Technik. Nach längerem Hin und her ist dann sicher - der Gig muss komplett abgesagt werden. Der Grund ist, dass das Equipment zu spät auf das Schiff kam. Das ist natürlich eine Enttäuschung für die Fans, die schon auf einen tollen Auftritt gewartet haben. Doch auch der Band ist anzusehen, wie traurig sie über die Absage sind. Sie versprechen aber, wenigstens zu versuchen, den zweiten Gig ein paar Tage später zu spielen. (Krümel)
Achtung, die Finnen kommen! WALTARI hatte ich schon 10 bis 15 Jahre nicht mehr auf dem Schirm, lasse mir allerdings die Chance nicht nehmen, mir den ersten Gig der Band im Ice Rink anzuschauen. Mit 'Celtic Funk' macht die Band, die auf der Cruise nicht als volles Septett auf der Bühne steht, erst einmal einen passenden Move für die Metal-orientierte Besucherschar, denn der Titel mit seiner Mischung aus Thrash und Crossover gibt gleich ordentlich Gas. Aber WALTARI wären nicht WALTARI, wenn sie nicht alles ausreizen würden, was die Musik hergibt. Ihre Dance- und Loop-Elemente provozieren manche Headbanger sicherlich, werden aber mit solcher Inbrunst und Energie dargeboten, dass man sich diesem selbst bei Drum'n'Bass-Sachen oder dem sehr elektronischen Cover 'Fire Dance' nicht entziehen kann. Auch komplett verrückte Titel wie 'Death Party' spalten sicher die Anwesenden, die mit der Band nicht vertraut waren, aber unter'm Strich überwiegt die fabelhafte Stimmung und es kommt ordentlich Bewegung in die Reihen. Kärtsy wirkt dabei wie eine Mischung aus Pumuckel und Beetlejuice und hat einen riesigen Spaß bei den Ansagen und dirigiert durch den Stilmix. Welche Arten von Musik spielen WALTARI? Na, eben alle! Als dann als letzter Titel das CURE-Cover 'A Forest' dargeboten wird, gehen sogar mehrere junge Frauen in der ersten Reihe steil, die zum Zeitpunkt des Originals sicherlich noch nicht auf der Welt waren - und vermutlich auch noch nicht, als WALTARI dieses 1994 coverten. Ich nehme mir fest vor, den zweiten Gig der Band ebenfalls zu besuchen. (Opa Steve)
Als TEMPERANCE angekündigt wurden, kramte ich lange in meinem Gedächtnis, weil ich mir sicher war, dass ich schon mal Kontakt zur Band hatte. Und dann fiel es mir auch ein, dass sie 2023 bei den Andernach Metal Days waren und offenbar einen guten Eindruck hinterlassen haben. Also mache ich mich in die Star Lounge auf, um den Italienern mit der amerikanischen Sängerin Kirstin Starkey beizuwohnen. Was als neugieriger Besuch zur Gedächtnisauffrischung beginnt, endet mit einem begeisterten Opa Steve. Die Stärke der Band, nämlich die mehrstimmigen Vocals, verbreiten großartige Stimmung. Das sympathische Geplänkel innerhalb der Band und die dauerstrahlende Kirstin, die das Publikum authentisch und souverän dirigiert, sorgt ganz schnell für fabelhafte Vibes in der immer volleren Star Lounge. Man muss gerade ihre "Opernstimme" nicht mögen und die klassischen Kompositionen mögen ein bisschen kitschig auf CD klingen, aber live macht die Band durch ihren sympathischen 300%-Einsatz eine verdammt gute Figur. (Opa Steve)
Vor dem folgenden Auftritt - THE HALO EFFECT stehen auf dem Programm - herrscht im Royal Theatre eine erwartungsvolle Stimmung. Die Location ist fast bis auf den letzten Platz gefüllt und selbst ganz oben auf den Rängen drängeln sich die Leute, um einen Blick auf die Bühne zu erhaschen. Die Band, deren melodischer Göteborg Death Metal mit dem charismatischen Frontmann Mikael Stanne das Publikum seit Jahren fasziniert, betritt unter großem Jubel die Bühne. Von Beginn an haben die Mannen die Leute im Griff und mit jeder Note des Openers 'Days Of The Lost' wächst schon die Stimmung. Und während sie danach fast ausschließlich Songs des 2022er Albums "Days Of The Lost" zum Besten geben, werden die Stücke wie 'Feel What I Believe oder 'In Broken Trust' von vielen begeistert gefeiert. Doch plötzlich wird es etwas stiller, denn die Band kündigt einen ganz neuen Song an, der erst nächste Woche veröffentlicht wird: 'Become Surrender' heißt er. Die Spannung im Saal steigt, und die Zuschauer lauschen gebannt den neuen Klängen, bevor sie wieder voller Elan mitgehen. Leider kann ich nicht den ganzen Auftritt verfolgen, da es eine Zeitüberschneidung mit SAOR (die ich unbedingt kennenlernen möchte) in der Star Lounge gibt. Doch trotz der kurzen Zeit, die ich bei THE HALO EFFECT verbringe, spüre ich die Energie und Leidenschaft, die sie auf die Bühne bringen und auf das Publikum transportieren. Für viele der Fans ist es bestimmt ein unvergessliches Erlebnis, das sie sicherlich noch lange in Erinnerung behalten werden. (Krümel)
Wie vorhin schon gesagt bin ich auf das Konzert von SAOR in der Star Lounge wahrlich sehr gespannt. Und obwohl die Location ziemlich klein ist, ist sie doch bis zum Rand gefüllt mit begeisterten Fans, die genauso wie ich darauf warten, von der einzigartigen Musik der Band verzaubert zu werden. Und die schottische Truppe, die 2013 von Andy Marshall gegründet wurde, enttäuscht uns nicht, sondern präsentiert ausdrucksstark ihren unverkennbaren Stil des keltisch beeinflussten Pagan Black Metals mit einem hohen Mystik-Faktor. Die hypnotisch-atmosphärischen Kompositionen wie 'Pillars Of The Earth', 'The Awakening', 'Farewell' oder 'Aura', die von längeren instrumentalen Parts und flirrenden Gitarren geprägt sind, ziehen einen immer wieder in ihren Bann. Auch wenn viele Tunes vom Playback eingespielt werden und dies die Flöte leider übertönt, verleiht gerade die Einbindung der Flötistin und Background-Sängerin SAORS Musik eine zusätzliche Note. Insgesamt ist die Show - gerade wegen der gemütlich mit Sofas ausgestatteten Star Lounge - sehr atmosphärisch. Der ein oder andere (ich denke da an Stefan ...) lässt sich daher auf den Polstern nieder und nutzte die chillige Musik zum Wegträumen. (Krümel)
Ich muss gestehen, dass mich BLIND GUARDIAN in den letzten vielen Jahren live nicht mehr mitreißen konnten. Aber wenn schon Landsleute an Bord sind und in Gedenken an ihre frühen Meisterwerke stehen wir natürlich zum ersten Gig der Krefelder im Royal Theater. Das Licht geht aus und die Band kommt schon dreist selbstbewusst auf die Bühne. Hansi hat von der ersten Sekunde an eine Präsenz, mit der er den Besuchern Jubelstürme entlockt. Das Mammutwerk 'Imagionations From The Other Side' läutet das Konzert ein und ich bin baff, wie gut Hansi den Titel singt und wieviel Power die Band entfachen kann. Nach dem 95er Song springt man sofort in die Neuzeit zu "The God Machine" und 'Blood Of The Elves' kracht fast thrashig los. Der Sound ist um Klassen besser als auf dem viel zu trocken gemischten Album. Von dieser Scheibe werden später noch 'Violent Shadows' und 'Secrets Of The American Gods' folgen, aber BLIND GUARDIAN wissen natürlich, dass sie auf der 70000 Tons Fans aus vielen Ländern haben, die noch nie die Chance hatten, die Band jemals live zu sehen. Insofern ist das Set ein Querschnitt aus der gesamten Schaffensphase. Wie gut die Band sich heute präsentiert, ist absolut fesselnd und Hansi hat Kraft wie ich sie bei ihm schon lange nicht mehr erlebt habe. Sogar die melodischen Screams gehen ungebremst aus der Kehle, während er immer wieder das Publikum anfeuert. Wie fit die Band am heutigen Tag ist, kommt einem vor wie eine Zeitreise 30 Jahre in die Vergangenheit. Es ist faszinierend, wieviele internationale Fans, die sich hier in vierstelliger Zahl im Theater eingefunden haben, textsicher alle Songs mitsingen. Und natürlich ist beim 'Bard's Song' der große Moment der Fans, die den Gesang komplett übernehmen. Gänsehaut vorprogrammiert. Auch 'Valhalla' klingt natürlich mit ewig langen Fanchören a capella aus und 'Mirror Mirror' schließt einen würdigen Headliner-Auftritt der Band ab. Wahnsinn. Einen solchen Siegeszug mit so gigantischer Energie hätte ich heute niemals erwartet. (Opa Steve)
Dienstag - Seetag
Die 2003 gegründete Heavy Metal-Barden NANOWAR OF STEEL, die für ihre humorvollen und parodistischen Songs bekannt sind, sorgen schon um 10 Uhr morgens für einen spektakulären Start auf der Pool Stage. Als erste Band des Tages betreten die Italiener die Bretter und gleich ist die Atmosphäre irgendwie freudig aufgeladen. Wenn man sich im Publikum umschaut: alle sind bereit für eine Show voller Spaß und Unterhaltung. Und die Mannen mit ihrer oftmals mehr als unkonventionellen und humorvollen Show enttäuschen wahrlich nicht. Mit zwei agilen Sängern und ihren energiegeladenen Stücken wie 'Uranus' oder 'Discometal' bringt man das Publikum bei jedem Stück zum Mitsingen. Von allem Fronter Potowotominimak sorgt mit seiner hervorragenden Stimme, immer wieder wechselnden extravaganten Outfits, expliziten Moves und auch seinen Ansagen für Abwechslung und viele Lacher; zum Beispiel, als er die Story hinter dem Mit-Tanz-Hit 'Norwegian Reggaeton' zum Besten gibt: Vikernes sei ein Experte für norwegischen Flammlachs, denn er legt den Lachs auf einen Stein und zündet dann nebendran eine Kirche an. Es wundert also nicht, dass die Stimmung großartig ist und die Leute jeden Moment des Auftritts in vollen Zügen genießen. Beendet wird der Set mit dem wahrhaft epischen 'Valhalleluja', zu dem Potowotominimak gekonnt einen Ikea-Beistelltisch zusammenschraubt, der später zum Refrain feierlich zur Ehre von Odin durch die Zuschauerreihen herumgereicht wird. Schade, dass die halbe Stunde viel zu schnell wie im Fluge vergeht. Aber eines haben die italienische Truppe geschafft: Ich bin wach! (Krümel)
Dass LICH KING jetzt auf der Pooldeck Stage stehen würden, das hätte nicht einmal die Band vor 5 Tagen gedacht. Durch die sehr plötzliche Flugverweigerung für LEGION OF THE DAMNED schien es fast unmöglich, in so kurzer Zeit einen Ersatz zu finden. Aber unter Druck kann der Veranstalter UMC auch das Unmögliche möglich machen. Die Thrasher wurden kurzerhand auf die Slots der Niederländer gesetzt und stehen nun in der karibischen Sonne. Die meist pfeilschnellen Thrashsongs werden in die Menge geballert, als wäre die Band routiniert gerade erst aus dem Proberaum gekommen. Im Whirlpool vor der Bühne spritzt das Wasser, vor der Bühne gibt es Circle Pits. Mich persönlich begeistert, dass es die Band schafft, das DIO-Cover 'Stand Up And Shout' als authentischen Thrash-Song runterzuknüppeln. Eine gelungene Interpretation, ohne das Original groß zu verändern. Ein starker Auftritt, zumal die Band bei den meisten Besuchern vorher noch völlig unbekannt war. (Opa Steve)
Da wir mit APRIL ART noch ein Interview drehen ist unser Mittag straff durchorganisiert. Wir können die Band bei den Backstage-Vorbereitungen begleiten und sind dann auch schon zum Soundcheck im Ice Rink pünktlich vor der Bühne. Es gibt zuerst einige Soundcheck-Probleme mit den Mikrofonen, aber die sympathischen Hessen zeigen keinen Funken Nervosität, sondern bleiben sehr fokussiert. Als es dann endlich losgehen kann, steigen APRIL ART direkt mit 'Sky Is The Limit' voller Energie ins Set ein. Andere Bands brauchen oft etwas Anlauf, bis sie diese Energie fließen lassen können, aber man merkt, dass sich die Band auf der Bühne pudelwohl fühlt. Was nicht zuletzt daran liegt, dass Sängerin Lisa mit ihrer rauen Stimme nicht nur stimmlich eine verdammt gute Figur macht, sondern auch eine energetische und authentische Bühnenpräsenz hat. Sie springt, tanzt, nimmt immer wieder engen Kontakt zum Publikum auf, flirtet mit Band und Besuchern und verbreitet eine fantastische Stimmung. Auch ihre Instrumentalisten geben alles und sorgen dafür, dass Stillstand auf der Bühne zum Fremdwort wird. Nicht umsonst weisen sie darauf hin, dass man sie ja manchmal als "Sports Band" bezeichnen würde. Das Material fokussiert sich auf das aktuelle Album "Pokerface" sowie die "Fighter"-EP. Beide Scheiben klingen deutlich moderner als das Debüt, ohne an Eingängigkeit einzubüßen. 'Painkiller' und 'Break The Silence' entpuppen sich als richtige Live-Kracher und locken immer mehr Besucher an, die die Band noch nie gehört haben. Zwischendrin werden dann noch augenzwinkernd ein paar METALLICA-Zitate reingeschmuggelt und das Publikum muss auch mal zusammen mit Lisa für einen Song Platz nehmen. Vor dem Ende dürfen die Zuschauer noch für ein neues Video als Footage-Statisten vor der Kamera herhalten und die Klimax des Songs einbrüllen, bevor die aktuelle Single 'Change (Part II)' den Gig leider beendet. Nach unserer Live-Premiere von APRIL ART bleibt als Fazit, dass man die tatsächliche Stärke der Band erst bei ihrer Live-Performance erkennt. Es gibt nicht viele Newcomer, die live so authentisch und mitreißend rüberkommen. (Opa Steve)
Der Black Metal-Anteil ist auf dieser 12. 70000 Tons Cruise gefühlt etwas stärker als bei unserem letzten Besuch vor vier Jahren. Ob das in diesem Ambiente gut rüberkommt, stellt mich schon vor einige Fragen. Allerdings ist das Material von I AM THE NIGHT so gut, dass ich mich doch neugierig noch schnell auf den Weg ins Ice Rink mache, um die Band wenigstens stilecht in der dunkelsten und kältesten Venue (ja, die Klimaanlage macht dem Namen "Ice Rink" alle Ehre) noch kurz anzutesten. Den Start verpasse ich aufgrund des dichten Programms und der manchmal langen Wege auf dem riesigen Schiff. Aber was ich dann noch miterlebe, lässt mich anerkennend nicken. Die Band ist recht neu, besteht aber aus vielen bekannten Gesichtern der finnischen Szene. Als andere Heimathäfen der Mitglieder seien vor allem OMNIUM GATHERUM, WOLFHEART, INSOMNIUM, SWALLOW THE SUN und BEFORE THE DAWN genannt - ohne Anrecht auf Vollständigkeit! Während man die genannten Bands jetzt nicht als besondere Extreme Metal-Kapellen auf dem Plan hat, frönen die Jungs bei I AM THE NIGHT allerdings dem blastenden Black Metal nordischer Prägung, dem Sänger Okko Solanterä mit seinem Psycho-Ausdruck im Gesicht und seinen Schreien die zusätzliche Portion Wahnsinn verleiht. Grell, pfeilschnell und mega aggressiv fräsen sich die Songs aus der PA, während die Band in meist grünem Licht steht. Dass die Songs trotz aller Brutalität nicht an hymnenhaften Melodien sparen, macht das Material perfekt. Das ist Black Metal, wie ich ihn mag. (Opa Steve)
Die finnischen Melodic Deather OMNIUM GATHERUM, die im Jahr 1996 gegründet wurden, stehen zur besten Kaffeezeit am Pool Deck auf dem Programm. Die für ihre melodischen Kompositionen bekannte Band hat im Laufe der Jahre einen festen Platz in der Metal-Szene erobert. Ihre Musik kombiniert aggressives Riffing und gut durchdachte Arrangements mit eingängigen Melodien und epischen Atmosphären. Und so wundert es nicht, dass die Truppe bestehend aus Frontmann Jukka Pelkonen als Lead-Sänger, Gitarrist Markus Vanhala (der auch in anderen bekannten Bands wie INSOMNIUM aktiv ist), sowie Keyboarder Aapo Koivisto, Bassist Erkki Silvennoinen, Schlagzeuger Atte Pesonen und Gitarrist Nick Cordle schon freudig von den Fans erwartet wird. Der Platz vor der Pool Stage ist schon gut gefüllt, als man mit 'Slasher' loslegt. Man merkt sofort, dass die ganze Band ziemlichen Bock auf den Auftritt hat, vor allem die beiden Saitenhexer legen eine agile Perfomance hin, wechseln immer wieder von rechts nach links und posen sowohl für die Fotografen als natürlich auch für die Zuschauer was das Zeug hält. Das heizt natürlich die Stimmung an und so feiern die Leute Stücke wie 'Nail', 'Sacred' oder das Michael Sembello-Cover 'Maniac' ab. (Krümel)
NERVOSA konnten mich mit ihrer letzten Scheibe ziemlich abholen und gespannt bewege ich mich wieder zum Ice Rink, um das brasilianisch-griechische Quartett zum ersten Mal live zu sehen. Vieles ist anders, da sich die Band in den letzten drei Jahren mehrfach umorientieren musste. Vielleicht war aber auch dieses Spannungsfeld nötig, um das vermutlich beste Album der Band herauszubringen - und vielleicht auch die beste Live-Besetzung? Nach dem Start gibt es leider recht früh technische Probleme mit den Gitarren. Technische Probleme sind auf der diesjährigen Cruise tatsächlich ein auffällig häufiger Begleiter. Dabei spielt sich vor allem Helena Kotina mit Feuer die Seele aus dem Leib und post wie die ganz Großen. Ihr Ozzy-Shirt ist mit ihren jungen 30 Jahren eine Verbeugung vor dem Spirit, und auch insgesamt ist die Band sehr oldschoolig unterwegs und hat vor allem bei den neuen Songs eine unglaubliche Energie. Beachtenswert ist auch der Job, den die zierliche Drummerin Gabriela Abud hier abliefert. Nicht nur spielt sie ein sehr aggressives Drumming, welches mich öfter an Ventor von KREATOR erinnert - sie ist der Band erst wenige Wochen vor der Cruise beigetreten, nachdem Mihaela Naydenova nach weniger als einem Jahr ihren Drumhocker wieder freigab. Hut ab! Emotional werden die Ansagen zu 'Kill The Silence', in denen Prika körperlichen und psychischen Missbrauch anprangert und dabei nicht unerwähnt lässt, dass sie auf dem Schiff leider auch schon eine unangenehme Erfahrung machen musste. (Opa Steve)
DISILLUSION sind auf der 70000 Tons tatsächlich so etwas wie die Anti-Rockstars. Die Ansage "Wir sind DISILLUSION aus Deutschland und ihr seid feine Leute. Wie ihr seht, haben wir kein Backdrop dabei, also müsst ihr euch den Namen einfach mal merken." entlockt in ihrer Kauzigkeit vielen ein breites Grinsen, aber ich feiere das schon ein bisschen. Es geht hier nur um die Musik. Tatsächlich erzählt Andy Schmidt später noch, dass die Band das erste Mal überhaupt außerhalb Europas spielt. Damit dürften viele internationale Fans die Jungs aus Sachsen auch zum ersten Mal sehen. Mit dem thrashigen 'The Great Unknown' fängt man die Metalheads schon mal ein. Auch 'And The Mirror Cracked' danach ist technisch anspruchsvoll, aber dennoch einer der eher härteren Songs. Später werden im Set auch noch tiefgründigere und neuere Songs eingestreut. Ein geschickter Schachzug, mit denen auch die Newcomer behutsam in die Welt von DISILLUSION eingeführt werden. Bei 'Alea' und 'Driftwood' herrscht eine gespannte Aufmerksamkeit im Publikum, während Andy und seine Jungs tief in ihrer Blase sind. Ein DISILLUSION-Gig hat etwas Hypnotisches, man wird eins mit der Musik, und das kann man auch wieder gut hier im Ice Rink spüren. Vor allem die Fans, die mit dem Material vertraut sind, gehen mit der Band auf eine Reise. Und die ist toll. Auch wenn ich mir noch den Übersong 'Time To Let Go' zum Abschluss gewünscht hätte. (Opa Steve)
Sowohl die Bühne als auch die Musiker der deutschen Electro Gothic Metal-Band LORD OF THE LOST kann man als extravagant gestylt bezeichnen. Bekannt sind die Teilnehmer des Eurovision Song Contest (ESC) für ihre Mischung aus elektronischen Elementen, düsteren Atmosphären und melodischen Metal-Riffs und haben sich in Deutschland eine treue Anhängerschaft aufgebaut. Trotz ihrer Popularität sind sie nicht jedermanns Geschmack, da ihre Musik oft polarisiert und zwischen düsteren und eingängigeren Klängen wechselt. Ob das der Grund ist, warum die Halle des Ice Rink zunächst nur halb voll ist, mit einigen vereinzelten Leuten auf den Rängen, ist schwer zu sagen. Der Auftritt beginnt mit einem langen, mystisch-atmosphärischen Intro, welches zum Opener 'The Curtain Falls' überleitet. Die Truppe präsentiert ihren charakteristischen Sound sehr energiereich und unerwartet wild, allen voran Sänger Chris Harms und Gitarrist Pi zeigen sich sehr agil auf der Bühne. Im Laufe des Sets kommen immer mehr Zuschauer. Mich persönlich kann LORD OF THE LOST trotz der catchy Songs und der Bühnenpräsenz nicht erreichen. Mit der Zeit wiederholt sich das wechselnde Schema zwischen bösen und populären Strukturen und wirkt einstudiert. Dennoch hat die Band viele internationale Fans im Ice Rink, die ihre Lieblinge abfeiern. (Krümel)
EPICA haben schon zwei Jahrzehnte auf dem Buckel. Die Symphonic Metal Größe aus den Niederlanden habe ich immer nur sporadisch verfolgt, habe sie zuletzt tatsächlich vor acht oder neun Jahren gesehen, wobei mich der Gig damals nicht wirklich überzeugen konnte. Deswegen bin ich gespannt am Pooldeck, wo die Band eine stilvolle Optik auffährt und Simone Simons durch ihr Kleid im Licht der Scheinwerfer glitzert. Passend zum glitzernden Sound, den ich von der Band gewohnt bin, möchte man meinen. Doch bin bin total überrascht, dass ich die Band heute von der härteren Sorte sehe. Die ersten Songs lassen von Schmalz kaum etwas spüren, stattdessen dominiert die Doublebass. Es gibt sogar einen Moshpit vor der Bühne, und ich bin relativ perplex. Das Album "The Quantum Enigma" von 2014 wird aufgrund seines zehnjährigen Jubliäums heute besonders gewürdigt. Simone singt perfekt und kraftvoll und ich erkenne die Band tatsächlich kaum wieder im Vergleich zu meiner Erinnerung. Fun Fact am Rande: Auf dem Pooldeck herrscht oft ziemlich unberechenbarer Wind in den karibischen Nächten, und oft bringt dieses Detail manche Bands aus dem Konzept, wenn zum Beispiel die Becken durch den Wind ständig schwingen. Heute ist Coen Janssen das Opfer, denn seine frei drehbaren Keyboards dreht sich auch einfach mal von selbst im Kreis, wenn er sie gerade nicht festhält. (Opa Steve)
Verdammtes Fersengeld - möchte gern wissen, was man so am Tag auf dem Pott zurücklegt. Mit dem engen Zeitplan schaffe ich es noch zum Ende von BLOOD RED THRONE im Ice Rink und lasse mich bequem an den seitlichen Rängen in die Sitze fallen. Auch ein Metalhead wird mal müde. Womit ich eigentlich das genaue Gegenteil der Darbietung auf der Bühne darstelle. Die Norweger ballern ihren Death-Thrash extrem brutal von der Bühne. Das asoziale Geschrote kommt viel gnadenloser als auf CD, die Ansagen sind voller Fucks, Fuckers, und noch Fuckerer. Die Band steht stabil wie eine Wand und ohne viel Firlefanz gibt es eine Granate nach der anderen. Eben war ich noch enttäuscht, dass es an der Kaffeebar keinen Espresso gab (und die Containerplörre kriege ich nicht runter). Jetzt stelle ich fest: BLOOD RED THRONE reichen auch. (Opa Steve)
Mein Tagesausklang ist auf dem Pooldeck bei unseren Landsleuten von SODOM. Es ist brechend voll vor der Bühne und ich bin schwer verwirrt, weil ich zum ersten Mal im Leben Ansagen von Tom auf Englisch höre. SODOM haben für die Cruise zwei Sets vorbereitet und heute Abend ist ein gemischtes Oldschool-Set mit teilweise selten gespielten Songs angesagt. Diese gehen zurück bis ins Jahr 1986 und die Fans feiern, was das Zeug hält. So verwundert es nicht, dass die Crowdsurfer teilweise im 10-Sekunden-Takt Richtung Fotograben getragen werden, wo sie von der gestressten Security in Empfang genommen werden. Der Sound ist wie gewohnt allererste Sahne und lässt die SODOM-Songs bretthart über das Meer scheppern. Ich halte SODOM in der aktuellen Quartettbesetzung ja für extrem stark, aber auch wenn sich die Band im Wind auf der großen Bühne viel bewegt, werde ich den Verdacht nicht los, dass es für die Ruhrpottler ein eher ungewöhnliches Setting ist. (Opa Steve)
Mittwoch - Puerto Plata
Tag drei der 70K steht immer unter dem Motto "Anlandung" in der Karibik - dieses Jahr ist Puerto Plata das Ziel. Als wir früh am Morgen im Hafen ankommen, stürzen sich schon viele Passagiere sofort in die vorab gebuchten Ausflüge, darunter auch solche mit Musikern. Einige von uns entscheiden sich jedoch, erstmal in Ruhe zu frühstücken und dann auf eigene Faust in kleiner Gruppe die Stadt zu erkunden. Schon als wir das Schiff verlassen, merken wir sofort: Es zweifellos der heißeste Tag während dieser Kreuzfahrt. Unser Ziel ist eigentlich eine in der Innenstadt gelegene Kirche, weil der schlaue Tourist weiß: Kirche = Stadtzentrum = Bars! Bevor wir aber dorthin gelangen können, werden wir - wie alle frisch Angelandeten - geschickt einmal komplett durch die Hafen-Shopping Mall gelotst. Dort wird jeder von zahlreichen Angeboten zum Kaufen touristischer Waren angelockt - wir bleiben jedoch standhaft und laufen tapfer in Richtung unseres eigentlichen Ziels. Bei dieser Hitze ist der Durst verständlicherweise allgegenwärtig, also ändern wir unseren Plan und machen uns auf die Suche nach der "Umbrella-Bar". Offenbar sehen wir ziemlich planlos aus, sodass sich ein findiger einheimischer "Guide" unserer Truppe annimmt und uns unter einem unablässigen Redeschwall zu einer Bar führt. Diese stellt sich aber nicht als die heraus, wonach wir suchen. Als wir unseren Irrtum bemerken, haben wir bereits Lehrgeld gezahlt - einerseits in Form eines ordentlichen Trinkgelds und andererseits bemerken wir, dass die Getränkepreise ziemliche Touristenabzocke sind. Aber was soll's - wir sind nun mal hier, es ist zu heiß und alle haben Durst. Also genießen wir dennoch im schattigen Garten der Bar ein erstes erfrischendes Bier. Nachdem wir uns etwas aklimatisiert haben, beschließen wir, noch einmal selbstständig nach der richtigen Lokation weiterzusuchen. Schließlich finden wir auch ziemlich einfach diese Umbrella-Bar, wo das kühle Bier zu aller Freude deutlich weniger kostet. Zudem bietet man dort lecker gemixte Cocktails für nur sieben Dollar an. Das ist eine herrliche Belohnung nach unserem kleinen Abenteuer durch die heißen Straßen von Puerto Plata. Ein Teil der Truppe besucht später noch ein Rum-Museum mit Verkostung, der andere Teil chillt aber einfach weiter im Hof der, bis es Zeit ist, wieder an Bord zu gehen. Denn dort stehen ja schon die ersten Bands dieses Tages in den Startlöchern.
Wir winken der Dominikanischen Republik nach, während das Schiff wieder den Rückweg Richtung Florida antritt. Ich gönne mir als erstes die WARKINGS als einen relaxten Spaßbesuch und schaue mir das Programm von hinten mit einem Bier an. Metal-Bands, die sich nicht so ganz ernst nehmen, gibt es ja mittlerweile viele, und die WARKINGS treiben den epischen Schlachtenmetal mit ihren GWAR-ähnlichen Kostümen auf die Spitze. Die Ex-SOULDRINKER-Mitglieder um MYSTIC PROPHECY-Gitarrist Markus Pohl werden verstärkt von Morgana Le Fay, die die weiblichen Gesangsparts beisteuert und den Jungs im Posen noch was vormacht. Nicht so wirklich mein Ding, aber mit hochgelegten Füßen auf einem chilligen Sitzplatz ganz kurzweilig. Noch kurzweiliger finde ich die Action im Whirlpool, der den Auftritt der Band stilecht feiert, Plastikschwerter kreuzt und immer wieder einen Bär von Typen hochhebt, um ihn wieder ins Wasser fallen zu lassen. (Opa Steve)
Die lettische Band SKYFORGER, die bereits seit fast 30 Jahren besteht, bringt unter dem Motto "Nothing Is Forgotten, Nothing Will Be Forgotten" eine geballte Ladung heidnischen Pagan Metals in den Ice Rink. Und obwohl die Halle leider nur zu einem Viertel gefüllt ist, verwandeln die Herren sie in einen wahren Hexenkessel. Die Band ist bekannt für ihre intensiven Live-Auftritte und eröffnet das Konzert mit 'Akmeni Lekaltas Zimes'. Es folgen weitere Stücke wie 'Uz Ziemelkrastu' oder 'Ramava'. Immer mehr Zuschauer von der ursprünglichen Kraft der Musik mitgerissen und bilden einen riesigen Circle Pit, während zahlreiche Fäuste die Luft gereckt werden. Der Song 'Sešas Arprata Dienas (6 Days Of Madness)' ist ein weiterer Höhepunkt des Auftritts. Auch wenn die Musik von SKYFORGER teilweise roh und ungeschliffen wirkt, ist sie aber gleichzeitig intensiv und mitreißend. Die Texte sind oft mit historischen Bezügen versehen, was der Musik, die einen einzigartigen Stil, der Elemente des traditionellen Pagan Metal mit folkloristischen Einflüssen verbindet, eine zusätzliche Tiefe verleiht. Nach ihrem sehr authentischen Auftritt verteilt die Band Plektren direkt in die Hände der Fans und steht gern auch für Fotos und Autogrammkarten bereit, was ihre Nähe zu ihren Anhängern unterstreicht. (Krümel)
Da mich TEMPERANCE in der Star Lounge begeistert hatten und wir auf der Rückfahrt so langsam in die steigende "Wiederholungswelle" eintreten (ja, jede Band spielt zweimal auf dem Schiff), gönne ich mir die Band nochmal im Royal Theater. Wie immer sind TEMPERANCE extrem sympathisch, spielen sich die Bälle auf der Bühne immer perfekt zu und überzeugen mit ihren Vocals. Allerdings gibt es auch einige Soundprobleme und Kirstin kann sich nicht gut hören. Ob es daran liegt oder an der Größe des Theaters, weiß ich nicht, aber trotz der guten Darbietung springt der Funke nicht so über wie auf der kleinen Bühne der Star Lounge. Ich glaube, die Band braucht einfach ein intimeres Setting. (Opa Steve)
NANOWAR OF STEELs zweite Show findet am dritten Tag im Ice Rink statt. Und obwohl die Halle zunächst nur halb gefüllt ist, änderte sich das schnell. Sobald die gutgelaunte Band loslegt strömen immer mehr Leute in die Halle und bald gibt es kein Halten mehr. Die Menge tobt vor Begeisterung, und es gibt mehr Crowdsurfer als je zuvor an diesem Tag. Selbst die Sicherheitskräfte können sich dem Spaß nicht entziehen und tanzen teilweise mit, während die Stimmung im Ice Rink ihren Höhepunkt erreicht. Meine Bekannte Ely und ich lassen uns ebenfalls von der Energie und der ausgelassenen Stimmung mitreißen und werden zu Crowdsurfern. NANOWAR OF STEEL liefern nicht nur eine großartige Show, sondern schaffen es auch, das gesamte Publikum in eine euphorische Feierstimmung zu versetzen. Respekt! Dafür haben sie sich natürlich den frenetischen Jubel am Ende des Schlusstracks, bei dem wieder der Ikea-Bausatz zusammengebastelt wird, auch redlich verdient. (Krümel)
KATAKLYSM vertreten neben UNLEASHED die unzerstörbare Oldschool-Front. Die Kanadier schaue ich mir beim zweiten Gig auf der Pool Deck Stage an. 'Like Angels Weeping The Dark' eröffnet einen recht groovebetonten Gig. Von ihren rohen Frühwerken hört man live ja schon lange eigentlich gar nichts mehr. Dafür ermuntern die langsameren Parts die Slamdancer im Publikum, ihren faustschwingenden Marsch im Kreis anzustimmen, während die flotten Titel natürlich nach Moshpits schreien. Ebenfalls ein Moshpit ist im Whirlpool zu sehen, wo das Wasser meterweit in das Publikum vor der Bühne spritzt. Maurizio ist gut gelaunt und bringt auch den ein oder anderen Scherz. Zum Beispiel fragt er das Publikum einmal "Na, seid ihr auch schön berauscht von den total überteuerten Getränken?". Die aktuelle Scheibe "Goliath" wird heute nur mit 'Die As A King' bedacht, während der sonstige Fokus auf dem Backkatalog der Band mit Schwerpunkt auf dem 2006er "In The Arms Of Devastation" liegt. Von diesem gibt es sogar eine Live-Premiere von 'Temptation's Nest'. James Payne an den Drums leistet einen ordentlichen Job, allerdings muss ich sagen, dass ich aufgrund der Vorschusslorbeeren etwas ernüchtert bin. Sein Spiel ist trotz einiger Figuren relativ straight und auch die ersten Blasts sind jetzt nicht gerade so präzise, wie man es erwarten würde. (Opa Steve)
Auch den zweiten Gig von SAOR, deren Musik wie schon angedeutet stark von der schottischen Geschichte und Folklore inspiriert ist, darf ich erleben - dieses Mal im Ice Rink, wo noch mehr Zuschauer die Möglichkeit haben, ihre Lieblinge zu sehen. Was soll ich sagen: Wenn das Konzert in der Star Lounge bereits Gänsehautmomente bot, so war es hier schlichtweg episch. Von Anfang an fesselt die Band das Publikum mit ihrer auch dieses Mal intensiven Darbietung und lässt es bis zum Schluss nicht mehr los. Die Menschen in der fast vollständig gefüllten Location sind einfach nur geflasht und ich selbst bin hin und weg. Für mich sind die Schotten SAOR die Entdeckung Nummer eins dieses Festivals. (Krümel)
In der düsteren Atmosphäre der Star Lounge bringt die ungarische Band DALRIADA einen Hauch von Folk-Metal auf die Bühne. Die Band setzt traditionelle Instrumente wie Dudelsack, Violine und Flöte ein, um ihren charakteristischen Sound zu kreieren. Und so tragen die Männer der Band schwarze Röcke und folkloristische Hemden, was ihrer Erscheinung eine authentische Note verleiht. Der Auftritt beginnt mit 'Hunyadi és Kapisztrán nándorfehérvári diadaláról (Saltarello)' vielversprechend. Doch von Anfang an habe ich das Gefühl, dass die Musiker auf der Bühne "zweigeteilt" wirken. Während die Herren in ihren Outfits gut zur Musik passen und authentisch wirken, wirkt Sängerin Laura Binder in ihrem schwarzen Leder- und Glitzer-Outfit etwas deplatziert. Auch ihre Performance hat etwas Einstudiertes an sich, während ihr Gesicht nie wirkliche Freude zeigt. Das ist schade. Denn im Gegensatz dazu sind die restlichen Bandmitglieder sichtlich ergriffen von der Begeisterung des Publikums. Besonders in Momenten, in denen die Band ihre folkloristischen Melodien gepaart mit metallischer Härte präsentiert, wirken sie echt. Das zieht dann auch das Publikum mit, und trotz der beengten Verhältnisse bildet sich ein großer Circle Pit. Da ist die Energie im Raum förmlich greifbar und die Fans genießen jeden Moment des Auftritts. Obwohl die Performance der Bandmitglieder etwas uneinheitlich erscheint, gelingt es DALRIADA dennoch, das Publikum zu begeistern und eine tolle Atmosphäre zu schaffen. (Krümel)
Immer wenn Johnny Hedlund irgendwo auftaucht, gibt es spontane "Unleashed! Unleashed!"-Chöre, selbst im Aufzug. Man erkennt den Frontmann der Band an jeder Ecke und die Schweden haben offensichtlich eine große Anhängerschaft auf dem Schiff (oder waren zu selten im Ausland) oder touren schlichtweg zu wenig außerhalb Europas. Im Royal Theater bei fantastischem Licht und Sound steigt die Band mit 'They Came To Die' in die schwedische Death Metal Party ein. Der straighte Song bringt das Publikum schnell auf Touren. Mit 'Lead Us Into War' geht es dann aber gleich noch eine Schippe brutaler zu Werk. Johnny glänzt durch unterhaltsame und ausufernde Ansagen und erzählt immer Stories zu den Songs. Irgendwann meint er mitten beim Plappern: "Hey, ihr seid bestimmt nur so still, damit ich weiter solche Geschichten erzähle?". Als er die Band vorstellt, erzählt er, wie Drummer Anders Schultz im Herbst 2022 bei einem Motorradunfall beinahe ums Leben kam und erklärt anhand dessen einen Großteil der nordischen Mythologie, wie Anders in Hel verblieb, dort entschieden wurde, dass er zurückgehen müsse nach Midgard, und dass er zum Glück nie in Nifelheim landete. Die Band, die fast komplett in ihrer Originalbesetzung seit Gründungsdatum agiert, versteht sich auf der Bühne natürlich blind und weiß, wie sie ein rollendes Gewitter entfachen muss. Gerade ältere Titel wie 'Hammer Battallion' zeigen im wahrsten Sinne, wo der Hammer hängt. Die moshende und bangende Meute schreit noch mit dem letzten Atem den Refrain mit und feiert den Titel frenetisch. Noch weiter zurück in der Historie geht es mit 'Into Glory Ride' und unüberhörbaren Black Metal-Einflüssen. Zum Schluss darf die Meute nochmal zum rasenden 'Death Metal Victory' komplett austicken. Nach 35 Jahren ist die Art, wie sich UNLEASHED präsentieren, immer noch ein Statement. Die arme Schiffscrew sorgt sich derweil um den komplett ausgelegten Boden, der der Belastung durch die Fans kaum gewachsen ist und sich ständig wellenschlagend verschiebt. (Opa Steve)
Die deutschen Death/Doom-Metaller DECEMBRE NOIR betreten die winzige Bühne der Star Lounge zu dem düster melancholischen Intro 'Pale Serenades', welches sofort für eine perfekte Einstimmung sorgte. Die Lounge ist gut gefüllt, obwohl das Licht wie üblich eher schlecht ist. Umso mehr überrascht mich direkt beim Einsteigersong 'Hope/Renaissance' der erstaunlich gute Sound positiv. Auch wenn alle Bandmitglieder ihr Bestes geben, scheint mir die Atmosphäre ihrer Studioaufnahmen live nicht ganz so gut rüberzukommen. Dennoch verdienen DECEMBRE NOIR den Applaus, den das Publikum ihnen gerne gibt. Ihre Performance ist durchaus solide und bietet den Fans mit Stücken wie 'Small.Town.Depression' oder 'Against The Daylight' einen Einblick in die düster-melancholische Welt ihrer Musik, die Elemente des Death Metals mit langsamen, schweren Riffs und atmosphärischen Klanglandschaften verbindet. (Krümel)
Nachdem BLIND GUARDIAN im Royal Theater einen unglaublich geilen Gig vorgelegt hatten, treffen wir auch zum zweiten Teil des Best-Of-Sets auf der Pool Deck Stage ein. Dort wirkt die Band schon wieder etwas, wie ich sie zuletzt in Erinnerung hatte. Hansi ist deutlich fahriger als im Theater, seine Gesten wirken weniger souverän und auch seine Ansagen sind nicht mehr so fokussiert. Der Gesang ist wieder einmal recht gut, erreicht aber das Niveau vom Theater nicht ganz. Dort wirkte er insgesamt fitter und war von der ersten Sekunde an voll präsent. Heute wirkt er weniger authentisch, in seiner Bühnenbewegung gekünstelt und nicht so motiviert. Der Höhepunkt seiner Show ist, als er kurz im Fotograben verschwindet, aber auch das wirkt etwas wie jugendliche Albernheit nach paar Bierdosen zuviel. Die Band zockt dafür wie gewohnt straight und trotz einiger Überschneidungen hat auch das zweite Oldschool-Set einige schöne Momente. (Opa Steve)
SCAR SYMMETRY stehen auf der Bühne vom Ice Rink und ich wähnte sie schon mitten im Gig, als ich eintreffe. Aber es gibt - mal wieder - technische Probleme mit dem Equipment. Dies führt dann dazu, dass die Band nicht alle Songs der geplanten Setlist unterkriegen kann. Ohnehin ist ihre Setlist schon ein Gewusel aus Korrekturen und Notizen - ganz anders das Spiel der Präzisionsschweden. Die beiden Achtsaiter-Gitarren werden hochkonzentriert bearbeitet und pfeilschnelle Läufe gezaubert. 'Limits To Infinity' thrasht Sci-Fi-gleich aus der P.A.. Mich faszinieren die klaren Vocals von Lars Palmqvist, der von der Statur und seiner aggressiven Bühnenpräsenz seinem Growl-Gegenstück Roberth Karlsson in Nichts nachsteht, aber wunderbar die Töne trifft und mit der melodischen Stimme zu begeistern weiß. Nach knapp einem halben Dutzend Titel entschuldigt sich die Band wegen der Verzögerung und muss leider schon aufhören. Die Vorstellung bis dahin fand ich aber absolut sehenswert. (Opa Steve)
Ich nutze die letzten Kräfte des Tages, um mich zum Abschluss nochmal zu APRIL ART zu schleppen, die ihren zweiten Gig in der Star Lounge spielen. Die hyperagile Bühnenshow von Lisa und ihren Mitmusikern muss natürlich hier auf begrenztem Raum stattfinden, aber den nutzen die vier auch so gut es geht aus. Natürlich besteht immer das Risiko, dass man irgendwie zusammenstößt oder sich ins Gehege kommt, also ergreift Lisa die Flucht nach vorn und stellt sich direkt auf die Monitorboxen, wobei sie bei enthusiastischen Handbewegungen natürlich schon hin und wieder mit der sehr niedrigen Decke kollidiert. Erwähnte ich schon, dass es auf dieser Cruise oft technische Probleme gibt? Natürlich muss auch jetzt mitten im Gig ein Mikro ausfallen, aber Lisa meistert das gewohnt entspannt, strahlt verdutzt das Publikum an und nimmt dann erst einmal das Stativmikro des Gitarristen, bis man ihr endlich Ersatz reichen kann. Wie publikumaffin und souverän die Band die Begebenheiten meistert, zeigt sich wieder am hervorragenden Kontakt zu den Zuschauern, und Lisa legt sich irgendwann halb ins Publikum rein, um die Leute mitzureißen und die bestmögliche Stimmung zu generieren. Mein Opa-Körper meldet aber nach einigen Songs "Dringende Schlafpriorität!" und ich begebe mich zurück in die Kabine, obwohl ich den Gig gern noch zuende geschaut hätte. (Opa Steve)
Donnerstag - Seetag
Die norwegischen EINHERJER gehören seit 1993 vor allem mit ihren Alben "Dragons Of The North" (1996) und "Odin Owns Ye All" (1998), die als Meilensteine im Viking Metal gelten, aber auch mit "Av Oss, For Oss" (2014) quasi zu den Pionieren dieses Genres. Damit haben sie einen großen Einfluss auf die Entwicklung der norwegischen Metal-Szene ausgeübt. Die Band ist bekannt für ihre epischen und kraftvollen Kompositionen, die von nordischer Mythologie, Geschichte und Kultur inspiriert sind. Ihr Name "Einherjer" stammt aus der nordischen Mythologie und bezieht sich auf gefallene Krieger, die im Schlachtgetümmel von den Walküren ausgewählt wurden, um in Ruhm zu sterben und in Odins Halle Valhalla als Krieger zu dienen. Diese Themen finden sich oft in ihren Texten wieder. Zu Ehren dieser 70000 Tons Of Metal-Kreuzfahrt halten die Mannen dann auch einen Special-Set unter dem Motto "90's Viking Metal' für die Fans bereit. Leider findet das Ganze am hellichten Mittag auf der Pool Stage statt, welche ich persönlich nicht für das geeignete Umfeld für eine solche Show halte. Aber EINHERJER beweisen bei Stücken wie 'Dragons Of The North', 'Ballad Of The Swords' oder 'Odin Owns Ye All' ihre Erfahrung und Professionalität und zeigen sich zudem deutlich spielfreudiger und besser gelaunt, als ich sie von ihren Auftritten während der 2020er Cruise in Erinnerung habe. Und so feiern die doch vielen Anwesenden diesen Set verdientermaßen ab. (Krümel)
Draußen scheint die Sonne von einem blauen Himmel, aber ich begebe mich in die Düsternis des Ice Rinks, wo die französischen Schwarzwurzeln ACOD zum Stelldichein bitten. Bisher war mir die bereits seit 2006 bestehende Band leider überhaupt nicht bekannt. Auch wusste ich bisher leider nicht, dass sie sich einen Ruf für ihre kraftvollen Live-Auftritte und ihre emotionale Intensität auf der Bühne erarbeitet haben. Ich gehe also völlig unbedarft zu dieser Show - und werde mit einem absoluten Hammerauftritt belohnt. ACOD präsentieren einen melodisch-epischen Stil, der die Elemente des Black Metals mit atmosphärischen Klängen und intensiven Blast Beats kombiniert. Bereits in den ersten Minuten zieht mich die Performance in ihren Bann. Gerade weil Sänger Fred jeden Ton, jedes Wort mit jeder Faser seines Seins zu fühlen scheint und diese oftmals zerrissen wirkenden Emotionen deutlich nach außen transportiert. Seine kraftvolle Präsenz auf der Bühne fesselte nicht nur mich, sondern weite Teile des Publikums mit jedem gesungenen Wort. Und so gehen die Leute enthusiastisch mit, unterstützen die Band nach jedem Song mit gebührendem Applaus und lassen sich von der Intensität der Musik mitreißen. Auch der ein oder andere Moshpit bildet sich, was die Energie im Raum nochmals greifbarer macht. Für mich persönlich sind ACOD eine der Entdeckungen der 70000 Tons Of Metal-Cruise, die ich nicht so schnell vergessen werde. Ihre Performance war eine kraftvolle und mitreißende Erfahrung und hat mir gezeigt, wie vielfältig und fesselnd der Black Metal sein kann. (Krümel)
Nach der tollen Stimmung beim ersten WALTARI-Gig finden wir uns zum zweiten Gig auf der Pool Deck Stage ein. WALTARI kämpfen mit dem parallelen Konkurrenzprogramm im Royal Theater, wo das Allstars-Projekt mit großem Namedropping ausgewählte Coverversionen improvisiert. Der Publikumsbereich ist nur locker gefüllt und WALTARI spielen ein etwas abgewandeltes Set mit mehr Rocksongs. Aber die Finnen wären nicht die Finnen, wenn sie nicht wieder völlig abgedrehte Sachen hinzumischen würden. So kündigen sie einen Song als Mischung aus Death Metal und Klassik an und heraus kommt etwas, was akustisch entfernt als Pizza mit Schokotorte beschrieben werden könnte. Aber wer Songs wie 'Dance Electric' im Portfolio hat, dem gelingt es natürlich immer, einen Auftritt zu einer großen Party werden zu lassen. Und so tanzen die Besucher gut gelaunt zu den Klängen der Band. (Opa Steve)
LICH KING waren schon beim Pool Deck Gig so stark, dass ich mir schnell ein eiskaltes Foster's hole und dann ins Ice Rink zum Wiederholungsgig gehe. Dort treffe ich ganz vorne eine Menge bekannter Gesichter, die die Band alle schon abfeiern. Im Circle Pit, der eigentlich während des Gigs nie aufhört, läuft jemand in einem riesigen Dinosaurier-Kostüm umher, ein anderer eskaliert an der Seifenblasenmaschine und ohnehin gehen alle zu diesem Thrash-Fest steil. Der vierte Tag ist ohnehin der Tag, an dem viele verkleidet herumrennen und es richtig krachen lassen. LICH KING lassen sich da nicht lumpen und sind mit ihrer Energie immer eine Nasenspitze voraus. Sänger Zach erzählt nochmal die Geschichte, wie die Band quasi Last-Minute als Ersatz auf das Line-Up kam ("Sonntag wusste ich nicht einmal, dass ich heute hier spielen würde - und da fragt mich der Typ 'Hey, machen wir die 70K?' - und ich sagte: 'Jou!'"). Und da gar keine Zeit war, offizielles Merch für die 70000 Tons zu produzieren, lädt die Band nach dem Gig einfach zum Hallenrand ein, wo sie ihr übliches Merch zu fairen und verhandelbaren Preisen an die Headbanger bringen. Die Undergroundband aus Massachusetts dürfte mit dieser Teilnahme einen riesen Coup gelandet haben und hat sicherlich extrem an Bekanntheitsgrad gewonnen. (Opa Steve)
FLESHGOD APOCALYPSE sehe ich zum ersten Mal auf einer großen Bühne. Mit beeindruckender Optik (die Kostüme sind vom Feinsten) und aufwändiger Show (inkl. eines großen "Pianos" auf der Bühne) steht die Band auf der Bühne und steigt mit 'Fury' in ihren orchestralen Extreme Metal ein. Der erste Titel ist noch recht sperrig, allerdings offenbart er vom ersten Takt an, dass die Italiener einen verdammt guten Sound haben. Sofort haben sie die Headbanger und Mosher auf ihrer Seite. Veronica bewegt sich wie eine unheilvolle Gestalt mit wallendem Gewand über die ganze Bühne und auch der Keyboarder bewegt sich - ganz im POWERWOLF-Stil - mal von seinem Instrument weg, wenn er gerade nichts zu tun hat oder eine Ansage übernimmt. Francesco Paoli brüllt seine Growls souverän ins Mikro, was angesichts der spielerischen Herausforderung schon bewundernswert ist. Unterstützt wird er dabei von Bassist Paolo Rossi, der die Band leider zwischenzeitlich verlassen hat und auf der 70000 Tons Cruise voller Herzblut eine Art Abschied feiert. Zwischendurch bewundert Francesco den Sonnenuntergang über dem Deck ("In Italien sagen wir dazu 'bellissimo'!"). Das 2019er Album "Veleno" wird mit drei Songs berücksichtigt, nämlich neben dem Opener 'Fury' noch 'Sugar' und das langsame 'Monnalisa'. Das epische 'No' von der gleichnamigen EP beweist das Händchen für ausufernde Chöre und komplexe Arrangements, während sich Drummer Francesco schon mal warm blasten kann. Die Band liefert live ja schon ein hochpräzises Gehämmer ab, aber nach dem älteren 'Epilogue' sollte der Höhepunkt ja erst noch bevorstehen. Kommt er noch, oder kommt er nicht? Der Song, der für die Band eigentlich absolut zwingend ist und über allem thront? Sanfte Klänge laufen weiter, als die Band schon an den Bühnenrand geht. Doch dann formen die leisen Streicher doch genau dieses eine Thema. Zum Crescendo stellt sich die Band wieder in Position und 'The Violation' bricht mit Urgewalt aus der P.A.. Die Drumblasts ballern aus allen Rohren und die Band feuert den akustischen Irrsinn wie ein Uhrwerk auf Speed in den karibischen Abend. Die Besucher, die die Band bislang nicht kannten, stehen nur noch mit offenem Mund da, und während die Band abgefeiert von der Bühne geht, versucht der ein oder andere noch zu begreifen, was zum Teufel er gerade die letzten vier Minuten erlebt hat. (Opa Steve)
Die TYGERS OF PAN TANG gehören schon eher zu den Veteranenbands der Cruise. Schon über 40 Jahre im Geschäft zählen sie zu den alten Hasen der NWoBHM-Garde, wobei man ihre ersten Werke auch eher unter Proto-Metal einstufen muss. Die Band ist heute aber noch sehr agil und bringt unermüdlich neues Material, Best-Ofs und Live-Alben heraus. Ein Indiz, dass die Band es auf der Bühne immer noch wissen will. Bei dem tendenziell mittelalten Publikum der 70000 Tons ist ihr Gig im Ice Rink anfangs leider etwas spärlich besucht, aber die Tiger legen mit dem coolen Bassgroove von 'Fireclown' los, welches auf dem Debütalbum beheimatet ist. Nicht weniger cool ist 'Raised On Rock' vom dritten Ablum "Crazy Nights", der das Tempo schon mal ordentlich anzieht. Das ikonische 'Insanity' setzt den Oldschool-Reigen fort und die souveräne Darbietung lockt auch immer mehr Publikum an. Weit vorne steht ein junges Paar mit aufblasbaren Gitarren und feiert den kompletten Gig glücklich rockend durch und singt jeden Song textsicher mit. Klasse, wenn man sich für Musik begeistern kann, bei deren Entstehen man noch gar nicht geboren war. Spätestens mit dem flotten 'Only The Brave' hat die Band auch das Laufpublikum geknackt. Für Songs wie 'Hellbound' ist es eine gute Chance, die Klasse der frühen Achtziger zu beweisen, noch bevor der Metal seinen großen Durchbruch hatte. Alt, aber nicht verstaubt, weil das einfach Songs sind, die Charakter haben und sich festsetzen - und Neu-Gitarrist Francesco Marras, der die Briten seit vier Jahren unterstützt, wird von Jack Meille als "Mr. Fastfinger" vorgestellt und lässt bei dem Titel auch richtig die Sau raus. Am Schluss ist der Gig eine Riesenparty mit fliegenden Luftballons und einer ausgelassenen Stimmung und der gesetzten Bühnengeneration ist es gelungen, das Metal-Publikum um den Finger zu wickeln. (Opa Steve)
Am frühen Abend findet der zweite Auftritt der deutschen Power Metal-Truppe MYSTIC PROPHECY statt. Trotz des bedauerlich geringen Publikumszuspruchs von nur etwa 80-100 Zuschauern liefert die Band eine mitreißende Performance ab. Es ist offensichtlich, dass sie sich trotz der kleinen Zuhörerschaft mit ihrem "freundlich-aggressiven" und melodischen Stil, der Elemente des klassischen Heavy Metal mit modernen Einflüssen verbindet, voll und ganz ins Zeug legen und ihr Bestes geben. Das Engagement der Band ist unermüdlich und sie präsentiert ein Repertoire ihrer bekanntesten Songs, darunter 'Metal Division', 'Killhammer', 'Crucifix' und 'Dracula'. Diese Stücke zeichnen sich durch kraftvolle Gitarrenriffs, energiegeladene Drums und charismatische Gesangsleistungen aus, die das Publikum durchaus abfeiert. Insgesamt ist der Gig schon eine eindrucksvolle Darbietung einer Band, die sich den Applaus des Publikums redlich verdient. (Krümel)
Am letzten Abend ist es schließlich soweit, dass ich eine meiner langjährigen Lieblingsbands (seit zwei Jahrzehnten halte ich den Finnen die Treue) BEFORE THE DAWN endlich bei ihrem zweiten Gig auf der Cruise live erleben darf. Die bereits seit 1999 existierende Melodic Death Metal-Band um Mastermind Tuomas Saukkonen gilt als eine der führenden Bands des Genres und hat sich im Laufe ihrer Karriere mit ihrem markanten Gitarrensound, der melodische Elemente mit aggressiven Riffs verbindet, eine treue Fangemeinde aufgebaut. Leider fand der erste Auftritt an Tag eins zu einem meines Erachtens undankbaren Timeslot um fünf Uhr morgens statt. Schade - hätte sie gerne dann schon gesehen. Doch heute an Tag vier dürfen Tuomas hinter dem Schlagzeug, Juho Räihä an der Gitarre, Pyry Hanski am Bass und Sänger Paavo Laapotti (der übrigens Finalist bei "The Voice Of Finland" war) zur besten Prime Time im Ice Rink beweisen, was sie so drauf haben. Obwohl die Zuschauerzahl leider recht gering ist herrscht von Anfang an eine großartige Stimmung. Unter kräftigem Applaus betritt die finnische Truppe zum atmosphärischen Intro 'The First Snow' die Bühne und startet dann mit 'Winter Within' kräftig durch. Es ist deutlich zu spüren, dass BEFORE THE DAWN voller Energie und Leidenschaft auf der Bühne stehen. Das überträgt sich natürlich gleich auf die Fans im Saal, die jeden Song abfeiern. Die Setlist bietet dazu aber auch eine perfekte Mischung aus verschiedenen Schaffenszeiten, darunter 'Dying Sun', 'My Darkness' oder 'Wrath', die vom Publikum begeistert aufgenommen werden. Die Musiker zeigen sich während der ganzen Show sehr agil, vor allem Paavo lässt seine imposante Haarpracht ständig kreisen. Wie immer endet alles gefühlt viel zu schnell. Doch wie heißt es doch gleich: "Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist." Und so war die Performance eines ihrer bekanntesten Stücke - dem genialen 'Deadsong' - als Schlusstracks die Krönung eines rundum gelungenen Gigs, der alle - sowohl BEFORE THE DAWN als auf die Fans - happy gemacht hat. (Krümel)
Da ich den Start von I AM THE NIGHT beim ersten Gig verpasst hatte und einen guten Eindruck von der Band gewann, wird nochmal nachts zum Abschluss die Band auf die Liste gesetzt und wir begeben uns zur Star Lounge. Es ist schon spät und nicht supervoll und wir bekommen einen Platz direkt vor der Bühne. Mit Okko Solanterä hat die Band wirklich einen Frontmann, der perfekt zum Material passt, aggressiv und dezent wahnsinnig guckt, und ganz aus der Nähe bekommt man den Eindruck, dass man ihm nachts lieber nicht begegnen möchte. Die Kollegen des finnischen Fünfers sind da deutlich entspannter. Markus Vanhala (OMNIUM GATHERUM, INSOMNIUM) ist eher der ruhige konzentrierte Typ und Drummer Juuso Raatikainen (SWALLOW THE SUN) wirkt dagegen sehr jugendlich und plappert beim Soundcheck wie ein finnischer Wasserfall. Die Band ist wegen technischer Probleme zu Beginn im Zeitdruck und die Crew schnappt sich resolut den Tonmenschen, der sich offenbar schon in den Feierabend schläft. Als es losgehen kann, folgt wieder ein eiskaltes Black Metal-Gewitter feinster Güte. Die Band ist live noch viel brutaler als auf CD. Trotzdem wird für ausreichend Epik gesorgt, wenn mehrstimmiger beschwörender Gesang bei 'Among The Unseen Ones' einsetzt. Und was Juuso an den Drums an Dauer-Blasts und vollem Krafteinsatz leistet, ist einfach unmenschlich. Man sieht ihm die Schmerzen ins Gesicht geschrieben, während er die Titel gnadenlos nach vorne peitscht. Aus der Nähe auf dieser kleinen Bühne war die Erfahrung sehr intensiv. Irgendwann sitzt Juuso klatschnass hinter seinem Kit, ein Becken hat er zwischenzeitlich umgeschlagen und es liegt nun zwischen seinen Füßen. Selbst vom Zuschauen sind wir so fix und fertig, dass wir uns erst mal zum Sorrento's gehen und ein Stück Pizza als Nachtmahl reinpfeifen und unsere Wasserreserven auffüllen. So frisch gestärkt geht es dann ins Bett, um noch ein paar Stunden Schlaf vor Miami zu bekommen. (Opa Steve)
Disembarkment und Fazit
Früh morgens wird man wach und merkt, dass das Schiff ganz ruhig ist. Die Vorhänge werden aufgezogen, und man schaut in die Realität des Festlands. Wir liegen wieder am Terminal der Royal Caribbean und das Disembarkment hat einen straffen Zeitplan. Also rasch in den kleinen Badverschlag gesprungen, Katzenwäsche, und schnell noch was frühstücken. Trotz der gestaffelten Zeitpläne, wie man das Schiff zu verlassen hat, sind die Sailor noch entspannt genug und machen sich erst mal satt, Koffer werden überall herumgeschoben, aber das Disembarkment verläuft insgesamt stressfrei. Übermüdet stehen wir an der Schlange zu den Taxiständen, während das Personal professionell die paartausend Metalheads dirigiert und lotst. Zwischendrin auch immer wieder Bands mit ihren Instrumenten, aber vor allem sehr viele zufriedene Gesichter. Wir schnappen uns ein Taxi, und da es noch früh am morgen ist, haben wir einen Gepäck-Store reserviert, wo wir erst mal die Koffer loswerden. Dann setzen wir uns in Wynwood an ein geöffnetes Cafe und gönnen uns erst mal einen gemütlichen Espresso. Überall in Miami laufen einem heute und in den folgenden Tagen noch Sailor über den Weg, und man wird immer wieder an die tollen Tage erinnert. Wir lassen die 70000 Tons 2024 nochmal am geistigen Auge vorbeziehen. Was war dieses Jahr besonders geil? Wieder einmal gab es alte und neue Neuentdeckungen. Zum ersten Mal die TYGERS OF PAN TANG gesehen zu haben, hat wieder bewiesen, was die "alten" Bands noch alles drauf haben. Die energetische Liveshow von APRIL ART zeigte, was es an Nachwuchshoffnungen gibt, denen man unbedingt auch mal eine Chance geben sollte, auch wenn die Musik jetzt noch nicht die große Masse erreicht hat. Mit I AM THE NIGHT gibt es endlich wieder talentierte Vertreter der zweiten skandinavischen Welle, die auch live richtig intensiv rüberkommen. Mit LICH KING haben die Veranstalter nicht nur das Unmögliche geschafft, sondern die Band hat uns mit ihrem fetten Brett richtig umgehauen. Und wieder einmal haben wir ganz tolle Leute kennengelernt. Es war - wie auch schon 2020 - eine einzigartige Erfahrung.
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(soweit bereits bekannt, Liste wird ständig erweitert) ABORTED - ANGRA - BLIND GUARDIAN - BLOOD RED THRONE - CRYPTA - DALRIADA - DRACONIAN - DEPRESSIVE AGE - EPICA - EQUILiBRIUM - GRAVE DIGGER - INFECTED RAIN - IOTUNN - LEGION OF THE DAMNED - LORD OF THE LOST - MY DYING BRIDE - MYSTIC PROPHECY - NANOWAR OF STEEL - NERVOSA - NILE - OMNIUM GATHERUM - SAOR - SERENITY - SODOM - THE HALO EFFECT - THYRFING - UNLEASHED - VICTORY - WARKINGS |
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