Ignea - Dreams Of Lands Unseen | |
---|---|
Review von Opa Steve vom 01.05.2023 (4936 mal gelesen) | |
Nachdem IGNEA aus der Ukraine schon Jahre in engagierter DIY-Kontrolle über ihr Schaffen verbrachten und auch während des Kriegs Russlands gegen die Ukraine weder auf den Bühnen noch im Studio müde wurden, konnten sie nun die Belohnung ihres Fleißes in Form eines Plattenvertrags bei Napalm Records einheimsen. Die Band war bislang in Westeuropa eher ein Geheimtipp, konnte aber auch zum Beispiel auf der Female Metal Voices Tour 2019 neue Anhänger gewinnen (wie auch den Autor dieser Zeilen). Der Stil der Band ist eine ganz eigene Mischung aus modernem Melodic Death, osteuropäischen Harmonien und orientalischen Einflüssen. Dabei legte die Band auch in selbstfinanzierten Zeiten immer großen Wert auf Qualität und eine Präsentation als Gesamtkunstwerk. Videos waren immer ein Begleiter der musikalischen Outputs, und es wurde nicht an Aufwand gespart. Das Rezept wurde auch beim neuen Album "Dreams Of Lands Unseen" fortgeführt, und mit einem ausführlichen Budget gibt es mittlerweile drei Songs als Video-Auskopplung. Den Keyboards von Yevhennii wird auch wieder ein hoher Stellenwert eingeräumt, was dem Sound der Band eine größere künstlerische Freiheit einräumt. So gelingt ein bombastisches Intro, welches schon an einen Filmscore erinnert. Bei den neun darauffolgenden Songs fällt auf, dass die Band bei der Gitarrenarbeit ein bisschen mehr Stumpfheit aus dem Death Metal übernimmt. Es wird oft fett und tief um einen Ton herum gerifft - für meine Begriffe manchmal etwas zu lang. Das ist auch eine Falle, die schon LACUNA COIL ein paar Punkte gekostet hat. Ein tief gestimmter Powerchord ist nun mal kein Song. Dabei können es IGNEA deutlich besser, was sie natürlich auch immer wieder unter Beweis stellen. Headbanger, die sich straight und vorhersehbar die Matte schütteln wollen, werden mit Titeln wie 'Далекі Обрії' oder 'Dunes' sicherlich ihre Freude haben, aber die Band muss aufpassen, dass sie dies über die Spieldauer von 45 Minuten nicht zu sehr ausreizt. Denn der wahre Reiz der Band liegt in den einzigartigen Melodieführungen und ungewohnten Harmonien, die sie durch ihre Einflüsse integrieren. Helles Stimme klingt im Klargesang auf diesem Album nämlich so gut wie selten, und es lohnt sich, die Growls immer mal wieder zu reduzieren. Was sie in 'To No One I Owe' an Ausdruck abliefert, ist einfach stark. Auch das ungewöhnlich einigängige und verhältnismäßig softe 'Incurable Disease', welches schon im Vorfeld als Singleauskopplung erschien, kann gerade wegen des ungewohnt verträumten und sanften Gesangs überzeugen. Dieser Song bedient sich auch bei den stilprägenden Sprüngen von Moll- zu Dur-Harmonien. Auch der musikalische Osten ist wieder vorhanden und dehnt sich diesmal bis nach Asien aus ('The Golden Shell' und 'Optimist' bedienen sich sowohl ostasiatischer Harmonien als auch des Klangs eines Erhus, was man bereits von CHTHONIC kennt). 'Nomad's Luck' mit seinem arabisch klingenden Intro könnte glatt eine Fortsetzung von 'Queen Dies' des Vorgängeralbums sein. Und die Blast-Dramatik am Ende ist einfach gigantisch. Wer könnte besser ein Konzeptalbum über die ukrainische Fotografin Sofia Yablonska schreiben, die ihrerzeit die Welt bereiste, als eine Band aus der Ukraine, die die musikalischen Einflüsse der Welt in sich aufsaugt? Wegen des zu häufigen eintönig tiefen Geriffes muss ich als Rezensent mahnend einen Finger heben, dass man diesen Pfad nicht weiter auslatschen sollte. Davon abgesehen kann ich IGNEA nur drei Dinge wünschen: Dass mit dem Napalm-Deal nun der weltweiten Aufmerksamkeit nichts mehr entgegen steht, sie auch den verdienten Erfolg einheimsen dürfen, den sie verdienen. Und natürlich, dass sie möglichst bald wieder in Frieden und ohne den Schatten des sinnlosen Kriegs Russlands mit ihrer Musik ausgiebig touren können. Gesamtwertung: 8.5 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Téoura 02. Dunes 03. Camera Obscura 04. Далекі Обрії 05. To No One I Owe 06. Incurable Disease 07. Nomad's Luck 08. The Golden Shell 09. Opiumist 10. Zénith | Band Website: ignea.band/ Medium: CD, LP Spieldauer: 45:00 Minuten VÖ: 28.04.2023 |
Alle Artikel