Carnwennan - Lotus

Review von Chaosswampchicken vom 09.07.2024 (10690 mal gelesen)
Carnwennan - Lotus Um hier ganz ehrlich zu sein, bis auf das, was ich in der Pressemitteilung gelesen habe, wusste ich nichts von der Band, und da ich das natürlich nicht so stehen lassen kann, wurde natürlich erst einmal nachgeforscht und ihrer Demo "Dusk" aus 2023 gelauscht. Wie tief ich tatsächlich geforscht habe, zeige ich euch jetzt, denn der Bandname CARNWENNAN geht auf eine Artussage zurück, in dem eben dieser Name einen Dolch darstellt, der von Gott dem sagenumwobenen König der Briten geschenkt wurde, den dieser benutzte, um eine Hexe in zwei Hälften zu schneiden. Wenn ich einmal am Forschen bin, dann richtig - nun aber zurück zur Band und zur Musik. Gegründet wurde die Combo 2020 inmitten der Pandemie in Albany, New York. Den musikalischen Stil von CARNWENNAN kann man am besten als eine heftige Mischung aus Sludge, Drone und Doom bezeichnen, in die an vielen Ecken auch andere Metalstile mit einfließen. Was wir in "Lotus", dem Debütalbum, zu erwarten haben und wie sich die Band schlägt, finden wir jetzt heraus.

I und II


Bevor wir uns dem Opener widmen, stelle ich hier einmal kurz die Mitglieder der Band vor: an der Leadgitarre haben wir Alexandria Ashpond, Alex Waters ist zuständig für fiese Basslines, Jack Jackal ist sowohl der Vocalist als auch Gitarrist der Truppe und zu guter Letzt haben wir James Leshkevich an den Drums. Nun aber zum Opener 'I'. Der Minimalismus im Titel spiegelt sich auf jeden Fall nicht in der Länge des Songs wieder, der mit 12:27 der zweitlängste des Albums ist. Die Geräuschkulisse, die als erstes an mein Ohr dringt, ist die einer warmen Sommernacht, man sitzt auf seiner Terrasse und die Grillen zirpen. Die richtige Stimmung ist schon einmal da, langsam setzt hier auch ein knirschendes Gitarrenriff ein, das langsam immer lauter wird, unterstützt wird dieses Riff durch die krachenden Drums von James. Hier wird der schwere Funeral Doom-Einschlag mit dreckigen Sludge-Vocals verbunden, das Ganze geht gut ins Gehör. Zum Ende hin bekommen wir noch mal einen richtigen Höhepunkt in Form eines furiosen Blastbeat-Gewitters und furchteinflößenden Growlings, das nenne ich einen Opener. Als nächstes haben wir hier 'II', hier wird das Tempo zu Anfang noch weiter gedrosselt (ja, das ist möglich), das lässt CARNWENNAN den Platz und die Möglichkeit, das selbige Tempo über die nächsten Minuten langsam wieder nach oben zu treiben. Dies fügt sehr viel Tiefe und Atmosphäre hinzu und gipfelt in einem klassischen Stoner-Riff. Das Ganze wird dann von einem Solo komplettiert, das weder zu sehr hervorsticht noch sich zu sehr zurücknimmt, aber vor allem mit stampfendem Drumming und treibendem Bass umspielt glänzt. Wenn da nicht die Matte fliegt dabei, dann weiß ich auch nicht. Für mich vertonen diese Lieder das emotionale Chaos, das man zum Beispiel während einer Angstattacke verspürt (das weiß ich aus eigener Erfahrung); die verzweifelten Schreie und dieses Gefühl, dass alles in gedrosselter Geschwindigkeit abläuft.

III und IV


Während die ersten beiden Songs auf "Lotus" ganz im Stile des Funeral und Drone Doom gehalten werden (Drone ist ein extremes Subgenre des Doom, das Genre entstand zu Beginn der 1990er Jahre und ist durch besonders langsame Rhythmen und Akkordfolgen sowie stark verzerrte E-Gitarren gekennzeichnet), wird die Band in 'III' experimentierfreudiger. Das Tempo und das Mainriff wirken hypnotisch und scheinen einen in eine Art Trance ziehen zu wollen, dieser Gedanke vertieft sich noch mehr durch das leidenschaftliche Schlagzeugspiel von James. Gerade als man kurz davor ist, sich selbst in dieser Hypnose zu verlieren, befördern die boshaften und rostigen Vocals von Jack Jackel uns zurück in die Realität. Die keuchenden Schreie und das Heulen geben in Kombination mit den psychedelischen Melodien und dem animalischen Rhythmus ein eindrucksvolles Bild. "Lotus" beendet die bewusstseinsverändernde Reise mit dem Closer 'IV'. Mit 16:25 ist er mit Abstand der längste Track auf dem Debüt von CARNWENNAN. Dieser erschlägt einen mit seiner unglaublichen bleiernen Schwere. Ein interessantes Wirrwarr aus tiefer gestimmten und verzerrten Gitarren existiert zusammen mit Tönen, die man zu Recht als surreal bezeichnen kann. Zuweilen kann das wirklich anstrengend sein, auch ich musste zwischendurch Pause machen und durchatmen, aber irgendetwas zieht einen immer wieder hinein. Ich persönlich hätte diesen Song trotz allem in einer kürzeren Version von vielleicht zwei bis drei Minuten als einen Interlude-Track in das Album aufgenommen, so funktioniert er für mich besser in der Symbiose mit den anderen Liedern, denn mit diesen 16 Minuten zerstört er für mein Empfinden das Momentum, das 'I', 'II' und 'III' geschaffen haben.

Fazit


Was gibt es jetzt abschließend zu CARNWENNAN und ihrem Debüt "Lotus" zu sagen? Die Songs brauchen auf jeden Fall einige Durchläufe um da anzukommen, wo sie hin sollen: in dein ganz frühes und animalisches Selbst. Es gibt einige Bands, die sich in diesem Bereich bewegen, CARNWENNAN aber stechen heraus, seien es die emotionalen gutturalen Gesänge, der wummernde und zähe Bass oder die im Kopf bleibenden Stoner-Riffs. "Lotus" ist ein wunderschöner und zugleich destruktiver Release mit einer erdrückenden Schwere.

Gesamtwertung: 7.5 Punkte
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Trackliste Album-Info
1. I
2. II
3. III
4. IV
Band Website:
Medium: CD
Spieldauer: 43:38 Minuten
VÖ: 31.05.2024

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