Mega Colossus - Riptime | |
---|---|
Review von baarikärpänen vom 22.12.2021 (5290 mal gelesen) | |
Ein paar Anmerkungen vorab: Es gibt einige Bands, die im Laufe ihrer Karriere ihren Sound geändert haben. Manche zu ihrem persönlichen Vorteil, wobei ich zum Beispiel an (tief gegraben) GRAVESTONE denke, die seinerzeit vom strunzlangweiligen 70er-Prog gen Heavy Metal gewandert sind oder auch an HELLOWEEN, die sich ohne Qualitätsverlust vom speedigen Metal hin zu einem Stil veränderten, der die Massen begeisterte. Weniger erfolgreich waren CELTIC FROST, die mit "Cold Lake" so ziemlich alle Sympathien verspielten oder, wir wollen mal einen Megaseller erwähnen, METALLICA, die erst mit "Load" und dann mit "Reload" eigentich alles über Bord warfen, wofür sie standen, letztendlich aber dennoch wieder die Kurve bekommen haben. Zweiter Punkt ist die "Legende vom ersten Track". Denn ja, das ist nicht nur eine Legende, es stimmt einfach. Es gehe mal jeder in sich und spätestens nach fünf Minuten hat man ein oder mehrere Alben, bei denen der Opener sowas von genial war, der Rest aber einfach nur mittelmäßig bis langweilig. Was die einführenden Worte mit MEGA COLOSSUS zu tun haben, ist relativ leicht erklärt. Die haben nicht nur, laut Info, ihren Sound verändert, sondern sich sogar 2016 von schlicht COLOSSUS in MEGA COLOSSUS umbenannt. Das Infoschreiben erzählt was von sechs Alben, die die Jungs aus North Carolina bisher veröffentlicht haben, was so nicht stimmt, es sei denn, man zählt die drei bisher erschienenen EP als Album. Wie dem auch sei, die Band ist immerhin nun auch schon satte 16 Jahre am Start, und auch wenn die bisherigen Reviews relativ euphorisch waren, mich haben alle Scheiben relativ kalt gelassen. Nicht schlecht, was MEGA COLOSSUS an Songs eingetütet haben, aber für meinen Geschmack sehr austauschbar. Das war auch ein Grund, warum ich hellhörig geworden bin, als da im Info stand, dass MEGA COLOSSUS die Zeiten des Lockdowns genutzt haben, um ihren Metal neu zu justieren, noch eine Schippe mehr Wumms draufzupacken. Kann ja nicht schaden, wenn's denn funktioniert. Zwei Fünftel der Bandbesetzung wurden seit dem letzten Longplayer "HyperGlaive" ausgetauscht, unter anderem der Mann an der Leadgitarre. Leider liegen mir jetzt keine Infos zu den Songcredits vor, keine Ahnung also, ob Chris Millard, der seit diesem Jahr erst die hauptamtlichen sechs Saiten bearbeitet, da seinen Input leisten konnte. Auf jeden Fall - und da kommen wir zur "Legende vom ersten Track" - gelingt der Einstieg in "Riptime" mit dem fulminanten 'Razor City' mehr als gelungen. Was für eine Abfahrt! Thrashig-speedig, irgendwie eine Mischung aus OVERKILL und sehr straighten BLIND GUARDIAN. Erwähnenswert hier schon die mehr als gute Arbeit der Gitarristen. Und natürlich die sehr starken Vocals von Sean Buchanan, die mich manchmal entfernt an einen besseren Hansi Kürsch denken lassen. MEGA COLOSSUS wurde ja früher gerne mal eine Nähe zu THE LORD WEIRD SLOUGH FEG attestiert. Genau die ist bei diesem Einstieg ins Album nur noch ganz vage zu erahnen. Das weckt also schon mal hohe Erwartungen an "Riptime". Die können MEGA COLOSSUS aber schon mit dem nachfolgenden 'Midnight Zone' nicht mehr erfüllen. Dass mich hier keiner falsch versteht: Alle sechs Songs, die nach 'Razor City' kommen, stecken ähnlich gelagerte Bands locker in die Tasche, haben aber dennoch einige kleinere Schwächen, die in der Endabrechnung locker einen ganzen Punkt kosten. Das Energielevel des Openers erreichen die US-Boys nur noch mit 'Run To The Fight' oder 'Boiling Seas'. Das war es dann aber auch schon mit der versprochenen neuen Härte. 'Vigilo Confido' zum Beispiel schippert klar im Fahrwasser des Melodic Metals mit gelegentlichen Ausflügen zu schaumgebremstem europäischem Power Metal. 'Tinker Tanner' schielt gar mächtig in Richtung neuerer BLIND GUARDIAN, die allerdings das Tempo reduziert haben. Ihrer leicht progressiven Ader zollen MEGA COLOSSUS schließlich mit dem letzten Track, 'Iron Rain', Tribut. Der ist mit seinen achteinhalb Minuten für mich ein klares Highlight auf dem Album, weil die Jungs es hier schaffen, mit geschickten Richtungswechseln zu keiner Sekunde Langeweile aufkommen zu lassen. Gelingt ihnen auf der Hälfte der anderen Songs eher nicht so gut. Da hätte ich mir gewünscht, dass man einfach mal schneller zu Potte kommt und stattdessen noch ein paar weitere Songs des Kalibers von 'Razor City' auf das Album gepackt hätte. Wie ich bereits sagte, "Riptime" ist ansonsten ein wirklich starkes Album, bei dem qualitätsbewusste Banger sehr gerne zugreifen dürfen. Richtig überzeugend neben der klaren Produktion sind beide Gitarristen und Sänger Buchanan. Auch die mehrstimmigen Parts in so manchem Chorus kommen absolut überzeugend rüber. So sympathisch, wie die Jungs auf dem Promo-Pic aussehen, so sympathisch ist auch ihre Mucke. Sollten MEGA COLOSSUS es schaffen, die versprochene Härtesteigerung, kombiniert mit ihrem höchsteigenen Stil, nicht nur auf einem Song, sondern über volle Albumdistanz hinzubekommen, dann haben wir spätestens mit dem Nachfolger (für den sich die Band hoffentlich nicht wieder fünf Jahre Zeit lässt) ernsthafte Konkurrenz für den Thron. Bis dahin bleibt uns aber "Riptime", das trotz meiner Kritikpunkte an sich ein starkes Album ist. Was möglich gewesen wäre, sollte deutlich werden, wenn ich dennoch achteinhalb Punkte zücke. Gesamtwertung: 8.5 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Razor City 02. Midnight Zone 03. Vigilo Confido 04. Tinker Tanner 05. Run To The Fight 06. Boiling Seas 07. Iron Rain | Band Website: www.facebook.com/colossusmetal Medium: CD Spieldauer: 40:48 Minuten VÖ: 17.12.2021 |
Alle Artikel