Tragedy - I Am Woman | |
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Review von Rockmaster vom 11.03.2023 (2640 mal gelesen) | |
Ehrlich, die Idee ist Bombe. Ist nicht Glam Metal (oder Hair Metal) per definitionem das Genre, in dem die Musiker, während sie testosterongetränkte Klischees vor sich hertragen, äußerlich an schlecht frisierte und übertrieben geschminkte Transen erinnern? Warum hat es nur vierzig Jahre gedauert, bis eine solche Band die Geschlechtergrenzen überschreitet, Titel, die ursprünglich mal von Frauen gesungen wurden, covert und konstatiert: "I Am Woman"? Schande über alle, die nie auf die Idee kamen, weil sie ihre Männlichkeit viel zu ernst nehmen. TRAGEDY wollen endlich die Marktlücke füllen und haben ein gutes Dutzend echte Klassiker am Start. Die Tragödie, um den Spannungsbogen des griechischen Dramas viel zu früh aufzulösen, ist: Sie scheitern an den teils legendären Titeln auf breiter Geschlechterfront. Denn, seien wir ehrlich: Die tradierten Inhalte von Glam Metal sind zwar nicht mehr zeitgemäß oder gar politisch korrekt, was die Anhänger des Genres nicht wirklich juckt. Hauptsache ist aber, dass die Musik ausgelassene Feierlaune verspricht und die transportierten Klischees derart übertrieben werden, dass man wenigstens glaubhaft behaupten kann, das sei ja nicht ernst gemeint. In dem Sinne bricht "I Am Woman" mit wenigstens zwei Glam Metal-Prinzipien: Die Texte sind zumindest im Sinne des Glam Metal klischeefrei, und die Mucke versprüht nur mäßig Laune. Der Opener 'Le Freak' (der im ersten Entwurf noch 'Fuck Off' getextet war) der New Yorker Funk & Disco-Combo CHIC aus dem Jahre 1978 hat noch genug Esprit und Witz, um auch in der Coverversion zu zünden. Der große Wurf ist das Cover nicht, aber es macht schon Spaß. Schon beim zweiten Titel 'I Will Survive' haben TRAGEDY aber tragisch danebengelangt. Der Titel, ebenfalls aus den 70ern und im Original von GLORIA GAYNOR gesungen, wehrt sich vehement dagegen, zur belanglosen, nebenbei konsumierbaren Partymucke verwurstelt zu werden. Ob man die Discomusik der 70er nun mag oder nicht, GLORIA GAYNORs Interpretation ist einfach groß, und die Message zwischen Verzweiflung und Hoffnung hat sie zur jahrzehntelangen Überlebenshymne der Schwulenszene gemacht. Das Häufchen Elend, das TRAGEDY daraus machen, tut einfach nur weh. Bei der 'She Bop' frage ich mich nur, ob das 'Smoke On The Water'-Riff auch im Original der exaltierten Pop-Ikone CYNDI LAUPER (ja ich weiß, viele hassen sie. Get over it!) vorkam. Ach ja, mag hier jemand Musicals? Nein, steht nicht auf meinem Zettel. Aber auch an 'Memory' aus "Cats" verheben sich die Jungs trotz weiblicher Unterstützung am Mikro. Nein, 'Lay All Your Love On Me' ist nicht IRON MAIDENs 'The Trooper'. Und so weiter und so fort, die Aufmerksamkeitskurve ist langsam im Keller und im weiteren Verlauf des Albums halten sich Reinfälle und leidlich unterhaltsame Titel die Waage - nur ein echter Kracher ist einfach nicht dabei. Der geneigte Rezensent, wenn er denn keine Kohle für seinen Job kriegt, mag sich nicht gerne negativ überraschen lassen, und ich gestehe, ich hatte zuvor schon mal ein YouTube-Video angetestet und fand die Grundidee von "I Am Woman" wie auch den einzelnen Titel witzig. Hätten TRAGEDY eben ein einzelnes Cover auf einem regulären Album untergebracht, wäre vermutlich egal gewesen, ob der gut ist oder schlecht. Für ein ganzes Album wäre ein besseres Händchen bei der Titelauswahl und mehr Spielwitz bei der Umsetzung nötig gewesen. Gesamtwertung: 3.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Le Freak (03:29) 02. I Will Survive (04:10) 03. She Bop (03:52) 04. Memory (feat. Mrs. Smith) (04:23) 05. Lay All Your Love On Me (03:54) 06. Venus (03:26) 07. Goldfinger (03:40) 08. Respect (feat. Marcy Harriell) (02:25) 09. What A Feelling (03:37) 10. I'm So Excited (03:33) 11. Here You Come Again (02:24) 12. All I Wanna Do (03:43) 13. I Am Woman (02:04) 14. Roar (01:20) | Band Website: Medium: CD, LP Spieldauer: 47:00 Minuten VÖ: 03.03.2023 |
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