Livebericht Kreator (mit Celtic Frost und Legion Of The Damned) |
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Ein Livebericht von Opa Steve aus Cologne (Live Music Hall) - 08.03.2007 (46712 mal gelesen) |
Man sollte doch eigentlich meinen, dass ein abendlicher Gig mit 4 Bands noch recht übersichtlich ist - und so können auch Zeiten genauer geplant werden, als mit den berühmten X-Mas/Easter-Packages. Dennoch schaffte man es diesmal sogar in der Live Music Hall, dass die erste Band tatsächlich eine gute halbe Stunde vor offiziellem Konzertbeginn auf die Bühnenbretter geht und loslegt. WATAIN hatten es auch entsprechend schwer, die bis in die vorderen Reihen lose gefüllte Halle irgendwie aus der gemütlichen Bierhol-Schlenderei zu reißen. Hätten sie wenigstens noch bisschen Licht angemacht, wäre vielleicht etwas mehr Leuten aufgefallen, dass da tatsächlich schon eine Band auf der Bühne steht. Stattdessen posierten sie ihre Nieten und das Blut im Schein von Kerzen (was ja schon wieder Understatement ist - aber nicht unbedingt ein Hingucker), und der rohe Sound, der selbst für einen Opener nicht gerade optimal war, tat sein Übriges. Die Extremisten mit ihren zusätzlichen Live-Musikern ließen sich aber nichts anmerkten, zockten motiviert, aber ein bisschen in der Halle alleingelassen, ihr Set runter. Streckenweise waren einige Parallellen zu IMMORTAL zu erkennen, aber im gemeinen Soundsumpf geht eine Besetzung mit 2 Klampfen und flotten Titeln leider zu schnell unter. Ebenfalls mit verhaltenem Sound hatten LEGION OF THE DAMNED zu kämpfen. Diese Truppe reist mit aktuell starker Pressepräsenz durch die Lande, und entsprechend hoch sind die Erwartungen. Die ersten Reihen sehen zum ersten Mal am Abend etwas geschlossener aus und erwarten die Jungs mit rekordverdächtiger Haarlänge. Der gerade bei der Liveperformance der Jungs viel flotter runtergerotzte Thrash litt auch hier unter dem etwas rumpeligen Sound. Die Doublebass blieben unpräzise, und die Klampfen zu leise. Schade, denn die motivierte Band sticht unter solchen Bedingungen leider nicht gerade aus der Masse beliebiger Thrasher heraus. Nichtsdestotrotz feierten die Fans der Band die Songs, die sie nun von CD schon leidlich kannten, ab und schüttelten reihenweise die Rübe. Der Opener 'Son Of The Jackal' brachte schon die Fäuste bis zum Mischpult in die Luft, und erst zur Hälfte des Programms stellte sich bisschen mehr Ruhe ein. Es mag am Sound gelegen haben, oder am nicht so sonderlich variablen Material der Truppe, aber die Spannung der ersten Songs konnte nicht über das gute Dutzend von Nummern aufrechterhalten werden. Beim abschließenden 'Legion Of The Damned' gaben aber Musiker und Fans nochmal alles, und so konnten sie wenigstens noch ein solides Ergebnis vorweisen, das zwar noch weit von echten Siegern entfernt ist, aber auch nichts mehr mit reinem Achtungserfolg zu tun hat. CELTIC FROST spielten ihren ersten deutschen Hallengig nach Jahrzehnten. Kein Festival mit Laufpublikum, sondern zahlende Besucher, die voller Spannung auf die lang ersehnte Live-Darbietung nach dem "Monotheist"-Release warteten. Und die Jungs wären nicht CELTIC FROST, wenn sie nicht gleich zu Beginn vom üblichen Livegig-Protokoll abweichen würden: schon beim Bühnenumbau gab es ein stimmungsvolles, ewig langes Intro, welches noch lang in die Dunkelheit erklang. Die-Hard-Fans in der ersten Reihe hielten die Spannung kaum noch aus und stimmten immer wieder "CELTIC FROST!"-Chöre an. Doch die Schweizer setzten noch einen drauf: nach dem Intro kam .... das nächste Intro. 'Totengott' sorgte für die passende Atmosphäre, zu der sich die Band mit Tourgitarrist V Santura (DARK FORTRESS) aufstellte. Der Sound war schon beim ersten Song klasse (jedenfalls nach Frostschen Maßstäben). Eric Ain bediente den Bass mit wuchtiger Show, und Tom G. Fischer war eher der introvertierte Gegenpol, der nur sehr selten seinen Platz am Mikro aufgab. Im Übrigen war es erstaunlich, wie sehr Tom mit seiner Kopfbedeckung einen neuen Modetrend in der Metalszene erschuf, denn auf dem Gelände sah man mehr als einmal ein Tom-Lookalike mit gleicher schwarzer Kappe herumlaufen, die dieser wohl jetzt endgültig etabliert hat. Tourgitarrist V Santura schien irgendwie nicht so recht dazuzugehören. Zwar zockte er fleißig die Titel mit, musste sich aber oft durch Blickkontakt orientieren und sorgte auch das eine oder andere Mal für leicht chaotische Tendenzen (wie allerdings manchmal auch Franco). Spätestens der deutliche Altersunterschied macht zusätzlich zum Status eines nicht-festen Members doch klar, dass CELTIC FROST hier keine homogene Ausstrahlung mit Neuzugängen erreichen können. Vielleicht wäre es sogar besser gewesen, doch nur als Trio auf Tour zu gehen, denn die Titel sind größtenteils aufgrund ihrer Minimalität und Toms dominanten Gitarrensound mit nur einer Klampfe wesentlich transparenter. Die Band hätte den Gig auf "Nummer sicher" spielen, und den Schwerpunkt auf das aktuelle "Monotheist"-Material legen können. Aber sie wissen, was sie ihren alten Fans schuldig sind, und so wurde der Gig zu einer Art "Best Of" der gesamten Frost-Historie. Zwar sorgten einige stumpfe Zeitlupenriffs der Vergangenheit für verständnisloses Kopfschütteln der jüngeren Generation, aber Fans der ersten Stunde freuten sich wie Schneekönige, neben dem starken aktuellen Material gerade zum Ende zum ersten mal uralte Perlen wie 'Morbid Tales', 'Dethroned Emperor' oder das kultige 'Into The Crypts Of Rays' live zu erleben. Martin Eric Ain glänzte durch entsprechend leidenschaftliche wie persönliche Ansagen (z.B. über den Tod seiner Mutter), mit denen er auf theatralische Weise Titel wie 'Necromantical Screams' oder 'Ain Elohim' ankündigte. Obwohl der Gig das Thrasher-Publikum in "Love it or hate it" spaltete, und zum Tourauftakt noch etwas unter der manchmal nicht ganz flüssigen Performance litt, war er dennoch denkwürdig. Perfekt wären CELTIC FROST schlussendlich, wenn sie die nächste Tourproduktion etwas größer auffahren könnten, um auch die anfwendigeren aktuellen Stücke entsprechend rüberzubringen. Spätestens mit 'Obscured' nebst weiblicher Gesangsunterstützung wäre mal ein Kniefall fällig. Hoffen wir also, dass sie uns noch ein paar Jahre erhalten bleiben! Für KREATOR wurde die Bühne dann nochmal imposant umgebaut. Tolle Back- und Sidedrops, hinter denen die Backline getarnt wurde, boten eine ideale Kulisse. Diese wurde durch eine Leinwand perfektioniert, die hinter Ventor herabgelassen wurde. Dort gab's reichlich Material zu den Songs, welches größtenteils der "Enemy Of God" DVD entnommen wurde. Vor allem der gleichnamige Videoclip sorgte für gruselige Gänsehaut. Nervig war nur das ständige Auf- und Ab der Leinwand sowie diverse Fehlermeldungen des Zuspielers, die einfach kein Metal sind und viel von der Atmosphäre nahmen. Der Sound war so, wie er sich für KREATOR gehört, und wer die Band schon öfter live erlebt hat, für den gab es keine Überraschungen. Auch nach 6 Jahren spielen sie die Karte des "Violent Revolution" Albums aus, welches nicht nur die Opener stellen muss, sondern auch trotz der letzten Scheibe und einer ansehnlichen Diskographie einen großen Teil des Gigs ausmacht. Ich hätte schon erwartet, dass sie von der aktuellen Scheibe "Enemy Of God" mehr als nur ein Drittel runterzocken würden - und KREATOR würde es gut tun, das Liveprogramm mal entsprechend flexibler zu gestalten. Die Band selbst ist natürlich fantastisch aufeinander eingespielt. Mille hat wieder ein bisschen abgenommen und war gut bei Stimme, und zusammen mit der motivierten Bühnenshow entfesselten die Jungs ein ansprechendes Thrash-Gewitter. Gerade bei den ersten Titeln hatte ich das Gefühl, wieder die legendäre Tour mit DESTRUCTION und SODOM vor mir zu haben, bei der KREATOR bei unserem Besuch eine mordsmäßig beeindruckende Leistung abgeliefert hatten. Diese Spannung ließ allerdings im Laufe des Sets ein bisschen nach, als die Routine zurückkehrte. Vor allem in Milles Ansagen. Ich weiß nicht, wie oft ich es schon gesagt habe, aber: Lieber Mille! Es kommen viele Fans immer wieder zu euren Gigs - und diese möchten nicht immer wieder die gleichen peinlichen Ansagen hören. Der Spruch "Ich möchte einen Scheiß-Moshpit sehen" ist ausgelutscht wie Steiners Theaterstadl, und 'Extreme Aggression' kann man ruhig auch mal anders ansagen. Vielleicht lieben aber auch gerade die Fans die Beständigkeit - wer weiß. KREATOR haben es eigentlich ja gar nicht nötig, so ein Bohei zu machen, denn sie touren mit klasse Songs und bieten auf den Brettern eine coole musikalische Vorstellung. Wenn nun das Set noch etwas spontaner werden würde, würden sie ihren Abstand zum deutschen Thrash-Nachwuchs nochmal deutlich vergrößern können. |
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