Livebericht The 69 Eyes (mit The Fright ) |
---|
Ein Livebericht von Stormrider aus Frankfurt am Main (Batschkapp) - 31.01.2013 (30534 mal gelesen) |
Orkanartige Böen ziehen über Frankfurt, und das Wetter ist an diesem Donnerstag überhaupt ziemlich ungemütlich. Entweder man schließt sich also zu Hause ein, oder man macht sich auf den Weg in die Batschkapp, um dem melancholischen Goth 'N Roll der Helsinki Vampire von THE 69 EYES zu lauschen. An der 'Kapp angekommen zeigt sich mal wieder, dass dieses Genre vermutlich den höchsten Frauenanteil im gitarrenlastigen Universum hat. Wie üblich gilt der erste Gang nicht der Theke, sondern dem Merchstand. Selten habe ich so eine Vielfalt an Shirts bei einer Band dieser Größenordnung gesehen. Dazu kann vom Comic bis zum String alles zu vernünftigen Preisen erworben werden, was das Fanherz begehrt. Aber wir sind ja nicht hier, um an die Wand gepinnte Unterhosen zu bewundern. Pünktlich zur angegebenen Zeit, starten die Horror-Punks THE FRIGHT um 20:00 Uhr mit einem atmosphärischem Intro in ihren Set. Sie können sich bereits über eine ordentlich gefüllte Halle freuen, und es fällt sofort auf, dass man neben dem Backdrop noch zwei weitere Banner auf der Bühne platzieren durfte. Aber auch die Licht- und Soundverhältnisse in den folgenden 40 Minuten zeigen, dass der Headliner mit seinem Support-Act fair umgeht. Die ersten Songs merkt man dem Publikum deutlich an, dass nur eine Handvoll Leute mit dem Songmaterial vertraut ist und im Großen und Ganzen kann man wohl von reserviertem Höflichkeitsapplaus sprechen. Eigentlich unverständlich, denn das Quartett agiert sowohl optisch (der Bassist trägt unter den abgeschnittenen Jeans eine Union-Jack-Leggins, und Sänger Lon hat neben massiven Tattoos auch entsprechendes Make-Up aufgetragen), als auch in seinem Stageacting sehr professionell, engagiert und sympathisch. Da dazu auch die musikalische Leistung stimmig ist und hervorragend zum Headliner passt, muss es dem leider oft etwas trägen Frankfurter Publikum geschuldet sein, dass es bis zu 'Midnight Revolution' dauert, ehe der Funke überspringt und etwas mehr Bewegung in den Saal kommt. Der Platz vor der Bühne hat sich mittlerweile weiter gefüllt, und vor der Bühne beginnt eine der Damen ziemlich ausdrucksstark und expressionistisch ihren Namen zu tanzen. Hier wird der Spruch "tanze, als würde dir niemand zusehen" offensichtlich gelebt. Als weiterer Höhepunkt kann '666 Full Speed Ahead' festgehalten werden. Zum Abschluss der Show wählen THE FRIGHT mit 'Mother' von DANZIG dann aber doch eine etwas zu berechnende Coverversion. Diese wird zwar adäquat dargeboten, aber bei bereits drei Alben, die die Band am Start hat, und aufgrund der gezeigten Show unverständlich, dass man nicht die Chance nutzt noch einen weiteren eigenen Song vorzustellen. Die Band findet sich nach dem Konzert vollständig am gut sortierten Merch-Stand ein und wird auch noch eine ganze Weile von einer Reihe weiblicher (Neu-?) Fans umlagert. Ich denke, dass sich THE FRIGHT heute ein paar neue Anhänger erspielt haben dürften. Setlist THE FRIGHT: 01. Late Night Affections 02. So Cold 03. Cemetery Of Hearts 04. Midnight Revolution 05. Heart & Soul 06. Sin City 07. Beloved Night 08. 666 Full Speed Ahead Die Batschkapp ist also soweit gut aufgewärmt, als eine etwas zu lange Umbaupause beginnt. Im hinteren Drittel werden bereits finnische Fahnen geschwenkt, und man merkt der anwesenden Weiblichkeit die erwartungsfrohe Haltung und das Herzflattern deutlich an. Um 21:10 Uhr schlägt der Bühnentechniker gemütlich einen knapp 200 Seiten-Schmöker auf und fängt an zu lesen. Um mich herum wird man deswegen auch gleich unruhig, wie lange es denn wohl noch dauert?! Zum Glück nur fünf Minuten, und um Viertel nach Neun beginnt die vorgezogene Vampirstunde der THE 69 EYES. Die Vampire flattern auf die Bühne und starten mit 'Love Runs Away', dem Opener des aktuellen Albums "X", in den knapp 85 Minuten umfassenden Gig. Bei nunmehr zehn Alben auf dem Markt fällt die Auswahl der Setlist bestimmt nicht gerade leicht, und da auch der aktuelle Rundling jede Menge Hitpotenzial hat, entscheidet sich der Fünfer dafür, ganze sieben der zehn Tracks von "X" zu präsentieren und auf seine Konzerttauglichkeit zu überprüfen. Geschickt wird regelmäßig zwischen alten Hits und neuem Material gewechselt, so dass man eigentlich von einem ansteigenden Emotionslevel ausgehen sollte. Dass THE 69 EYES auf der Bühne etwas distanziert wirken, ist zwar bekannt und natürlich auch dem aufgebauten Image geschuldet, dennoch fällt auf, dass bei den ersten Songs der Funke nicht so wirklich überschwappen will. Das mag zum einen am etwas zu routinierten und wenig spontanen Stageacting liegen, vielleicht aber auch daran, dass sich Jyrki69 nicht wirklich zur Interaktion mit dem Publikum durchringen kann. Das 'Gothic Girl' ändert das dann und bringt etwas mehr Leben in die Hütte und zumindest bis zur Hallenmitte wird nun von den Damen (und Herren) auch aktiv am Konzert teilgenommen anstatt nur zu konsumieren. Leider kommt irgendein Idiot auf die Idee etwas zu aktiv werden zu wollen und wirft während 'Betty Blue' einen Becher gen Bühne, der auch prompt Sänger Jyrki69 trifft. Dieser verlässt daraufhin die Bühne und die gerade aufgebaute Stimmung bekommt erst mal einen dicken Dämpfer. Während Gitarrist Bazie in die Runde fragt, wer den Becher geworfen hat, und dass die Person nun bitte auch die Cojones haben soll sich zu melden, um sich seine Quittung abzuholen, macht sich Drummer Jussi69 auf in den Backstagebereich, um Jyrki69 wieder nach vorne zu reden. Ich verstehe es wirklich nicht, wieso jemand Eintritt zahlt, um dann solche wirklich dummen Aktionen abzuziehen und das in Zeiten, in denen andere Bands Zuschauer schon für einen ausgestreckten Mittelfinger verprügeln. Von der Dämlichkeit der Aktion mal abgesehen hat es aber zumindest einen positiven Aspekt. Band und Frontmann sind sichtlich gereizt, legen emotional eine ganze Schippe zu und man merkt, dass jetzt viel mehr Leidenschaft durch die Songs weht. 'Dead Girls Are Easy' und 'Black' rocken ziemlich amtlich, ehe 'Borderline' für mich als musikalischer Tiefpunkt durchgeht. Die zweite Single von "X" will heute nicht funktionieren. Zu Beginn ist der Sound sehr matschig und die Akustikgitarre kommt nicht wirklich durch, und auf einmal wird sie omnipräsent und drängt den Rest in den Hintergrund. Da das Solo, als abgewandelte Harmoniefolge von der Albumversion, so auch nicht recht stimmig ist und eigenartig schief tönt, passt hier nicht viel zusammen. Da es aber nach einem Tiefpunkt auch immer wieder nach oben geht, passiert auch genau das. 'Dance D'Amour' hebt die Stimmung wieder auf ein vernünftiges Niveau und 'Never Say Die' ist ohrenscheinlich für einen Großteil der Anwesenden der wichtigste Song des Abends. Jetzt sind Band und Publikum endlich da, wo man eigentlich von Beginn an hätte sein sollen. 'Feel Berlin' wird mit einem kurzen 'Knockin On Heavens Door' verbunden, und 'Devils' ist der gewohnte Smasher, der eben immer wieder funktioniert. Nach 65 Minuten fällt dann auch schon der erste Vorhang. Für die Zugabe hat man sich 'Brandon Lee' und 'Lost Boys' aufgehoben. Bei Letzterem wähnt man sich in den ersten Reihen dann nicht bei einem Goth 'N Roll-, sondern bei einem reinrassigem Metalact. Wild bangend werden die Vampire in den Sarg (bzw. den anliegenden Elfer-Club) geschickt, wo die Band dann noch bis nach 2 Uhr tagt. Verglichen mit dem starken Auftritt an gleicher Stelle vor knapp 5 Jahren, muss man konstatieren: eher ein solides, denn ein überragendes Konzert der THE 69 EYES. Besonders die Spielzeit von nicht mal 90 Minuten ist bei dem vorhandenen Backkatalog etwas spärlich. Ein, zwei Songs mehr des grandiosen, sehr rocklastigen Vorgängerwerkes "Back In Blood" hätten dem Gig bestimmt nicht geschadet. Setlist THE 69 EYES: 01. Love Runs Away 02. Dead N Gone 03. Tonight 04. Gothic Girl 05. I Love The Darkness In You 06. I Know What You Did Last Summer 07. Betty Blue 08. Dead Girls Are Easy 09. Black 10. Borderline 11. Dance DAmour 12. Never Say Die 13. Red 14. Feel Berlin 15. Devils Encore 16. The Chair 17. Brandon Lee 18. Lost Boys |
Alle Artikel