Dark Forest - Oak, Ash & Thorn

Review von Divine Victim vom 28.04.2020 (11075 mal gelesen)
Dark Forest - Oak, Ash & Thorn DARK FOREST sind für mich die beste Band, welche nach der Jahrtausendwende gegründet wurde. Mit bereits vier in meinen Augen hervorragenden Alben sind sie die Speerspitze der new NWOBHM, eine neue Welle an jungen britischen Bands, die sich alle dem traditionellen Heavy Metal verschrieben haben. Wie andere Bands aus dieser neuen Bewegung, zum Beispiel SEVEN SISTERS, MIDNIGHT FORCE oder WYTCH HAZEL, haben auch DARK FOREST einen absolut einzigartigen Sound.

Die wundersame Reise begann 2002, als Gitarrist Christian Horton die Band in den West Midlands, England, gründete. In den folgenden Jahren veröffentlichte man ein Demo und zwei EPs. Im Jahr 2009 war es dann so weit, man veröffentlichte das selbstbetitelte Debüt. Nur auf diesem singt Horton selbst und sein kauziger Gesang passt zum sehr epischen Klang. Schon hier ist die englische Atmosphäre, die romantisierte Verbindung zu Englands Natur und all ihren Relikten aus lang vergangener Zeit, unverkennbar. Alles in allem ein sehr starkes Debüt. Mit dem Nachfolger - zwischendrin veröffentlichte man eine weitere EP - "Dawn Of Infinity" steigerte man sich 2011 sogar weiter und veröffentlichte ein wirklich hervorragendes Album mit unglaublichen, teils folkinspirierten, Melodien und tollem Gesang. Mit dem nächsten Album "The Awakening" sollte 2014 der größte musikalische Umbruch folgen. Mit Patrick Jenkins, einem zweiten Gitarristen, sowie Sänger Josh Winnard, der auf frühen Werken von WYTCH HAZEL und SEVEN SISTERS zu hören ist, wurde das Line-up um zwei weitere fantastische Musiker erweitert, Drummer Adam Sideway trat der Band schon 2004 bei. Musikalisch merkt man dem Album den Umbruch nur leicht an. Obwohl der Gesang teilweise noch etwas unsicher klingt, ist auch dieses Album sehr stark und eine perfekte Grundlage für das, was folgen sollte. Denn mit dem 2016 erschienenen "Beyond The Veil" lieferte man wahrlich ein Meisterwerk ab. Winnards Leistung ist hervorragend, das im Underground - zu Recht - sehr gepriesene Gitarrenduo Horton/Jenkins stellt sein volles Können zur Schau und auch Sideway sowie Bassist Paul Thompson, der die Band 2018 verließ, überzeugen vollkommen. DARK FOREST lieferten fantastische 70 Minuten traditionellen epischen Heavy Power Metal ab und damit für mich das Album der letzten Dekade!

Der Titel "Oak, Ash & Thorn" verrät schon, was das Thema der neuen Platte ist. Die Eiche, die Esche sowie der Weißdorn sind die drei heiligen Bäume Englands und damit essenziell in der englischen Folklore. Das Album behandelt sowohl die markante Geschichte der Insel selbst als auch die vielen faszinierenden Geschichten von eben jener, die schon Jahrtausende bestehen und weitergereicht werden. Die Magie, die Fantasie, dieses etwas, was irgendwie in jedem von uns steckt, wird durch die Musik geweckt und spiegelt genau das wider, was die Lieder erzählen. Zudem verweist Horton auf das Buch "Puck Of Pook’s Hill" von Rudyard Kipling aus dem Jahr 1906, auf das er während der Entstehung des Albums gestoßen ist und welches davon handelt, dass der Elf Puck, ihm selbst zufolge das älteste Wesen Englands, zwei Kindern Kurzgeschichten aus unterschiedlichen Epochen Englands erzählt. Genau das wird durch die Musik übertragen. Die Vergangenheit, die Geschichten überdauern uns und werden uns immer begleiten. Wir können sie überall in der Natur wiederfinden, wenn wir bereit sind, uns zu öffnen.

Abermals entwickeln DARK FOREST ihren Sound weiter. Ich hätte zwar schon beim Vorgänger gesagt, dass der Sound perfekt ist, aber das Quartett schafft es wieder, noch etwas zu ergänzen, noch ein Quäntchen dazuzugeben. In diesem Fall ist es Komplexität und insbesondere Atmosphäre. Ein Beispiel für Letzteres ist, dass man sich für ein instrumentales Intro und Outro entschieden hat. Aber auch den Liedern merkt man an, dass sie deutlich atmosphärischer sind. Sie sind zwar immer noch sehr positiv angehaucht, aber diesmal klingen die Melodien doch nochmal etwas folkiger und auch die Backing Vocals wirken auf mich etwas effektiver eingesetzt. Für manche mögen sie zu positiv sein, ich persönlich finde sie perfekt, weder künstlich noch kitschig. Horton und Jenkins übertreffen sich mal wieder selbst. Einerseits ergänzen sie sich sehr gut, sodass ein sehr vielschichtiger Sound entsteht, was auch sehr zur Atmosphäre beiträgt, andererseits entsteht eine Harmonie, die einen in ihren Bann zieht, ergreift und in eine lang vergangene Welt entführt, in der wir dankbar waren, für das, was uns die Natur gibt und wir sie nicht gnadenlos für den kommerziellen Profit ausgeschlachtet und zerstört haben. Sideway lässt die Drums sehr organisch sowie natürlich klingen und auch sie fügen sich sehr gut in den folkigen Sound ein. Auch Winnard überzeugt von vorne bis hinten absolut. Sein ausgeprägter englischer Akzent unterstützt die Atmosphäre sehr und auch sonst ist seine Stimme dank der warmen Klangfarbe sehr angenehm (!) zu hören, auch weil die Höhen sehr natürlich und nicht gezwungen klingen. Anders als beim Vorgänger steht der Gesang aber weniger im Vordergrund, wodurch er sich mehr mit der Musik verbindet und alles noch etwas epischer und auch mächtiger klingen lässt.

Mit "nur" 53 Minuten ist das Album zwar leider kürzer als der Vorgänger, aber das sind Luxusprobleme, zumal es immer noch deutlich länger als viele Mainstream (Metal)-Releases ist. Auch diesmal hat man mit dem Titletrack einen Song in Überlänge. Als Highlight könnte ich eigentlich die ganze Platte nennen. Die bereits vorab veröffentlichten Singles 'Midnight Folk' und 'The Woodlander' sind mit dem emotionalen 'Relics' die eingängigsten Lieder, die jedem Fan des Melodischen gefallen sollten, wobei alle, obwohl sie zu den kürzeren Songs gehören, sehr abwechslungsreich und energiereich sind. Die längeren Tracks 'Avalon Rising', 'Aedric's Return' sowie der Titletrack sollten besonders die Epikfreunde ansprechen, auch hier lassen sich tolle Melodien und Harmonien finden.

Bevor ich mein Fazit ziehe, muss ich nochmal auf das wunderschöne Albumcover eingehen. Wieder wurde mit Duncan Storr zusammengearbeitet, welchem relativ viele kreative Freiheiten gelassen wurden. Es repräsentiert die doch viel tiefsinnigere Bedeutung der drei heiligen Bäume, reflektiert es doch zeitgleich sehr prägende Epochen in Englands Historie wie Kelten, Römer, Angelsachsen oder auch Normannen. Der englische Geist der Vergangenheit lebt in diesem Albumcover.

Fazit: Es hat sich angebahnt, ich kann nicht anders als bereits in meinem vierten Review die Höchstnote zu vergeben. DARK FOREST schaffen es, ein fünftes sehr starkes und ein zweites perfektes Album zu veröffentlichen. Im Vergleich zum ebenfalls perfekten Vorgänger hat man zwar weniger auf Eingängigkeit, dafür aber mehr auf Atmosphäre gesetzt. Mich überzeugt es vollkommen. Sowohl musikalisch als auch inhaltlich haben wir hier ein sehr hochwertiges Album, welches Anwärter Nummer eins auf das Album des Jahres ist. Für Freunde der new NWOBHM, des episch traditionellen Power Metals à la TWISTED TOWER DIRE sowie des englischen Folks ein absolutes Muss. Das Album strotzt nur so vor Magie und jeder, der schon mal in Großbritanniens Natur war, weiß, von welcher Magie ich rede.

Gesamtwertung: 10.0 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood blood blood blood
Trackliste Album-Info
01. Ælfscýne
02. Wayfarer's Eve
03. The Midnight Folk
04. Relics
05. Avalon Rising
06. Oak, Ash & Thorn
07. The Woodlander
08. Eadric's Return
09. Heart of the Rose
Band Website:
Medium: CD, LP
Spieldauer: 52:45 Minuten
VÖ: 24.04.2020

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten