Bang Your Head!!! 2010

Take off: 25.05.2010 - Review (15225 mal gelesen)
Ein Bericht von Elvis

Mitunter kommt alles ein wenig anders als man denkt. Arbeits- und urlaubsbedingt stellt sich um die heiße Akkreditierungsphase heraus, dass man es dieses Jahr zum allseits beliebten "Bang Your Head"-Festival im malerischen Balingen leider nicht schaffen wird. Da gerade zum fünfzehnjährigen Jubiläum 2010 ein exzellentes Billing im Süden der Republik angekündigt wurde, war das natürlich keine besonders schöne Aussicht. Tröstlich war höchstens noch, dass zumindest auch ursprünglich fest eingeplante Mitstreiter kurzfristig absprangen. Also sah an sich alles danach aus, als ob das 15jährige ohne uns vonstatten gehen würde. Als zu Beginn der Festival-Woche jedoch die netten Kollegen von Metalfactory.ch - an dieser Stelle einen stählernen Gruß gen Helvetien - fragten, ob wir nicht auch vor Ort sein würden, reifte in mir der kühne Plan, doch zumindest einen kurzen Abstecher hinzulegen.

Nun ja, gesagt, getan und knapp 3,5h Fahrt später lag dann auch schon das pittoreske Balingen vor dem Autor. Da der Tagesparkplatz, der gleichzeitig offenbar auch als VIP-Parkplatz diente, ersichtlich zu überfüllt war, blieb nur die Parkplatzsuche in der Innenstadt. Da man sich als rechtstreuer Metalanhänger natürlich nicht einfach bis in die Nacht auf einen Supermarktparkplatz stellt, kam hier die sympathische Politik der Schwaben zum Tragen, die Parkhäuser in der Innenstadt einfach kostenlos zu halten. Eine sehr gute Idee, die angesichts überzogener Parkpreise ruhig Schule machen sollte! Unter diesen Umständen war's schon nahezu überraschend, dass dort von der Belegung her nicht mehr los war, doch was soll's, der übliche Festivalbesucher liebt halt keine langen Wege. Ein paar hundert Meter weiter war trotzdem schon das Festivalgelände bei der Balinger Messe im Handumdrehen erreicht. Leider war das Wetter an diesem Samstag Nachmittag nicht so gut, während es am Freitag noch brütend heiß gewesen war. Es goß bei meiner Ankunft nämlich in Strömen, auch wenn die Luft wenigstens weiterhin recht warm war. Dennoch, die Vorstellung bei diesem Wetter über das sich mit Wasser füllende Gelände laufen zu müssen, während die Schweizer Kollegen im wenigstens teils überdachten Pressebereich weilten, wirkte unter den Umständen noch betrüblicher. In einem kurzen Schwanken zwischen der Tageskasse und dem berüchtigten Gästelisten-Holzhäuschen entschied ich mich daher zumindest für einen Versuch bei Letzterem. Nach Schilderung meiner Situation mit der fehlenden Akkreditierung versuchte ich mein Glück dort einfach mal mit der Frage nach der Möglichkeit eines Exchange-Tickets... und wurde tatsächlich nach kurzer telefonischer Rücksprache und der Vorlage unserer Visitenkarte belohnt. So viel Flexibilität sieht man selten, deswegen an dieser Stelle nochmals ein ganz herzliches Dankeschön an unseren unbekannten Gönner! Das war absolut nicht selbstverständlich!

Flugs passierte ich also mit deutlich gestiegener Laune die ebenso höfliche wie gründliche Security, um noch den letzten Klängen von TREAT lauschen zu können. Die in den 80ern erfolgreichen Melodic Rocker aus Schweden sind seit ein paar Jahren wieder auf den Bühnen unterwegs. Dieses Jahr gab es mit "Coup De Grace" auch ein ordentliches neues Album für alle alten und neuen Fans zu bewundern. Die beiden letzten Songs, die ich noch hören konnte, machten jedenfalls einen richtig guten Eindruck und nach allem, was zu hören war, kamen die Jungs um Sänger Robert Ernlund beim Publikum auch ebenso gut an.

Die folgende Pause bot eine gute Gelegenheit, um einen kleinen Rundgang über das einerseits überschaubare und andererseits dennoch gut dimensionierte Gelände zu wagen. Die Versorgung mit Essen und Trinken war auch anno 2010 wieder gut und reichhaltig, im Grunde war daher für jeden Geschmack etwas zu finden. Die Preise entsprachen dem üblichen Festivalniveau. Das Gleiche konnte man auch von den Getränken behaupten - sicher, nicht jeder wird mit Fürstenberg-Pils warm, aber auch hier gab es sowohl genug Auswahl als auch genug Stände. Sehr reichhaltig war einmal mehr das Merchandise-Angebot ausgefallen. Was Mainstream-Festivals wie "Rock am Ring" sowohl beim musikalisch eher desinteressierten Publikum als auch bei der Merchandise-Auswahl vermissen ließen, war auch im fünfzehnten Jahr des "Bang Your Head" eine Selbstverständlichkeit, es gab nämlich nahezu alles, was das Metal-selige Herz erfreut. Neben der eigenen Metalbörse mit etlichen CDs und DVDs (ein echtes Manko bei großen Festivals!) wurde daher so ziemlich jeglicher Bedarf an Devotionalien gegen entsprechende Barmittel befriedigt. Die Auswahl war mehr als reichhaltig, und sofern die Händler nicht sogar Kartenzahlung akzeptierten, blieb immer noch die Möglichkeit, draußen (direkt vor der "Festivaltür" sozusagen), die örtliche Sparkasse aufzusuchen. Kurz gesagt: für die leiblichen Bedürfnisse war ebenso wie für den Konsum bestens gesorgt und man hatte mehr als genug Gelegenheit, das Festival zumindest finanziell mit leeren Taschen zu verlassen.

Mittlerweile hatten sich auch FATES WARNING auf die Bühne begeben. Die Progmetaller spielten ein nicht überzogen langes, aber durchaus feines Set. Der Schwerpunkt lag - wie im Vorfeld der Gigs schon angekündigt - auf dem "Parallels"-Album von 1991, dem man einfach schon mal vorab das zwanzigste Jubiläum spendierte mit der Set List. Abgesehen vom weiterhin miesen Wetter lieferten FATES WARNING einen ordentlichen Auftritt ohne nennenswerte Schwächen ab.

Set List FATES WARNING

01. One
02. Life in Still Water
03. A Pleasant Shade of Gray Part III
04. We Only Say Goodbye
05. The Eleventh Hour
06. Point of View
07. Through Different Eyes

Zugabe:

08. Monument

Langsam beschloss der Wettergott jedoch, ein Einsehen haben zu wollen. Zwar durften die englischen QUIREBOYS noch im Regen anfangen, schafften es jedoch mit ihrem Mix aus Hard, Glam und vor allem Blues Rock doch irgendwie, nach und nach besseres Wetter hervorzuspielen. Die Chorknaben um Frontmann Spike boten dabei eine launige, relaxt gespielte Show, die beim Publikum ganz offensichtlich richtig gut ankam. Das diesjährige "Bang Your Head"-Festival stand ja aufgrund des herben Verlustes eines der ganz Großen (wie einige andere Konkurrenzveranstaltungen auch) enorm im Zeichen des unnachahmlichen und viel zu früh von uns gegangenen Ronnie James Dio. Die QUIREBOYS zollten ihren Tribut in Form von 'Starstruck' und machten auch bei diesem Klassiker eine gute Figur. Seit mittlerweile schon drei neue Alben währt die Reunion der Briten, die sich fraglos gelohnt hat - in dieser Form ein Act, den man sicherlich gerne wiedersehen mag!

Set List QUIREBOYS

01. Intro
02. Bite The Hand That Feeds
03. Have A Little
04. The Finer Stuff
05. Tramps And Thieves
06. There She Goes Again
07. I Love This Dirty Town
08. This Is Rock 'N' Roll
09. Man On The Loose
10. Starstruck (RAINBOW Cover)
11. 7 O'Clock

Die nächste Band auf dem Plan war NEVERMORE. Mit "The Obsidian Conspiracy" war diesmal ein neuer Longplayer im Gepäck der Amerikaner, der beim Gig neben diversen Klassikern auch nicht zu kurz kam. Leider war der Sound ebensowenig perfekt für das erwartete Riffgewitter von Jeff Loomis und Co. wie die Stimme von Frontmann Warrel Dane heute mit herben Problemen zu kämpfen hatte. Immerhin gab er diese gesundheitlich bedingte Einschränkung auch ganz offen zu und machte im Rahmen des stimmlich Möglichen das Beste daraus. Dass die Songs der Jungs aus Seattle über jeden Zweifel erhaben sind, merkte man jedoch weiterhin jederzeit. Es wird auf alle Fälle auch spannend zu sehen, was bei der mittlerweile definitiven SANCTUARY-Reunion herauskommen wird. Auch wenn sie letztlich weit unter ihrem Toplevel agierten, NEVEREMORE sind und bleiben eine Bank.

01. Beyond Within
02. The River Dragon Has Come
03. Your Poison Throne
04. Born
05. Emptiness Unobstructed
06. Inside Four Walls
07. The Termination Proclamation
08. The Heart Collector
09. The Obsidian Conspiracy
10. Enemies Of Reality

In der Halle waren hiernach DEW-SCENTED an der Reihe, von deren Qualitäten ich mich jedoch nicht überzeugen konnte, weswegen ich an dieser Stelle passen muss. Generell mag man jedoch geteilter Meinung darüber sein, dass jetzt aufgrund der zusätzlich in der Halle stattfindenden Auftritte Überschneidungen mit der Hauptbühne nicht ausbleiben können. Sicherlich ist das eine Frage der jeweils spielenden Bands, so dass im Idealfall sich jeder Fan nach seinen Vorlieben gerade den passenden Gig gönnen kann. Dennoch wäre es schade, wenn alles so sehr ausgeweitet würde, dass es bei den Dimensionen der Massen-Festivals endet, die im schlimmsten Fall nur noch Lauferei bedeuten, wenn man alles Spannende zumindest teilweise gesehen haben will. Auf die diesjährige Weise ist es jedoch noch akzeptabel und führte jedenfalls für mich nicht zu Überschneidungen, die weh getan hätten.

Kurz vor dem Headliner war es nun auf der Hauptbühne jedenfalls Zeit für QUEENSRYCHE. Unabhängig davon, ob man nun auch die neueren Studioalben mag oder Anhänger der alten Klassiker ist, live sind die amerikanischen Progmetaller auch 2010 immer noch sehens- und vor allem hörenswert. Neben der gewohnt souverän agierenden Band war es vor allem Sänger Geoff Tate, der seine schwindende Haarpracht jetzt wieder einmal mit einem kompletten Kahlschlag gekontert hatte. Der dementsprechend leicht gewöhnungsbedürftig aussehende Fronter machte jedoch unmißverständlich klar, dass er auch ohne Kopffell weiterhin in der Oberliga mitsingt. Neben ein wenig Material vom aktuellen Album "American Soldier" gab trotz eher überraschenden Kandidaten wie dem Opener 'Hit The Black' vom 1997er "Hear In The Now Frontier" Album glücklicherweise im Set zumindest wieder diverse Klassiker vom 1991er Album "Empire". Das Album ist völlig zurecht unter den Fans beliebt wie wenig andere aus dem Katalog der Amerikaner - insbesondere die wundervolle Ballade 'Silent Lucidity' begeisterte wie immer. Auch Mr. Tate und seine Kollegen ließen es sich nicht nehmen, dem allgegenwärtigen Ronnie James Dio ihre Aufwartung zu machen und wählten sinnigerweise den BLACK SABBATH-Kracher 'Neon Knights', den sie schon für "Take Cover" aufgenommen hatten. Entsprechend hochwertig fiel das Ergebnis auch aus und Mr. Dio wäre wohl fraglos stolz auf diesen Song gewesen. Mit 'Empire' als letzter Zugabe endete letztlich ein Gig, der grade für ein "Greatest Hits" Set (als der er angekündigt war) ruhig noch ein paar Songs mehr hätte haben können. Mit dem wirklich einfachen Weg haben die Jungs von QUEENSRYCHE sich jedoch noch nie zufrieden gegeben, von daher sei's ihnen gegönnt, wir hatten ja unseren Spass.

Set List QUEENSRYCHE

01. Hit The Black
02. Sacred Ground
03. Man Down!
04. The Hands
05. Damaged
06. The Thin Line
07. Breaking The Silence
08. Silent Lucidity
09. The Right Side Of My Mind
10. Neon Knights (BLACK SABBATH Cover)

Zugabe:

11. I Don't Believe In Love
12. Jet City Woman
13. Empire

Während im unmittelbaren Anschluss an QUEENSRYCHE es in der Halle - wiederum ohne mich - mit THE HAUNTED weiterging, wurde auf der Hauptbühne alles für den Headliner vorbereitet. Wohl kaum eine Band ist so mit dem "Bang Your Head" verbunden wie die legendären TWISTED SISTER. Es bedeutet an sich, Eulen nach Athen zu tragen, wenn man nochmals betont, dass der legendäre 2003er Reunion-Gig hier den Fortbestand der Band ausmachte. Das betonten die Amerikaner später trotzdem nochmals deutlich und die Bedeutung, die sie dem Balinger Festival zumessen, ist auch daran erkennbar, dass sie ihre neue DVD an diesem Abend aufzeichneten. Der mittlerweile 3. Auftritt von Dee Snider und Co. setzte erwartungsgemäß von der ersten Minute an dem nunmehr 15 Jahre alten Festival die Krone auf. Der Fronter gab ebenso Vollgas wie seine immer noch in kompletter Originalbesetzung spielende Kombo, wie er später auch stolz betonte. Kaum eine Band schafft es so gut, Stimmung zu machen wie diese offenbar gar nicht mal so alten Schwestern aus New York. Das Make Up hat man mittlerweile weitestgehend ebenso zuhause gelassen wie die allzu exzentrischen Bühnenklamotten insbesondere der "Stay Hungry"-Ära. TWISTED SISTER können jedoch auch ohne jegliche optischen Mätzchen der Bandmitglieder allein aufgrund ihres imposanten Back Catalogues glänzen. Neben einer blitzsauberen Lichshow gab es auch immer wieder einmal Pyros und Feuer zu bewundern vor der Bühne. Dee Snider ist trotz der stets präsenten Bandleistung natürlich der Dreh- und Angelpunkt der Show. Stimmlich auf den Punkt schmettert er Hit für Hit ins Publikum, während er wie von der Tarantel gestochen permanent in Bewegung ist. Knapp über der Halbzeit konnten TWISTED SISTER sich sogar schon den Luxus leisten, den für die meisten Leute wohl größten Hit 'We're Not Gonna Take It' zu spielen. Da es sich seit 2003 quasi um die inoffizielle Festivalhymne handelt, wurde der Song zusammen mit dem Publikum natürlich in einer ultralangen Version zelebriert. Das Balinger Publikum liebte die Schwestern allerdings auch den Rest des Konzerts über heiß und innig. Was auch immer sie spielten, die fünf Männer wurden abgefeiert. Zum Glück war auch schon spätestens seit NEVERMORE der Regen Geschichte und Snider, French und Co. bekamen wieder einmal die Gelegenheit, selbige zu schreiben. Auch TWISTED SISTER verneigten sich vor dem gefallenen Metalhelden DIO und ließen noch einmal 'Long Live Rock 'n' Roll' in einer furiosen Version erklingen. Mit 'S.M.F.' endete wie im Flug ein weiterer denkwürdiger Gig der Veteranen, die sich gegen Ende das Versprechen gönnten, erst dann aufzuhören, wenn sie hier keiner mehr sehen möchte. Bei der Stimmung dieses Tages werden die Jungs dann wohl noch mit mindestens 1,5 Beinen im Grab spielen müssen - ein Bombenauftritt, der am Ende noch von einem verdammt langen Feuerwerk gekrönt wurde, um das 15jährige Jubiläum gebührend zu verabschieden.

Set List TWISTED SISTER

01. Come Out And Play
02. The Kids Are Back
03. Stay Hungry
04. Captain Howdy
05. Shoot 'em Down
06. You Can't Stop Rock 'n' Roll
07. The Fire Still Burns
08. I Am (I'm Me)
09. We're Not Gonna Take It
10. The Price
11. I Believe In Rock 'n' Roll
12. Burn In Hell (mit Drum Solo)
13. I Wanna Rock

Zugabe:

14. Under The Blade
15. Long Live Rock'n'Roll (RAINBOW Cover)
16. S.M.F.

Die ganz Hartgesottenen gönnten sich nach diesem Hammerabschluss noch DESTRUCTION in de Halle, während der Rest wieder einmal feststellte, dass wohl kaum ein Festival so friedlich und entspannt und dabei gleichzeitig so professionell und glatt über die Bühne geht wie das "Bang Your Head". Deswegen werden wohl auch viele 2011 wieder den Weg ins beschauliche Balingen finden und die Matte kreisen lassen. Das ganze Team hat wieder einmal bewiesen, warum und wieso das "Bang Your Head" fraglos zu den Topfestivals in Deutschland gehört - immer wieder gerne!

Billing
TWISTED SISTER
HAMMERFALL
QUEENSRYCHE
KROKUS
DORO
NEVERMORE
JON OLIVA'S PAIN
DARK TRANQUILLITY
FATES WARNING (deutschlandexklusiv)
LOUDNESS
ANVIL
SABATON
DESTRUCTION ( in der Halle )
GRAND MAGUS
FORBIDDEN
QUIREBOYS
HADES
THE HAUNTED ( in der Halle )
TREAT
DARKANE ( in der Halle )
ARTILLERY ( in der Halle )
SACRED STEEL
SAVAGE GRACE
DEW SCENTED
BULLET
ENFORCER
THE NEW BLACK
TOXIN

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten