Body Count - Merciless | |
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Review von Damage Case vom 18.11.2024 (12009 mal gelesen) | |
Was waren das damals noch für Zeiten in den guten alten Neunzigern? Die ersten drei Alben von BODY COUNT wischen noch heute mit allem den Boden auf, was sich Rap Metal schimpft. Ice-T, Ernie C und ihre Spießgesellen waren genau das, was man sich unter Gangstern mit Gitarren vorstellt: gefährlich und spannend. Dann begann das neue Jahrtausend - und die Band geriet ins Straucheln. Die folgenden Alben waren mal durchwachsen, mal okay, erzeugten aber keine Gänsehaut mehr. Der Band kam ihr Groove abhanden und sie schielten zu sehr auf Thrash und Härte, um zu zeigen, was für ultraharte Kerle man auch in fortgeschrittenem Lebensabschnitt sein kann. Einige Songs wie '99 Problems BC', 'The Ski Mask Way', 'This Is Why We Ride' oder 'Another Level' waren richtig gut. Doch, um ehrlich zu sein, hätte man aus den vier Alben seit dem Millennium einen guten Zwölftracker kondensieren können. Nun, vier Jahre nach "Carnivore" erscheint das achte Album "Merciless". Das Coverfoto ist schon mal saudämlich. Ice-T als im wahrsten Sinn des Albumtitels gnadenloser Schlachter eines weißen Faschisten (?) - geht's noch plakativer und billiger? Ist ein 66 Jahre alter, ehemaliger Gangster-Rapper ohne jegliche Skandale in den vergangenen drölfzig Jahrzehnten heuer überhaupt noch glaubwürdig? Auch gibt es wieder keine Zwischenspiele, gefakte Radiospots etc. zwischen den Songs - all das, was die ersten drei Alben neben ihrer musikalischen Qualität zu Legenden machte. Kann das also 2024 nochmal etwas werden, oder kann "Merciless" ungehört weg? Das Intro 'Interrogation' schreckt direkt ein wenig ab, denn es klingt wie das Verhör vor einer Hinrichtung. Lust auf die folgenden Songs macht es jedenfalls nicht. Doch dann fangen BODY COUNT an, Punkte zu sammeln und legen los: Auf der Habenseite stehen Songs wie der getragene Titelsong mit klassischem Ernie-Solo, 'Fuck What You Heard' verbindet Rap und Metal auf bestmögliche Weise, 'Do Or Die' und 'Lying MF' mit Mördergroove, 'Comfortably Numb' (inklusive Gitarrensolo von David Gilmour höchstpersönlich!) als beste Cover-Version seit 'Hey Joe' auf "Born Dead" (1994) - auch weil Ice-T einmal mehr beweist, dass er singen kann, wenn er sich anstrengt. Dennoch gibt es auch auf "Merciless" Ausreißer in sinnlose Brutalo-Kakofonien für Fitnessstudio-Soundtracks, denn 'World War' und 'Psychopath' (mit Joe Bad von FIT FOR AN AUTOPSY an Ice-T's Seite) wackeln etwas ziellos wie breitbeinig vor Kraft strotzend durch ihre Spielzeit. Auch 'Drug Lords', der nicht nur wegen Max Cavaleras Gastvocals in der ersten Songhälfte einen latenten Thrash-Einschlag hat, wäre 1992/94 niemals über die Rolle einer Single-B-Seite hinaus gekommen. Und in 'Purge' gibt es phasenweise ordentlich auf die Glocke, wenngleich etwas uninspiriert - trotz tatkräftiger Stimmbandunterstützung durch den Corpsegrinder der CANNIBAL CORPSE. 'Mic Contract' ist dann zum krönenden Finale endlich wieder rasantes Punk-Thrash-Riffing mit Rap, so wie nur BODY COUNT es können. Fazit: Wenn man "Merciless" aus Nostalgie mit entsprechender Erwartungshaltung hört, wird man enttäuscht sein, denn das Album führt den thrashigen Weg der letzten drei Alben konsequent fort. Dabei zeigt ein Song wie 'Live Forever', angereichert mit KILLSWITCH ENGAGE-Sänger Howard Jones, dass die punkige Seite der ursprünglichen BODY COUNT eine ihrer wesentlichen Stärken ausmacht. Ohne sägende Gitarren und fetteste Trigger-Drums geht bei BODY COUNT heute nichts mehr. Ist man jedoch offen für ein Dutzend Songs, die in Summe das Beste darstellen, was Ice-T und Ernie C seit "Violent Demise - Last Days" (1997) veröffentlicht haben, dann wird man positiv überrascht sein. Interessant bleibt zum Schluss anzumerken, dass die vier Songs mit Gastsängern nicht annähernd zu den Highlights der Platte gehören. Am stärksten sind BODY COUNT immer dann, wenn ausschließlich die Bandmitglieder aufspielen und sie ihren klassischen Crossover aus Rap, Groove, Punk mit einer leichten Brise Thrash zocken. Anspieltipps: Der Titelsong hat einen Wahnsinnsgroove mit einem Ice-T in Höchstform auf der Kommandobrücke. 'Fuck What You Heard' ist Rap Metal im besten Sinn und eine keifende Abrechnung mit der irren Zwei-Parteien-Medienrepublik der USA. 'Lying MF' klingt, als wäre der Song direkt aus der Titelliste von "Born Dead" herausgefallen - und damit so sehr nach 1994, wie man es 30 Jahre später nur kann, ohne zu nostalgisch werden. 'Mic Contract' ist unfassbar treibend und spätestens, wenn der zumindest am Mic nicht alternde Ice-T "I want my motherfucking money" knurrt, lehnt man sich beseelt zurück, spürt den inneren kopfbesockten Gangster zustimmend nicken und fühlt sich verdammt cool. Gesamtwertung: 8.5 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Intorrogation 02. Merciless 03. Purge (featuring Geroge 'Corpsegrinder' Fisher von CANNIBAL CORPSE) 04. Psychopath (featuring Joe Bad von FIT FOR AN AUTOPSY) 05. Fuck What You Heard 06. Live Forever (featuring Howard Jones von KILLSWITCH ENGAGE) 07. Do Or Die 08. Comfortably Numb (PINK FLOYD-Cover featuring David Gilmour) 09. Lying MF 10. Drug Lords (featuring Max Cavalera von SOULFLY) 11. World War 12. Mic Contract | Band Website: Medium: CD, LP Spieldauer: 41:23 Minuten VÖ: 22.11.2024 |
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