Varg - Das Ende Aller Lügen

Review von BlindWarlock vom 14.02.2016 (8251 mal gelesen)
Varg - Das Ende Aller Lügen VARG sind kein allzu unbekannter Name im Pagan-Bereich der Metalszene und waren zu ihrer Gründung 2005 ein frischer Wind durch den abgestandenen Metalsumpf. Auf vielen, auch kleineren, Festivals vertreten und oft mit größeren Namen wie FINNTROLL oder KORPIKLAANI auf einem Plakat war die Band ein vielversprechender Kandidat, um die deutschen AMON AMARTH zu werden. Schon nach dem zweiten Album fanden sich allerdings viele Wandlungen wieder wie Einflüsse aus NDH und Melodic Death.

Nachdem mit "Guten Tag" schon unter Kritik eine Tendenz zum Schubladen-Rock festgestellt wurde, kann man wohl kaum abstreiten, dass sich "Das Ende Aller Lügen" sämtlicher Stilrichtungen bedient, die der größere Bereich Rock irgendwie zu bieten hat. Unter der Flagge des Deutschrocks versammeln sich bei den Wölfen Soldaten aus den Heeren des Black und Melodic Death Metal, des Gothic und sogar ein paar Deserteure, die es im Pop-Heer von UNHEILIG nicht mehr ausgehalten haben. Angeführt vom 'großen Diktator' und mit der mittlerweile im Core und Mainstream obligatorischen Frauenbegleitung sicherlich eine willkommene Söldnerverstärkung für FREI.WILD, an die ich unweigerlich denken musste, als mir "Das Ende Aller Lügen" zum ersten Mal durch den Kopf geschossen wurde.

Angetreten zum Appell: Den Auftakt macht eine Rede von Charlie Chaplin aus 'Der große Diktator' im gleichnamigen Track und verspricht ein interessantes, zielgerichtetes Album. 'Das Ende Aller Lügen' schließt sich der Spannung an und erfüllt sogar die Vorstellung an das, was VARG zur Gründung war. Hart, fies, etwas zum Abgehen und voll auf die Fresse. Ein bisschen leise vielleicht, aber es wird sicherlich noch lauter. Nicht. 'Revolution' klingt bereits wie eine etwas abgespeckte Version des gleichnamigen Songs der REITER. Textlich ziemlich knapp aber noch irgendwie okay, musikalisch nicht sonderlich einfallsreich und auch vom Stil her seinem Namensvetter zu ähnlich, um zu beeindrucken. Wer hier noch nicht zweifelt kann mit einem kurzen Blick auf die Zeilen von 'Streyfzug' und 'Achtung' die mangelnde Kreativität wohl kaum noch leugnen. Ich meine: "Und wenn der Mond uns sieht // Dann singen wir // unser einsames Lied" und "Achtung // Hier sind die Wölfe". Im Ernst? Was ist das, Helene Fischer meets Der Graf? Und auch unter der Oberfläche bieten die Lieder nicht viel Tiefgang. 'Streyfzug' ist eine (zugegebenermaßen für VARG-Verhältnisse) ruhige Ballade und bei 'Achtung' handelt es sich offenbar um ein Marschlied, das mit Phrasen wie "Wir sind zurück // Die Wölfe machen wieder Jagd" an eine Bekanntheit anschließen, die so in der Form nicht unbedingt da ist - ein kleiner Nachruf an "Wolfszeit" und "Schildwall". Da nun die Entschlossenheit an der Qualität nun ohnehin schon schwankt gibt die Lyrik - wenn man sie so nennen kann - von 'Dunkelheit' endgültig den Rest. "Hilf mir // Hilf mir // Löscht die Kerzen // Alles muss dunkel sein // Hier gibt es keine Wärme // Das ist Dunkelheit". Ein selbst für Deutschrock oder Oi ziemlich simpler Text ohne irgendeine Finesse - und ohne Aussage. Einfach nur Text, um da etwas Gesungenes zu haben. Mit 'Totentanz' direkt im Anschluss findet man die zweite, etwas kitschigere, Ballade mit weiblicher Begleitung von ELUVIEITIEs Anna Murphy. Nicht viel mehr als Effekthascherei und auch nichts Besonderes, leider, außer, dass es den monotonen Gleichklang der schrubbenden Gitarren irgendwie durchbricht. Die folgenden Tracks 'Einherjer' und 'Wintersturm' sind, wie ich finde, die letzten Überbleibsel dessen, was VARG bis vor einigen Jahren noch ausgezeichnet hat, aber selbst das nur als verblassender Nachklang. Die Krone setzt dem Werk passend das Letzte Stück 'Ascheregen' auf. Eine Art Requiem im Stil der BÖHSEN ONKELZ - oder IN EXTREMOs, je nachdem mit welchem Namen man mehr anfangen kann.

Alles in Allem leider nichts Besonderes. Ein Album, das offensichtlich versucht, eine breitere Masse anzusprechen als es ursprünglich der Fall war. Dafür spricht auch die kurze Laufzeit von nicht einmal 40 Minuten. Leichte Musik für Zwischendurch - oder das Radio. An sich nichts Schlechtes, wenn eine Band versucht, größer zu werden, aber dann muss sie eben damit leben, dass ihre Nischenfans sich von ihnen abwenden. Was hier vermutlich passieren wird. Die alte Klientel wird kaum etwas mit dem Silberling anfangen können, Neulinge in der Sparte ebenso wenig. Core- und Freizeitmetaller sowie Deutschrocker freuen sich dahingegen wohl über eine neue Scheibe mit etwas "böserem" Design des Covers im Regal, mit dem sie prahlen können. Naja. Bonuspunkte gibt's trotzdem, weil ich es nicht ganz über's Herz bringen kann, eine (ehemals) sehr gute Pagan-Band aus meinem Repertoire zu streichen und weil zumindest noch einige Erinnerungen an Altes am Leben gehalten werden, die hoffentlich Funke genug sind, um das anfängliche Feuer neu zu entfachen.


Gesamtwertung: 3.0 Punkte
blood blood blood dry dry dry dry dry dry dry
Trackliste Album-Info
01. Der große Diktator
02. Das Ende aller Lügen
03. Revolution
04. Streyfzug
05. Achtung
06. Dunkelheit
07. Totentanz
08. Einherjer
09. Wintersturm
10. Ascheregen
Band Website: www.varg.de
Medium: CD
Spieldauer: 39:05 Minuten
VÖ: 15.01.2016

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten