Interview mit JP von Kimaera

Ein Interview von Krümel vom 16.10.2013 (13886 mal gelesen)
Mit ihrem dritten Longplayer "The Harbinger Of Doom" können die Libanesen derzeit auf ganzer Linie punkten. Dass es für eine Metal-Band in ihrem Heimatland nicht wirklich einfach ist (und noch ein paar Sachen mehr), verriet uns J(ean)-P(ierre) Hadda; seines Zeichens Bandgründer, Gitarrist und Sänger in Personalunion.

imgcenter

Leider kennt man euch in Deutschland kaum. Bitte stell KIMAERA doch mal kurz unseren Lesern vor. Vor allem vor dem Hintergrund, dass der Libanon ja ein recht "exotisches" Land ausgerechnet für Metal ist... Wie kamst Du mit dieser Musik in Kontakt und aus welchem Grund hast Du dann eine Band ins Leben gerufen?

JP: Ich gründete KIMAERA 2000. Zu diesem Zeitpunkt wollte ich einfach ein paar Heavy Metal Klassiker spielen. Aber die Dinge haben sich einfach entwickelt. Aus irgendeiner libanesischen Band, die in kleinen Kneipen auftrat, wurde eine international tätige, die weltweit auf Festivals spielt; mit Musikvideos und drei weltweit veröffentlichten Alben: "Ebony Veiled" (2006), "Solitary Impact" (2010) und jetzt "The Harbinger of Doom". Wir haben einen langen Weg hinter uns. Unsere Musik kann man nicht richtig beschreiben, weil unsere Einflüsse so verschieden sind. Wir versuchen einfach, dies alles in einen originellen Mix aus atmosphärischem Doom und Death Metal mit teilweise orientalischem Flair zu stecken.

Es ist sicherlich nicht einfach, im Libanon eine Metalband zu betreiben, oder? Auf euren Promo-Bildern z. B. tragt ihr alle das "typisch" schwarze Outfit. Stylt ihr euch auch so, wenn ihr das Haus verlasst und durch die Straßen eurer Heimat geht? Außerdem habt ihr als weibliche Mitstreiterin auch Milia Fares. Wie reagieren die Leute (die nicht zum Metal gehören) auf all das?

JP: Es ist auf jeden Fall nicht einfach, eine Metalband in einem Land wie dem Libanon am Start zu haben. Aber das hat nichts mit unseren Klamotten zu tun. Die schwarzen Sachen dienen einzig zu Promozwecken bzw. als unsere Bühnen-Outfits. Natürlich tragen wir die nicht, wenn wir das Haus verlassen. Wir haben alle unsere Berufe und manche von uns studieren noch. Auch Milia studiert in Frankreich. Wir führen also alle ein normales Leben wie jeder andere auch. Bezüglich der Band KIMAERA und Live-Auftritten ist das eine andere Geschichte. Die Probleme, die wir hier haben, sind anderer Natur; hauptsächlich was die Instabilität was die Sicherheit und die Finanzen anbelangt. Dazu kommt die Tatsache, dass wir eine Art von Musik spielen, die nicht traditionell und bisher in unserer Gesellschaft nicht wirklich akzeptiert ist. Aber wir haben es bisher geschafft und hoffentlich lernen die Menschen, das auch zu akzeptieren.

Gibt es denn eine richtige Metal-Szene im Libanon? Falls ja, kennt man sich da untereinander?

JP: Der Libanon ist ein sehr kleines Land, daher haben wir auch nur ein sehr kleine Szene. Vielleicht wird sie in ein paar Jahren mal größer, aber sie ist stark von vielen Problematiken betroffen. Aber im Grunde kennt sich hier jeder Metalhead auf die ein oder andere Weise...

Bist Du bzw. sind ein Deine Mitstreiter auch in anderen Bands involviert? Welches sind Deine/eure musikalischen Einflüsse; was hörst Du z. B. privat?

JP: Die Band besteht aus sechs Mitgliedern. Fünf von ihnen sind Libanesen und spielen ausschließlich bei KIMAERA. Unser neuester Zuwachs, Erce Arslan, ist Türke und trommelt auch noch bei der türkischen Band GURZ. Jeder von uns hat verschiedene musikalische Einflüsse, vom Metal bis zur Klassik. Wir hören uns viel unterschiedliches Zeug an; und das ist es, was meiner Meinung nach unsere Musik bereichert und irgendwie originell macht.

Wie finanziert ihr die Band und eurer Leben; welchen Job hast Du z. B.?

JP: Was die finanziellen Belange angeht, haben wir einen Sponsor. Außerdem legen wir selbst was drauf, um in der Lage zu sein, Aufnahmen zu machen oder Videos zu drehen. Zudem kommt noch das Geld, das wir mit Events oder dem Merchandise verdienen. Wie vorhin gesagt arbeiten die meisten von uns; zwei studieren noch. Ich selbst besitze eine Bar in Beirut. Andere sind in der IT oder der Bekleidungsbranche tätig. Oder Pokern... ja wirklich, Poker!

Ist es schwierig mit normalen Jobs genug Geld zu verdienen und dies mit dem Wunsch zu verbinden, ausschließlich diese Art von Musik zu machen?

JP: Das ist das Hauptproblem, das wir haben. Eine Metalband zu sein mit dem Wunsch, dass diese größer wird und das größtmögliche Standig zu erreichen, ist heutzutage eine große Investition. Und vielleicht ist das der Grund, warum viele Bands es einfach nicht mehr schaffen. Du kannst Dich einfach nicht darauf verlassen, "nur" gute Musik zu machen. Du musst Wege finden, sie den Leuten zu präsentieren und auf sich aufmerksam zu machen. Dazu brauchst Du gute Labels, einen guten Vertrieb und Tourmöglichkeiten. Und das kostet verdammt viel Geld.

Wäre es für Dich wichtig, von der Musik allein zu leben? Oder eher unabhängig zu bleiben und dabei ein gutes Gefühl zu haben.

JP: Wir haben nie darüber nachgedacht mit KIMAERA den Lebensunterhalt zu bestreiten; auch jetzt nicht. Das einzige, was uns jetzt interessiert, ist unsere Musik zu verbreiten und bekannt zu werden. Und dann - alles andere wird sich zeigen...

Ist es schwer, sich einen Status Quo zu erarbeiten bei all den vielen Bands, die es weltweit im Metal versuchen?

JP: Natürlich. Uns gibt's seit dem Jahr 2000, oder sagen wir richtig erst seit 2006, als unser erstes Album weltweit veröffentlicht wurde. Und das ist keine leichte Aufgabe, wenn man bedenkt, dass wir aus dem Libanon stammen. Gerade das macht es so schwer, geeignete Musiker zu finden, zu touren und im Ausland aufzutreten. Dazu kommt natürlich noch der Punkt, den Du angesprochen hast; es existieren einfach enorm viele neue Bands da draußen. Aber all das macht uns nur noch entschlossener. Wir haben es bis zu einem gewissen Punkt geschafft. Und wir möchten noch weiter und sehen zu, dass wir dorthin kommen.

Lass uns jetzt mal über das eben von Dir schon erwähnte wirklich brilliante aktuelle Album "The Harbinger Of Doom". Wie ist es entstanden?

JP: Die Arbeit daran begann bereits 2009 mit dem alten Line-Up und endete 2011 mit der neuen Mannschaft. Die Aufnahmen wurden 2012 beendet. Es ist definitiv die beste und gemeinsamschaftlichste Arbeit, die wir je vollbracht haben. Die Scheibe ist sehr vielfältig, jeder hatte seinen eigenen Anteil daran; seien es die alten, erfahrenen KIMAERA Mitglieder, aber auch Pierre Najm und Charbel Abboud, die 2010 zu uns stießen und frisches Blut mit hineinbrachten. Wegen des Line-Up-Wechsels und den üblichen Hindernissen, die eine libanische Band zu überwinden hat, nahm das Recording einige Zeit in Anspruch. Wie dem auch sei, ich beschreibe dieses Album gern als "eine Synapse von Ost & West, Doom & Death, Licht und der unermesslichen Dunkelheit...".

Bist Du bzw. seid ihr zufrieden mit den Reaktionen auf euer Werk? In welchen Ländern läuft es bisher am besten?

JP: Bisher waren alle Feedbacks überwältigend, die Reviews sind klasse. Die meisten kriegen wir aus Deutschland, weil unser Label ja aus Deutschland stammt. Aber auch aus Russland und der Ukraine, weil wir dort schon getourt sind. Wir warten noch auf weitere Reaktionen aus verschiedenen Teilen der Welt, sobald dort die Veröffentlichungen durch sind.

Gibt es Reviews, die euch ankotzen? Z. B. dass jemand eure Musik unsachlich verrissen hat?

JP: Natürlich wäre jede Band von sowas angepisst, aber bisher kam das noch nicht vor. Klar gibt es auch negative Kommentare über manche Details, die ein Reviewer auf dem Album nicht mochte. Aber das liegt hauptsächlich am persönlichen Geschmack. Zum Glück hat noch niemand einen Verriss geschrieben!

Wie denkt eine Band mit eurem Status über das Internet? Ward ihr schonmal verärgert darüber, dass jemand eure Musik auf YouTube oder sonstige Plattformen geladen hat?

JP: Nun, dagegen kannst Du nicht viel machen. Beispielsweise wurde unser Album einen Tag nach der Veröffentlichung geleakt. In unserem Fall sehe ich es nicht als etwas Schlechtes, weil wir jede Promotion bzw. Verbreitung brauchen, die wir kriegen können. Sei es durch Sharing, Leaking oder was auch immer...

Wie man lesen konnte gab's im September die "The Doom Upon Russia"-Tour. Wann genau fand die statt?

JP: Sie startete am 13.9. in St. Petersburg und endete am 21.9. in Kiev, wo wir AMORPHIS supporteten.

Habt ihr auch Gigs bzw. eine Tour in Europa geplant, um die neue Scheibe zu promoten? Falls ja, wann und wo? Wenn nein, warum nicht?

JP: Aber sicher! Unser Tour Agent und das Label arbeiten daran. Wir werden einige Festivals und Touren begleiten, aber bisher ist noch nichts entschieden. Ihr könnt euch die aktuellen Infos immer über unsere Homepage oder Facebook holen!

Hier bei Bleeding4Metal ist es Tradition, dass die letzten Worte dem/den Musiker/n gehören. Du kannst jetzt alles sagen und loswerden, was Du möchtest...

JP: Zuerst mal vielen Dank für das Interview und den Support. Und an alle deutschen Leser: Checkt KIMAERA an! Wir hoffen euch nächstes Jahr in Deutschland zu sehen! Cheers!

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten