Interview mit Scott von Skeletonwitch

Ein Interview von Eddieson vom 04.08.2014 (14264 mal gelesen)
SKELETONWITCH befinden sich grad auf Tour mit SUFFOCATION. Kurz vor der Show im Hannoveraner Chez Heinz nahm sich Gitarrist Scott etwas Zeit, um sich mit mir und meinem Kumpel im Biergarten zu unterhalten. Trotz der Turbulenzen zum Tourstart war er sehr gut gelaunt und erzählte, warum es am Anfang etwas stressig war und natürlich noch ein paar andere Sachen.

Hi Scott! Vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst. Wie läuft die Tour bisher?

Scott: Bisher läuft alles gut. Auch wenn die erste Show etwas seltsam war, weil die Airline unsere Gitarren verloren hat. Ich bin Linkshänder und niemand kannte irgendjemand, der eine Gitarre für Linkshänder hat. Also musste ich mir so ein blödes Teil für 250¤ kaufen. Ich hatte ja keine andere Wahl. Nate musste sich auch eine leihen. Eigentlich spielen wir Les Pauls, da mussten wir dann halt auf anderen Instrumenten spielen. Das war etwas verrückt. Aber die Leute waren cool, das war in München auf einem kleinen Festival. Also, auch wenn der Flieger Verspätung hatte und unsere Sachen verloren gingen, hatten wir doch eine Menge Spaß. Heute ist dann Show-Nr. 3.

Und du spielst jetzt die ganze Zeit mit der 250¤-Gitarre?

Scott: Nein, zum Glück wurden unsere Gitarren wieder gefunden.

Seid ihr Fans von SUFFOCATION?

Scott: Ja, absolut. Sie gehören zu den einflussreichsten Death-Metal-Bands. Ich mag "Pierced From Within", das ist ein Klassiker. Es ist für uns eine Ehre mit einer Band wie SUFFOCATION auf Tour zu sein. Sie haben damals ein neues Genre gestartet. Ein Genre, welches auch uns stark beeinflusst hat. Außerdem sind es absolut nette Typen. Wenn man jemanden trifft, zu dem man aufschaut, kann es auch schnell in die Hose gehen. Das ist aber hier nicht der Fall. Sie haben uns Equipment geliehen, und wir teilen uns den Backstage-Raum, das würde nicht jede Band machen.

Mit SKELETONWITCH vereint ihr viele verschiedene Musik-Stile. Thrash Metal, Death Metal, Black-Metal-Vocals. Was sind eure Wurzeln?

Scott: Alles, was du aufgezählt hast. Ich glaube, dass das in den USA halt etwas anders ist. Als wir das erste Mal nach Europa kamen, und vor allem nach Deutschland, da waren die Leute doch etwas verwirrt. Sie schauten uns an und sagten: "Ich dachte ihr seid 'ne Thrash-Metal-Band.". Dann kamen Black-Metal-Kids mit Corpsepaint zu uns und sagten: "Verdammt, ihr Typen seid wirklich böse!". Dasselbe sagten die Death-Metal-Leute. So sind wir halt. Wir hören auch all die verschiedenen Stile, also haben sie auch Einfluss auf das Songwriting. Nebenbei hören wir natürlich auch noch was völlig anderes. THE HELLACOPTERS sind eine meiner absoluten Lieblings-Bands. Als Kind habe ich jeden verdammten HELLACOPTERS-Song auf der Gitarre gelernt. Auch das beeinflusst etwas mein Gitarren-Spiel. Eigentlich mag ich es nicht, wenn Bands sich nur auf eines fokussieren. Es kann natürlich auch gutgehen, wenn man sich mal MOTÖRHEAD oder AC/DC anhört. Aber andererseits verstehe ich nicht, warum sich Bands selbst so einschränken. Viele denken, wenn sie eine Thrash-Metal-Band sind, müssen sie auch wie eine Thrash-Metal-Band aus den Achtzigern klingen. Leute, wir sind nicht mehr in den Achtzigern.

Entstehen so eure Songs? Einer kommt mit einem geilen Death-Metal-Riff, der andere hat ein Black Metal- oder Thrash-Metal-Riff und dann wird das zusammengesetzt?

Scott: Wir schreiben die Songs getrennt voneinander. Dann meist auch ganze Songs an einem Stück. Dann schicken wir uns die gegenseitig zu, um darüber zu sprechen. Nate, unser anderer Gitarrist ist unser Hauptsongwriter. Er schreibt eigentlich mehr als ich. Aber auf dem neuen Album habe ich die meisten Songs geschrieben. Das war bisher das meiste, was ich zu einem Album beigetragen habe. Bei den anderen Alben hat er 6 oder 7 Songs geschrieben. Wir sitzen kaum zusammen und jammen. Wir schreiben Songs und schicken sie uns wie ein Demo zu, dann kritisiert Nate das und Evan schreibt die Basslinien dazu. Ich nutze einen Drum-Computer. Ich schreibe die Gitarren-Parts und programmiere den Drum-Sound dazu. Danach hören es alle und unser Schlagzeuger denkt sich noch bessere Drum-Parts dazu aus, weil ich das eigentlich gar nicht kann. Ich habe auch noch nie Bass-Linien geschrieben. So hat jeder die Möglichkeit, seinen Teil dazu beizutragen. Nate und ich schicken uns halt immer verschiedenen Parts zu und bauen so das Grundgerüst für einen Song. Es kommt also nicht jemand mit einem Death-Metal-Riff oder Thrash-Metal-Riff, sondern einer schreibt die kompletten Riffs.

Ward ihr vorher schon mal in Deutschland?

Scott: Ja, es ist unser sechstes oder siebtes Mal.

Wirklich?

Scott: Ja. [lacht]

Ich habe euch vorher noch nie gesehen. Sorry!

Scott: Nein, das ist okay, kein Problem. Du dachtest ja auch wir sind eine Thrash-Metal-Band und unser Thrash Metal ist nicht wirklich gut. [lacht].

Was verbindest du mit Deutschland?

Scott: Das Offensichtliche. Das Bier [lacht]

Welch' Überraschung!

Scott: Ich weiß, das ist wie eine Standard-Antwort. Aber es ist die Wahrheit. Ihr macht eine Menge Bier und dazu noch verdammt gutes Bier. Ihr seid aber auch sehr gastfreundlich. Wenn du als Underground-Band irgendwo in den USA spielst, bekommst du vielleicht eine Pizza und ein Sixpack schlechtes Bier. Mehr nicht. In Deutschland wird man immer mit offenen Armen empfangen. Es geht um Spaß und um Bier.

Beides ist ja auch sehr wichtig. Seid ihr also lieber auf Tour, als im Studio?

Scott: Natürlich lieber auf Tour. Wir lieben es Shows zu spielen. Wir sind sehr viel auf Tour. Wir haben mal ein US-Tour mit 63 Shows in 65 Tagen gespielt. Nur 2 Tage Pause, und das war nur eine von vielen Touren in dem Jahr. Wir lieben es einfach. Für mich ist es aufregend, Songs zu schreiben und die dann vor Publikum zu spielen. Ich glaube jeder in der Band wird mir da zustimmen. Studio ist cool, wenn alles erledigt ist. Aber im Studio zu sein finde ich nicht sonderlich lustig. Songs schreiben ist cool und sie zu spielen ist cool. Aber dazusitzen und einige Parts immer wieder und wieder zu spielen, ist absolut nicht meins.

Schreibt ihr die Songs auf Tour oder Zuhause?

Scott: Zuhause. Es ist schwierig, Songs auf Tour zu schreiben. Es gibt da zu viel zu tun. Interviews, Soundcheck, man ist ständig unterwegs. Da hat man nicht so viel Zeit. Also schreiben wir die Songs zwischen den Touren.

Wirklich? In einem anderen, etwas älterem Interview habe ich gelesen, dass ihr die meisten Songs auf Tour schreibt.

Scott: [lacht] Nein. Wir haben vielleicht mal ein paar Ideen oder Riffs, die wir während des Soundchecks spielen, aber sonst eigentlich nicht. Keine Ahnung.

Habt ihr schon neues Material zusammen?

Scott: Nichts, was wir schon live spielen können. Wir haben einige Songs, die schon als Demo-Aufnahmen existieren. Ich habe einiges geschrieben, bevor wir auf Tour gegangen sind. Es wurde aber noch nicht von allen abgesegnet.

Auf Webseiten wie z. B. Spotify kann jeder eure Alben für lau hören. Glaubst du das ist ein Segen oder ein Fluch für Bands?

Scott: Ich denke, es ist beides. In den USA bekommen die Major-Labels 'ne Menge Geld von Spotify. Sie kaufen den kompletten Katalog für Millionen von Dollars. Sie kriegen also sehr viel Musik und können das dann streamen. Die großen Labels bekommen also 'ne Menge Kohle von Spotify. Die kleineren Labels bekommen fast nichts. Ich habe mal die Leute von unserem Label gefragt, was sie pro Song bekommen. Sie können mir es bis heute nicht sagen. Wahrscheinlich ist es einfach zu klein. Für die Leute da draußen ist es natürlich eine tolle Sache. Sie können in das Album mal eben reinhören. Und wir hoffen natürlich, dass sie dann die Vinyl-Version oder die CD kaufen, wenn es ihnen gefällt. So, dass sie dann auch was in den Händen haben und nicht nur auf dem Computer. Ich weiß nicht, ich denke es ist beides. Vielleicht werden wir in einigen Jahren mehr wissen.

Ich glaube die Metalheads sind da noch so was wie Traditionalisten. Sie brauchen was in ihren Händen, etwas um die Texte mitlesen zu können. Meist sieht das Cover in der Vinyl-Version auch noch besser aus.

Scott: Ganz genau. Die Fans im Metal sind absolut loyal. Ich habe Angst davor etwas anderes zu spielen, aber das ist eine andere Geschichte.

Gehst du in deinem Privatleben auch noch auf Konzerte?

Scott: Klar!

Welches war dein letztes?

Scott: Das letzte, für das ich Tickets gekauft habe, dann aber leider nicht hingehen konnte, war NICK CAVE & THE BAD SEEDS. NICK CAVE ist einer meiner liebsten Künstler. Das letzte Konzert, wo ich dann wirklich war, war GORGUTS, CARCASS und THE BLACK DAHLIA MURDER.

Das war bestimmt eine großartige Show.

Scott: Oh ja, es war unglaublich! Wir sind mit den Jungs von THE BLACK DAHLIA MURDER befreundet, also hingen wir mit denen, den Jungs von GORGUTS und CARCASS rum.

Was sind die besonderen Stärken und Schwächen von SKELETONWITCH?

Scott: [lacht] Ich kann dir nichts über unsere Schwächen erzählen, das könntest du ausnutzen. Hmm, unsere Stärken? Wir kommen aus dem Mid-Westen der USA, da ist niemand sonderlich reich oder so. Wir haben nie irgendwas bekommen, wie Geld von irgendjemanden, von unseren Eltern, vom Label oder sonst wem. Wir haben zwar ein Label, aber wir mussten trotzdem nebenbei arbeiten, irgendwelche schlechten Gigs spielen, usw. Wir haben hart gearbeitet und 'ne Menge Touren gespielt. Wir bekommen auch keine finanzielle Unterstützung von unserer Regierung wie manche europäischen Bands. Skandinavische Bands z. B. bekommen finanzielle Unterstützung, weil sie die Kultur des Landes exportieren. Wir bekommen aber gar nichts. Wir mussten also arbeiten. Einige Bands haben Glück gehabt, weil sie vielleicht reich geboren wurden und nicht wirklich arbeiten mussten. Als Beispiel: Wir sind das sechste oder siebte Mal in Deutschland und ihr habt uns noch nicht gesehen [lacht].

Was bringt die Zukunft für SKELETONWITCH mit sich?

Scott: Nun, wir wollen noch bessere Alben schreiben, wir wollen unsere Musik noch mehr perfektionieren. Wir werden kein Prog-Rock-Album rausbringen mit 30-Minuten-Songs, wie OPETH. Wir werden so weitermachen wie bisher. Das Ganze noch etwas ausdehnen und hier und da ein paar neue Elemente einbauen. Wir haben den besten Job der Welt, den wollen auf jeden Fall weitermachen.

Okay, das ist doch ein schönes Schlusswort. Damit sind wir nämlich auch schon am Ende angekommen. Wir danken dir für deine Zeit und wünschen dir eine gute Show und für den Rest der Tour viel Erfolg. Die letzten Worte gehören dir.

Scott: Ich möchte mich bei allen in Deutschland bedanken, die unsere Band unterstützt haben, zu unseren Shows gekommen sind und uns ein Bier gekauft haben. Vielen Dank!

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