Livebericht Ross The Boss

Ein Livebericht von Opa Steve aus Andernach (Juz-Liveclub) - 27.10.2018 (27953 mal gelesen)
MANOWAR ohne MANOWAR? Für so einen fairen Preis? Das ist nur ein Aspekt, den man beachten sollte, wenn man überlegt, ein ROSS THE BOSS-Konzert zu besuchen. Nicht vergessen darf man darüber hinaus, dass ROSS THE BOSS auch nach seiner Zeit bei dem schon lange auf- und abtaumelnden Flaggschiff weiter Songs geschrieben hat, die es ebenfalls durchaus wert sind, gehört zu werden. Teilweise ist er natürlich selbst daran schuld, dass er oft auf das MANOWAR-Spin-off reduziert wird. Schließlich ist er bekannt dafür, bei seinen Livesets den Schwerpunkt auf die alten MANOWAR-Gassenhauer zu legen, und offenbar geht es ihm sehr gut damit, das kommerziell erfolgreichere Projekt auch heute noch für sich abzufeiern. Und wie schon gesagt: Den Ur-Gitarristen und Songschreiber der vermutlich besten MANOWAR-Songs ever mal live zu erleben und dazu auch noch einige unsterbliche Songs der Metal-Historie zu hören, ist ein absolutes Argument, einem ROSS THE BOSS-Gig NICHT fernzubleiben.

imgrightHochkarätig ist auch das Begleitpackage, welches den Meister begleitet. Schon beim Begrüßungsbier versuche ich allerdings, einer etwas jüngeren Bekannten zu erklären, um welchen Stil es sich bei PORTRAIT handeln würde. Hey, schon mal MERCYFUL FATE gehört? Hmmmmmm (unverständlicher Blick). KING DIAMOND? Aaaaaah (die Augen gehen etwas weiter auf) - "... also gehört hab ich den Namen schon mal ...". Okay, also gar keine Idee. Und entsprechend verwirrt ist ebenselbige Bekannte bei dem zugegebenermaßen etwas kauzigem Material. Mich hingegen können PORTRAIT absolut überzeugen - GERADE wegen dem Kultfaktor, auf den man sich einlassen muss. Abgesehen davon ist die Band auf der Bühne absolut bei der Sache, lässt sich durch ein paar Ungenauigkeiten in der Stimme (oder den auch manchmal leicht verstimmten Gitarren bei 'At The Ghost Gate') überhaupt nicht aus dem Konzept bringen, was vor allem aus Herzblut besteht. Per am Mikro post noch mehr als seine Mitstreiter, die die Bühne im absolut treffsicheren Heavy Metal-Outfit voll ausfüllen. Von den 150 Leuten in der Halle, die sich nicht mehr am Imbiss oder Bierstand aufhalten, gehen einige Die Hard-Fans steil, aber man merkt auch, dass sich das immer mehr werdende Neugierde-Publikum immer mehr für den Stil der Schweden erwärmen kann. Aus respektvollem Höflichkeitsapplaus wird mit jedem Song mehr Begeisterung, was die Band durch ihre energische Show vom ersten Akkord an auch verdient hat. Nachdem die Band schon angedroht hatte, langsam zum Ende kommen zu müssen, bieten sie nach einem normalen Titel noch ein fast achtminütiges Epos vom Feinsten. Es beginnt als traditioneller Heavy Metal und baut sich nach einer ruhigen Mitte zu einem absoluten Killersong aus, der den übergroßen Vorbildern MERCYFUL FATE mehr als gerecht wird.
(Opa Steve)

imgleftHatten sich beim Opener noch nicht ganz so viele Zuschauer eingefunden, trudeln während der Umbaupause doch mehr und mehr Leute in der Halle ein. Als BULLET schließlich die Bühne betreten, werden sie von ihren Fans bereits jubelnd empfangen. Es ist fast genau zehn Jahre her, dass wir die Schwedenrocker zum ersten (und auch letzten) Mal live gesehen haben. Auch wenn ihr Stil sonst nicht so zu meinem Lieblingsgenre zählt, war ich doch ein bisschen gespannt, ob beziehnungsweise wie sich die fünf Musiker in der vergangenen Dekade verändert haben. Okay, es fällt natürlich auf, dass alle (wie jeder von uns auch) ein bisschen älter geworden sind. Doch das stilechte Denim & Leder-Bühnenoutfit und das teilweise weiße Schuhwerk sind nach wie vor vorhanden - passt. Mal schauen und hören, was BULLET livetechnisch heutzutage noch draufhaben ... Tja, was soll man sagen? Gleich beim Opener 'Speed And Attack' und dem nachfolgenden 'Ain't Enough' ist klar: Die Jungs sind nach wie vor fit und rocken die Hütte. Die Stimmung sowohl auf als auch vor der Bühne ist von Beginn an ziemlich gut und steigert sich im Laufe des Sets immer weiter.

imgrightDie Instrumentalfraktion zeigt große Spielfreude und Agilität auf der Bühne, und auch Shouter Hell Hofer verausgabt sich ziemlich. Aufgrund seiner doch imposanten Körperstatur muss er während der überall eingestreuten Gitarrensoli daher ab und zu mal im Hintergrund verschnaufen. Aber das sei ihm gegönnt, denn seine Gesangsleistung ist wirklich klasse und sehr intensiv. Das ziemlich aufgeheizte Publikum erweist sich vor allem bei den älteren Stücken wie 'Turn It Up Loud' oder 'Stay Wild' (2011) als sehr textsicher, aber auch wenn man die Songs nicht so gut kennt, kann man irgendwie die Refrains mitsingen. Die gute Laune ist einfach ansteckend und so gehe sogar ich während des kompletten Auftritts richtig mit. Die Schweden spielen sich durch die diversen Alben ihres Backkatalogs, legen aber verständlicherweise die Priorität auf ihr diesjähriges Werk "Dust To Gold", dessen Titeltrack das Ende des regulären Sets darstellt. Natürlich fordern die Zuschauer mehr von ihren Lieblingen - und so gibt es dann noch einen Zugabenteil, der mit einem Klassiker seinen Höhepunkt findet, zu dem alle Saitenbediener ihre Instrumente umdrehen, auf deren Rücken jeweils ein Wort des gerade gespielten Songs 'Bite The Bullet' aufgeklebt ist. BULLET haben eindrucksvoll ihre Live-Qualität bewiesen und daher verdienen sie auch zu Recht den wirklich großen Applaus des Publikums. Sie danken es ihren Anhängern, in dem sie kurze Zeit später am Merchstand auftauchen und sich mehr als gewillt auf Fotos ablichten lassen und Autogramme schreiben.


Setlist:

'Speed And Attack'
'Ain't Enough'
'Rogue Soldier'
'Riding High'
'Turn It Up Loud'
'Rolling Home'
--- intro ---
'Highway Pirates'
'Fuel The Fire'
'Dusk 'til Dawn'
'Stay Wild'
'Dust To Gold'
----
'Rebels Return'
'Highway Love'
'Bite The Bullet'

imgcenter

(Krümel)


imgrightNachdem BULLET mit ihrem Party-Hardrock die Halle mehr als auf Betriebstemperatur gebracht haben, ist es nun Zeit für den Altmeister der epischen wie effektiven Songs. Just an diesem Tag, an dem die Band in Andernach Station macht, war ohnehin das Thema MANOWAR unfreiwillig in der ganzen Presse - vom Blog bis zum STERN drehten sich so viele Artikel um die Vorwürfe gegen Karl Logan, dass es am Abend offensichtlich jeder weiß. Einige Zuschauer mutmaßen sogar, ob sich Ross dazu äußern würde. Aber warum sollte er? Erstens ist er Jahrzehnte nicht mehr in dieser Band, zweitens ist Ross kein Mann der vielen Worte. Er lässt die Musik sprechen und ist vom ersten Anschlag zu 'Blood Of The Kings' wie verwachsen mit seiner Gitarre. Ein prima Song zum Warmspielen, das darauffolgende 'Death Tone' hingegen nimmt den Drive etwas raus. Ich konnte schon damals zur Entstehungszeit mit diesem Song nicht so richtig warm werden. Doch dann geht es Schlag auf Schlag: Mit 'Wheels Of Fire' wird Andernach im Sturm genommen. Und mit 'The Oath' und 'Sign Of The Hammer' vom gleichnamigen (und aufgrund seines schlechten Sounds leider vernachlässigten) Album geht es direkt im Vollgas weiter. Dass Marc Lopes kein zweiter Eric Adams ist, ist klar. Auch wenn er die spitzen Screams ziemlich gut draufhat und auch die hohen Lagen in der Melodieführung beherrscht. Ich störe mich bei 'The Oath' eher an seiner abgehackten und etwas keifig klingenden Interpretation. Ein Eric Adams ist halt raumfüllend und man muss sich immer vor Augen halten, wie hoch die Messlatte ist, an die sich der ROSS THE BOSS-Vokalist hier wagt. Aber davon abgesehen macht Marc eine durchaus gute Figur und hat vor allem ordentliche Frontmann-Qualitäten.

imgleftNach dem Vollgas-Triple wird es nun Zeit für ein reinrassiges ROSS THE BOSS-Triple. Den Anfang macht 'This Is Vengeance'. Dessen Chorus ist zwar etwas käsig geworden, aber das schnelle Riffing beweist genauso wie die Soli im bekannten Signature-Sound, dass zwischen den alten und neuen Titeln rein vom Songwriting her gar keine so große Lücke ist. 'We Are The Night' hingegen kommt nicht so recht aus dem Quark und perlte an mir ab wie an Teflon. Zu austauschbar wird dieser Song im Wust des heute üblichen Standard-Metals verortet und kann sich keinen großen Charakter erspielen. 'Fistful Of Hate' mit seinem arabischen Intro passt im Kern wieder gut auf Alben wie "Kings Of Metal", ist aber etwas verspielter und leichtgewichtiger.

Die zweite Hälfte des Sets gehört wieder MANOWAR. Schleppend kriecht der 'Dark Avenger' mit seinen Basseffekten durch die Clubhalle, wobei die ersten Reihen allein von der Bass-Backline ordentlich geföhnt werden. Auch bei 'Blood Of My Enemies' kann man wieder klasse beobachten, wie Ross jeden Schlag bis ins Mark zelebriert. Der Chorus wird vom Publikum, was für ROSS THE BOSS auf geschätzte 300 Besucher angewachsen ist, lautstark mitgesungen. Gänsehaut. Und mir wird auf einmal bewusst, welche besondere Qualität dieses Konzert ebenfalls ausmacht: Kein Gemoshe, keine Surfer, kein Geschubse, keine Handys! Selbst bei den schnellen Songs steht das Publikum als Einheit konzentriert vor der Bühne. Natürlich fliegen auch hier die Haare und Fäuste im Takt, aber hauptsächlich nehmen die Leute die Songs mit großem Respekt auf und singen teilweise die ganzen Texte mit. Noch ein gutes halbes Dutzend MANOWAR-Titel hat die Band noch auf Lager, wobei 'Thor' und 'Fighting The World' nochmal alles aus den Kehlen rausholen. Etwas Kraft sollte man sich aber gespart haben. Mike LePond greift zum Achtsaiter und stimmt das Tune von 'Battle Hymn' an. Die Haare im Publikum fliegen, und ich fühle mich zurückversetzt in das Jahr 1982, als ich als Jugendlicher vor der Anlage "HR3 Hard'n'Heavy" hörte und mich fragte: Verdammt, was ist das für ein unfassbarer Song? Auch fast 40 Jahre später ist der Titel immer noch Gänsehaut pur. Im Mittelteil bedient Ross die Keyboards, so dass es an nichts mangelt. "By Moonlight we ride ... 10000 side by side" tönt es aus allen Kehlen, und man munkelt, dass manche Besucher noch längst auf dem Heimweg im Auto diese Zeilen auf den Lippen haben. Aber zuerst wird die Halle nochmal ordentlich mit 'Hail And Kill' durchgeschüttelt, bevor sich die Band nach einem verdienten Gruppenfoto von der Bühne macht.

Setlist:
Blood Of The Kings
Death Tone
Wheels Of Fire
The Oath
Sign Of The Hammer
This Is Vengeance
We Are The Night
Fistful Of Hate
Dark Avenger
Blood Of My Enemies
Thor
Kill With Power
Fighting The World
Battle Hymn
Hail And Kill

(Opa Steve)

imgcenter
Location Details
Juz-Liveclub in Andernach (Deutschland)
Website:juz-live-club.de/
Adresse:Stadionstraße,
Andernach
Anfahrt:Einfach den Schildern zum Sportzentrum folgen. Der JUZ-Liveclub liegt hinter dem Kandi-Kletterturm gegenüber dem Trampolino. Parkplätze gibt es in der ganzen Straße in ausreichender Menge. Für Mahlzeiten empfehlen wir die Pizzeria an den Tennishallen schräg gegenüber, an gut besuchten Tagen steht auch ein Imbisswagen mit vortrefflichen Frikadellenbrötchen und Würstchen/Pommes vor der Tür.

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten