Livebericht Onslaught (mit The Very End ) |
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Ein Livebericht von Opa Steve aus Andernach (Juz-Liveclub) - 29.10.2016 (25319 mal gelesen) |
Die Stadt Andernach nebst ihrem metalfreundlichen Kulturamt und Jugendförderung hat mal wieder zu einem Thrash-Abend in den JUZ-Liveclub geladen. Zugpferd heute sind die Oldschool-Briten von ONSLAUGHT, die sich nach ihrer Reunion immer wieder regelmäßig in Deutschland auf Festivals oder Hallentouren blicken lassen. Im Rahmen ihrer Europa-Tour machen sie extra einen Zwischenstopp in Andernach, um den Metalheads der Region mal zu zeigen, was so alte Säcke so drauf haben. Da man ehrlicherweise das vorgelagerte Billing eher in den Bereich "Support-Liga" stecken muss und kein wirklich zugkräftiger Co-Headliner mit in den Abend gepackt wurde, sehen es die Besucher eher entspannt und trudeln bei frühem Einlass gemächlich ein, trinken ein Bier oder essen vor dem Club am Imbiss noch eine kleine Stärkung. Drinnen ist schon das Merch aufgebaut, wobei das Licht über dem Stand noch nicht funktioniert. Interessierte Besucher bekommen aber besonderen VIP-Service, denn ein nettes Mitglied des ONSLAUGHT-Trecks steht dort mit Taschenlampe bereit und leuchtet die aushängenden Textilstücke an der Wand manuell aus, so dass man sich schon mal einen guten Überblick verschaffen kann. Irgendwann klappt auch das Licht und in der Halle treten sich geschätzte 40 Headbanger verteilt die Beine in den Bauch, während sie auf die erste Band am Abend warten. THRASH 'EM DOWN aus Magdeburg starten den Abend mit ihrem EP-Opener 'Blast Out' recht oldschoolig, wobei das Eröffnungsriff so penetrant an 'Metal Forces' von ONSLAUGHT erinnert, dass man sich fragt, ob dies einfach nur ein origineller Seitenhieb ist oder Zufall. Ich finde es jedenfalls witzig, schon bei den ersten Tönen des Abends sofort an den späteren Headliner denken zu müssen. Nach ein paar Verspielern und kuriosen Bühnen-Moves des Sängers kommt aber langsam Ordnung in das Set. Schon der neuere Titel 'Resurrection' klingt deutlich kompetenter und weist auch die Marschrichtung für den Rest der fast zehn Songs. Gut ist, dass die Opener keine differenzierte Beschneidung der Spielzeit bekommen, sondern auch schon die erste Band des Abends einen recht anständigen Gig spielen können. Die Oldschool-Kost wäre wirklich 100% oldschool, wenn nicht die Vocals zu permanent gebrüllt wären. Da steckt doch noch viel Einfluss aus diesem Jahrzehnt drin, so dass sich unterm Strich nicht das homogenste Bild ergibt, aber dennoch eine konstante Leistung auf stets gleichem Level. Vor allem sitzt die Bühnenpräsentation und das Quintett beweist, dass es auch schon bisschen Erfahrung sammeln konnte. 'Thorns', welches mich stilistisch ein bisschen an HOLY MOSES erinnert, beendet den Gig dann mit ehrlichem Applaus über der Höflichkeitsschwelle. PURIFY im Anschluss beweisen, dass man auch im Thrash Metal nicht alles so bier(haha)ernst nehmen muss. Ihr Gig ist irgendwie eine grundehrliche Sache aus dem Bauch heraus. Dass sie ein Spässchen verstehen merkt man schon daran, dass der Mikroständer aus einem originalen Wischmop besteht, den Sänger Tobias luftgitarrenähnlich an die Hüfte reißt. Zwischen den Titeln gibt es immer wieder improvisierte Kalauer, die vor allem die Bandkollegen selbst betreffen. So ist vermutlich "Schnauze!" das häufigste Wort im Bühnendialog, weil die Musiker sich gerne mal gegenseitig ins Wort fallen und ihren Senf dazugeben. Noch netter wird es bei der Vorstellung der Band, bei der so ziemlich jeder Name auf "Arschloch" lautet. So bleibt es in der Familie. 'Hate Fuck Die' wurde dann dem MSV Mainz 05 gewidmet. Nach einer gebrüllten Ansage des Titels gibt es statt des zu erwartenden Gewitters dann erst einmal Stille, da der Drummer noch gar nicht bereit ist. Apropos Drums: Die Soundprobleme der Drums, die schon bei der Vorband gelegentlich aufgetreten waren, verhageln bei PURIFY tatsächlich den Spaß an den ersten Songs. Schließlich werden vom Soundmann ein paar Kabel getauscht, und ab da ist alles in Butter. Der ehrliche Thrash der Band passt irgendwie ins lockere Konzept der Gesamtpräsentation und eignet sich vorzüglich für eine feuchtfröhliche Party. Es kommen auch ein paar Leute mehr in die Halle und der Funke springt immer mehr über. Die Band baut zwischendurch ein paar lässig-coole Drum'n'Bass-Intermezzi ein, labert sich einen Wolf und haut auch immer mal wieder einen netten Song aus der Hüfte. Stilistisch muss ich gelegentlich an TANKARD denken, die Laune ist ebenfalls kaum schlechter und die Witze ebenso platt ("Wollt ihr noch einen? Egal, wir spielen ihn trotzdem, das habt ihr jetzt davon!"). Richtig geil ist der Rausschmeißer 'Motorpriest'; ein cooler Punk'n'Roller mit Thrash-Kante, der auch ein bisschen aus dem Allerlei der bisherigen Riffs fällt. Stammbesucher des Andernacher JUZ sind mit THE VERY END schon sehr vertraut und können sich sicherlich an ihren Gig auf dem vergangenen "Summer's End"-Open Air erinnern, als ihnen aufgrund irgendwelcher Zeitprobleme die Spielzeit gekürzt werden musste. Was damals zu einem mittelschweren Tobsuchtsanfall von Sänger Björn führte. Heute geht zum Glück im neuen Anlauf alles gut und man sieht auch diverse Patches von Fans im Publikum, die sich augenscheinlich neben ONSLAUGHT eben auch auf den letzten Support freuen. Mit dem Intro der Scheibe "Mercy & Misery" geht es episch-instrumental los und THE VERY END fahren einen ziemlich lauten Sound mit einem mächtigen Schlagzeug auf. Mit dem brutalen 'Flatline' und 'The Loss Theory' gibt es auch noch Songs aus der Frühphase der Band zu hören. Die Mischung aus Melodie und Groove gefällt mir an diesem Abend recht gut. Bei früheren Gigs wurde ich nie so richtig warm mit dem Material, deswegen bin ich doppelt positiv überrascht. Auf der Bühne ist ständig Bewegung und mir gefällt auch der immer wieder melodisch-raue Gesang, der in heutigen Brüllzeiten (s. THRASH 'EM DOWN) viel zu selten zu hören ist. Auch hier ist nach zehn Songs ein Gig mit solider Spieldauer abgehakt und ich muss sagen, dass THE VERY END zwar nicht den Party-Faktor der ersten beiden Combos hatten, aber musikalisch bisher am festesten im Gedächtnis geblieben sind. Ich gehöre ja zu der begünstigten Generation, die den Aufstieg des Metals bewusst zu Lebenszeiten mitbekommen hat. Dennoch sind mir in den 80ern aus Zeit- und Geldgründen viele Helden durch die Lappen gegangen. Toll, dass man auch solche Dinge in den 2000ern noch zuverlässig nachholen kann. ONSLAUGHT machten schon auf den Festivals der letzten Jahre eine gute Figur, aber die ehrliche Musik ist eigentlich wie geschaffen für verschwitzte Clubgigs. Der Anteil der Oldschool-Metalfans ist an diesem Abend auch entsprechend groß und für den Headliner füllt sich die Clubhalle mit geschätzten 150 Leuten. Das ist viel weniger, als ich bei einem solchen Namen erwartet hätte. Aber ONSLAUGHT lassen sich davon nicht beirren und zeigen an diesem Abend den meisten jungen Wilden, wie man Oldschool-Thrash souverän auf den Kern reduziert. Das fängt schon damit an, dass sie das ganze Gehabe drumherum einfach mal weglassen; die Jungs um Nige Rockett sind extrem entspannt. Hier werden keine grimmigen Gesichter aufgesetzt, sondern fröhlich vor sich hingegrinst. Und statt des obligatorischen Show-Biers, dass man total Metal sei, hieven die britischen Senioren einfach einen Kasten Wasser auf die Bühne. Die Musiker spazieren laufend durchs Publikum und halten beim Bühnenaufbau noch entspannt Smalltalk mit der ersten Reihe. Den Vogel schießt GT ab, der mit Gitarre auf dem Buckel einfach mal kurz noch einen Abstecher auf das Publikumsklo macht, bevor das Intro startet. Kult! Wenn man ehrlich ist, zehrt die Band ja von den ersten drei Alben. Mit 'Let There Be Death', 'Metal Forces' und 'Fight With The Beast' gibt es auch sofort eine Zeitreise nach 1986. Trotz des Alters haben sich die "Jungs" die Räudigkeit bewahrt und die spitzen Schreie sitzen Ex-/Wieder-Sänger Sy Keeler auch 2016 noch wie damals. Spätestens mit dem folgenden 'Demoniac' dämmert es dem Kenner: Werden sie etwa ...? Nein, tun sie's wirklich? Sie tun es! Das ganze Album "The Force" wird am Stück runtergespielt - ein Blick auf den Kalender offenbart auch den Grund: Die Scheibe feiert ihr Dreißigjähriges! Ein großes Fest, denn die Songs gehen Band und Oldschoolern im Publikum wie Butter runter. Drummer Michael Hourihan (EXTREME NOISE TERROR) geht beim punkigen 'Fight With The Beast' richtig steil und sorgt zuckend für Sperrfeuer zu den brutalen Riffs. Die stylische Nickelbrille darf natürlich nicht fehlen. Erst nachdem diesem Jubiläumsalbum ausreichend und vollständig gehuldigt wurde, erfolgt der Sprung in die Reunion-Phase. Sy stimmt statt einer Ansage einfach warnend die Zeile an: "Spitting blood in the face of goooood ..." und schon geht der Hammer 'Killing Peace' los. Nige bearbeitet die Gitarre wie ein Berserker, seine Unterlippe reicht mittlerweile von einem Ohr bis zum anderen. Die Halle feiert die zweite Hälfte des Gigs direkt mit ersten Moshpits und auch wie beim historischen Material sitzt in der Songauswahl jeder Schuss. Die Band spielt mit enormer Energie und Freude und unterstreicht nochmals meine vorhin aufgestellte These, dass echte Leidenschaft nun mal nicht durch irgendwelche Attribute zu ersetzen ist. Präzise, dennoch aggressiv und entfesselt lassen es die Fünf ordentlich krachen und zünden dazu immer wieder Rauchsäulen neben den Drums. Die stimmliche Kondition von Sy ist tadellos und das Publikum erwartet freudig jede neue Attacke nach jeweils kurzer Ansage. Mit einer volleren Halle wäre das Erlebnis vermutlich perfekt geworden, aber weder Besucher noch die Band lassen sich großartig davon abhalten. Vom aktuellen Album "VI" (nach 33 Jahren ist dieser Titel echtes Understatement) wird zu Gunsten des älteren Materials nur '66fucking6' geboten und das eher schwache Schlussalbum vor der Auflösung, "In Search Of Sanity", wird komplett ausgespart. Sie wissen, wofür die Fans kommen. Das obligatorische 'Onslaught (Power From Hell)' schließt den offiziellen Teil des Gigs ab, wobei sich die Band nicht lange bitten lässt, um nochmal für eine Zugabe auf die Bühne zu kommen. Für den Rausschmeißer - eine richtige Überraschung - werden nochmal alle Kräfte gebündelt: 'Thermonuclear Devastation' kracht in weniger als zwei Minuten über die Bühne und führt die Bandhistorie ganz weit zurück zu den punkigen Anfängen. Was ein Brett, diesen Titel mit zeitgemäßer Energie zu hören. Geil war's. Und wer nicht da war, hat Pech gehabt. |
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