Interview mit Wolf Hoffmann von Accept

Ein Interview von Warlord vom 25.04.2012 (30397 mal gelesen)
Manchmal meint es der Kriegsgott ja gut mit seinem Warlord. Kaum schreibt er für das kleine Webzine "Bleeding4Metal", klingeln bei ihm schon die Metall(halb)götter durch. In diesem Fall Wolf Hoffmann, Gitarrist, Songwriter und gemeinsam mit Peter Baltes Kopf der reformierten Metal-Legende ACCEPT, die 2010 mit "Blood Of The Nations" fulminant neu durchstarteten und seitdem unermüdlich wieder den METAL auf diesem Planeten verbreiten. Das Bandsprachrohr zeigte sich weitestgehend entspannt, plauderte über die neue Platte und die gerade stattfindende Frühjahrs-Tour, alte und neue Sänger, Erfolg, guten Musikgeschmack und die Metal-Situation in des Verfassers Heimatstadt Frankfurt.


Ihr seid gestern abend in Berlin aufgetreten, wie war's denn im Huxley?

Wolf Hoffmann: Rappelvoll, super Stimmung, war toll.

Wieviel Leute waren denn da?

Wolf Hoffmann: Ich schätze mal, so um die 2000, das ist auch in etwa die durchschnittliche Zuschauerzahl, die wir an einem Abend erreichen. Im Moment sitze ich noch in einem Hotel in Berlin, bevor es morgen dann in die Tschechei und nach Polen und Russland weitergeht.

Ich lese ja nur Superlativen auf eurer Website, vielleicht erzählst du mir mal wie die neue Platte angelaufen ist, und wie die Tour verläuft.

Wolf Hoffmann: Wir waren bis zum letzten Sommer im Einsatz für "Blood Of The Nations", sind dann im August direkt in's Rehearsal-Studio und haben geschrieben. Über Weihnachten waren wir im Studio und haben bis in den Januar an der neuen Platte gearbeitet. Also sozusagen komplett durchgeschuftet.

Wo ihr in relativ kurzer Zeit überall gewesen seid, das ist schon sehr beachtlich.

Wolf Hoffmann: Du musst ja bedenken, wir waren alle gewissermaßen im Ruhestand, haben zwar jeder gearbeitet, alles war aber doch eher ruhig, und dann kommt diese Geschichte mit ACCEPT und verändert unser aller Leben. Seitdem haben wir wieder zwei Platten gemacht, sind in den Charts und mehrfach um die Welt getourt, das ist doch eine unglaubliche Geschichte.

Finde ich auch! Und zu Recht. Die beiden neuen Alben sind ja ganz beachtlich, beide z. B. im ROCK HARD jeweils Album des Monats geworden.

Wolf Hoffmann: Ja, man muss sich mal überlegen, wir sind da seit, weiß nicht, einem Jahr Nummer 1 in den Lesercharts, so was haben wir vorher auch noch nicht erlebt!

Ist "Blood Of The Nations" tatsächlich, wie es eure Website behauptet, das erfolgreichste Album von ACCEPT?

Wolf Hoffmann: Da muss man erst einmal überlegen, wie definiert sich Erfolg. Wenn man es rein an den Plattenverkäufen misst, wird's schwierig, weil ja insgesamt der Plattenverkauf so wahnsinnig zurückgegangen ist. Wenn man Chartposition, Reaktionen, Kritiken, Meinungen, Veränderungen im Leben als Maßstab nimmt, ist es ganz sicherlich die erfolgreichste Phase in der Bandkarriere. Im Moment ist die Chemie in der Band auch super, die Stimmung ist gut. Ich wüsste gar nicht, was noch besser sein sollte. Mit so einer Welle hat ja keiner gerechnet. Wir haben das wirklich aus Liebe zur Musik, Spaß an der Freude gemacht. Wir wollten es mit einem geilen neuen Sänger einfach noch einmal probieren. Mal sehen was da noch kommt, man kann's ja eh nicht vorherbestimmen. Wir nehmen aber den Erfolg nicht als selbstverständlich.

Nein, ihr tut ja auch einiges dafür, wenn ich den bisherigen Tourplan sehe und die kurze Zeit für die neue Platte.

Wolf Hoffmann: Ja wie gesagt, im August fingen wir an mit dem Songschreiben und im Januar mussten wir abliefern und trotzdem haben wir bis zur letzten Minute noch versucht, Verbesserungen vorzunehmen, die Songs wurden dreimal umgekrempelt. Vor August war auch noch überhaupt nichts da, kein Shred. Das war übrigens bei "Blood Of The Nations" nicht anders, da denken ja viele Leute, da hatten sie 13 Jahre dafür Zeit. Was natürlich Quatsch ist, weil wir in der Zeit bis 2009 ja GAR NICHTS gemacht haben, was ACCEPT betrifft. Wir haben uns eines Tages mit Mark Tornillo getroffen, ein paar Songs geschrieben, und ein paar Monate später waren sie aufgenommen. Diesmal war der Zeitdruck trotzdem etwas größer, weil wir uns schon im Herbst letzten Jahres verpflichtet hatten, "Stalingrad" bis Ostern abzuliefern. Wir haben diese Entscheidung gefällt, weil wir nicht ein, zwei Jahre ins Land gehen lassen wollten, sondern relativ schnell mit einem neuen "Produkt" präsent bleiben wollten. Die Platte musste also zu Beginn der Frühjahrstour fertig sein.

Zu Mark Tornillo: die Geschichte ist bekannt, da jammen Peter und du gemeinsam bei einem Treffen und jemand gibt euch seine Telefonnummer, ist das wirklich so abgelaufen?

Wolf Hoffmann: Das war tatsächlich so, die Geschichte hab ich nun schon sehr oft erzählt. Jemand machte uns den Vorschlag, ihn dazuzuholen, weil er einige unserer Songs kennt und sie schon selber mit seiner Band gecovert hat. Ich hatte lediglich den Namen seiner alten Band TT QUICK schon einmal gehört, wie man eben Bandnamen mal am Rande mitbekommt. Er kam "just for fun" vorbei und es lief dann so gut, daß wir schnell zu der Entscheidung kamen , die Band wieder neu zu starten. Wir fanden, er hatte genau die richtige Stimme und den richtigen Charakter.

Hier natürlich auch die UDO-Frage, warum er nicht?

Wolf Hoffmann: Er ist ja nun schon vor 25 Jahren bei ACCEPT ausgeschieden (stimmt nicht ganz, wenn man die 90er Reunion berücksichtigt), macht seine eigene Band und wollte einfach nicht. Natürlich haben wir ihn auch gefragt, aber er hat es abgelehnt und mehr gibt es dazu eigentlich auch nicht zu sagen.

Zur neuen Platte: bist du zufrieden mit der Scheibe und was sind deine Favoriten?

Wolf Hoffmann: Im Moment spielen wir 'Hellfire' und 'Stalingrad' (beide im Doppelpack als Opener!) sowie 'Shadow Soldier'. 'The Galley ' wollen wir noch bringen, 'Flash To Bang Time', wenn die Platte etwas länger auf dem Markt ist, das werden wir sehen.

Habt ihr die Setlist selbst zusammengestellt oder haben da die Fans mitgesprochen?

Wolf Hoffmann: Die haben wir selbst zusammengestellt, natürlich im Hinblick darauf, was die Fans erwarten. Nach den vielen Shows, die wir gespielt haben, verfügen wir natürlich über genügend Erfahrung mit der Frage, was die Fans von uns erwarten.

"Blood Of The Nations" wurde im dazugehörigen "Making of" mit den alten Alben, speziell "Breaker", "Restless And Wild" und "Balls To The Wall" verglichen, was meinst du zu dieser Einschätzung, auch im Hinblick auf "Stalingrad"?

Wolf Hoffmann: Ach weisst du, solche Fragen überlasse ich gerne den Fans. Letztendlich ging es bei ACCEPT immer um Songs, die die Zeit überdauern. Wir sind unter anderem deswegen so erfolgreich, weil wir gute Songs haben, die sich bewährt haben und teilweise nun schon 30 Jahre alt sind. Wir haben bei beiden Alben tatsächlich versucht Songs zu schreiben, wie wir sie auch früher hätten schreiben können, zumal ja mit Peter und Hermann auch die gleichen Leute dabei sind. Einfach ein paar frische Ideen und ein moderner Sound. Das war die Vorgabe: "Oldschool", aber mit neuem Sound.

Wo du den Sound erwähnst, ein kleiner Kritikpunkt an den beiden neuen Werken ist für mich eben dieser, speziell die Drums kommen für mich etwas glatt rüber und setzen keine Akzente.

Wolf Hoffmann: Kann ich gar nicht nachvollziehen, ich bin mit dem Sound sehr zufrieden, wenn du ihn mit früheren Sachen vergleichst, wirst du feststellen, daß er wesentlich mehr Druck und Punch hat, abgesehen davon, dass er der Mehrzahl der Fans auch sehr gut gefällt. Deswegen wäre es ein Fehler gewesen, hier mit einer "alten" Produktion zu arbeiten.

Von den alten Platten, welche ist da dein Favorit?

Wolf Hoffmann: Alle! Für mich ist es immer eine Tortur, wenn Journalisten über JEDE unserer bisher 13 Platten etwas wissen wollen. Die Sachen liegen ja mittlerweile 25 bis 30 Jahre zurück und ich würde lieber über die modernen Sachen reden. Die größten Erfolge waren sicherlich "Restless And Wild" und "Balls To The Wall".

OK, dann lass uns von modernem Metal reden, was hörst du dir denn privat so an?

Wolf Hoffmann: Ich muss gestehen, da bin ich ehrlich, dass ich kaum versuche, da Schritt zu halten und moderne Metalbands zu verfolgen. Ich bin da hoffnungslos "Oldschool", JUDAS PRIEST, AC/DC, DEEP PURPLE finde ich super, ich komme aber kaum dazu, Musik zu hören, das ist gaaanz wenig. Wenn, dann aber klassischer Hardrock oder auch klassische Musik, ich hab eine riesige Sammlung zuhause.

Was denn da am liebsten, bin ja auch Klassik-Fan und hab' 'ne Sammlung.

Wolf Hoffmann: BEETHOVEN, TSCHAIKOWSKY, MOZART, GEORGE BIZET oder auch mal Opern, quer durch die Bank, weniger Barockmusik, BACH und sowas ist nicht so mein Fall. Gibt einiges, was mir auch nicht gefällt in der Klassik, aber zum Entspannen höre ich viele Sachen gerne.

Was ist an weiteren Auftritten in diesem Jahr geplant?

Wolf Hoffmann: Im Herbst machen wir noch eine ganz ausgedehnte Geschichte, wo wir in den USA anfangen, bis nach Südamerika gehen, dann fangen wir in Europa wieder mit Griechenland an und arbeiten uns dann über die osteuropäischen Länder bis nach Skandinavien, dann steht vielleicht noch Asien auf dem Programm. Insgesamt werden wir in diesem Jahr noch etwa drei Monate touren.

Kommt ihr da zufälligerweise auch mal in die Frankfurter Gegend?

Wolf Hoffmann: Weiß ich jetzt gar nicht so genau, würde mich aber freuen.

Ich frage deswegen, weil ich alle bisherigen Konzertdates von euch durchgeschaut habe, das nächstgelegene Konzert war da immer mindestens 150 km entfernt.

Wolf Hoffmann: 150 km sind doch keine Entfernung für 'nen guten ACCEPT-, nee, 'nen guten Metal Fan (wo er recht hat, hat er recht).

Die guten Metalbands scheinen jedenfalls einen großen Bogen um Frankfurt machen. Weißt du woran das liegt, keine gute Gegend für den Metal, obwohl Großstadt?

Wolf Hoffmann: Ja also das stimmt, in den Frankfurter Raum kommen wir nicht so oft, wo wird denn da gespielt?

Ja z. B. in der Batschkapp, aber die ist wahrscheinlich für eure Bedürfnisse zu klein (inzwischen nachrecherchiert: Fassungsvermögen 600 Leute, das würde eng!)

Wolf Hoffmann: Kann ich mich nicht erinnern, dass wir jemals da waren, nein, glaube ich nicht. Muss aber an den Promotern liegen, an den Veranstaltern. Bands gehen dahin wo sie gebucht werden, nicht unbedingt wo sie gerne spielen wollen. Der Künstler kommt überall hin, wo er gebucht wird.

OK, dann werd' ich mal weiter der Sache auf den Grund gehen, warum die Veranstalter hier so zögerlich sind.

Wolf Hoffmann: Na gut mein Lieber, in diesem Sinne, hat mich sehr gefreut.

Ich hab zu danken für das Gespräch!

Wolf Hoffmann: Vielleicht sprechen wir uns ja mal wieder.

Ja, DAS wäre prima. Viel Erfolg wünsch' ich weiterhin, gutes Gelingen und haut mal kräftig rein!

Wolf Hoffmann: Mache merr! (der Wolf sprach tatsächlich pfälzisch zum Abschluss!)

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

"...das kleine Webzine..."? Also bitte. Tz.
9/10   (20.05.2012 von Odin)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten