Interview mit Ontto von Oranssi Pazuzu

Ein Interview von Opa Steve vom 14.10.2013 (17128 mal gelesen)
Oranssi Pazuzu überraschten den Rezensenten mit einem hypnotischen Trip durch Klangwelten zwischen Black Metal und Post-Rock, bei dem man geschickt jedes Klischee umschiffte. Bassist Ontto verrät einige Hintergründe der Finnen.

Hallo Ontto! Zur Zeit seid ihr in Deutschland ja noch nicht so bekannt. Könntest du ORANSSI PAZUZU unseren Lesern mal vorstellen, wie ihr euch getroffen habt, und wie die Entstehungsgeschichte der Band aussieht?

Ontto: 2007 hatten ich und Jun-His (Gesang & Gitarre) die Idee einer Band, welche Musik der düsteren Machart spielt, von einigen Black Metal Bands beeinflusst ist, aber gleichzeitig unsere persönlichen musikalischen Interessen in diese Art Düsterheit einbaut. Wir wollten nicht einfach etwas kopieren, was für sich betrachtet schon gut ist, aber wir wollten es als Teil etwas Neuen verwenden. Uns war klar, dass wir dafür ein paar open-minded Leute brauchen würden, und zum Glück kannte ich ein paar passende Musiker, mit denen wir schon in anderen Projekten gespielt und gejammt hatten. Wir haben diese Band dann gegründet, deren Besetzung bis heute unverändert ist, und haben angefangen, Songs zu schreiben. Es war sehr simpel und geradeaus. In 2008 haben wir dann in der Hütte unseres Drummers Korjak die ersten acht Songs aufgenommen und diese wurden als unser Debütalbum "Muukalainen Puhuu" veröffentlicht. Danach haben wir noch eine Split gemacht und einen weiteren Longplayer namens "Kosmonument". Nun ist es Zeit für das dritte Album, "Valonielu", welches wir in London mit Jaime Gomez Arellano aufgenommen haben.

Das Markenzeichen von "Valonielu" ist in der Tat, dass es nicht in eine Stilkategorie passt. Auf euren Bandfotos post ihr wie eine Pagan-Band, ihr nutzt elektronische Geräusche wie eine Post-Rock-Band, und einige Elemente könnten aus dem Black Metal stammen. Ist das der Mix eurer persönlichen musikalischen Interessen, oder hattet ihr schon genau diesen Sound im Kopf?

Ontto: Es ist beides. Wir wollten diese Dinge zusammenmischen, aber mit Plan. Wir mögen die intuitive Atmosphäre und die hypnotische Wiederholung, und diese Dinge sind etwas, was Black Metal Bands mit einigen alten progressiven Rockbands - vor allem den deutschen - gemeinsam haben. ORANSSI PAZUZU ist eine Art Experiment und auch eine Herausforderung für uns selbst, wir wollen musikalische Welten erschließen und als Musiker wachsen. Markenzeichen sind uns dabei recht zweitrangig, wenn sich unsere Botschaft konfus anhört, dann passt das, weil die Welt selbst verwirrend und komplex ist. Wenn Leute ihren Verstand öffnen, dann finden sie glaube ich die Bedeutung der Musik.

Ihr kombiniert die traditionellen Cabinet-Sounds von alten Amps mit modernen Synthies. Nutzt ihr im Studio viel Technik, um dieses Ergebnis zu erzielen, oder sind die Arrangements auch für die Bühne geeignet?

Ontto: Wir lieben es, zusammen live zu spielen, und auch der Aufnahmeprozess ist in der Hauptsache das Auffangen dieser Performance. Wenn du die Musik live spielst, dann hast du ein echtes Gefühl dafür, welches nur sehr schwer (oder überhaupt nicht) künstlich reproduziert werden kann. Die Alben klingen ziemlich nach dem, wie wir als Band klingen. Natürlich sind einige Klangverbesserungen hier und da. Alte Amps, Effektpedale und abgelutschte Ausrüstung sind genau das, was wir mögen. Ich hasse es, die Musik am Computer zu machen, dafür habe ich nicht genügend Geduld.

Der Pazuzu ist ein Dämon der alten sumerischen Kultur. Das ist für eine finnische Band ungewöhnlich. Was bedeutet der Bandname für euch?

Ontto: Es gibt viele mögliche Bedeutungen, aber für mich ist ORANSSI PAZUZU ein Symbol der musikalischen Dualität. Pazuzu ist die Dunkelheit, das Geheimnisvolle, der Dämon in dir. Oranssi (Orange, Anm. d. Autors) ist die Farbe der kosmischen Energie, ein Symbol für die psychedelische und abenteuerliche Seite.

Haben eure Texte ein Konzept oder ein zentrales Thema, oder wie setzt ihr die Texte zusammen?

Ontto: Normalerweise höre ich einfach den Songs zu und versuche, die Stimmung in Worte zu gießen. Ich möchte dabei auch den Interpretationsspielraum erhalten. Aber es gibt ein zentrales Thema auf "Valonielu", und das ist unser menschlicher Verstand und sein Unvermögen, mit dem Geheimnisvollen umzugehen. Wir sind sehr beschränkt in der Vorstellung unserer Welt, und wir wollen uns das nicht eingestehen. Es gibt da Lücken im großen Plan, und wir versuchen, diese mit Illusionen zuzudecken. Aber das kann zu kognitiver Dissonanz führen, wenn wir etwas erleben, welches nicht in dieses Weltbild passt, und was uns davon abhält, Dinge zu sehen, wie sie wirklich sind. Auf gewisse Art ist das Geheimnisvolle die einzige Wahrheit im Universum. Das ist das Hauptthema des Albums, es gibt natürlich noch andere, aber die sind alle irgendwie damit verbunden.

Wie sieht euer Songwriting aus? Habt ihr einen Haupt-Songwriter, oder erarbeitet ihr die Titel gemeinsam?

Ontto: Wir probieren verschiedene Arten des Songwritings, aber die gemeinsame Arbeit ist eine wichtige davon. Manchmal sind es nur Riffs und so, wenn wir zusammen jammen, bis sich die Atmosphäre richtig anfühlt. Manchmal gibt es aber auch eine abstrakte Idee. Wir sprechen darüber, und jeder interpretiert diese Idee. Es ist inspirierend, verschiedene Dinge auszuprobieren.

Zuletzt eine abschließende Frage: einige sphärische Parts klingen wie die akustische Version eines Drogentrips. Welche Drogen würden das Gefühl in eurer Musik am besten beschreiben?

Ontto: Jede, die euren Verstand gegenüber den Geheimnissen der Realität öffnet!

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