Livebericht Rage (mit Tri State Corner ) |
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Ein Livebericht von Dunkeltroll aus Hamm (Kulturrevier Radbod) - 20.08.2021 (39169 mal gelesen) |
Hamm, Westfalen: eine Stadt, mit der ich überhaupt nichts verbinde; ein Ort in der Nähe des Kamener Kreuzes, an dem ich bisher immer möglichst schnell vorbei kommen wollte, da ich anderswohin unterwegs war. Aber heute haben sich RAGE angesagt, und so habe ich erstmals einen Grund, nach Hamm hinein zu fahren. Vorbei an recht lose verteilt stehenden Wohnhäusern, die einen Hauch von norddeutscher Weiträumigkeit verströmen, erreiche ich schließlich das Kulturrevier, hinter dem passend zum Straßennamen drei Fördertürme in den blauen Himmel ragen. Da der eigentliche Parkplatz zum Veranstaltungsgelände umgebaut wurde, sind Stellplätze direkt auf dem Gelände rar, aber durch einen glücklichen Zufall ergattere ich die einzige freie Parklücke, direkt vor dem Einlass-Pavillon. Dort wartet ein gutes Dutzend Fans darauf, dass die Pforten geöffnet werden. Man steht locker und mit etwas Abstand beieinander, leert ein Getränk und blödelt herum. Weitere Ankömmlinge bilden hinter mir eine Schlange, aber es bleibt sehr überschaubar: Als wir eingelassen werden, warten vielleicht 30 Leute, zu denen sich im Verlauf des Abend etwa 70 bis 90 weitere gesellen sollten. An der Kasse werden Impfbescheinigungen überprüft und Tickets entwertet, und dann erlebe ich eine seit bald anderthalb Jahren herbeigesehnte Freiheit: Auf dem Gelände gibt es weder Maskenpflicht oder fest zugewiesene Sitzplätze, noch muss man Abstand von der Bühne halten. Jede/r/s darf herumlaufen wie sie/er/es es will! Dazu gibt es Getränke in Gläsern, und reichlich Sitzgelegenheiten, von denen aber nur zu Beginn Gebrauch gemacht wird. Etwas unglücklich ist lediglich das Angebot an fester Nahrung: Spezialitäten aus Venezuela, in Maisteig und mit gebackenen Bananen drin, sind nicht jedermanns Geschmack, zumal für jedes Gericht 8€ aufgerufen werden. Gegen einen zusätzlichen Pommes & Wurst-Stand hätte sicherlich nicht nur ich nichts einzuwenden gehabt. Um 19:30 eröffnet mit THE BLACK SUEDE SHOES eine lokale Combo das musikalische Programm. Man bekommt zwar den Eindruck, dass sich hier die Abschlussklasse der örtlichen Musikschule auf einen gemeinsamen musikalischen Nenner irgendwo zwischen AC/DC und alternativem 90er-Kram geeinigt hat, grundsätzlich haben die Musiker aber durchaus Potential. Vor allem der Sänger, der einen durch seine Optik ähnlich stutzen lässt wie Mike Cotoia damals bei ROSS THE BOSS, hat er doch unerwartet viel Dreck in der Stimme. Mehr als Höflichkeitsapplaus ist heute aber nicht drin, dafür ist die Musik wohl einfach zu weit vom Geschmack des Publikums entfernt, das geschlossen auf den Bänken sitzen bleibt und Smalltalk betreibt. Bei TRI STATE CORNER kommt dann etwas Bewegung in die Sache: Deren gelungene und nach wie vor recht originelle Mischung aus griechischer Folklore und hartem Rock zieht einige Fans zum Tanzen vor die Bühne, und auch der allgemeine Stimmungslevel steigt merklich. Schade nur, dass die Band ohne Bassisten auftritt, und sich daher eigentlich in BORDERLINE umbenennen müsste, da für die namensgebende Konstellation die dritte Nationalität fehlt. Sei es drum: Mit 'Sooner Or Later' oder 'Home' haben die Jungs echte Hits geschrieben, und man darf auf das demnächst erscheinende, fünfte Album "Stereotype" gespannt sein. RAGE-Schlagzeuger Lucky glänzt hier als Sänger und Percussionist, während sein Lehrer und Vorgänger Chris einen ordentlichen Beat vorlegt. Die Gitarre von Christoph legt den rhythmischen Teppich, und Janni sorgt auf der Bouzouki für die Farbtupfer, welche die Band bemerkenswert machen. Setlist TRI STATE CORNER: Faster Nothing At All Free Prison Sooner Or Later Sleepless Daydreamer Tomorrow Land My Own World Sudden Turn Home Hypocrisia Die Wartezeit auf RAGE gestaltet sich dank angenehmer Gespräche sehr kurzweilig, und als Peavy und seine neu aufgestellte Mannschaft mit 'True' in ihren Set einsteigen, knubbeln sich sämtliche Anwesenden im vorderen Drittel des Areals. Wobei "Knubbeln" das falsche Wort ist: Das "Social Distancing" der letzten 18 Monate hat seine Spuren hinterlassen, man steht eigentlich nur mit den eigenen Kumpels eng beieinander, und feiert weit weniger ausgelassen, als es die Umstände erlauben würden. Von einem "Hammer Publikum" darf Peavy heute natürlich trotzdem schwärmen, und dass er, ebenso wie seine Mitstreiter, mächtig Spaß in den Backen hat, ist nicht zu übersehen. RAGE servieren ein abwechslungsreiches, aber leider auch schmales Menü: Bei gerade mal 14 Songs von 25 Alben bleibt natürlich vieles an Klassikern oder vergessenen Schätzen auf der Strecke. In der Mitte des Sets wird dafür das anscheinend ebenso unvermeidbare wie meiner Meinung nach unsägliche 'Straight To Hell' gespielt, aber gut: ich muss eh mal austreten gehen. Diese "Stinkstiefel des Indianergottes"-Nummer macht bei Auftritten als Support ja vielleicht Sinn (nach dem Motto: "Aha, von denen ist das also!"), aber als Headliner könnte man bei einem solchen Backkatalog doch mal getrost drauf verzichten, und einen weniger belanglosen UND untypischen Song spielen. Wie gesagt: Nur meine Meinung, denn das Großteil der Leute findet den Song offenbar gut. Ebenfalls etwas irreführend ist das Motto "Live Resurrection", denn vom in einigen Wochen erscheinenden, neuen Album "Resurrection Day" wird lediglich das bereits bekannte 'Virginity' gespielt. Mehr von der Scheibe, die - soviel kann ich schon verraten - bockstark geworden ist, dann hoffentlich auf der Tour im November/Dezember! Sehr angenehm zu beobachten ist hingegen die Chemie zwischen den Akteuren auf der Bühne, und die beiden Neuzugänge Stefan und Jean genießen ihren Auftritt sichtlich, wobei vor allem Letzterer mächtig Pfeffer im Arsch hat, und ständig in Bewegung ist. Peavy hingegen stellt den Ruhepol (oder auch: Gravitationsschwerpunkt) im Auge des Orkans dar, kommuniziert herzlich mit dem Publikum, und ist auch gut bei Stimme. Um 23:00 muss dann aus Rücksicht auf die Anwohner bereits Schicht im Schacht gemacht werden, aber weit und breit macht niemand den Eindruck, als würde man es bereuen, den Weg zu diesem Konzertereignis auf sich genommen zu haben - auch nicht eine extra aus München angereiste Italienerin, die freundlicherweise noch von der Band zu ihrem Hotel gefahren wird. Und auch die Setlists von TRI STATE CORNER und RAGE, die ich mir nicht zuletzt für diesen Bericht von der Bühne habe reichen lassen, bekomme ich noch signiert, und mache es mir dann mit (endlich mal wieder) klingelnden Ohren im Auto bequem. Setlist RAGE: Intro True Chasing The Twilight Zone Shadow Out Of Time The Price Of War End Of All Days My Way Nevermore Virginity Straight To Hell Black In Mind From The Cradle To The Grave Let The Rest In Peace Don't Fear The Winter Higher Than The Sky |
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