Wulfgars Metal Pilgerreise (Teil 1)

Ein Artikel von Wulfgar vom 22.08.2014 (21352 mal gelesen)
PRAELUDIUM

Das wird wahrscheinlich eins der seltsamsten Specials, das bleeding4metal.de bis jetzt hervorgebracht hat. Es ist im Prinzip ein Blog, der innerhalb eines Jahres von meinen Erfahrungen auf einer Tour de Force quer durch Deutschland und Österreich berichten wird.

Doch wer bin ich überhaupt? Okay! Hier also ein paar Hardfacts:

Name: Wulfgar (Das ist selbst verständlich nur in Pseudonym/ Nickname. Namen sind schließlich nur Schall und Rauch und deshalb auch nicht weiter von Belang)
Alter: 27
Beruf: Außendienstler im Vertrieb
Leidenschaft: Heavy Metal
Autor bei bleeding4metal.de seit 2010

Doch zurück zu meinem Vorhaben. Was ich vorhabe ist schnell erklärt. Ich werde innerhalb eines Jahres JEDEN Autor, der momentan bei bleeding4metal.de Dienst tut besuchen. Doch damit nicht genug. Bei jedem Besuch wird ortstypisch dem Metal gehuldigt. Sei es durch Konzerte, Festivals, Rockkneipen, Bierproben, schwarzen Messen, heidnischen Opferungen, oder was auch immer. Ich werde selbstverständlich haarklein darüber berichten und so Stück für Stück das wahrscheinlich längste Special erstellen, dass auf unser aller Lieblings-Metalwebsite bis dato verfasst wurde. Wer sich schon mal auf unserer Crewseite umgesehen hat, wird feststellen, dass momentan etwas mehr als 20 Leute für unser Webzine schreiben. Sagen wir einfach es sind rund 20 Termine die anstehen. Rechnet man das auf die Wochenenden hoch ergibt sich, dass fast jede 2. Woche ein Besuch sein muss, damit ich einigermaßen hinkomme.

Bleibt nur noch die eine Frage: Warum zum Teufel mache ich mir diesen Stress? Nun, dafür muss ich ein wenig weiter ausholen. Eine mir sehr wichtige Person wird über den Zeitraum eines Jahres von mir getrennt sein, um in Afrika durch humanitäre Arbeit ihren Horizont zu erweitern und ihr Karma-Konto bis zum bersten zu füllen. Seit diese Entscheidung gefallen ist, habe ich darauf mit einer Mischung aus Verdrängung und stillen Haderns reagiert. Doch der Zeitpunkt der Abreise rückte allmählich immer näher und nun ist er nur noch wenige Wochen entfernt. Viele Freunde rieten mir mich abzulenken, mir bestenfalls selbst so eine Art Projekt zu suchen. Den Rest zu kombinieren ist trivial, Watson. Diese Reise ist mein Projekt, meine Ablenkung und mein Pilgerpfad. Mir fiel erst etwas später auf, dass es letztlich so etwas Ähnliches ist wie pilgern. Eine Reise, die ich nur und ausschließlich für mich selbst unternehme, um mich mit dem zu beschäftigen was ich ohne jeden Zweifel und bedingungslos seit Jahr und Tag liebe: HEAVY METAL.

1. Kapitel (Donnerstag 31. Juli - Sonntag 03. August 2014)
Meine Pilgerreise beginnt unmittelbar mit dem ersten größeren Urlaub den ich mir genommen habe. Meine Reise beginnt tief in Bayern wo ich von einem Meeting aus direkt nach Österreich fahre. Mein Ziel ist Graz. Dort erwarten mich 2 Dinge. Erstens das Heim meines Kollegen DES und zweitens das See Rock Festival 2014. DES und seine Familie waren so freundlich mir anzubieten die Nacht vor dem Festival bei Ihnen übernachten zu können. Also nichts wie hin. Während ich unterwegs bin, wird das Wetter immer schlechter und vom Panorama der Alpen (das ich sehr schätze) ist nicht allzu viel zu sehen. Ich versuche positiv zu denken. Musikalisch begleitet mich das was der shuffle-Modus meines mp3-Players hergibt. Dabei kommt eine eigentümliche Mischung zustande (Auszug aus der Playlist-Reihenfolge: MINISTRY, KNORKATOR, DISILLUSION, JBO, METALLICA, RUSH, ILLDISPOSED und OTTO WAALKES), die, jetzt im Nachhinein betrachtet, sehr gut meine eigene Unruhe wiederspiegelt. Ja, ich bin aufgekratzt. Abgesehen von den offensichtlichen Gründen (Festival, Besuch von wildfremden Menschen) ist da aber noch mehr was in mir brodelt. Ich weiß selbst nicht genau was es ist. Vielleicht der Gedanke an das große Projekt, dass ich hiermit starte, vielleicht auch die Gewissheit, dass ich meine Freundin nach meiner Rückkehr nur noch wenige Tage sehen werde. Keine Ahnung. Durch diese Versunkenheit in meinen eigenen Gedanken merke ich fast nicht, wie die fast 5 Stunden Fahrt vorbei gehen. Bei DES angekommen gibt es ein wenig Abendbrot und ein paar mehr Bier als notwendig. Nächtigen darf ich im Zimmer von DES Tochter, die so nett ist, bei ihrer Oma zu übernachten. Es ist von oben bis unten rosa gestrichen und mit Prinzessin Lillifee, Pferdepostern usw. verziert. Ich kann es zwar nicht fassen, bin aber zu müde um es irgendwie zu kommentieren. Was für eine würdige erste Nacht auf meiner Reise! Bezogen auf Heavy Metal spiegelt dieses Zimmer höchstens die ganzen Freaks und Wacken-Partytouristen wieder, die alle ganz besonders lustig sein wollen. Egal, Hauptsache erst mal schlafen. Am nächsten Morgen geht es früh los zum Einkaufen und direkt danach zum Festival. Österreichisches Bier ist zwar pro Dose teurer, dafür gibt es das vermaledeite Dosenpfand nicht. Was für eine Wohltat. Frisch versorgt kommen wir nach etwa 45 Minuten Fahrt am Schwarzlsee an, wobei man von dem See erst mal gar nichts sieht. Die Ordner lotsen uns in ein Parkhaus von dem man einen perfekten Blick auf das Festivalgelände hat. Der VIP Parkplatz. Weil ich keinerlei Lust habe, zu Fuß mitsamt Gepäck auf den bereits überfüllten Festival-Campground umzusiedeln, lasse ich mein Auto mitsamt Gepäck einfach hier. Erst mal ist jetzt der Weg zur Theke eh wichtiger, denn allen Voraussagen zum Trotz hat es etwa 30°C und kein Wölkchen ist am Himmel zu sehen. Astrein! Darauf schmeckt das erste Festival-Bier doch besonders gut. Wenn da nicht der Preis wäre. Heiliger Bimbam, 5 Tacken für ne ömmelige Büchse Hopfenkaltschale? Das ist sogar für Festivalverhältnisse hart. Und zu diesem Zeitpunkt ist mir noch gar nicht bewusst, dass die offizielle Brause nur 3 Umdrehungen ihr Eigen nennt. Im Nachhinein erklärt sich dadurch aber auch hinreichend, warum man das Zeug im prallen Sonnenschein, palettenweise reinfahren konnte, ohne auch nur eine Spur beabsichtigte Wirkung zu erzielen.

Wer näheres über die Bands auf dem Festival wissen möchte kann hier den offiziellen Bericht lesen. Mir geht es hier ja eher um das Erlebnis als Ganzes. Generell verfolgt das See Rock ein spannendes und in höchstem Maße wünschenswertes Konzept. Nämlich nur zwei Festival Tage mit ausschließlich hochkarätigem Line-Up. Wenn Bands wie URIAH HEEP oder BELPHEGOR bereits den zweiten Slot des Tages belegen und es danach ähnlich geschmeidig weiter geht, ist mir das hundert mal lieber, als den halben Tag nicht aufs Gelände zu gehen weil zwischen 12 und 18 Uhr ohnehin nur Grütze zu sehen ist. Klasse statt Masse hieße da das Zauberwort. Diese Gedanken werden später von Kollege Elvis bestärkt. Doch nicht nur eine vernünftige Diskussion, sondern auch ein ordentliches Bier habe ich dank des Kollegen gefunden. Er weist mich glücklicherweise darauf hin, dass es für 50 Cent mehr auch 0,5 Liter Dosen Desperados zu kaufen gibt, die aber doppelt so viel Alkohol enthalten. Und Bumms, schon haut die Abrissbirne in der prallen Sonne zu. Leicht benebelt kann man sich so auch hervorragend und selig durch die Gigs von SABATON, AIRBOURNE, THE BOSS HOSS und STATUS QUO grooven. Zum Headliner (SCORPIONS) ist der Fetzen (landestypisch für Schwips) aber wieder verflogen und ich ertrage den Gig ungefiltert. Fazit: STATUS QUO war um Längen besser! Der Einfachheit halber fahre ich hinterher wieder mit zu DES. Mal ehrlich, jede Couch ist bequemer als im Auto zu nächtigen. Im Auto ist man sich über den Headliner des Tages durchaus einig. Ankommen, Glotzen zu, Bubu machen.

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Am nächsten Tag geht es ähnlich früh los. Heute soll es noch sonniger werden. Und es steht den ganzen Tag lang Metal auf dem Programm. Was für eine Aussicht. Der Tag geht etwas langsamer an als gestern. Bis IN EXTREMO komme ich nicht recht in Fahrt. Aber dann! Der Auftritt beamt mich vollkommen weg. Mir gefallen auch die neuen Songs, obwohl das mit Mittelalter Rock (falls es so etwas Kryptisches jemals gegeben hat) nicht viel zu tun hat. Es ist eben etwas anderes als IN EX früher gemacht haben. Und Sie machen es gut! Ich gehe ein letztes Mal mit DES tanken und schaue mir DIMMU BORGIR aus der Ferne an. Ich sammle Kraft für BLIND GUARDIAN. Und ich werde nicht enttäuscht. Ein fantastischer Gig folgt an dem ich fast jeden Song mitsinge. Während der Umbaupause lerne ich ein paar Typen aus Tirol kennen. Sehen alle nach typischem Metaller aus. Es stellt sich aber heraus, dass der Älteste dieser Truppe tatsächlich der Vater eines der Jüngeren ist. Metal verbindet wohl generationsübergreifend, denn später gehen Sie bei zur selben Band ab wie Kürschs Katze. Ich singe mit Typen, die ich nicht kenne, Schulter an Schulter die Songs, die wir augenscheinlich alle so lieben. Ein unglaubliches Hochgefühl überkommt mich und der Gig ist viel zu schnell vorbei. Zu diesem Zeitpunkt weiß ich, dass das Festival für mich jetzt vorbei ist. Ich gehe zurück zum Auto und sehe wie durch einen Schleier noch TWISTED SISTER und SLAYER vom Parkhaus aus. Ich bin kaputt aber glücklich. Österreich war eine würdige erste Station auf dem diesem Weg.

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