Syndrome - Now And Forever

Review von Kex vom 26.03.2013 (9498 mal gelesen)
Syndrome - Now And Forever I: Ich habe erhöhte Temperatur. Weiche Gemüter möchten bei 38.8 Grad bereits von Fieber sprechen, ich bemerke in erster Linie Wärme und die dadurch resultierende das Bewusstsein erweiternde Wirkung. Während meine Wahrnehmung sanft ins Kissen entschwebt, dringen von weiter Ferne zarte Saitenklänge an mein Ohr. So muss es sich im Wellnessbereich eines Spa-Hotels anfühlen. Von Hitze verdunstete Wassertropfen formieren sich zu einem dichten Schleier, der mir die Sinne benebelt, während ich durchs lauwarme Wasser treibe. So verharre ich eine Weile, bis mich sanft steigernde technische Verzerreffekte aus meiner Apathie führen. Wohin? Immer noch Wärme und Nebel, aber ich schwebe nun aufwärts und plötzlich droht mir der Kopf zu platzen. Lähmung ergreift mich und obwohl ich nur weg möchte, kann ich nichts tun. Die Klänge ergreifen Besitz von meinem Trommelfell, vereinnahmen es komplett und schwingen es, bis es zu bersten droht. Stille. Gitarrensaiten. Ich treibe wieder durchs lauwarme Wasser in den Nebel. Weiche Frotee-Handtücher schmeicheln meiner Haut und mein Bewusstsein entgleitet vollends meiner Kontrolle.

II: Ich bin wach und sitze aufrecht. Meine Körpertemperatur bewegt sich auf normalem Level und ich nehme mir vor, ein Review zu schreiben. SYNDROME heißt das Nebenprojekt des aus Gent stammenden AMENRA-Gitarristen Mathieu Vandekerckhove und lässt mich Schlimmes befürchten, als ich lese, dass die Gruppe einen "ganzheitlichen Ansatz" verfolgt. Das könnte zumindest die Tracklänge von 34 Minuten erklären. Auf youtube muss ich mich lediglich durch 28 Minuten kämpfen, bekomme dafür aber minutenlang die Naheinstellung einer Schwarzweiß-Aufnahme eines Elefanten zu sehen. Oder doch ein Pferd? So sieht es also aus, wenn ein ganzheitliches Album produziert wird. "Now and Forever" ist ganzheitlich. Ein Track, ein Video, eine Stelle, die kurz aus der Lethargie reißt, wobei Stelle es nicht ganz trifft. Von Minute dreizehneinhalb bis achtzehn werden nicht mehr nur einzelne Saiten angeschlagen sondern der Verzerrer ausgepackt. Ein Wechsel von Langeweile zu grässlich - und dann zurück zur Langeweile. Daran ändern auch vorsichtig eingestreute Klavieranschläge nichts. Bei Minute 15 wird es fast hektisch, aber keineswegs spektakulär. Ein Hinweis darauf, dass SYNDROME aus mehr als einem Menschen bestehen. Viele Einmann-Artisten bringen im Alleingang weitaus mehr zu Stande als das. Allerdings arbeiten die nicht ganzheitlich, womit sie auch nicht in Dauerschleife wirken können. "Now And Forever" kann das. Endlos. Und alle halbe Stunde wird man kurz aus seiner Lethargie hin zum Leid gerissen. Ich beschließe, mich mehr in die Ambient-Szene reinzuhören, da gibt es wenigstens angenehme Hintergrundmusik. SYNDROME gehören nicht dazu.

III: Ein Fazit muss her. Wer auf ganzheitliche Kunst steht, besorge sich eine Leinwand und ziehe sich das youtube-Video zu "Now And Forever" rein. Mit Dolby-Surround, wenns unbedingt sein muss. Atemnot, Fieber oder Drogen können auch nicht schaden. Die Verlinkung des Videos spare ich mir, denn im Sinne des ganzheitlichen Ansatzes zeige man Eigeninitiative und suche selbst danach. Mit derselben Begründung verweigere ich es auch, eine Bewertung von "Now And Forever" abzugeben.

- ohne Wertung -
Trackliste Album-Info
01. Now And ForeverBand Website:
Medium: CD
Spieldauer: 28:00 Minuten
VÖ: 14.02.2013

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