Thränenkind - The Elk

Review von Zephir vom 31.08.2013 (8948 mal gelesen)
Thränenkind - The Elk Schon der Bandname THRÄNENKIND weckt Assoziationen mit tiefem, ambivalentem Gefühl und kindlicher Empfindsamkeit. Genau so klingt ihr erstes Album: tieftraurig, hoffnungsvoll, wunderschön, verletzlich. "The Elk" wurde komponiert von Nathanael, der vielen aus der Post Black Metal-Combo AGRYPNIE bekannt sein wird und der vor einigen Jahren in Eigenregie sein Soloprojekt BONJOUR TRISTESSE ins Leben rief. Für sein 2007 gegründetes THRÄNENKIND, das er als "vegan" und "straigt edge" vorstellt, waltete er zunächst über Gitarre, Bass und Drums; als Sänger mit dabei ist seit 2012 Nils Groth, Drummer der alternativen Black Metaller FÄULNIS. Seit diesem Jahr wird die Band außerdem durch drei weitere Musiker an Gitarre und Schlagwerk verstärkt. Die Macher von THRÄNENKIND sind damit keine Neulinge im Geschäft, bringen beachtliches Können und reichhaltigen Erfahrungsschatz mit, was einem beim Hören auch nicht verborgen bleibt.

"The Elk" ist ein Konzeptalbum und erzählt die Geschichte zweier Geschwister, die auf ihrem Weg zur Beerdigung ihres ungeliebten Vaters durch die nordwestlichen Staaten Amerikas reisen. Im Laufe der musikalisch-lyrischen Erzählung, die immer wieder Raum für eigene Gedanken des Hörers lässt, verlieren sich die Protagonisten in Erinnerungen, erleben schließlich inmitten der wilden Natur und durch die Begegnung mit einem Wapiti-Hirsch eine ganz neue Erfahrung. Musikalisch tragen THRÄNENKIND verschiedene Einflüsse des Post Black Metal, Depressive Post Rock und Post Punk in sich, sind weniger metallisch als AGRYPNIE und stellenweise vielleicht mit atmosphärischen HERETOIR-Titeln zu vergleichen (vor allem dort, wo der wunderbare Eklatanz, seines Zeichens Mastermind von HERETOIR, als Background-Vocalist auftritt).

Aber Vergleiche sind immer nur ein Behelf; "The Elk" ist ein ganz eigenes Werk, gleichzeitig introvertiert und kontemplativ - musikalisch mal schmerzlich traurig und leise, mal mit düster-melancholischen Stoßseufzer-Riffs und Nils Groths desperater Stimme verzweifelnd. Der Sänger klingt ursprünglich, ungeschliffen, gefühlvoll und authentisch - es war höchste Zeit, dass der Drummer von FÄULNIS seine Silberkehle unter Beweis stellt.

Eine Wende in der Geschichte scheint sich mit 'Forest pt. I (The Veil)' zu vollziehen; die gesprochene Frauenstimme und das Piano leiten über zum Hoffnungsschimmer im gedämpft leuchtenden 'Forest pt. II (The Grove)'. Einzelne berichtähnliche Samples (z. B. in 'Today, The Sea', 'Deleting Those Three Words') regen zu eigenen Interpretationen an: Sie erklingen wie ausgesprochene innere Monologe (v. a. in 'The Elk'). Man muss dieses Album wieder und wieder hören, in die faszinierend melancholische Musik eintauchen, über die Lyrics sinnieren. Mit "The Elk" treffen THRÄNENKIND den Nerv des Empfindsamen, Nachdenklichen. Introspektive Fülle und inspirierende Leere halten sich die Waage. Verletzlichen Gemütern kann es Angst werden vor so viel trauriger Schönheit.

Der Erklärungsversuch, worum es sich bei THRÄNENKINDs Debüt handelt, bedarf der obigen Ausführungen. Meine persönliche Wertung in Punkten: "The Elk" erhält von mir die Bestnote. Meine Begründung dafür in Worten: Ich bin zutiefst beeindruckt von dem Werk. Musik und Text scheinen Gedanken zu verarbeiten über die Welt, wie sie ist und wie sie vielleicht aus anderer Perspektive betrachtet wird. Gleichzeitig provoziert das Opus, sich die eigene Sichtweise und Gefühlswelt bewusst zu machen und möglicherweise zu hinterfragen. Nach dem Hören blieb in mir eine eigenartige Mischung aus Erfülltheit und Leere, die man wohl (ohne darüber nachzudenken) Melancholie nennt; das Album klingt noch ungewöhnlich lange nach. Es ist an keiner Stelle kitschig, an keiner Stelle sentimental; selten werden Emotionen so ehrlich, unverfälscht und dabei so wohldosiert und prägnant zum Ausdruck gebracht. An THRÄNENKIND wird sich noch manch andere Band mit ähnlichem Anspruch messen lassen müssen.

Gesamtwertung: 10.0 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood blood blood blood
Trackliste Album-Info
01. Monument
02. Just Another Way Of Expressing Defeat
03. The King Is Dead
04. My Transparent Heart
05. Today, The Sea (Anja's Song)
06. Deleting Those Three Words
07. Eternal Youth
08. Seven Dead Horses
09. Silence Is Everything
10. Forest pt. I (The Veil)
11. Forest pt. II (The Grove)
12. This Story Of Permanence
13. The Elk
Band Website: www.facebook.com/thraenenkind
Medium: CD
Spieldauer: 57:09 Minuten
VÖ: 26.08.2013

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten