Iron Maiden - The Book Of Souls

Review von RJ vom 05.09.2015 (13546 mal gelesen)
Iron Maiden - The Book Of Souls Die Eisernen Jungfrauen erzählen uns diesmal eine Geschichte, die aus der Vorstellung eines "Buchs der Seele" entsprungen ist. Hierbei geht es um eine untergegangene Zivilisation, die im Regenwald gelebt haben könnte und basiert auf Überbleibseln und Mythologien. Soweit das Storyboard, zu dem Bruce wohl den maßgeblichen Teil beigetragen haben soll. Parallelen zur Maya-Kultur.

Die Spannung bezog das neue Album in erster Linie daraus, dass sich IRON MAIDEN rund 5 Jahre Zeit gelassen haben, bis sie ein neues Studioalbum veröffentlichten. In der Zwischenzeit hat man sich als Headliner über die Kontinente bewegt und den verdienten Lohn der bis dahin schon eindrucksvollen Karriere eingesammelt. Dementsprechend muss der nächste Schuss gut geplant sein und auch sitzen, denn es gibt es genügend Stimmen, die mit "Final Frontier" nicht gerade wohlwollend umgehen. Ein naheliegender Weg war, sich wieder den epischen, progressiven Arrangements hinzuwenden und mit der Trademark zu arbeiten, welche die Fans an IRON MAIDEN immer geliebt haben und mit der auch richtige Hits bzw. Hymnen geschaffen wurden. So verwundert es nicht, dass das aktuelle Album auch auf 2 CDs bzw. 3 LPs erscheint. Wie Dave Murray selbst ausführte, war man mit einigen Ideen ins Studio gegangen, hat sie ausgearbeitet und am gleichen Tag noch eingespielt und aufgenommen. Die so festgehaltenen Strukturen dienten dann als Vorlage für die weitere Arbeit an einem Stück, wobei der Kreativität diesmal anscheinend keine Grenzen gesetzt waren. Dies merkt man unter anderem an solchen Longtracks wie das abschließende 'Empire Of The Clouds', bei dem sich Dickinson über 18 Minuten lang ausgetobt hat und eine Marke setzt. Doch jetzt zum Album.

Ich versuche meinen Eindruck recht kurz zu fassen, damit diese Rezension nicht in einem Epos ausartet, was ja auch nicht sein muss, nur weil es ein Album von IRON MAIDEN ist. Der Einstieg ist natürlich der Opener 'If Eternity Should Fail', der bereits aufzeigt, welche Ausrichtung die Stücke nehmen und was wir vom Album erwarten dürfen: treibende, episch arrangierte Stücke mit abwechselnd gestalteten Passagen, die einen hohen MAIDEN-Wiedererkennungswert beinhalten und hin und wieder auch einmal eine bereits in früheren Alben verarbeitete Idee aufgreifen. Das Spieltempo kommt Bruce entgegen, denn seine Stimme kann hörbar nicht mehr den alten Standard aufbieten und so dürfte er froh sein, dass er nicht so häufig in die höheren Gesangsgefilde eintauchen muss. Mit dem Opener kann man auf Anhieb warm werden, auch wenn es mir erst im zweiten Anlauf gelungen ist. MAIDEN verarbeiten hier ihre typischen Arrangements, so dass das Stück nicht wirklich neu und überraschend wirkt, zudem für einen Opener nicht die absolut herausragenden Momente aufweist. Dafür ist es schön zu wissen, dass MAIDEN sich auf diesem Album noch steigerungsfähig präsentieren. Die nachfolgende Single 'Speed Of Light' ist für mich die Enttäuschung des Albums, denn sie kann mich überhaupt nicht begeistern. Abgesehen davon, dass hier mit mehr Tempo agiert wird und es mit der kürzeste Song auf der Veröffentlichung ist, erkenne ich nicht, warum gerade dieses Stück zur Single erkoren wurde. Als Kaufargument kann er für mein Dafürhalten nicht überzeugen. Wenn man die beiden Auftaktstücke erfolgreich absolviert hat, kommt auch "The Book Of Souls" ins richtige Fahrwasser und offenbart so langsam, wohin die Reise tatsächlich geht. Wie ich oben bereits beschrieben habe, wird mit "The Book Of Souls" eine Geschichte erzählt, die von den Jungfrauen in ein episches Musikgewand gegossen wird, in dem alle Beteiligten ihre Rolle auskosten können. Kernelement ist die Soloarbeit in den einzelnen Stücken, an denen man sich als MAIDEN-Fan gar nicht satthören mag und die es haufenweise zu hören gibt. Egal, ob 'The Great Unknown', was ich als erstes Highlight verbuche, oder das sich anschließende 'The Red And The Black' (gewisse Passagen erinnern mich hier an eine Mischung aus 'The Number Of The Beast' und '22 Acacia Avenue'), wo die Jungs über 13 Minuten Spielfreude ausstrahlen und richtige Begeisterung entfachen. Ja, MAIDEN anno 2015 sind immer noch eine Macht, wenn man sich auf das Konzept von "The Book Of Souls" einlässt. Weiter geht es mit 'When The River Runs Deep' und einem weiteren Highlight, denn der mit knappen 6 Minuten eher einer der kürzeren Songs des Albums kann im Vergleich zur Single mit einer größeren Spannungskurve, mehr Abwechslung und einem gut aufgelegten Bruce punkten. Es klingt fast schon wie Lobhudelei, aber der Titeltrack und damit auch Abschluss der ersten CD ist keinen Deut schlechter, kommt dafür aber mit nahezu zehneinhalb Minuten um einiges länger, aber ohne Längen aus den Boxen.

Den Auftakt der zweiten CD macht 'Death Or Glory', eine schnell galoppierende Nummer, die mich in gewisser Weise an 'The Trooper' erinnert. Zumindest ist diese Nummer besser ausgefallen als die Single, die ich mittlerweile als unnötigen Füller auf dem Album ansehe. Auf "The Book Of Souls" bringt 'Death Or Glory' etwas Abwechslung rein, weil man die epischen Arrangements durchbricht. In ähnlicher Art und Weise agiert 'Shadows Of The Valley', wobei man hier einen typischen MAIDEN-Song abgeliefert hat, der mit Frische und Tempo daherkommt, letztlich aber auch zu den zwei oder drei Songs gehört, die man bei kritischer Auseinandersetzung mit dem Material ggf. als Bonusmaterial der Single hätte kredenzen können (wobei die Single 'Speed Of Light' in meiner Welt natürlich nie das Licht der Welt gesehen hätte), wie auch immer die dann geheißen hätte. 'Tears Of A Clown' ist ein dankbares Stück für Bruce, wobei es auch aus seiner Feder hätte stammen können. Stattdessen gehen die Credits hier an Smith und Harris, die mit der kürzesten Nummer des Album ein eingängiges Stück kreiert haben, das zur Abrundung ein WHITESNAKE-Gedächtnisriff von 'Still Of The Night' an Bord hat. Jetzt bewegen wir uns langsam in Richtung der Zielgeraden, doch bevor es das letzte Stück zu hören gibt, bekommen wir es mit einem weiteren Streichkandidaten zu tun. 'The Man Of Sorrows' ist keine spektakuläre Nummer und gehört sicherlich auch nicht zu den Füllerstücken, findet sich beim Ranking der Songs des Albums aber nur auf Platz 9, allenfalls Platz 8. Das Finale wird mit Piano und Geige eingeleitet, majestätisch geleitet uns Bruce durch die weiteren Minuten von 'Empire Of The Clouds', ehe sich sein Gesang etwas eindringlicher erhebt. Das Stück trägt sich dann aber doch noch etwas im Midtempo daher, bis nach rund sieben Minuten etwas Fahrt aufgenommen wird und die Instrumentalfraktion die Tonleiter auf- und abwärts spielen und sich in einer ausgedehnten Instrumentalpassage verlustieren und in typischer IRON MAIDEN-Manier den Mittelteil bearbeiten. Wenn man mit aller Gewalt das bisher längste Stück 'Rime Of The Ancient Mariner' toppen wollte, dann hätte man es fast nicht besser machen können. Dieses Stück von Bruce Dickinson ist sicherlich eins, wenn nicht gar das Highlight des Albums und sorgt für einen grandiosen Abschluss, auch wenn man das Stück künstlich etwas aufgebläht hat. Sei es drum, die Freiheit gebührt den Künstlern und sorgt auch für keinen Abbruch, denn wenn es eine Band versteht, eine Idee geschickt auszuarbeiten, ohne Längen zu produzieren, dann ist es nun mal IRON MAIDEN!

Die Zusammenfassung habe ich ja mehr oder weniger schon oben vorweggestellt und viel mehr möchte ich auch nicht mehr dazu sagen. Ich kann mir jedoch gut vorstellen, dass IRON MAIDEN auf der Zielgeraden ihrer Bandkarriere sind und "The Book Of Souls" allein schon, weil es auf eine Spielzeit von über 90 Minuten kommt, so etwas wie ein letzter Klassiker der Briten sein wird. Vielleicht können wir noch ein weiteres Album erwarten, wir müssen aber realistisch bleiben und dürfen nicht verdrängen, dass die Stimme von Bruce schon hörbar angegriffen ist und sich sein Gesang teilweise schon etwas gequält und gepresst anhört, gerade in den höheren und auch schnelleren Passagen. So what, alles Zukunftsmusik, genießen wir einfach "The Book Of Souls" und freuen uns, dass wir noch eine Weile die Chance haben werden, die Briten auf einer großen Tour oder bei Festivals zu sehen.


Gesamtwertung: 8.5 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood blood dry dry
Trackliste Album-Info
01. If Eternity Should Fail
02. Speed Of Light
03. The Great Unknown
04. The Red And The Black
05. When The River Runs Deep
06. The Book Of Souls
07. Death Or Glory
08. Shadows Of The Valley
09. Tears Of A Clown
10. The Man Of Sorrows
11. Empire Of The Clouds
Band Website: www.ironmaiden.com/
Medium: DoCD
Spieldauer: 92:25 Minuten
VÖ: 04.09.2015

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten