Interview mit Francesco Sosto von The Foreshadowing

Ein Interview von Krümel vom 08.05.2012 (22497 mal gelesen)
Kurz nach der Veröffentlichung des Hammerscheibchens "Second World" nahm sich Keyboarder und Backing Vocalist Francesco Sosto der italienischen Melancholic Dark/Gothic Metaller THE FORESHADOWING die Zeit, um unsere Fragen rund um das Album, zur Band und ihren Zukunftsvisionen zu beantworten. Dabei offenbarte er auch, dass eigentlich die Keyboarder dieser Welt an die musikalische Macht gehörten...

Bevor wir uns mit eurem aktuellen Meisterwerk "Second World" näher befassen, zunächst einmal ein wenig zur Band selbst. THE FORESHADOWING bestehen nun seit 2005 und es gehören sechs Leute dazu. Seid ihr (oder ward immer schon) Freunde, oder handelt es sich um eine rein geschäftliche Zusammenarbeit?

Francesco Sosto: Wir alle bei THE FORESHADOWING sind sehr gute Freunde; z. B. besteht zu Alex und Andrea schon eine sehr lange Freundschaft, genauso wie zu den anderen Jungs der Band. Wir könnten uns eine reine Geschäftsbeziehung zwischen uns nicht vorstellen. Ich denke, solch eine Verbindung wäre auch schädlich für die Band selbst; es würde keinerlei Sinn machen. imgright

Ihr seid bzw. ward ja auch noch in anderen Bands tätig, die teilweise in ganz andere Stilrichtungen tendieren. Wie schafft man es im Kopf, den musikalischen Schalter umzulegen?

Francesco Sosto: Zurzeit arbeitet keiner von uns in anderen Bands, außer unserem neuen Bassisten Francesco. Bei ENDAEMONA war er auch schon tätig, bevor er uns getroffen hat. Ich denke, mit der Zeit wird es immer schwieriger, die Arbeit und den Aufwand für zwei oder mehr Bands zu managen. Und es besteht die Gefahr, dass sich die Tätigkeit bei der einen Band mit der bei der anderen überschneidet. Das ist der Grund, warum einige von uns (wie z. B. Alex, der Mitglied bei KLIMT 1918 und DOPE STARS INC. war) sich entschlossen, relativ früh nach Gründung von THE FORESHADOWING die anderen Bands zu verlassen.

Und wie ist denn Francescos zeitlicher Aufwand in den verschiedenen Combos? Kriegt er alles unter einen Hut oder kommt er da nicht auch mal im Terminplan durcheinander?

Francesco Sosto: Diese Frage müsstest Du in diesem Fall Francesco selbst stellen. Ich habe keine Ahnung, wie er mit seiner anderen Band arbeitet. Allerdings sieht es so aus, als hätte er niemals Probleme, seine Zeit mit beiden Gruppen abzustimmen.

Lasst uns doch jetzt einmal euer Werk näher betrachten. Wenn ich das richtig verstanden habe, ist "Second World" quasi der dritte Teil einer "Apocalypse Saga"; es ist wieder ein Konzeptalbum, welches von dem zerstörerischen Chaos erzählt, das die Menschheit in ihrem Leben und auf/mit der Welt anrichtet. Dieses Thema ist nicht neu, aber gerade in diesem Jahr (wegen diverser Weltuntergangsprophezeiungen) sehr aktuell. Was war euer Beweggrund, gerade dieses Konzept aufzugreifen?

Francesco Sosto: Wir wollten einfach all das erzählen, was wir fühlen; wie wir es immer mittels unserer Musik tun. Im Allgemeinen sind wir immer von dem beeinflusst, was aktuell um uns herum geschieht. Und all das spiegelt sich unweigerlich in unserer Musik wider. Natürlich verspüren wir den Drang, diese Welt zu verändern. Das versuchen wir mittels unserer Musik, unseren Lyrics und im Besonderen mit diesem neuen Album zu transportieren. Wir wünschen uns eine Zeit der Erneuerung unserer Gesellschaft, unserer Gedanken und auch unseres Gewissens. Das möchten wir mit "Second World" ausdrücken.

Die Leser können übrigens in unserem Track-by-track Special eure Kommentare zum Gesamtkonzept sowie zu jedem einzelnen Song nachlesen. Was mich ein wenig erschreckte, war die Kernaussage von 'Friends Of Pain': die Welt geht unter, um für eine andere Platz zu machen, die dann aber doch wieder zerstört wird. Das klingt ja nicht wirklich positiv. Habt ihr Angst vor der Zukunft? Glaubt auch ihr bzw. glaubst Du persönlich auch daran, dass 2012 das Ende der Welt sein wird?

Francesco Sosto: Durchaus nicht. Die Geschichte über das Ende der Welt ist nur eine schlechte Interpretation verschiedener antiker Prophezeiungen. Wenn irgendjemand erfassen könnte, welche positiven Aspekte in diesen Vorhersagungen stecken, würde niemand vom "Ende der Welt" sprechen. Dafür aber von dem Ende eines dunklen Zeitalters, welches der Anfang eines besseren sein wird. Das Problem ist dabei aber: Wenn man unterstellt, diese neue Zeit wird wirklich besser sein, werden wir schließlich doch wieder die selben Fehler wie in der Vergangenheit begehen. Und damit beginnt erneut eine dunkle Ära. Aus dieser Sicht ist es eine bittere Schlussfolgerung, obwohl ich sagen würde, es ist nunmal Teil unseres Lebenskreislaufs, welcher aus guten und schlechten Zeiten besteht.

Wärst Du lieber in einem anderen Zeitalter geboren? In welchem und warum?

Francesco Sosto: Aus rein musikalischen Zwecken würde ich die 1970er wählen, weil es die beste und glücklichste Dekade für jeden war, der sich entschloss, eine Band zu gründen. Außerdem waren es deshalb gute Zeiten, weil die Musik hochqualitativ war und kommerziell gut unterstützt wurde. Und es ist kein Zufall, dass während dieses Zeitraums viele Kultalben zeitgenössicher Musik veröffentlicht wurden.

Aber trotz des recht traurigen Themas eures Longplayers - es passt ja zu eurem musikalischen Stil. Insgesamt haben sich meine Erwartungen (und da spreche ich sicherlich auch für die Mehrheit eurer Fans) an das neue Album mehr als erfüllt. Aber wie sieht es mit euren eigenen aus? Seid ihr selbst zufrieden mit dem Endergebnis?

Francesco Sosto: Wir sind sehr streng und anspruchsvoll mit uns selbst, wenn es darum geht ein neues Album zu machen. Wenn wir nicht zu 100% sicher sind, dass eine Scheibe im Vergleich zu unserer vorherigen ein Schritt nach vorne sein wird, würden wir sie überhaupt nicht veröffentlichen. Normalerweise hatten wir immer irgendwas zu bemängeln, aber zum ersten Mal sind wir mit unserer Arbeit rundherum zufrieden.

Setzt man sich als Musiker nach zwei starken Vorgängerscheiben nicht selbst unter einen enormen Druck? Konntet ihr völlig gelöst ans Songwriting und Komponieren heran gehen?

Francesco Sosto: Ich muss sagen, dass wir es uns zum ersten Mal erlauben konnten, das Album in einer recht relaxten Stimmung zu realisieren. Bei den ersten beiden CDs war die Situation jeweils so, dass wir nach einem Label suchen mussten. Und bezüglich des Budgets war es nicht nicht so einfach, weil wir in beiden Fällen gezwungen waren, die Kosten für Produktion selbst zu verauslagen. Diesmal wurden wir durch unser Label "Cyclone Empire" unterstützt und das erlaubte es uns, uns einzig und allein der Musik widmen zu können. Sicherlich hatten wir eine große Verantwortung, um die Erwartungen unserer Fans nicht zu enttäuschen, nachdem die beiden vorherigen Scheiben so gut ankamen. Man kann also verstehen, dass wir mit sehr viel Ernst an die Arbeit gingen. Doch die Gewissheit, nicht nach einem Label für die Veröffentlichung der CD suchen zu müssen, half uns schließlich, etwas weniger Bedenken zu haben. Und das war wirklich gut.

Nicht nur seitens der Presse sondern auch auch von anderen Musikern hagelt es für "Second World" großes Lob. So sagt z. B. Dan Swanö: " "Second World" ist definitiv eines der besten Heavy Doom Alben, die ich je in meinem bisherigen Berufsleben gemischt habe." Oder Anders Nyström von KATATONIA schwärmt von euch: "Einer der hochqualifiziertesten Doom Acts dieser Tage". Machen euch solche Statements stolz?

Francesco Sosto: Natürlich sind wir das! Wir reden hier von zwei lebenden Legenden der Metalszene. Wir haben immer davon geträumt, sie eines Tages wenigstens einmal persönlich kennenzulernen. Allein, dass das geschah, ist eine große Genugtuung für uns. Die Tatsache, dass sie uns auch noch zum Album gratulierten, kann uns nur doppelt glücklich machen.

Wo siehst Du euch eigentlich selbst? Stimmst Du der Aussage von Anders Nyström zu, dass ihr eine der aktuellen Topacts im Dark Doom-Bereich seid?

Francesco Sosto: Ich hoffe es, aber darüber lasse ich die Hörer entscheiden.

Welches sind Deine eigenen Vorbilder; egal, ob musikalische oder andere? Und warum?

Francesco Sosto: Da ich Keyboarder bin, war ich immer ein großer Fan von Tony Banks von GENESIS. Ich mag ihn aus zwei Gründen: Erstens ist er ein großartiger Musiker mit sehr guten technischen Fähigkeiten und vor allem ein toller Songwriter. Zweitens denke ich, dass seine Person immer unterschätzt wurde, weil er sich introvertiert und reserviert gibt, wohingegen jeder über Peter Gabriel und Phil Collins sprach. Nur sehr wenige wissen, dass Tony Banks die wirklich treibende Kraft der Band war und im Studio das Ruder streng in der Hand hatte. Er war immer ein Beispiel dafür, wie die Rolle eines Keyboarders in einer Band sein sollte.

Wie oben schon erwähnt wurde, zeigte sich dieses Mal Dan Swanö für den Mix und das Mastering verantwortlich. Und das Coverartwork stammt von Travis Smith, der auch für seine Arbeiten für andere namhafte Bands wie ANATHEMA, AMORPHIS, ICED EARTH, OPETH etc. berühmt ist. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit den beiden? Wolltet ihr einfach mal etwas Neues ausprobieren?

Sicher wollten wir das, aber es ist wichtig zunächst klarzustellen, dass wir bis dahin niemals irgendetwas zu kritisieren hatten. Weder an der Arbeit von Seth Siro Anton, noch an der von Giuseppe Orlando. Wir stehen nach wie vor in guter Verbindung zu ihnen und wir schließen eine neuerliche Zusammenarbeit mit ihnen in der Zukunft nicht aus. Wir dachten einfach, dass Travis Smith und Dan Swanö besser zur Atmosphäre dieses Albums passen könnten. Das ist der Grund. Wie auch immer, wir haben mit beiden einen guten Griff getan. Ich denke, beide Jungs waren hochmotiviert, um mit uns zusammenzuarbeiten. Sie haben insbesondere bewiesen, dass sie sehr geduldig sind, ungeachtet unserer ständigen und erstickenden Wünsche. Im Ganzen würde ich sagen, wir sind definitiv zufrieden und fühlen uns geehrt, mit ihnen gearbeitet haben zu dürfen. Und wenn man berücksichtigt, dass wir über zwei Institutionen in ihrem jeweilige Gebiet sprechen, ist unsere Zufriedenheit und Ehre noch viel größer.

Wie wird es in Zukunft mit THE FORESHADOWING weitergehen? Irgendwelche weiteren Pläne, höhere Ziele...

Francesco Sosto: Wir denken, die Hauptsache für eine Band ist es, Konzerte zu spielen und neue Alben zu erschaffen, also... Wenn wir Glück haben und in der Lage sind, als Band weiter zu wachsen, werden wir wohl an diesen beiden Fronten weitermachen. Und weil wir vor allen anderen Dingen eine Band sind, die es liebt alle musikalischen Erfahrungen zu machen, vermissen wir eines ganz speziell: einen Videoclip. Ich denke, nach drei Alben wird es Zeit, endlich einen zu drehen. Aber Videos werden normalerweise mittels Geld realisiert, und das sind keine Peanuts... aber - mal sehen, was passiert.

Wird es eine Livetour zur Promotion des Album geben?

Francesco Sosto: Wir arbeiten dran, eine passende Tour zu finden, um "Second World" promoten zu können. Auch wenn es recht schwierig ist, denn momentan haben wir keine Booking Agentur, die sich ernsthaft darum kümmern könnte. Heutzutage ist es sehr schwierig für eine "Newcomerband" wie uns, gute Live-Gelegenheiten zu finden und die richtige Beachtung von Agenturen zu erhalten. Ich hoffe, dass jemand ein Auge auf uns wirft...

Traditionell haben die Musiker hier das letzte Wort...

Francesco Sosto: Seid gegrüßt und blutet auch für "Second World"!

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