Interview mit Dirk (Gitarre) von My Cold Embrace

Ein Interview von Souleraser vom 17.09.2003 (14608 mal gelesen)
Ein weiterer dringender Grund, auf das Ohrenblutenfestival zu gehen, aber auch ansonsten sehr hörenswert: My Cold Embrace. Nachdem "...zurück aus Hölle" mir sehr gut gefallen hat, war es nur logisch, die Band ein wenig zu löchern. Gitarrist Dirk war so nett, meine Fragen zu beantworten. Lest selbst...

  Hi Dirk, Hi My Cold Embrace. Zuerst ziehe ich mal den Hut vor "...zurück aus Hölle". Ein absolut geniales Album, das mich schwer beeindruckt hat.

Dirk:   Danke, das freut uns riesig zu hören, Lob tut gut, Kritik aber ebenso, schließlich wollen wir wissen, was wir besser machen sollten, müssten, könnten, dürften um die nächsten, richtigen Schritte zu tun.

  Vermutlich seid ihr aber noch nicht allen unseren Lesern bekannt. Könntest Du also bitte kurz die Band vorstellen und einen Abriss über die Bandgeschichte liefern?

Dirk:   Wir existieren seit der Sommersonnenwende 1998; ursprünglich als Black Metal Band gestartet unter dem Name „Helfenstein“. Wir sind nach unserem Umzug und einigen, nötigen Besetzungswechseln nun in Kassel am mucken. Wir rekrutierten uns aus diversen lokalen Punk, Hardcore und Metal Bands zusammen, was noch heute für die, wie wir finden, große stilistische Breite sorgt. Nachdem wir 1999 die erste Demo CD „Raggabash“ veröffentlichten, schlossen sich schnell die ersten Auftritte an, so dass wir bis heute auf viele gemeinsame Konzerte unter anderem mit End of Green, Dark at Dawn, Agathodaimon, Burden of Grief, Centinex, Deranged, Soul Demise, Delirious, Jack Slater, Eisregen und anderen fetten Bands zurückblicken können. Stilistisch entwickelten wir uns sehr schnell gänzlich weg vom Black Metal bis hin zur jetzigen, brutal durchgeknallten Synthese von Death und Thrash Metal, welche immer wieder mit Melodien und auch mal mit Hardcore Tendenzen versetzt wird. Nachdem wir im Jahr 2000 in Dortmund einen Filmsoundtrack und unsere zweite Demo CD „The first day“ aufnahmen, haben wir im November 2002 unser „Demo“ Album „...zurück aus Hölle“ abermals ohne Label einfach selbst rausgebracht, welches verdammt gut läuft und uns unter anderem eine unvergesslich geile Tour im April 2003 mit unseren dänischen Freunden von Iniquity und Withering Surface eingebracht und die ersten Labels neugierig gemacht hat. Gigangebote gibt’s mittlerweile auch aus dem Ausland und nachdem vor kurzem der neue Gitarrero Timo (Ex- Mind Seduction) für den ausgestiegenen Frifro zu uns gestossen ist, blicken wir mit neuer, frischer Kraft voraus und hoffen, im Winter 2004 unsere nächste CD aufnehmen zu können, um es nochmals bei den Labels und Veranstaltern zu probieren.

  Mindestens das Artwork von "...zurück aus Hölle" scheint ein Konzept zu haben und an (sehr) alte Comics angelehnt zu sein. Wie steht's damit?

Dirk:   Mit beidem hast du recht. Nicht nur musikalisch wollten wir aus festgefahrenen Metal Schienen ausbrechen, auch optisch wollen wir uns da von der Masse abgrenzen. Die Comic Basis des Covers stammt aus den Siebzigern, wurde von uns aber in 70 Stunden Arbeit komplett umgestaltet und aufbereitet. Optisch findet man sich in der Faust Erzählung wieder, nur dass der geneigte Hörer seine Seele nunmehr den Teufeln von My Cold Embrace verschreiben soll, wofür im Booklet extra Platz gelassen wurde. Ihr dürft euch hier, um den Pakt perfekt zu machen, mit Blut und Namen verewigen, was von unserer Seite aus aber auch mit einer guten Portion Augenzwinkern verstanden wird. Das inhaltliche Konzept basiert auf dem apokalyptischen Wahnsinn der Gegenwart. So mancher Politiker scheint ebenfalls den Pakt mit dem Teufel eingegangen zu sein, anders sind die wahnsinnigen Kriege nicht zu erklären.

  Es gibt zwei Songtitel auf dem Album, mit denen ich nichts anfangen könnte. Der eine ist "Zwelch", der andere "Brustsafari". Was hat es mit den beiden Songs bzw. Songtiteln auf sich?

Dirk:   Ach, es ist auch zu schön, wenn manche Leute so richtig heftig das Interpretieren anfangen, ha ha. Was da schon interessante Dinge bei rausgekommen sind, die wir selbst noch nicht wussten! „Zwelch“ (im Probraumlärm und bierbeseelt so getauft), eigentlich ein bescheuerter Name für ne Katze, aber trotzdem, richtet sich gegen Tierversuche, hat also durchaus eine politisch moralische Tendenz, wohingegen Brustsafari wohl eher, sagen wir mal vorsichtig, „frauenprovozierend“ ist. Kennst du das nicht? Du ziehst mit ein paar Jungs los, guckst hier und da ein paar Brüste an, packst hier und dort zu, oder nicht, und na ja, am Abend ist man sich meist dann der befummelten, bewerteten und betrachteten Trophäen einer Brustsafari bewusst. Herrje, hoffentlich nimmt das bloss keiner zu ernst... Oder vielleicht doch? Los, geht fummeln! Titten raus! ;o)

  Was gab bei euch den Ausschlag, dass ihr vom passiven Fandasein beschlossen habt, ins Musikerlager zu wechseln?

Dirk:   Ich denke Heavy Metal kann man nicht einfach nur hören. Man muss ihn leben und auch selbst fabrizieren, um das Gefühl von Heavy Metal zu vollenden. Gibt es irgendeine vergleichbare Szene, wo es so viele beinharte Fans gibt, die gleichzeitig auch Musik machen? In erster Linie sind wir natürlich immer noch und gerne Fans, machen aber auch Musik für Fans und Leute wie dich, mich und für uns. Vor zehn, zwölf Jahren bin ich immer nass geschwitzt und mit abmontierter Rübe (Ok, heute auch gerne noch...), völlig begeistert von Konzerten nach Hause gekommen, so dass ich für den bis heute gebliebenen Spass das Bedürfnis habe, was zurück bezahlen zu müssen. Geben und Nehmen, vor allem auch wieder für die Jüngeren, die jetzt im selben Alter sind wie wir damals. Für uns zählt auf der Bühne nur Vollgas, das macht Spass ohne Ende.

  Gibt's musikalische Idole, vielleicht auch einfach "nur" Bands, mit denen ihr gerne mal auf der Bühne stehen würdet?

Dirk:   Musikalische Idole? Da kann ich wohl nur für mich sprechen, da wir in der Band sehr sehr unterschiedliche musikalische Vorlieben haben. Meine beiden Lieblingsmusiker sind Bathorys´ Quorthon und Bruce Dickinson von Iron Maiden, die verehre ich auf gesunde Art und Weise und bewundere deren Arbeit. Bands mit denen wir gerne auf der Bühne stehen würden wären sicherlich In Flames, Defleshed oder Die Apokalyptischen Reiter (ach meldet euch doch bitte mal, ha ha). Gerne würden wir auch noch mal mit den schwedischen Centinex spielen, was wir 1999 schon einmal taten. An dieser Stelle eine Band wie Slayer zu nennen, wäre wohl mehr als überheblich und der sichere Bühnentod, vor solchen Göttern spielen zu müssen.

  Wie entstehen Songs bei euch und wer schreibt sie?

Dirk:   Die wesentlichen Ideen komponiert unser Schlagzeuger Dennis, der nebenher noch Keyboard, Klavier und Gitarre spielt. Die Grundideen werden dann im Proberaum zusammen umgesetzt, bearbeitet, verworfen, umarrangiert, ergänzt, so dass eine Grundidee von Dennis, mir und jetzt auch Timo später zu einem echten, vollen Gemeinschaftsprodukt mutiert.

  Aufmerksam auf euch wurde ich, weil ihr im Billing des Ohrenbluten-Festivals zu finden seid. Wie kam der Kontakt zu den Veranstaltern zustande?

Dirk:   Marc und Alex, die das Festival mit viel Mut und Engagement auf die Beine stellen, sind in der Vergangenheit schon häufiger auf unseren Konzerten anzutreffen gewesen und mögen uns wohl recht gerne. Zudem ist unser Following, ohne grosskotzig klingen zu wollen, gerade in Kassel sehr ordentlich, so dass wohl einige unserer Konzertdauergäste auch wieder erscheinen. Im Übrigen spielen dort auch unsere guten Freunde von Twilight Prophecies, die wollte ich an dieser Stelle einfach mal erwähnen. In union we stand!

  Gibt's ein Live-Erlebnis, auf das ihr im Nachhinein lieber verzichten würdet?

Dirk:   Jedes Konzert, sei es noch so gut oder schlecht verlaufen, hat der Band gut getan und wir sind sowohl mit Kritik oder Lob weiter daran gewachsen. Wir sind definitiv und viel eher eine Liveband. Leider kommt man heutzutage kaum mehr an gute Gigs oder Gigs überhaupt, wenn man nicht ein paar gute CDs vorweisen kann. Um auf die Frage zurückzukommen: Es gab vor vielen Jahren mal ein Konzert in Melsungen in Nordhessen, wo unser damaliger Sänger in einer technischen Zwangspause Geschichten von rosaroten Flitzefischen erzählte, ich glaube ich habe mich nie mehr so sehr für irgendetwas geschämt. Nebenher waren die Mischer katastrophal und haben erst während des zweiten Songs gemerkt, dass parallel zu unserem Set noch Slayer aus den Boxen dröhnte, so dass ich auf meiner Monitorbox neben „Angel of death“ versuchen musste, meine eigene Gitarre zu erkennen, fürchterlich.

  Ihr selbst findet - wie auch ich übrigens - in eurer Musik die eine oder andere Hardcore-Anleihe. Sollten bzw. dürfen Metal-Musiker in ihrer Musik politische Inhalte transportieren und/oder sich politisch und/oder sozial engagieren?

Dirk:   Muss man Selbstverständlichkeiten noch verteidigen? Es gab halt auch bei uns einen Punkt wo wir sagten, dass der Welt sicher nicht geholfen ist, unzählige weitere Schwerter, Ritter und Monstergeschichten zu verzapfen. Die Realität bietet genügend und unerschöpflichen Nachschub an Abartigkeiten, auf die es hinzuweisen, oder die es zu bekämpfen gilt. Als Musiker hören dir mehr Menschen zu als einer Privatperson, dass ist eine Chance, die man nutzen sollte, nicht um andere zu bekehren, sondern sie aufzufordern, sich eigene Gedanken und Lösungen zu machen und zu finden statt zu adaptieren. Das ist eben die Hardcore Tendenz, die man lyrisch sowie musikalisch bei uns neben dem Grundkonzept Death Metal entdecken kann. Schaltet euer eigenes Hirn ein! Unsere politische Message ist gar nicht sooo gross, uns ist es dennoch wichtig, ganz klar zu sagen, dass wir mit braunem Sumpf nichts zu tun haben wollen. Zugegeben sehen wir mit kurz rasierten Haaren, Glatzen und ich mit Seitenscheitel recht „problematisch“ aus und viele Leute fragen, ob wir Nazis seien, was absoluter Quatsch ist. Jeder kann sein Aussehen selbst bestimmen, aber auch verteidigen und vertreten. Was ist, darüber hinaus, an sozialem Engagement falsch? Wir alle können uns mal in sozialen Problemsituation wiederfinden, dann wäre man froh, auf funktionierende Freundeskreise und Hilfen zurückgreifen zu können.

  Ihr seid alle noch nicht alt, trotzdem die Frage: Wie und wann kamt ihr in Kontakt mit Metal?

Dirk:   Noch nicht so alt? Na ja, wir sind alle um die 26 –28 Jahre alt, nur Dennis ist mit 23 unser Küken. Metal, aber auch Punk ist bei mir eine Sucht geworden, als ich mit 11 Jahren zum ersten Mal mit den Ärzten, Whitesnake und Aerosmith konfrontiert wurde. In kürzester Zeit kamen Bands wie Venom, Judas Priest, Metallica, Testament oder Overkill hinzu, na ja, das hat sich eben bis heute mit wachsendem Enthusiasmus gehalten. Die anderen Jungs, vor allem Tim, Timo und Ernie haben eher ihre Hardcore Roots. Drummer Dennis musst du selbst fragen, ich weiss es gar nicht mal...

  Nenne bitte 5 Alben, die jeder Metalfan kennen sollte?

Dirk:   Bathory „Hammerheart“ Iron Maiden „Live after death“ Metallica “Master of Puppets” Slayer “Seasons in the abyss” In Flames “The jester race”

  Und dann bitte noch eine Person, mit der Du auf keinen Fall in einer Blockhütte eingeschneit sein möchtest?

Dirk:   Kim Basinger, weil mich sonst meine Freundin im Eifersuchtswahn auf diese Göttin wohl hinterher umbringen würde, har har.

  Gibt's noch irgendwas, was ihr unseren Lesern mitteilen möchtet?

Dirk:   Vergesst den Spass am Metal nicht und bleibt tolerant! Metal kann so viele Facetten bieten, wenn man die Augen nicht verschliesst. Im Übrigen: Kontaktet uns für weitere Konzerte, egal wo und bei wem, wir sind verdammt heiss zu spielen und euch ne satte Kante Death Metal um die Ohren zu ballern!

  Ich danke für eure Zeit und das Interview und wünsche euch viel Erfolg bei eurer weiteren Karriere. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir in ein paar Jahren hier ein Interview miteinander führen werden und ihr auf einige erfolgreiche Releases unter Label-Obdach zurückblicken könnt.

Dirk:   Vielen Dank für das interessante Interview und den zugesprochenen Mut, ich hoffe, so die Glückwünsche denn hoffentlich wahr werden, dass du auch in ein paar Jahren dann weiter so interessante Fragen für uns hasta! Bis dahin macht euch immer mal ein aktuelles Bild über uns und schaut unter http://www.mycoldembrace.de vorbei!

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