Dragonforce - Warp Speed Warriors

Review von Rockmaster vom 01.04.2024 (11836 mal gelesen)
Dragonforce - Warp Speed Warriors Wer von DRAGONFORCE noch nichts gehört hat, kann mit Power Metal oder mit bpm (beats per minute, Taktschägen pro Minute) jenseits der Fähigkeit natürlich trainierter Nackenmuskulatur - oder möglicherweise mit beidem - vermutlich nichts anfangen. Alle anderen dürften wissen, dass sich die Band schon fast seit Anbeginn der Drachenforscherei auf ihren Albumtiteln mit Attributen wie "ultra", "maximum", "infinity" oder "extreme" (Liste unvollständig) schmückt. Dass sie nun offenbar Dilithium-Kristalle gefunden hat, dürfte erneut zu schlimmen Nackenverspannungen führen. In ihrer selbstgeschaffenen Musiksparte ultraschnellen Riffings und brutaler Drumballerei sind sie nach eigenem Bekunden die unangefochtenen Meister. Wenn es doch irgendwo eine Band gibt, die ihre Instrumente noch schneller schreddert, hat die es bislang versäumt, das durch geschickte PR schön tief in die Köpfe der Metalheads einsickern zu lassen. Man könnte DRAGONFORCE vorwerfen, dass sie die maßlose Übertreibung in der Ausübung ihrer Kernkompetenz nur um ihrer selbst Willen einsetzen. Dann muss man aber auch fairerweise einräumen, dass sie auch gerne mal etwas ruhigere (hüstel) Titel einspielen. Außerdem komme ich nicht umhin anzuerkennen, dass mir diese heftigen Speedattacken ein aufs andere Mal ein breites Grinsen ins Gesicht zimmern. Da werden Assoziationen zum GOJIRA-Gig vor inzwischen einigen Jahren geweckt, bei denen man ob der absurd dominanten, trümmernden Double-Bass schnell das Bier leergetrunken hatte, bevor das wegen der unablässigen Schallanregung abging wie eine Flasche Cola auf Mentos.

Allen voran zaubern die Gitarristen Herman Li und Sam Totman High-Speed-Riffs und unmenschliche Leads und Soli am laufenden Band aus ihren Saiten, furios und beinahe mechanisch präzise angetrieben werden sie von Neu-Drummer Gee Anzalone. An so einer Basssaite wirken ganz andere Kräfte, und Alicia Vigil wollte sicherlich mehr als eine Halbwelle pro Note aufnehmen, wodurch ihr Basspiel nicht dem Fiedel-Tempo folgt, sondern eher das grundsolide Fundament der Musik bildet. Sänger Marc Hudson bevorzugt gegenüber dem potenziell zungenverknotenden Tempo der Gitarren eher Eskapaden in zuvor ungehörte Sopranlagen.

Auf dem Opener 'Astro Warrior Anthem' zeigen DRAGONFORCE dem Hörer gleich mal, wo das Warp Speed Wurmloch wirbelt. Unter anderem auf 'Power Of The Triforce' haben sie sich von Videospielen (hier: "Zelda") inspirieren lassen. Der Rhythmus ist auf der Nummer schon ein paar Beats langsamer, aber erst auf der voller Pathos vorgetragenen Hymne 'Kingdom Of Steel' tritt die Band mal ordentlich auf das Bremsdüsenpedal. 'Burning Heart' fackelt wieder ein herzerwärmendes Speed-Feuerwerk ab, und die Faustregel "jeden zweiten bis dritten Song wird alles rausgetrümmert, was geht", darf man als gesetzt ansehen. Auf 'Space Marine Corp' verneigen sich die Jungs und das Mädel ehrfürchtig vor den ewigen Rekordhaltern in Sachen "Hail"- und "Kill"-Rufe und versuchen nicht ansatzweise, MANOWARs Spitzenwerte in den Einzelkategorien "Hail" und "Kill" sowie der Kombi-Kategorie "Hail and Kill" anzukrazten. Trotzdem, fast schon true, der Song. Die Albumlänge täuscht ein wenig Masse vor, sind doch die vier Bonustitel und damit über zwanzig Minuten streng genommen nur alternative Variationen bereits gelisteter Songs. Für Fans der Gastmusiker Matt Heafy (TRIVIUM), Nita Strauss (ALICE COOPER), Alissy White-Gluz (ARCH ENEMY) und Elize Ryd (AMARANTHE, RASKASTA JOULUA) sind aber immerhin drei kleine Leckerbissen darunter.

Ich denke, der Kritiker tut niemandem ernsthaft weh mit der Aussage, dass DRAGONFORCE auf dem Altar des brachialen Tempos vor allem ihr melodiöses Potenzial zum Opfer darbringen. Raumschiff Ersterpreis hat da einfach nicht den gleichen Tiefgang wie eine mittelalterliche Kogge. Aber wer will es den Jungs verübeln? Will man nicht, dass die Finger der Griffhand im Warp-Strahl mit den Bünden des Gitarrenhalses verschmelzen, muss man sich bei dem Tempo an anderer Stelle einschränken. Und, sein wir ehrlich: Wir alle würden beim Konzert 'The Killer Queen' (hat nix mit dem ersten QUEEN-Hit aus den späten 70ern zu tun) mitsingen, hätten kurz darauf alles wieder vergessen und würden glücklich und hervorragend unterhalten nach Hause gehen (und - in meiner Altersklasse - am nächsten Tag den Osteopathen konsultieren).

Gesamtwertung: 8.0 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood blood dry dry
Trackliste Album-Info
01. Astro Warrior Anthem (6:50)
02. Power Of The Triforce (3:53)
03. Kingdom Of Steel (4:45)
04. Burning Heart (5:55)
05. Space Marine Corp (6:17)
06. Prelude To Darkness (0:52)
07. The Killer Queen (5:49)
08. Doomsday Party (5:14)
09. Pixel Prison (6:42)
10. Wildest Dreams (Taylor's Version) (Dragonforce's Version) (2:50)
11. Astro Warrior Anthem (feat. Matthew K. Heafy, Nita Strauss) (6:51)
12. Burning Heart (feat. Alissa White-Gluz) (5:55)
13. Doomsday Party (feat. Elize Ryd) (5:16)
14. Power Of The Triforce (Instrumental) (3:53)
Band Website: www.dragonforce.com
Medium: CD, LP
Spieldauer: 71:01 Minuten
VÖ: 15.03.2024

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