Linkin Park - Hybrid Theory (20th Anniversary Edition)

Review von Blaze Breeg vom 02.11.2020 (13169 mal gelesen)
Linkin Park - Hybrid Theory (20th Anniversary Edition) Time is a valuable thing,
Watch it fly by,
As the pendulum swings

(aus 'In The End')

Was soll man über das in kommerzieller Hinsicht erfolgreichste Debütalbum des 21. Jahrhunderts schreiben, ohne sich zum x-ten Mal zu wiederholen? Wer um die Jahrtausendwende zumindest das fortgeschrittene Grundschulalter erreicht hatte, kam an LINKIN PARKs "Hybrid Theory" kaum vorbei. Hymnenhafte Songs wie 'In The End' oder 'Crawling' waren aufgrund ihrer Massenkompatibilität nahezu allgegenwärtig - und Nu Metal, Rap Rock, oder wie auch immer man den Stilmix des Quintetts aus Kalifornien bezeichnen mag, erlebte seine Blütezeit (zum Leidwesen der meisten Metal-Traditionalisten, die bis zum heutigen Tage die Nase rümpfen, wenn sie mit diesen Genres konfrontiert werden). Um ein Klischee zu bemühen, für das ich gleich um Entschuldigung bitte: Das Ganze war weder zu seicht, um die toughen Jungs abzuschrecken, noch zu brachial, um die Mädels-Front zu verprellen. Dass alle Songs auf "Hybrid Theory" zwischen 2:35 und 3:36 Minuten lang waren, freute natürlich jeden Format-Radiomacher, der zur Abwechslung auch mal ein paar etwas härtere Töne spielen wollte. Da sich unter der Oberfläche düstere, persönliche Dämonen thematisierende Lyrics verbargen, konnten sich Millionen von - in erster Linie - jungen Menschen hervorragend mit dem Songmaterial identifizieren. Es setzte sich somit vehement von der glitzernden Plastik-Pop-Welt ab, deren Oberflächlichkeit und Leere viele Heranwachsende in die Verzweiflung trieb. Zur Erinnerung: Im Jahr 2000 führten unter anderem ANTON featuring DJ ÖTZI ('Anton Aus Tirol'), BRITNEY SPEARS ('Lucky') und nacheinander die Big Brother-Knastis ZLATKO - zunächst allein ('Ich Vermiss Dich ... (Wie Die Hölle)'), danach mit JÜRGEN ('Großer Bruder') - und CHRISTIAN ('Es Ist Geil, Ein Arschloch Zu Sein'), die deutschen Single-Charts an. Puh, das wäre eine halloweenwürdige Playlist gewesen, Kollege Cornholio!

Zum 20. Geburtstag von "Hybrid Theory" dürfen sich die Fans über ein richtig fettes Paket freuen: Die Super Deluxe Box (siehe Unboxing-Video unten), die mir als Rezensent nicht vorliegt, enthält fünf CDs, vier LPs, drei DVDs, eine Kassette, ein 80-seitiges Buch, einen Tourpass, drei Lithografien und ein XXL-Poster des unter tragischen Bedingungen im Jahr 2017 aus dem Leben geschiedenen Chester Bennington (ruhe in Frieden). Aus musikalischer Sicht sind natürlich die Tonträger das Salz in der Suppe, da sie bis dato unveröffentlichte Demos und zahlreiche B-Seiten enthalten. Aber auch die DVDs lassen das Fanherz ohne jeden Zweifel höher schlagen: Zu sehen gibt es unter anderem bislang ebenfalls nicht veröffentlichte Konzerte aus den Jahren 2001 (darunter der LINKIN PARK-Auftritt bei Rock Am Ring) und 2002, zahlreiche Bandinterviews und zuvor ungezeigtes Backstage-Filmmaterial. Wer gut 200 Euro investieren möchte, bekommt demnach eine vorweihnachtliche Vollbedienung. Daneben gibt es allerdings auch einige andere Versionen, die weitaus erschwinglicher sind: Die Deluxe Doppel-CD bietet zum Beispiel neben dem regulären Album einige der oben genannten B-Seiten-"Raritäten", darunter vor allem Live-Aufnahmen.

Warum habe ich mich als Traditions-Metaller für diese Scheibe gemeldet? Mit Nu Metal hatte ich nie sonderlich viel am Hut, auch wenn LINKIN PARK in der ferneren Vergangenheit so manche Sport-Session beschallt haben. Nun, ich denke vor allem an meine Zivildienst-Zeit in einer Dortmunder Grundschule zurück: Sie begann im August 2001 und endete im Sommer 2002. Ohne allzu sehr ins Detail zu gehen: Ich betreute einen Drittklässler, der an MS litt und im Klassenraum mit seinem Laptop ganz hinten in seinem Rollstuhl saß. Er war ausgesprochen intelligent, humorvoll - und sehr, sehr weit für sein Alter. Oft frage ich mich, was wohl aus ihm geworden ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass er nun noch lebt, tendiert leider gegen Null. Ich habe die damalige Zeit genossen, weil ich Marcel rasch in mein Herz geschlossen hatte. Warum erzähle ich das an dieser Stelle? Mein Schützling war riesiger LINKIN PARK-Fan - sein Wissensdurst führte dazu, dass er ganz genau wissen wollte, worüber Chester sang und Mike Shinoda rappte. Daher übersetzte ich Marcel die Songs mit ziemlich großer Sorgfalt ins Deutsche, sodass er auch den Inhalten angemessen folgen konnte. Daher ist "Hybrid Theory" unweigerlich der Soundtrack für diesen prägenden Abschnitt meines Lebens. Ein Soundtrack, der mich anno 2020 ebenfalls nicht kalt lässt, weil er so einige Erinnerungen heraufbeschwört, die nicht allesamt angenehm sind. Ich weiß nicht, ob Marcel auch den Nachfolger "Meteora", erschienen im März 2003, in einer ähnlichen Art und Weise abgefeiert hat. Aber ich hoffe sehr, dass ich ihn das irgendwann irgendwo einmal fragen kann. Bis dahin werde ich "Hybrid Theory" immer wieder mal auflegen, um an ihn zu denken.



- ohne Wertung -
Trackliste Album-Info
01. Papercut
02. One Step Closer
03. With You
04. Points Of Authority
05. Crawling
06. Runaway
07. By Myself
08. In The End
09. A Place For My Head
10. Forgotten
11. Cure For The Itch
12. Pushing Me Away
Band Website: www.linkinpark.com
Medium: CD
Spieldauer: 37:45 Minuten
VÖ: 09.10.2020

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Auch wenn die Musik in meinen Ohren schon sehr zeitgebunden ist - alles schreit 2000, 2000, 2000 -, fühle ich mich hier doch 20 Jahre später weiterhin gut unterhalten. Die Scheibe werde ich demnächst vermutlich 1,2 Mal im Jahr rauskramen, um in Erinnerungen zu schwelgen.
(03.11.2020 von Blaze Breeg )

man mag zu Nu Metal stehen wie man möchte... das Album ist definitiv ein Klassiker und ist die Blaupause für alles was das Genre hervorgebracht ... ... but in the end, it doesn't even matter... R.i.P Chester
(03.11.2020 von Stormrider)

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