Lacuna Coil - Black Anima | |
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Review von Opa Steve vom 16.10.2019 (10788 mal gelesen) | |
Die Shooting-Stars LACUNA COIL, die einst vor zehn Jahren noch deutsche Open Airs headlinten, mussten in den vergangenen Jahren erfahren, dass der Höhenflug in Europa auch mal wieder enden kann. Die letzten Touren führten die Band in deutlich kleinere Clubs, möglicherweise auch wegen der starken musikalischen Amerikanisierung, die die Band strategisch verfolgte, weil gerade eine Zeitlang der Boom in den USA richtig abging und die Band dort größer und größer wurde, während hierzulande das Interesse zunehmend schwand. Als Fan der erste Stunde will ich auch direkt die Gründe dafür anführen. Die Band hat sich zu sehr auf den Show-Effekt verlassen und die vielseitige musikalische Mischung über Jahre vernachlässigt. Man probierte sich erst popaffin aus, verlor danach die Gothic-Wurzeln vollständig an massive Grooves, und die musikalische Neugierde (Progressivität wäre vielleicht zu viel gesagt, obwohl die Band ein paar wirklich spannende und anspruchsvolle Titel auf Lager hat) wurde durch ein sehr schemahaftes Songwriting ersetzt. Viele Fans nahmen der Band die Schere zwischen immer eindrucksvollerer Maske und immer eingängiger Musik übel. Beim Vorgänger "Delirium" spürte man trotz der vorhandenen kalten Härte aber wieder einen Schimmer Herzblut in den neuen Songs, und das seichte Alternative-Programm schien weitestgehend aufgegeben. Umso gespannter war ich, wie sich "Black Anima" nun schlagen würde. Zunächst: Das Hauptrisiko in Form eines Inzucht-Songwritings besteht nach wie vor. Marco Coti-Zelati, der schon immer der federführende Songwriter war, hat seine Position auf "Black Anima" weiter ausgebaut und ist neben dem Bass nun quasi auch für alle Instrumente verantwortlich. Diego wird im Line-up nicht mehr aufgeführt, und eigentlich hatte ich nach dem letzten Livegig die Hoffnung, dass die Band endlich wieder eine permanente Doppel-Gitarrenbesetzung fest im Line-up integrieren würde. Dies ist offensichtlich nicht so gekommen und damit ist die Gefahr weiter groß, dass im Songwriting-Prozess zu wenig Impulse von verschiedenen Seiten kommen. Es wundert daher nicht, dass "Black Anima" im Kern ein typisches LACUNA COIL-Album geworden ist. Aber was mich positiv überrascht, ist die Tatsache, dass ich auf dem neuen Silberling endlich auch wieder einige Gothic-Einflüsse wiederfinde, wie ich sie seit "Karmacode" vor mehr als zehn Jahren kaum noch im Sound der Mailänder entdecken konnte. Sie bewahren sich die Härte von "Delirium" und treiben sie deutlich weiter (Andrea Ferro growlt fast durchgehend und auch Cristina lässt sich zu diversen Screams hinreißen). Aber ich spüre, dass auf "Dark Anima" endlich wieder mit Stimmungen und nicht nur mit stumpfem Groove gearbeitet wird. Es ist das Gefühl, dass man vom Reißbrett wieder ein Stück zurückgetreten ist und Musik wieder mehr fließen lässt. Dadurch bekommen LACUNA COIL wieder mehr Drive, die Musik trifft wieder Bauch - und immer öfter auch Herz. Die Titel haben noch nicht die Tiefe von "Karmacode", gehen aber klar in die richtige Richtung. Diese wird durch ein ausgewogeneres Würzeverhältnis der Zutaten erreicht. Simple Dancefloor-Eingängigkeit ist weiter enthalten ('Sword Of Anger'), monotonen Alternative Metal findet der Anhänger moderner Metal-Spielarten in 'Reckless', aggressive Headbanger und Moshpit-Steilvorlagen haben 'Now Or Never' und 'Layers Of Time' (welche mit einem episch-fetten Refrain den Kontrast herstellen), oldschoolige Gänsehaut bereiten das ruhige 'Apocalypse' mit tollen Arrangements und das an alte Tage erinnernde 'Save Me', ungewöhnlich straight - aber gut - rockt 'Under The Surface'. Sie probieren sich dazu in klassischem Bombast der Marke TRISTANIA (sehr gelungen: 'Veneficium') und experimentieren vorsichtig mit Sounds und Harmonien ('The End Is All I Can See'). Aufgrund des zwar guten, aber sehr modernen Sounds der Scheibe und der in meinen Ohren eher durchschnittlichen ersten beiden Songs war ich zuerst ziemlich skeptisch. Aber nach drei Durchläufen muss ich feststellen, dass LACUNA COIL auf "Black Anima" tatsächlich ansetzen, wieder mehr ihr Inneres sprechen zu lassen. Die Songs gehen tiefer als in den letzten Jahren gewohnt, und für die Ausgangssituation mit einem Trademark-Songwriter finde ich auf dieser Scheibe auch deutlich weniger recycelte Harmonien und Riffs als noch zuletzt. Cristina singt für meine Begriffe oft zu hoch an ihrer Grenze, was vor allem für Livegigs keine gute Idee ist, und bei Andrea vermisse ich etwas mehr melodischen Gesang. Der Start der Scheibe ist zudem etwas holprig. Aber das sind auch schon die einzigen Kritikpunkte. Auf der anderen Seite sind die Anspieltipps 'Save Me', 'Veneficium' und 'Apocalypse' direkt im Dreierpack, was auch nicht oft vorkommt. Da der Rest der insgesamt zehn vollständigen Songs (plus Intro) ebenfalls gutklassig ist, würde ich die Scheibe als Mischung von "Comalies" und "Dark Adrenaline" beschreiben und mit acht Blutstropfen ehren. Mir gefällt's, und es überrascht mich positiv. LACUNA COIL nehmen hier Anlauf zu neuen/alten Höhen. Gesamtwertung: 8.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Anima Nera 02. Sword Of Anger 03. Reckless 04. Layers Of Time 05. Apocalypse 06. Now Or Never 07. Under The Surface 08. Veneficium 09. The End Is All I Can See 10. Save Me 11. Black Anima | Band Website: www.lacunacoil.it Medium: CD Spieldauer: 45:15 Minuten VÖ: 11.10.2019 |
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