Ein Artikel von Eddieson vom 24.10.2016 (24495 mal gelesen)
"Kennt ihr URFAUST?" - "Was ist das?". Diese beiden Fragen haben mein Interesse geweckt. Es muss so 2008 gewesen sein, als ich irgendwo in den weiten Welten des Internets diese beiden Fragen aufgeschnappt habe und die sofort mein Interesse geweckt haben. In Zeiten des Internets ist es nun wirklich nicht schwierig, etwas über irgendwelche Bands herauszufinden. Also klickte ich mich durch Youtube und der erste Song, den ich von den beiden Holländern hörte, war 'Die kalte Teufelsfaust'. Wahnsinn! Ein hypnotisches Schlagzeug trifft auf einfache Gitarren und darüber dieser manische und irre Schreigesang, der sich abwechselt mit cleanen, rauen Vocals. Das ist großartig. Ich erinnere mich noch genau daran. Den ganzen Tag lief das Album, und weil ich ein leidenschaftlicher Sammler von LPs bin, habe ich mich natürlich gleich auf die Suche gemacht um dann festzustellen, dass die erste Auflage auf gerade mal 100 Stück limitiert und natürlich längst vergriffen ist. Als ob das Schicksal meine Trauer wahrgenommen hat, erhielt ich Jahre später die Info, dass Terratur Possessions ein Re-Release plant. Natürlich wurden sofort sämtliche LP-Versionen bestellt.
Geist Ist Teufel:
Nachdem IX URFAUST startete und kurze Zeit später VRDRBR dazukam wurde relativ zügig "Geist Ist Teufel" aufgenommen. Eröffnet wird das Album mit einem düsteren Intro. Ein dunkler Klangteppich auf dem im Black-Metal-Gesang kryptische Worte gesprochen, bzw. gesungen werden. 'Die Kalte Teufelsfaust' startet direkt im Anschluss und bietet einen Lo-Fi-Black-Metal. Eine dünne Gitarre und dieser unverwechselbare Gesang, dazu das hypnotisch-eintönige Schlagzeug. Und damit haben wir auch schon die wesentlich Trademarks von URFAUST, die sie sich bis heute erhalten haben. Das folgende 'Drudenfuß' ist dann wesentlich folkiger und für URFAUST-Verhältnisse fast schon fröhlich. 'Auszug Aller Tödlich Seinen Kräfte' geht dann wieder etwas zurück. Schrammelige Gitarren, unterlegt mit einem einfachen Schlagzeug und der Gesang klar, nur gegen Ende gibt es einige manische Schreie. Der Titeltrack überrascht dann doch ein wenig. Keine Gitarren, kein Schlagzeug und ähnlich wie das Intro gibt es hier nur einen Keyboard-Klangteppich, über dem der Gesang von IX tront. Auch das ca. 15-Minuten andauernde Outro ist nur ein sphärischer Keyboard-Song.
Was ist URFAUST? Ist es Black Metal? Ist es Ambient? Oder haben URFAUST ihre eigene musikalische Nische erschaffen? Für mich ist es ein wenig von allem. Der Ursprung liegt im Black Metal, doch legen die beiden Herren diesen in ihrer eigenen Art und Weise aus. Ambient-Klänge schimmern immer mal wieder durch. Dass Black Metal nicht immer rasend schnell sein muss zeigen sie auf ihren Alben sehr deutlich. Die Songs sind überwiegend langsam und doch erscheinen sie düsterer als so manche Kapelle, die Black Metal spielt, es jemals schaffen wird. Es ist die Einfachheit der Songs. Simpel aufgebaut erzeugen sie jedoch eine mächtige Atmosphäre.
Verräterischer Nichtswürdiger Geist:
2005 erschien dann das zweite Album "Verräterischer Nichtswürdiger Geist". Auf 500 Stück limitiert, kam ich durch ein Tauschgeschäft auf eine der Doppel-LP, die ich bis heute nicht missen möchte. Der Spruch mit den Schachteln und den Pralinen aus "Forrest Gump" kennt man und so verhält sich meiner Meinung auch mit jedem neuen URFAUST-Album. Die Band macht, was sie will, und stellt dabei den Hörer auf gewaltige Proben. Das Album beginnt mit einem knapp 13-minütigem Intro, welches aus Violinen, Kontrabässen, Pauken und Trompeten besteht. Hat man dies aber überstanden kommt mit 'Ragnarök Mystiker' der URFAUST-Song schlechthin. Es ist wieder diese Simplizität eines Songs, die eine so große Wirkung erzielen kann. Einfache Riffs, ein einfaches Schlagzeug, der typische Gesang und schon hat man einen Hit gelandet. Das Rezept des ein Jahr vorher veröffentlichten "Geist Ist Teufel" wird fortgesetzt. Was man ebenfalls über die sehr rohe Produktion sagen kann. Immer wieder eingesetzte instrumentale Songs, die meist von Keyboards übernommen werden, sorgen für die nötige kalte und dunkle Atmosphäre, so ist 'Trauerhöhle' ein perfektes Beispiel dafür. Dann kommt 'Verflucht Das Blenden Der Erscheinung'. Der Song ist Manie in Reinform. Sänger IX rastet dabei völlig aus und die völlig irren verzerrten Riffs machen den Song einfach nur noch krank.
Sprechen wir doch mal kurz über den Gesang. Ob URFAUST nun in ihren Songs Texte nutzen oder nicht sei mal gerade etwas nebensächlich. Der Gesang wird von der Band als ein Instrument eingesetzt. Die Wortlautmalereien des Herrn IX fügen sich perfekt in das Gesamtbild ein und haben sich mit der Zeit zum echten Markenzeichen der Band entwickelt. Ob nun die manischen Schreiattacken oder der mittlerweile fast schon operettenhafte Klargesang - es passt.
Zwischen "Verräterischer Nichtswürdiger Geist" (2005) und "Der Freiwillige Bettler" (2010) haben URFAUST verschieden Splits und EPs veröffentlicht, auf die ich nicht näher eingehen möchte, da es etwas den Rahmen sprengen würde. Besonders hervorheben möchte ich aber kurz die Split mit JOYLESS und die EP "Der Einsiedler", die jeweils einen fantastischen Song enthalten. Als 2010 dann "Der Freiwillge Bettler" erschienen ist, war ich doch anfangs überrascht ob der Produktion. So ganz Lo-Fi war das nicht mehr. Die Produktion des neuen Albums ist etwas dicker ausgefallen, doch die wesentlichen Merkmale sind geblieben.
Der Freiwillige Bettler:
2010 über Van Records erschienen, war ich ziemlich heiß und gespannt auf den neuen Longplayer. Fast fünf Jahre und etliche Splits und EPs hat es gebraucht, bis ein neuer Longplayer veröffentlicht wird. Was wird den Hörer erwarten? Denkt an die Schachtel Pralinen aus "Forrest Gump". Na ja, jedenfalls erwartet den Hörer schon mal kein ellenlanges Intro zu Beginn des Albums. "Der Freiwillige Bettler" steigt 'Vom Gesicht Und Rätsel' ein, der auch schon gleich ein Highlight des Albums bildet. Die Gitarren und das Schlagzeug sind nicht mehr ganz so simpel wie noch auf den ersten beiden Alben, im Gegensatz zu anderen Bands aber immer noch sehr einfach gehalten. Sänger IX hat an seiner Stimme gearbeitet, die etwas voller und kräftiger klingt, die cleanen Vocals nicht mehr ganz so rau, dafür klingen sie jetzt mehr nach Operngesang, was ich persönlich wesentlich geiler finde. Und zum Glück ist auch das manische Geschrei geblieben. Der Titeltrack ist an Langsamkeit kaum zu überbieten. Da ist es wieder, das hypnotische Schlagzeug und der Trance-ähnliche Gesang. 'Das Kind Im Spiegel' wird dann mit einigen Keyboardpassagen verfeinert, während 'Ein Leeres Zauberspiel' der bis Dato schnellste URFAUST-Song ist und mit etwas Gothic im Gesang überrascht. Das abschließende 'Der Zauberer' ist der für mich meistgehörte Song überhaupt. Eine Hymne, die mich jedes Mal in seinen Bann zieht. Der Song ist ein Meisterwerk in all seiner Einfachheit und mit seinem überragenden Gesang. Besser kann es nicht sein.
Wieder werden die nächsten Jahre mit einigen Splits, einer Compilation und einem Live-Album überbrückt. Moment, ein Live-Album? Wer braucht schon ein Live-Album von URFAUST? Ich, verdammt noch mal, und zwar aus dem ganz einfachen Grund, dass die Songauswahl fantastisch ist. Punkt!
Die Ankündigung eines neuen Albums trieb mir die Freudentränen in die Augen und gleichzeitig ging das Warten los, dass Van das Preordern freischalten, denn bei URFAUST und Van heißt es schnell sein, sonst ist alles weg.
Empty Space Mediation
Sechs Jahre hat es also gedauert, bis ein neuer Longplayer auf den Markt kommt. Wie eben schon geschrieben waren URFAUST ja keineswegs faul in der Zeit. Die Könige der Split- und EP-Veröffentlichungen tragen ja die Krone zu Recht. Aber dennoch - oder vielleicht gerade deswegen - ist ein neues, komplettes Album etwas Besonderes. "Empty Space Mediation" heißt das Teil und ich weiß genau, dass es wieder nicht jedermanns Sache sein wird und genau das gefällt mir. URFAUST spalten seit je her die Metalwelt in zwei Lager. Entweder man liebt sie und kann der Musik einiges abgewinnen oder man kann schlichtweg einfach nichts mit ihnen anfangen.
Die Ankündigung auf ein neues Album wirft natürlich auch die Frage auf, mit was uns URFAUST jetzt überraschen werden. Man weiß ja nie, was man kriegt. Also einfach mal den Player anwerfen und hören was passiert. Eröffnet wird das Album durch 'Meditatum I', welches ein reines Amient-Stück ist und nahtlos in 'Meditatum II' übergeht. Dieses geht hingegen gleich in die Vollen. Das fast schon Blastbeat-treibende Schlagzeug, die Keyboardmelodie, die einfach vom ersten Song übernommen wurde, und das manische Geschrei bilden das erste Drittel des Songs, dann ein Break und fantastischer Übergang zum klaren Gesang und mehr Melodie, bevor dann im letzten Drittel wieder Tempo und Geschrei aufgenommen wird. 'Meditation III' und 'Meditation IV' werden dann wieder in typischer URFAUST-Manir gespielt. Langsam und schleppend heißt die Devise und so bilden sie eine Brücke zu den Anfängen der Band auf "Geist Ist Teufel" und "Verräterischer Nichtswürdiger Geist".
'Meditation V' ist ähnlich, wie 'Ein Leeres Zauberspiel' des Album-Vorgängers. Eine schmissige Black'n'Roll-Nummer mit dem wohl bisher melodischsten Gesang. Und schon wird das Ende des neuen Longplayers eingeläutet. Ein mit einer Sitar durchtränkter Song, der langsam aber sicher ausläuft. Niemand hat gesagt, dass es leicht wird. Ein neues URFAUST-Abum ist auch immer eine neue Herausforderung. Hat man sich dieser Herausforderung aber gestellt, wird man mit einem Album belohnt, welches von einer Band gemacht wurde, die innerhalb ihres Spektrums immer wieder die Grenzen des Machbaren ausreizt und dadurch überrascht.
Und durch ihre eigene Art und ihre Unberechenbarkeit bilden URFAUST für mich seit ca. acht Jahren eine willkommene Abwechslung im Black Metal.