Fates Warning - Long Day Good Night | |
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Review von Blaze Breeg vom 08.11.2020 (12384 mal gelesen) | |
Wenn man mich nach der besten Band auf diesem Planeten fragt, sagt mein Herz ATLANTEAN KODEX oder SOLSTICE, mein Verstand erwidert allerdings: FATES WARNING. Damit kein falscher Eindruck entsteht: Die US-amerikanische Prog Metal/Rock-Legende spricht mich auch emotional an. Dafür sorgt schon allein Ray Alder, dessen gefühlvolle, einzigartige Stimme mir regelmäßig Gänsehaut bereitet, sowohl auf Platte als auch live (damals, ihr wisst schon ...). Vor diesem Hintergrund ist die Rezension einer FATES WARNING-Platte etwas sehr Besonderes für mich - zumal wir es bei "Long Day Good Night" mutmaßlich sogar mit dem letzten Studioalbum des Quartetts um Jim Matheos zu tun haben. Nun, ich hoffe selbstverständlich, dass in ein paar Jahren ein Nachfolger in den Regalen steht. Allerdings könnte ich nun schon für den Rest meines Lebens mit der makellosen Diskografie dieser Ausnahmetruppe zahllose glückliche Stunden verbringen. Dank "Long Day Good Night" behalten FATES WARNINIG ihre beneidenswert weiße Weste. Aber hat irgendjemand etwas anderes erwartet? Meines Erachtens hat die Band noch niemals einen schlechten oder auch nur mittelmäßigen Song komponiert, auch nicht auf dem oftmals etwas umstrittenen "FWX" (2004). Und wer mit der Formation Ray Alder, Jim Matheos (Gitarre), Joey Vera (Bass, unter anderem auch ARMORED SAINT) und Bobby Jarzombek (Drums) aufläuft, spielt jeden Gegner locker an die Wand, ohne sich warm zu machen. Wer "Darkness In A Different Light" (2013) mag und "Theories Of Flight" (2017) liebt, wird demnach zweifellos Longplayer Nummer 13 ebenfalls verehren. Alle Zutaten, die FATES WARNING spätestens seit der Quasi-Reunion vor sieben Jahren auszeichnen, sind anno 2020 reichhaltig vorhanden. Der verträumte Beginn des Openers 'The Destination Onward' entschleunigt und lässt mich sofort zum Kopfhörer greifen - FATES WARNING produzieren einmal mehr Musik zum Abtauchen beziehungsweise ganz, ganz tiefen Eintauchen. Hier MUSS man ganz genau hinhören, um jedes Detail angemessen würdigen zu können. Der Moment, in dem Rays Stimme das erste Mal ertönt, streitet sich mit Jims melancholischer Gitarre um den Preis des ersten großen emotionalen Highlights. Da es nach gut drei Minuten erstmals metallisch-hart zur Sache geht, ist klar: Die US-Amerikaner schicken ihre Hörer wieder auf eine Achterbahnfahrt, vor allem die Gott-Vocals und die zahllosen technischen, stets songdienlichen Finessen, zu denen auch Tour-Gitarrist Michael Abdow in drei Nummern beiträgt, sorgen für die überaus spannende Rahmenhandlung. Alles in allem gefällt mir auf "Long Day Good Night", einmal mehr, vor allem die unwiderstehliche Mischung aus einer gesunden Grundhärte, melancholischen, introspektiven Passagen und erhabenen Gesangslinien, die nicht nur ins Ohr, sondern direkt ins Herz gehen. FATES WARNING gelingt es als Großmeister in puncto Spannungsbögen, diese Elemente wunderbar miteinander zu kombinieren - innerhalb der Tracks - zum Beispiel im Elfeinhalbminüter 'The Longest Shadow Of The Day' (die Gitarren!) -, aber auch auf Albumdistanz betrachtet. Es ist unmöglich, hier Highlights herauszugreifen. Nennen möchte ich lediglich die folgenden Nummern: 'Alone We Walk' und 'The Way Home' faszinieren mich, weil sie streckenweise von der Matheos-typischen Melancholie geprägt sind, die gewaltig unter die Haut geht, gleichzeitig jedoch - in den härteren Momenten - einen enormen Kampfgeist aufweisen. Ja, sie zeigen das Licht am Ende des Tunnels auf, sie sagen dir, auf eine subtile Art: Lass' dich nicht hängen, gib' nicht auf, zeig' dem Schicksal die Stirn. Vielleicht gehst du unter, aber verliere nie, nie deinen Stolz. Herausgreifen muss ich zudem: 'Under The Sun' - ein (weiterer) majestätischer, sehnsuchtsvoller Song, der die Seele streichelt und dabei zum Mitsingen oder zumindest -summen einlädt. Es gibt nicht viele Musiker auf dieser Welt, die in ihrem Leben solch eine in jeder Hinsicht vollkommene Komposition zustande bringen. Der ruhige, stets bescheidene Jim Matheos schöpft aus einer üppigen Kreativquelle, die er exklusiv für sich zu beanspruchen scheint. Der ruhige 'The Last Song', der sicherlich sehr vielen Fans Tränen in die Augen treiben wird, spiegelt den Charakter des Bandkopfes mutmaßlich ganz gut wider. Vertonte Schönheit, zurückhaltend, aber in ihrer Emotionalität ungemein wuchtig. Abschließend bleibt festzuhalten: Die - wirklich - beste Band des Planeten schenkt der Metal- und Rockwelt eine Scheibe, die sich mit Sicherheit als Grower entpuppen wird. Meiner Meinung nach ist es nahezu unmöglich, zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Bewertung abzugeben, hinter der man als Rezensent auch noch in zwei oder drei Jahren steht. Ja, "Long Day Good Night" deklassiert die Konkurrenz einmal mehr, das ist keine Überraschung. Aber wo ist der Output im FATES WARNING-Backkatalog einzuordnen? Bei mir liegt "Theories Of Flight" aktuell noch vorne, um nur ein Album, das mit der aktuellen Besetzung eingespielt worden ist, zu nennen. Reicht es auch für Klassiker wie "Perfect Symmetry" (1989), "Parallels" (1991) oder "A Pleasant Shade Of Gray" (1997)? Die Frage möchte ich im November 2020 noch nicht beantworten - vielleicht ist sie bei einer Band wie FATES WARNING ohnehin komplett unangebracht, da jede Veröffentlichung ein Gesamtkunstwerk ist, welches für sich allein steht und mit schnöden Punkten/Noten oder Blutstropfen kaum zu bewerten ist. Etwas widerwillig spiele ich bei "Long Day Good Night" das Spielchen aber mit und belohne Perfektion mit einer 10/10. Ansonsten müsste ich wohl jedes Album, das ich zuletzt bewertet hatte, herunterstufen ... Thank you very much, Jim, Ray, Joey and Bobby! Gesamtwertung: 10.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. The Destination Onward 02. Shuttered World 03. Alone We Walk 04. Now Comes The Rain 05. The Way Home 06. Under The Sun 07. Scars 08. Begin Again 09. When Snow Falls 10. Liar 11. Glass Houses 12. The Longest Shadow Of The Day 13. The Last Song | Band Website: www.fateswarning.com/ Medium: CD, LP Spieldauer: 72:35 Minuten VÖ: 06.11.2020 |
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