Tystnaden - The Black Swan | |
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Review von derkleinekolibri vom 10.09.2024 (12132 mal gelesen) | |
Einen eindeutigen Beweis für die "Schwarzer-Schwan-Theorie" liefern die Italiener, die sich einen schwedischen Bandnamen gaben, gleich selbst: TYSTNADEN steht ins Deutsche übersetzt für Die Stille. Im Groben besagt die "Schwarzer-Schwan-Theorie" Folgendes: Ein schwarzer Schwan ist ein unvorhersehbares Ereignis, das über die Erwartungen an eine solche Situation hinausgeht und potenziell schwerwiegende Folgen hat. Das vierte Album der Südeuropäer, "The Black Swan", ist ein Tribut an Nassim Nicholas Talebs Essays aus dem Jahre 2007, aus denen die im Englischen "Black Swan Theory" genannte These hervorging. Auch wenn es nur im entfernten Sinne mit diesen Betrachtungen zu tun hat, gelingt es TYSTNADEN bei einigen ihrer 12 Titel, für plötzliche und unerwartete Überraschungen zu sorgen. TYSTNADEN existieren bereits seit 1999 und veröffentlichten bisher zwei Demos (2000 und 2003), drei Singles (eine 2012 und zwei 2024) und drei Longplayer (2006, 2008 und 2012). Nach fast einem Dutzend Jahren entdeckte sich das Quintett (darunter zwei Frauen) neu und aus den alten Wurzeln sowie der Reife der Jahrzehnte erschuf man "The Black Swan", welches die Ohren knapp mehr als eine Dreiviertelstunde umschmeichelt. Auch wenn Cesare Codispoti (Gitarre), Giulia Coletti (Gitarre) und Stefano Galioto (Bass) PANTERAs "Vulgar Display Of Power" als eines ihrer Lieblingsalben bezeichnen, sind sie sowie Laura De Luca (Gesang) und Alberto Iezzi (Schlagzeug) doch weitaus "sanfter" unterwegs. Schaut man sich bei den üblichen Verdächtigen (Discogs, Metallum und Wikipedia) um, so werden TYSTNADEN in die Schubladen Alternative, Gothic, Melodic Groove und Progressive Metal gepackt. In einem Meer tiefer Töne werden wir zu Beginn eingesperrt, jedenfalls sagt uns das der Titel des 63-sekündigen Intros 'Caged'. Ein Intro der besseren Sorte, das Aufmerksamkeit erzeugt und die Spannung, was danach kommen wird, erhöht. Nach ein paar leise abgestimmten Riffs zeigen die fünf Italiener, welcher (sehr angenehmen) Brachialität sie fähig sind. Stimmgewaltig macht Laura in 'Forsaken' deutlich, dass ihr bereits ein besonderes Gesangs-Gen mit der Muttermilch injiziert wurde. Auch für alle folgenden Stücke gilt: Zu keiner Zeit wirkt der Gesang gekünstelt, aufdringlich oder gar nervig. Da rinnt nach der Injektion des Gesangs-Gens dunkles Gothic-Blut in ihren Adern. Ebenfalls erwähnenswert: der Vier-Saiten-Zupfer. Ähnlich geartet kommt 'Mysterious' daher, geprägt von fetten Riffs und einer immer wieder herrlich knarzenden Gitarre und einer (zeitweise) etwas flotteren Gangart. 'Mo'Kill' zeigt die Wandlungsfähigkeit der Band: Erst polternd, schlagen sie dann ganz leise Töne an und Laura, die übrigens auch ab und an mal für ELVENKING sang, fährt ihr voluminöses Organ herunter, nur um dann später wieder ihre Stimmgewalt zur donnernden Doublebass hinzuzufügen. Dem sanft beginnenden längsten Stück 'Need' wohnen einige ruppige Riffs inne. Die sich hier aufbauende Atmosphäre hat fast Gänsehautcharakter. 'Broken' hat das Potenzial zum Mitsingsong bei Live-Konzerten. Der eingängige Gesang lädt förmlich dazu ein, seine Lippen im gleichen Takt zu bewegen. Laura geht hier auch mal so richtig aus sich heraus und verleiht dem Lied einen gewissen Glanz, während das Gitarrenspiel in die Düsternis führt. So müssen Hits aufgebaut sein. Die Fraktion der Schwarzgekleideten fährt sicherlich auf das treibende 'Memories' ab. Wie ein spitzer Dorn dringt 'Thorns' ins Ohr, hinterlässt aber gottlob keinen Schaden. Fetzig lassen es TYSTNADEN bei 'Waiting For Anything' angehen; der Mann am Bass hat zwei großartige Momente und die elektronisch veränderte Stimme Lauras gibt dem Song den letzten Kick. 'Crystal' hingegen lässt keine positiven Emotionen hochkommen - irgendwie ist mir das Stück zu glatt, auch wenn die Gitarristen mal wieder so richtig aufdrehen und der Schlagzeuger seine Drums malträtiert. Auch 'Missed' hat eine gewisse Mainstream-Schlagseite, die man als Anbiederung an "normale" Hörer missverstehen kann, aber an so etwas denken die Italiener ganz gewiss nicht. Das zweitlängste Stück, der Rausschmeißer 'Desire', ist wiederum eine Bestätigung der "Schwarzer-Schwan-Theorie". Hier geben vor allem Sanftmut in der Stimme sowie eine gewisse Zurückhaltung aller Musiker den Ton an - zumindest anfangs. Dieses prachtvolle Stück am Ende verführt dazu, die Wiedergabe erneut zu starten. Je öfter man "The Black Swan" hört, desto mehr Feinheiten schälen sich heraus und das Album wächst und wächst und wächst ... Das Cover ist schlicht gehalten, sein Inhalt hingegen spricht Bände. Dieses Ineinanderfließen eines Schwans und einer Frau ist sehr gut gelungen. Freunde von DARK TRANQUILITY, IN FLAMES oder SENTENCED sollten ruhig mal ein Ohr riskieren. Wollen wir wetten, dass sich das zweite binnen weniger Sekunden dazuschaltet? Die 12 Jahre zwischen der aktuellen und der letzten Veröffentlichung haben sich gelohnt, die Band ist gewachsen und um einiges reifer geworden. Ab dem 13. September 2024 könnt ihr euch selbst ein Bild davon machen, was aus Italien auf uns zurollt ... Gesamtwertung: 8.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Caged (Intro) 02. Forsaken 03. Mysterious 04. Mo'Kill 05. Need 06. Broken 07. Memories 08. Thorns 09. Waiting For Anything 10. Crystal 11. Missed 12. Desire | Band Website: Medium: CD, Digital Spieldauer: 45:19 Minuten VÖ: 13.09.2024 |
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