Ein Interview von Eddieson vom 17.07.2021 (28614 mal gelesen)
NETHERBIRD sind einer der stärksten Vertreter des melodischen Black/Death. Nun stehen die Schweden mit ihrem neuen Album "Arete" in den Startlöchern. Bandgründer und Frontmann Johan "Nephente" Fridell nahm sich etwas Zeit um über Bandname, Titel und weitere Themen zu sprechen.
Hey Johan, danke für deine Zeit. Wie geht es dir?
Johan: Schön von dir zu hören, Jan. Danke, soweit es mir in diesen komischen Zeiten gut gehen kann, tut es das. Außerdem veröffentlichen wir ja bald ein neues Album, was auch immer sehr aufregend ist. Ich kann mich also nicht beklagen.
Genau, zum neuen Album kommen wir später noch, aber lass uns noch kurz über die Pandemie sprechen. Gerade für Bands ist das ja eine äußerst bescheidene Zeit, doch so langsam ist ja ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Wie hast du die letzten Monate verbracht und erlebt?
Johan: Gerade heute habe ich meine zweite Impfung bekommen und somit hoffe ich natürlich, dass es bald alles ein Ende haben wird. Das erste Jahr der Pandemie habe ich sehr anständig verbracht, in dem ich mich sehr isoliert habe, doch in den letzten Monaten wurde dies immer schwerer. Hier in Schweden hatten wir ja sehr angenehme Regeln, doch es war trotzdem eine extrem schwere Zeit. Und jetzt versteht man Isolation natürlich als eine echte Strafe.
In euren Texten behandelt ihr ja oftmals die Dunkelheit und die inneren Kämpfe der Menschen. Ist so eine Pandemie da ein guter Nährboden für neue Texte?
Johan: Ich schreibe hauptsächlich existenzielle Texte oder beobachtende, wenn du so willst. Um aber Texte zu schreiben muss ich in der passenden Stimmung sein und ausreichend Motivation haben. Um ehrlich zu sein, da waren die letzten Monate mit der fehlenden Interaktion und dem fehlenden Zwischenmenschlichen wenig inspirierend. Außerdem habe ich dem Rest der Band fest versprochen, die Pandemie nicht in meinen Texten zu behandeln, da wir es ja eh alle miterlebt haben. Aber wer weiß, vielleicht revidiere ich meine Gedanken ja auch wieder in ein paar Jahren. Kreativität ist da manchmal sehr merkwürdig, es passiert einfach und dann kann ich es nicht kontrollieren, wenn ich mit dem Schreiben beginne. In den Texten für "Arete" findet man jedenfalls nichts über die Pandemie, da sie alle schon vorher geschrieben wurden.
Ich liebe ja "The Grander Voyage" und "Into Vast Uncharted". Deswegen war ich auch um so glücklicher, als ich "Arete" hörte, dass es die natürlich Nachfolge zu den beiden Alben ist.
Johan: Erst mal vielen Dank. Und das meine ich wirklich ernst. Ich nehme das nicht als selbstverständlich. Um ehrlich zu sein, ist "Arete" der dritte Teil, der Höhepunkt sozusagen. Ich würde sagen, das ist also ein natürlicher Prozess, der da entstanden ist. In beider Hinsicht natürlich, textlich als auch musikalisch. "The Grander Voyage" handelt von der Reise, die wir machen - von unseren Wurzeln, raus in die Welt, in das Leben. "Into The Vast Uncharted" ist mehr darüber, den eigenen Geist zu erkunden, und "Arete" behandelt die Motivation, warum wir überhaupt diese Reise machen. Wonach suchen wir? Auf einem etwas abstrakteren Level sind sie also alle miteinander verbunden.
Klingt aber dennoch logisch. Was ist die Bedeutung des Wortes Arete?
Johan: Das Wort Arete kommt aus dem Alt-Griechischen und bedeutet so viel, wie "Güte". Auf dem Album behandel ich verschiedene Sichtweisen darauf, was uns motiviert diese schmerzliche Reise in unseren eigenen Geist auf uns zu nehmen. Was ist unser Ziel? Meine Texte sind immer sehr offen, so dass hoffentlich jeder Zuhörer seine eigene Wahrheit finden kann, was die Songs bedeuten. Dies sind lediglich die Basics. Außerdem hat Arete noch eine weitere Bedeutung. Das kann man grob mit "scharfe Kanten separieren zwei eisige Dörfer" übersetzen kann. Dies habe ich für einen Song benutzt, in dem es um die Balance zwischen dem Dorf der Dunkelheit und dem Dorf des Lichts geht.
Meiner Meinung nach ist das Artwork zu einem Album immer sehr wichtig. Jetzt ist das Artwork zu "Arete" doch etwas anders als das der bisherigen Veröffentlichungen.
Johan: Ich bin voll und ganz bei dir und finde auch, dass das Artwork immer sehr wichtig ist. NETHERBIRD stützt sich auf drei Pfeiler. Die Musik, die Texte und das Artwork. Wenn alles drei zusammenpasst entsteht, meiner Meinung nach, etwas magisches. Seit der "Abysmal Allure" EP haben wir klassische Malereien benutzt, weil immer Teile davon mich angesprochen haben, in das textliche Thema passten und die Band letztendlich ihre Zustimmung dazu gab. Aber diesmal wollten wir das ein wenig ändern. Diesmal wollten wir ein gegenwärtiges Teil und da lag es nahe, mit meinem befreundeten Künstler Nihil, einem Franzosen, der in Norwegen lebt, zusammen zu arbeiten. Er hat uns auch schon früher mal geholfen. Wir haben uns also für das Teil entschieden, welches du auf dem Cover sehen kannst und ich denke, es passt sehr gut mit dem Titel und den Songs zusammen. Es ist stark, mutig, aber auch sehr offen für Interpretationen, so wie wir es gerne haben. Ich habe verschiedene Vorschläge was es bedeuten könnte. Das ist perfekt, denn wenn es dich zum Nachdenken bringt, berührt es dich auf einer tieferen Ebene.
'Infernal Vistas' ist mein absoluter Lieblingssong auf dem neuen Album. Ich stehe voll auf den Drive, die Ernergie und nicht zuletzt die starken Melodien.
Johan: 'Infernal Vistas' ist eine ziemlich rabiater Song und irgendwie hat er immer wieder Hinweise auf unser zweites Album "Monument Black Collosal". Ich kann dir gar nicht mal genau erklären wo, aber für mich ist das irgendwie offensichtlich. Der Song behandelt die Gedanken, wie unsere Leidenschaft alles verbrennen kann. Uns selbst, unsere Welt und Menschen, die wir lieben. Einige können das Feuer in sich nicht halten und so wird es genutzt für das Gute oder das Schlechte. Aber das ist nur meine Sichtweise auf den Text, du hast hoffentlich eine andere.
Melodic Death/Black hat viele starke Alben zu bieten. Welches sind deine drei Lieblingsalben?
Johan: Verdammt, das ist schwer zu beantworten. Ich will es aber natürlich gerne versuchen. 1. DISSECTION - The Somberlain, 2. UNANIMATED - The Forrest Of The Dreaming Dead, 3. VINTERLAND - Welcome My Last Chapter.
Die drei werden nie altern oder ihre Relevanz verlieren. Sie haben einfach eine Tonne von echten Gefühlen in sich und das ist absolut zeitlos.
Wo wir schon bei DISSECTION sind, NETHERBIRD wurde auf deren Reunion-Gig 2004 gegründet. Außerdem wird die Band maßgeblich von DISSECTION und UNANIMATED beeinflusst. War die Richtung, in die NETHERBIRD gehen soll, von vornherein klar oder hat sich das mit der Zeit entwickelt?
Johan: Genau, der Grund warum ich das genaue Datum weiß, ist, weil drei von uns beim "Rebirth Of DISSECTION"-Gig in Stockholm waren. Damals haben wir beschlossen, zusammen Musik zu machen. Ich würde nicht sagen, dass wir damals schon eine bestimmte Richtung hatten, die wir einschlagen wollten. Wir hatten vor, Musik zu machen, die sich für uns interessant und relevant anfühlte. Aber über die Jahre entwickelte es sich zu diesem von Melodie getriebenem Black/Death, der klaren Bezug zum früheren skandinavischen Underground hat. Das war aber keine feste Idee und auch heute noch sind wir nicht sicher wohin, es in Zukunft gehen wird. Aber das ist es wo wir gerade stehen.
Die Band wurde ja damals als Projekt gestartet.
Johan: In den ersten fünf Jahren hatten wir kein festes Line-Up, nur verschiedene Leute, die uns bei den Aufnahmen der Songs geholfen haben. Als wir dann die ersten Gig-Angebote bekamen, dachten wir, es wäre sinnvoll, ein festes Line-Up zusammenzustellen, damit wir proben und spielen können.
Wir waren ja eben schon dabei, dass ihr den Hörer zum Nachdenken anregen wollt. Mich hat vor allem der Bandname zum Nachdenken gebracht, hab aber keine Bedeutung gefunden. Jetzt hab ich dich hier, also musst du mir helfen. Was steckt hinter dem Namen NETHERBIRD?
Johan: Ja, der Bandname ist schon etwas eigentümlich. Die Idee dahinter war, eine art Bild zu erschaffen, das von von Dunkelheit und Freiheit handelt und die einer aufsteigenden Kreatur in der Unterwelt. Da wir damals noch nicht wussten, welche Musik wir machen wollten, wählten wir einen Namen, der "genreneutral" klingt. Ich habe mehr als einmal von Leuten gehört, die wegen des Namens unsere Musik nicht kennengelernt haben. So ist das Leben.
Bleibt zu hoffen, dass diese Leute das nachholen. Wie sehen eure Pläne für die nahe Zukunft aus?
Johan: Leider sind die Pläne ziemlich offen. Unser erster Gig ist für den Februar 2022 gebucht, dann kommen die Sommer-Festivals. Eine Release-Show kann auch nicht stattfinden, aber wir hoffen, dass die Dinge langsam wieder ins Rollen kommen, damit wir wenigstens einige Songs live spielen können.
Ich drücke auch die Daumen. Johan, vielen Dank für das Interview. Des weiteren wünsche ich euch viel Erfolg für das neue Album und überlasse dir die letzten Worte.
Johan: Danke Jan und vielen Dank für das Interview, bleib gesund. Hoffentlich treffen wir uns mal auf einer Show. Ich wünsche dir und deinen Lesern einen großartigen Sommer.