The Universe By Ear - Sail Around The Sun - Live

Review von baarikärpänen vom 25.11.2023 (9644 mal gelesen)
The Universe By Ear - Sail Around The Sun - Live Dass die Schweizer Ricola erfunden haben, ist sozusagen ein Fakt. So mancher erkältungsgeplagte Mensch freut sich über die Kräuterbonbons, und denen ist es ja am Ende dann auch egal, wer's nun erfunden hat. Unbestritten ist allerdings, dass die Schweiz einige Vorzüge hat, um die sie andere Länder beneiden (nein, bestimmt nicht die Banken!). Wer kennt nicht den Spruch "Läuft wie ein Schweizer Uhrwerk"? Was auf die Chronometer zutrifft, gilt auch für die schweizer Musikszene. Egal, ob es sich um sogenannte Megaseller wie GOTTHARD oder KROKUS handelt, um Vorreiter und Visionäre wie CELTIC FROST. Aber eben auch in den Nischen, abseits des Mainstreams, gedeihen wundervolle Pflänzchen, die vor allem Musik-Connaisseuren ein Lächeln ins Gesicht zaubern. So wie eben erwähntes Uhrwerk sind auch THE UNIVERSE BY EAR. Ein Trio, bei dem jedes Rädchen perfekt in das andere greift und heraus kam dabei auf allen drei bisherigen Veröffentlichungen ein bunter Strauß an proggigen Meisterwerken, die zwar ihre Vorbilder nicht leugnen wollten, aber eine unverkennbare eigene Note aufwiesen.

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Nach den schlicht "I", "II" und "III" betitelten Vorgängern spendieren THE UNIVERSE BY EAR ihrem vierten Album mit "Sail Around The Sun - Live" tatsächlich mal einen Titel. Und wie unschwer am Namen zu erkennen ist, haben wir es hier mit einem Live-Mitschnitt der gleichnamigen Tour durch die Schweiz, Deutschland und Italien zu tun. Aber "Sail Around The Sun - Live" taugt ebenso als Best-Of dieser bemerkenswerten Truppe. Die Schweizer betonen zwar gerne, dass sie bei ihren Studio-Alben auf technische Gimmicks verzichten, aber Studio ist eben Studio und das Ergebnis solcher Aufnahmen naturgemäß aufpoliert (so man denn nicht den Tauben ans Mischpult gesetzt hat). Der Beweis für das tatsächliche Können folgt auf der Bühne. Und wie THE UNIVERSE BY EAR diesen Beweis antreten! Schon RUSH - mit denen die Schweizer musikalisch recht wenig verbindet - haben gezeigt, dass es nur drei hochbegabte Musiker braucht, um eine solche Reise durch die bunten Weiten des Klangkosmos anzutreten. Nur Stef Strittmatter (Git, Vocals), Pascal Grünenfelder (Bass, Vocals) und Beni Bürgin (Drums, Vocals), zusätzlich ihrer Effektgeräte und alles ist angerichtet für ein unvergleichliches Konzerterlebnis. Das wabernde 'Waves' dient als Intro für dieses Album, und schon direkt im Anschluss kommt mit 'Salty River (incl. Monoliths)' ein Signature-Track der Schweizer, der zu Beginn mit seinen wunderschönen mehrstimmigen Vocal-Harmonien begeistert, sich im weiteren Verlauf aber als echter Brocken erweist, bei dem es schon mal dissonant und mit harten Gitarren zugehen darf. Ein Kosmos im Kosmos sozusagen. Ausgefeiltes Songwriting mit jeder Menge Wendungen. Und trotzdem - und das ist das Bemerkenswerte bei THE UNIVERSE BY EAR - verliert er nie die Richtung und lässt den Hörer im Regen stehen. Allerdings, das sei gesagt, muss man als Konzertbesucher/ Konzertbesucherin die nötige Muse mitbringen, um in den Song einzutauchen. LED ZEPPELIN, mit denen die Band gerne als Einfluss kokettiert, taugen nur hin und wieder als Referenz. Am ehesten trifft das wohl auf den Anfang von 'Seven Pounds' zu. Aber keine Bange, denn wie THE UNIVERSE BY EAR dann early PINK FLOYD einbauen, dem Track eine psychedelische Note verpassen, da kommt keiner auf die Idee, die Schweizer als Plagiat von LED ZEP abzutun. Natürlich bedienen sich THE UNIVERSE BY EAR bei so ziemlich allem, was im progressiven Rock als Zutat angesagt ist. Da verwundert es nicht, dass 'Make It Look Like An Accident' trotz aller Progressivität ein Musterbeispiel für gut abgehangenen Blues Rock ist. Richtig großes Kino ist dann auch 'Loudest Gorilla In The Cage', das wie eine schweizer Version von 'Train Kept A Rollin'' anfängt, danach einen 1A-Spacerock-Part aufgedrückt bekommt, inklusive Tony Iommi-Gedächtnisriff. Die Songs, die die Anwesenden wohl am meisten gefordert haben dürften, die beiden Longtracker 'Sail Around The Sun' und 'Something In The Water', stehen am Ende dieser Scheibe. Vor allem 'Something In The Water' bündelt nochmals alle Stärken von THE UNIVERSE BY EAR. Verschachteltes Songwriting, Gesangsharmonien, die vom sogenannten West Coast-Sound stammen könnten, psychedelische Parts, aufgepeppt mit an Lou Reed erinnernden Vocals.

An den Zuschauerreaktionen zwischen den Songs lässt sich erahnen, dass es sich wohl um Konzerte in einem eher intimen Rahmen gehandelt haben dürfte. Pech für alle, die sich das haben entgehen lassen. Für die bleibt zumindest der Griff zu diesem Album. Leider aber auch irgendwie ein Beispiel für den Wandel in den Hörgewohnheiten der Konsumenten. Denn wer die Aufmerksamkeitsspanne eines Goldfischs hat, dem dürften THE UNIVERSE BY EAR für immer verschlossen bleiben. Klarer Pluspunkt für "Sail Around The Sun - Live" ist für mich, dass die Schweizer das Material trotz eines schönen Klangs so belassen haben, wie es auch aufgenommen wurde. Heißt, dass aufmerksame Hörer sicher den ein oder anderen Verspieler finden werden.

Nein, THE UNIVERSE BY EAR waren, sind und werden keine Band sein, die man "so nebenbei" hören kann. Klar, kann man, aber dann muss man damit leben, dass einem die vielen kleinen versteckten Feinheiten und Großartigkeiten im Songwriting verschlossen bleiben. Und das wäre doch superschade. Nochmals nein, THE UNIVERSE BY EAR sind keine Band, die man dem Prog Metal zuordnen kann, die aber gerade wegen ihres vielschichtigen Songwritings genügend fast schon metallische Parts einbauen, die auch in der eher den härteren Klängen zugewandten Hörerschaft auf Interesse stoßen sollten. Wie immer bei Live-Scheiben keine "offizielle" Bewertung, aber der Verweis, dass mir diese kosmische Reise unter dem Kopfhörer locker neun Punkte entlockt hätte.



- ohne Wertung -
Trackliste Album-Info
01. Waves
02. Salty River (incl. Monoliths)
03. Lie Alone
04. Idaho
05. High On The Hynek Scale
06. Ocean Clouds
07. Seven Pounds
08. Follow The Echo
09. Make It Look Like An Accident
10. Loudest Gorilla In The Cage
11. Sail Around The Sun
12. Something In The Water
Band Website: www.facebook.com/theuniversebyear
Medium: CD, Download
Spieldauer: 78:30 Minuten
VÖ: 24.11.2023

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