Ellende - Ellenbogengesellschaft | |
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Review von Zephir vom 20.11.2022 (7113 mal gelesen) | |
"Ellenbogengesellschaft", der vierte Langspieler von ELLENDE, war bereits Ende September erschienen. Dabei steht den Österreichern der November so viel besser zu eigenwilligem Corpsepaint-Gesichte: Einmal mehr liefert Mastermind L.G. gemeinsam mit Drummer P.F. eine triste Post-Black-Metal-Sinfonie, welche die gesamte emotionale Bandbreite zwischen Melancholie und Aggression vertont. Zugegeben, der Albumtitel ist gleichsam sperrig wie unlyrisch, das haben ELLENDE in der Vergangenheit schon besser gekonnt. Aber die Substanz des Albums spricht nicht nur von der gewohnten hohen Qualität, die Fans seit nunmehr einem Jahrzehnt zu schätzen wissen, sondern geht mit behutsam eingestreuten Innovationen sogar noch darüber hinaus. Das beginnt gleich zu Anfang der Platte mit dem kurzen Intro 'Ich Bin', das von einem einsamen Klavierpart zu markanten Akustikgitarren überleitet, welche dem Hörer die jüngsten Outputs von EMPYRIUM in Erinnerung rufen. Tatsächlich wurde "Ellenbogengesellschaft" gemeinsam mit Markus Stock in seiner Klangschmiede Studio E produziert, und anscheinend haben ELLENDE sich beim Kollegen vorab noch ein wenig mehr Inspiration eingeholt - was ich als überaus passend empfinde. Wem das zu lyrisch dünkt, der bleibe unbesorgt: 'Unsterblich' liefert Blastbeat-Stürme, schwarzmetallisches Gekrächze, aber ebenso klangvolle Harmonien und chorale Background-Vocals, was neue Nuancen ins Geschehen bringt. Falls 'Ruhelos' mit seinem pulstreibenden Drive jemanden an die Kollegen HARAKIRI FOR THE SKY erinnern sollte, so liegt dies auch darin begründet, dass hier J.J. als Gastvokalist zum Zuge kommt. 'Hand Aufs Herz' ist vielleicht die aggressive Klimax des Albums, das auf jeden Fall als Gesamtkunstwerk wirken muss, denn danach kommt mit der traurigen Klavier- und Gitarrenballade 'Someday' der Moment der schmerzlichen Besinnung. In ähnliche Kerbe schlägt 'Freier Fall', wobei hier zwischenzeitlich noch stärker rasende Blastbeats die Stimmung sprengen. Mit 'Abschied' gibt es alsdann noch einen Showdown der sinfonisch-post-schwarzmetallischen Trauer und Verzweiflung. Zu diesem Track wurde ein Video produziert, das empfindsamen Gemütern die Tränen in die Augen treiben wird. Der Rausschmeißer 'Verletzlich' seinerseits ist inspiriert von Wort und Werk des irischen Malers Francis Bacon; eingespielte Sprach-Samples zitieren diesen aus einem Interview von 1966. Apropos Maler: Leider ist mir zum Hintergrund des Coverarts nichts bekannt, aber es erinnert mich ein wenig an eine bestimmte Episode von Andrzej Sapkowskis Hexer beziehungsweise an deren Verfilmung. Zwischen dem gemeinten Charakter und der auf dem Album immer wieder angesprochenen gesellschaftskritischen Thematik dürfte es in jedem Falle Parallelen geben. Um das überaus gelungene Album nicht weiter zu sezieren und ihm damit Unrecht anzutun, ziehe ich ein kurzes Fazit: Es lohnt sich, "Ellenbogengesellschaft" erstens im Ganzen, zweitens in richtiger Reihenfolge der Tracks und drittens wirklich intensiv zu hören. Mit vorsichtigen musikalischen Neuerungen und tiefgreifenden Lyrics haben ELLENDE ein neues Meisterwerk des Post Black Metal erarbeitet, das für mich definitiv zu den besten Alben des Jahres zählt. Gesamtwertung: 9.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Ich bin 02. Unsterblich 03. Ruhelos 04. Hand aufs Herz 05. Someday 06. Freier Fall 07. Abschied 08. Verletzlich | Band Website: https://www.ellende.at/ Medium: CD, LP Spieldauer: 48:49 Minuten VÖ: 30.09.2022 |
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