Tygers Of Pan Tang - Live Blood | |
---|---|
Review von Rockmaster vom 03.05.2024 (11998 mal gelesen) | |
Hei, ich freu mich, als wäre gerade Weihnachten und Ostern zusammen, dass ich nach der aus tiefsten Archiven ausgegrabenen Perle "Hellbound Spellbound Live 1981" nun auch einmal die aktuellen TYGERS in einer überaus authentischen Liveaufnahme zu hören bekomme. Das einzige Wermutströpfchen: Ich war nicht dabei! Schande! Aber Wales ist auch nicht mal eben mit dem 49€-Ticket erreichbar. Auch für mich waren die TYGERS OF PAN TANG sowas wie ein Archiv- oder Zufallsfund, als ich ein Re-Release von "Wild Cat" und "Spellbound" vermutlich lange nach der Original-VÖ als Doppel-Vinyl in der Hand hielt und von dem extrem derben Sound und nicht zuletzt dem fiesen Gesang von Jess Cox auf 'Euthanasia' einfach nur geflasht war. Nach dem inzwischen fast obligatorischen Live-Intro, dessen Tigergebrüll man als Unwissender noch mit dem Schnurren einer Hauskatze verwechseln könnte, beginnen Robb Weir, Jacopo "Jack" Meille & Co. mit ebendieser Nummer, die erfreulicherweise neben dem dreckigen Riff eine große Portion Timing und Drive des Originals bewahrt hat. Nahtlos geht es über in den Titel 'Keeping Me Alive' vom 2012er-Album "Ambush", und man muss schon genau hinhören, um hinter dem Riff, das sich geschmeidig wie eine Raubkatze in die Gehörgänge beißt, herauszuhören, dass das einer der neueren Titel ist. In dem Sinne muss man Mr. Robb Weir gleichermaßen ankreiden und zugute halten, dass er vielleicht kein musikalischer Visionär ist, sondern einfach seinen Rock'n'Roll-Traum zwischen NWoBHM, Hard Rock und klassischem Metal lebt. Vermutlich mit Hauptverdienst im Nebenjob und weniger Groupies als in den 80ern, aber hey, 'The Times, They Are A-Changin'. Nach 'Love Don't Stay' von der halb vergessenen "Crazy Nights" kommt dann 'Gangland' von dem stärksten TYGERS-Album aller Zeiten "Spellbound". Holy Shit, der Titel haut immer noch rein! Nicht von ungefähr kündigt Jack ihn als seinen Lieblingstitel der TYGERS an. Was die Beständigkeit der Band vor dem Split 1983 und nach Neustart 2001 belegt, ist die ausgewogene Mischung von alten und neuen Titeln auf "Live Blood" - und dass man zu allen Titeln gleichermaßen abrocken kann. Ein wenig melancholisch muss man registrieren, dass die Crowd für eine Band wie die TYGERS heutzutage keine Stadien mehr füllt. Bei den Ansagen zwischen 'Destiny' und 'Back For Good' hört man schon einzelne Schreie aus dem Publikum, die erahnen lassen, dass die Hundertschaften ín begrenzter Anzahl angetreten waren. Kaum verständlich, denn letztere Nummer vom aktuellen Album "Bloodlines" ist mit eine der besten der Neuzeit der Band. Huw Holdings Bass-Groove ist toll, das Publikum singt mit, Robb und Francesco Marras an der zweiten Gitarre haben hier (endlich mal, möchte man meinen) schöne parallele Läufe. Das macht Bock! Interessant ist, dass sogar 'Paris By Air' und 'Love Potion No. 9' von "The Cage" vertreten sind - dem Album, das für mich den frühen Untergang der TYGERS der 80er-Jahre markierte. Vielleicht ist das der blanke Trotz, und der macht auch in der aktuellen Live-Fassung letzteren Titel zu einer starken Rock'n'Roll-Nummer. Zeitlos sind die alten Nummern 'Suzie Smiled' und 'Insanity' (Plattenlabel: "Wir brauchen noch einen Song für dieses Album." Mr. Weir: "Gebt mir fünfzehn Minuten.") Hab ich Craig Ellis schon erwähnt, der am Schlagzeug den klassischen Rhythmus und die Breaks einfach trocken auf den Punkt bringt? Jetzt hab ich! Einige Stunden habe ich "Live Blood" in der Dauerrotation gehabt, aber dann, muss ich gestehen, muss man sich auch mal eine Auszeit nehmen. Zu groß das Risiko, dass man im Vergleich mit "Hellbound Spellbound Live 1981" anfangen könnte, an kleinen Details herumzukritteln. Zum Beispiel, dass Jack vielleicht heute nicht die Überstimme eines Jon Deverill damals vor über vierzig Jahren hat, und dass er live seinen Akzent nicht ganz verbergen kann. Oder man könnte bemerken, dass Robb und Francesco zu oft einfach unisono die Riffs der Klassiker herunterrocken, wobei doch Francesco - meiner ganz persönlichen Meinung nach - einen erklecklichen Anteil an der Qualität von "Bloodlines" hatte. Und nun, nach etwa einer Woche Hörpause geht mir das alles so dermaßen am Allerwertesten vorbei. Die TYGERS OF PAN TANG liefern seit ihrem Relaunch vor über zwei Jahrzehnten ununterbrochen Heavy Metal vom Feinsten ab und dokumentieren das hier noch einmal eindrücklich. Um es in Jacks Worten auszudrücken: Nach all den Jahren mit den TYGERS ein Live-Album aufzunehmen? Ich dachte nie, dass ich diese Erfahrung einmal machen würde, aber mit den TYGERS OF PAN TANG habe ich gelernt, dass "unmöglich" möglich ist. "Live Blood" fängt all die Energie ein, die wir abliefern, wenn wir unsere Lieblingssongs live und roh spielen. 'Nuff said! Und wer zum Henker auf den alten Scheiß steht und die TYGERS noch nicht kennt: Ja, hab ich mir die Finger noch nicht genug wundgeschrieben? Und für alle Lesefaulen, hier noch (eine gegenüber dem Live-Album geringfügig editierte Fassung von) 'Gangland': Gesamtwertung: 9.0 Punkte | |
Trackliste | Album-Info |
01. Intro (0:50) 02. Euthanasia (3:52) 03. Keeping Me Alive (5:08) 04. Love Don't Stay (4:33) 05. Gangland (4:57) 06. Edge Of The World (5:29) 07. Destiny (4:56) 08. Back For Good (6:04) 09. Only The Brave (4:43) 10. Paris By Air (3:40) 11. Do It Good (5:08) 12. Insanity (5:56) 13. Fire On The Horizon (3:37) 14. A New Heartbeat (4:17) 15. Slave To Freedom (6:25) 16. Suzie Smiled (4:57) 17. Hellbound (3:37) 18. Love Potion No.9 (2:39) 19. Blood Red Sky (4:59) | Band Website: www.tygersofpantang.com Medium: CD, 2LP Spieldauer: 85:47 Minuten VÖ: 26.04.2024 |
Alle Artikel