Livebericht Avatarium (mit Honeymoon Disease und The Vintage Caravan) |
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Ein Livebericht von des aus Wien (Szene Wien) - 27.11.2015 (24394 mal gelesen) |
Zur Galerie geht es hier! Mir gefällt ja der Trend, dass old-schoolige Rock- und Metalmusik wieder sehr angesagt ist. Auf der einen Seite zeigen die alten Haudegen und Vorreiter wie BLACK SABBATH oder DEEP PURPLE mit recht aktuellen Platten, dass mit ihnen noch zu rechnen ist oder schieben wie gerade LED ZEPPELIN wertige Remasters ihrer Klassiker raus; auf der anderen Seite greifen viele junge Bands wieder auf klassische Rockmusik zurück und verzichten auf den ganzen polierten Überproduktions-Synthiekram. So ist auch an diesem Abend klassischer Hardrock und Metal angesagt, der dann von doomigen Klängen abgerundet wird. Austragungsort ist wieder die Szene Wien, neben der Arena Wien eine der Lieblingslocations des Schreibers dieser Zeilen: klein, schmuddelig-gemütlich und von der Atmosphäre her stark an das klassische, aber nicht mehr existierende, Planet Music in der Adalbert-Stifter-Straße erinnernd. Dazu hat die Szene Wien den Vorteil, dass man auch von den hintersten Ecken noch einen exzellenten Blick auf die Bühne hat und der Fotograben so klein ist, dass nicht allzu viel Distanz zwischen dem Geschehen auf der Bühne und dem Publikum herrscht. Nicht vergessen sollte man das "Bierbeisl" an der Ecke, das neben klassischer Wiener Küche auch eine gute Auswahl an frisch gezapftem Bier besitzt, wovon auch einige Konzertbesucher vor dem Öffnen der Tore um 19:30 Gebrauch machen. Den Anfang des Konzertabends machen um 20 Uhr HONEYMOON DISEASE, die erst wenige Tage zuvor ihr Debütalbum "The Transcendence" herausgebracht hatten. Auf dem Cover der Platte wirken die 2 Mädels und 2 Burschen mit ihren Schlaghosen und Bärten (nur die Burschen) wie eine Hippie-Ausgabe von ABBA, auf der Bühne zeigen sie aber ab den ersten Tönen, dass sie kompetent abrocken können. Auch wenn sich leider zu Beginn nur eine kleine Schar Besucher in der Halle einfindet, die noch dazu zu einem Drittel abgehängt ist, kommt doch schnell gute Stimmung auf, als die Schweden mit dem Plattenopener 'Higher' loslegen. HONEYMOON DISEASE sind schon optisch ein Hingucker, zwei Gitarristinnen an der Front sieht man doch nicht allzu oft. Die Herren an Schlagzeug und Bass lieferen ein treibendes Rhythmusfundament und lassen Haare und Bärte kreisen, doch auch die beiden Damen zeigen mit ihrem Energielevel auf der Bühne, dass wahre Körpergröße nicht unbedingt von der Physiognomie abhängig ist. So ist der Auftritt der noch jungen Truppe aus Göteborg wirklich mitreißend. Die kunterbunte Lichtshow und knalligen Outfits sowie die bunten Tattoos tragen das Gesamtkonzept perfekt mit. Als nach einigen Songs die Ansage "Are you ready for some fast songs" ertönt, wird das Angebot gerne angenommen und das zahlreicher werdende Publikum freut sich über Songs der Marke 'Imperial Mind'. In der guten halben Stunde, die die Band an Spielzeit zur Verfügung hat, spielt sie sich durch zwei Drittel und ganz ehrlich, der AUftritt hätte gerne länger dauern können. Etwas mehr Erfahrung haben THE VINTAGE CARAVAN, die bereits zwei Alben veröffentlicht haben: Anfang 2014 kam das Debüt-Album "Voyage" auf den Markt und seit ein paar Monaten ist die zweite Platte "Voyage" auf dem Markt. Mit ihrer Dreier-Besetzung Schlagzeug, Bass, Gitarre+Gesang reduzieren sich THE VINTAGE CARAVAN auf das Wesentliche und legen schon zu Beginn eine Riff-Breitseite in das Auditorium. Der Energielevel fällt gegenüber HONEYMOON DISEASE nicht ab und so registriert man auch einige Bewegung im Publikum; vor allem in der ersten Reihe werden fleißig die Haare geschüttelt. Noch während THE VINTAGE CARAVAN spielen, finden sich die Bandmitglieder von HONEYMOON DISEASE am Merchstand ein - die Herren auf einen Tratsch bei einem gepflegten Bier, während es die Mädels in die Halle zieht, um THE VINTAGE CARAVAN zu sehen. Apropos Merchstand: der selbige ist gut gefüllt und es fällt auf, dass jede der an diesem Abend spielende Band sämfliche Veröffentlichungen in allen möglichen Formaten anbietet. Vor allem die diversen Vinyls sehen mit ihren schönen Cover-Artworks schmuck aus und lassen sich auch gerne vor Ort signieren. Kurz nach 22:00 Uhr betreten dann AVATARIUM die Bühne und mit 'Ghostlight' beginnt der Auftritt auch recht mystisch; Sängerin Jennie-Ann Smith ist in einen dunklen Umhang mit weißen Ärmelfahnen gehüllt und intoniert im Halbdunkel den coolen Beginn, bevor die Band mit einem knackigen Riff einsetzt. Starker Beginn, doch richtig mitreißend wird es mit dem flotten 'The Girl With The Raven Mask', das einen passenden Kontrapunkt auf die vorherige Doom-Nummer setzt. Ganz tolle Band! Jennie-Ann Smith singt sensationell und klingt wie eine weibliche Version von Ronnie James Dio und ihre recht eigenwilligen Moves machen den Auftritt zu einer spannenden Performance. Dazu spielt Gitarrist Marcus Jidell neben bleischweren Riffs ein klasse Solo nach dem anderen, sehr gut unterstützt von Keyboarder Carl Westholm. Drummer Lars Sköld und Aushilfsbassist Anders Iwers, der ansonsten bei TIAMAT die Tiefsaiten schwingt und auf Tour Leif Edling vertritt, liefern stoisch das Rhythmusfundament ab. Zwischendurch greift Jennie-Ann Smith zur akustischen Gitarre, was neben 'January Sea' aber vor allem 'Pearls And Coffins' aufwertet - jener Song gerät mit seinem ewig langen Finale, in dem vor allem Marcus Jidell so richtig aufzugehen scheint, zum absoluten Highlight des Auftritts. Später bestätigt uns Marcus im Gespräch, dass 'Pearls And Coffins' sein Favorit ist, der auch bei jeder Show in einer anderen Version dargeboten wird. Zwischendurch entledigt sich Jennie-Ann Smith ihres Umhangs und zeigt sich im Feder-Ärmel-Top, das sehr gut zum musikalischen Stil der Band passt. Gegen Ende sorgt das etwas flottere 'Run Killer Run' noch einmal für einen Weckruf, bevor 'Moonhorse' das reguläre Set beendet. Eine Zugabe gibt es natülich auch noch, und zwar in Form des klarerweise unvermeidlichen Songs 'Avatarium', bei dem live Marcus Jidell und Anders Iwers für die "Avatarium"-Backgroundchöre sorgen, was dem Song eine neue Note gibt. Als nach der Zugabe das Licht angeht, mag man es kaum glauben, dass AVATARIUM eineinhalb Stunden gespielt haben, so kurzweilig hat sich die Show gestaltet, auch wenn es bis auf das mitreißende Stageacting keinerlei Showelemente gegeben hat. Sehr schön ist es außerdem, dass sich die komplette Band schon wenige Minuten nach dem Auftritt am Merchstand einfindet, um Platten zu signieren und mit den Fans einen Tratsch abzuhalten. Auch die beiden anderen Bands finden sich noch immer dort und der sich leicht in Schräglage befindliche HONEYMOON DISEASE-Basser bekräftigt, dass es ein Vorteil ist, als erste zu spielen, weil dann mehr Zeit bleibt, um zu trinken. Daher geht nach einigen gemütlichen Gesprächen mit den Musikern ein entspannter Konzertabend zu Ende, der durchaus familiäre Atmosphäre ausgestrahlt hat. Auf der Haben-Seite bleiben schöne Erinnerungen an diesen Abend und zwei Vinyl, die von allem Musikern unterschrieben wurden. des |
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