Lucidity - Escherian

Review von Zephir vom 20.06.2024 (12214 mal gelesen)
Lucidity - Escherian Wir alle kennen die Penrose Stairs, die unmögliche Treppe, die als zweidimensionale Grafik gleichzeitig aufwärts und abwärts und dabei immer im Kreis herum führt. Dieses optische Paradox, das der nicht weniger bekannte Grafiker M. C. Escher 1960 in einer eigenen Litographie verarbeitete, ist Leitbild des dritten Albums von LUCIDITY: "Escherian" ist ein Konzeptalbum, dessen verzweifelte Hauptfigur in einer Parallelwelt gefangen ist, die sich ständig wiederholt.

Musikalisch setzen die Finnen von LUCIDITY dieses Thema innerhalb ihres vertrauten Genres um: tief melancholischer Metal, der wie ein trauriger, trüber Strom einige Progressive-Elemente heran- und wieder fortspült. Die Spannweite der zehn Tracks reicht dabei von Death- über Post-Rock-Einflüsse bis zu leicht jazzigen Elementen, die allerdings niemals in Spielereien ausarten, sondern das melancholische Moment stützen.

Obzwar beim ersten Durchhören von "Escherian" die Vielfältigkeit dieser Art des Prog nicht sofort erhörbar ist, gelingt es Martti Pohjosaho (Vocals, Gitarre), Jari Kinnunen (Gitarre), Sami Ahmaoja (Bass) und Pekka Parantainen (Drums), die eschersche Auswegslosigkeit gekonnt in Musik zu übertragen. Insgesamt bewegt sich das Album in fließender Monotonie, die ein wenig doomig wirkt und die Hörerin wie ein dunkler Fluss umspült. Die Feinheiten liegen im Detail: So brennt sich der Opener 'Night With No Morning' mit dem infiniten Saiten-Ostinato hypnotisierend ins Hirn ein; der plötzlich growlende Ausbruch nach dem ersten Viertel von 'In The Presence' überrascht mit einem wohldosierten Gefühl der Bösartigkeit. Die Vocals sind, abgesehen von den growlenden Death-Passagen, clean und weich; hier und da erinnert das Gesamtbild ein wenig an KATATONIA oder auch an manche transluzide Doom-Variante einiger ANATHEMA-Werke. Für die dreidimensionale, visuelle Atmosphäre sorgt ein Keyboard, das zuweilen Pianoklänge, zuweilen ganz dezente Synthesizersounds einstreut.

'Elusive Light' ist ein transparent verschwommenes, hoffnungsloses Instrumental-Intermezzo, an welches das stille 'From Threads Entwined' folgerichtig anschließt. Zwei der vielleicht am meisten bewegten Songs des Albums sind 'During My Sleep' und 'Becoming', doch einen charakteristischen Track für "Escherian" auszumachen fällt schwer. Bis zum Titeltrack 'Escherian Stairs', der das Album an letzter Position beschließt, bauen die Finnen einen bildgewaltigen Soundtrack auf, der mit hintergründigem Detailreichtum überzeugt.

Am Ende gibt es kein Entkommen aus dem düsteren Fiebertraum: Das Album endet mit flüsternd ersterbender Stimme und verblassendem Ausklingen der Instrumente. "Escherian" ist großes Kino für trübe, melancholische Tage, an denen es nicht richtig hell werden will.



Gesamtwertung: 7.0 Punkte
blood blood blood blood blood blood blood dry dry dry
Trackliste Album-Info
01. Night With No Morning
02. Path
03. Threads To Follow
04. In The Presence
05. Elusive Light
06. From Threads Entwined
07. During My Sleep
08. Becoming
09. Proceed To Prepare
10. Escherian Stairs
Band Website: www.lucidityband.net/
Medium: CD
Spieldauer: 54:17 Minuten
VÖ: 17.05.2024

Besucher-Interaktion

Name:
Kommentar:
(optional)
Meine Bewertung:
(optional)
(Hinweis: IP-Adresse wird intern mitgespeichert; Spam und Verlinkungen sind nicht gestattet)

Artikel über soziale Netzwerke verbreiten