Interview mit Mat Sinner von Primal Fear

Ein Interview von HappyTarabas vom 05.09.2001 (28272 mal gelesen)
Ein Fan-Interview aus dem September 2001

Tanja:   Wann und wie bist Du Musiker geworden?

Mat Sinner:   Das war vor ca. 25 Jahren, ich war eigentlich ein talentierter Fussballer, hatte aber auf der anderen Seite schon ein grosse Vorliebe für Rock Musik. Fussball wurde mehr und mehr reduziert und dafür mehr Gitarre gespielt :-)

Tanja:   Hat Deine Familie Dich unterstützt, oder wollten sie Dich überreden doch lieber einen "vernünftigen" Beruf zu ergreifen?

Mat Sinner:   Ich habe einen vernünftigen Beruf - das war sehr wichtig für mich. Insgesamt hielt sich die Unterstützung meiner Familie in Grenzen, obwohl ich ein tolles Verhältnis zu meinen Eltern habe.

Tanja:   Hast Du eine Ausbildung zu einem "richtigen" Beruf oder hast Du immer Musik gemacht? Wolltest Du schon als Kind Musiker werden?

Mat Sinner:   Ich bin Industriekaufmann und Personalleiter bei Nuclear Blast. Ich arbeite in einem seriösen Beruf in einer Plattenfirma und wie oben schon gesagt, ist dies für mich unheimlich wichtig.

Tanja:   Gab es schon mal einen Punkt, wo Du am liebsten alles hingeschmissen hättest? Was hat Dich dazu bewogen es nicht zu tun?

Mat Sinner:   Es gab zwei Punkte in meiner Karriere, wo ich nah dran war, erst mal aufzuhören. Meistens ist der Anlass, wenn Topmusiker die Band verlassen und sich einer anderen Band anschliessen, oder wenn es eine Revolution innerhalb der Band gibt. Ich will zwar nicht länger auf dieses Thema eingehen, aber meine Hartnäckigkeit und Bodenständigkeit ist bekannt und nach einer Nacht Schlaf sieht die Welt wieder anders aus.

Tanja:   Wie kommt es, dass Du zwei Bands hast? War das Absicht oder Zufall und wie koordinierst Du die beiden? Setzt Du Prioritäten, oder sind Dir beide Bands gleich wichtig?

Mat Sinner:   Im Moment kann ich nur für Primal Fear arbeiten, weil die Band unglaublich erfolgreich im Moment ist und das auch hoffentlich bleiben wird. Sinner wird dann wieder ins Studio gehen, wenn ich genügend Zeit habe und ich meine Vision von der Zusammenstellung der Band auch verwirklichen kann. Deswegen stellt sich auch nicht die Frage nach Prioriät.

Tanja:   Wie hast Du die Musiker in Deinen Bands kennen gelernt? Ist Euer Verhältnis rein geschäftlich, oder geht Ihr auch mal zusammen was trinken?

Mat Sinner:   Das ist ja das Schöne an Primal Fear. Wir sind privat wirklich gute Freunde, nicht nur Partner. Das macht Spass und deswegen ist auch die Stimmung in der Band grossartig.

Tanja:   Hat Primal Fear schon neue Songs in Planung, oder macht Ihr jetzt erst mal eine ausgedehnte Pause? Wie geht es denn bei Sinner weiter? Ist da schon ein neues Album geplant?

Mat Sinner:   Wir haben 17 Songs für die neue Primal Fear Platte geschrieben und es werden bestimmt noch 5 Songs dazukommen. Im Dezember gehen wir ins Studio und Ende April/Anfang Mai kommt das neue Primal Fear Album "BLACK SUN" auf den Markt, deswegen gibt es auch keine Planung bzgl. Sinner momentan.

Tanja:   Wodurch lässt Du Dich beim Songschreiben inspirieren?

Mat Sinner:   Einfach von allem. Gute News, schlechte News - wichtig ist, die Idee sofort festzuhalten - egal ob es auf einem Diktiergerät ist oder gleich auf dem Homestudio.

Tanja:   Kennst Du noch alle Deine Songs, oder musst Du die alten ab und zu "auffrischen"? Gibt es einen Trick, wie Du Dir die ganzen Songs merkst?

Mat Sinner:   Ich kenne wirklich alle Songs und Tricks habe ich auch nicht. Nicht nur Politiker haben manchmal einen Blackout, auch ich habe mich schon auf der Bühne erwischt, wie auf einmal der leichteste Part nicht mehr im Hirn war, aber ab dem nächsten Break ist schon wieder alles im Griff!

Tanja:   Wie lange dauert es einen Song aufzunehmen und wie viel Arbeit steckt dahinter?

Mat Sinner:   Das ist natürlich ganz verschieden. An manchen Songs oder Texten schreibst Du eine Ewigkeit und änderst permanent und dann gibt es Songs, wo Text, Arrangement und Musik vom ersten Demo an funktionieren. Aber von der ersten Idee bis zum Recording im Studio dauert es 6 Monate.

Tanja:   Wie sieht ein Tagesablauf für Euch im Studio aus? Nach welchen Kriterien sucht Ihr Eure Studios aus?

Mat Sinner:   Wir arbeiten seit 4 Jahren fast immer im gleichen Studio dem "House of Music" in Winterbach. Winterbach ist nicht weit entfernt von unserem Wohnort Esslingen und wir haben ein ausgezeichneten Draht zum Inhaber und unser Engineer Achim ist Studiomanager. Das passt und ausserdem ist das Studio qualitätstechnisch auf Top-Level.

Tanja:   Sicher ist es Dir am liebsten, live zu spielen - hast Du auch noch manchmal Lampenfieber?

Mat Sinner:   Ganz im Gegenteil. Ich bin lieber im Studio und bastele an den Songs herum, aber natürlich ist die Kommunikation zwischen Fans & Band etwas ganz besonderes. Lampenfieber habe ich immer 5 Minuten vor dem Gig, aber wenn ich auf die Bühne gehe ist es verflogen. Das ist aber sicherlich auch ein reiz an diesem Job - jeder hasst es und liebt es zugleich.

Tanja:   Ich stelle es mir komisch vor, wildfremden Menschen, die Dich scheinbar sehr gut kennen, Autogramme zu geben und Dich mit Ihnen zu unterhalten. Ist Dir das manchmal unangenehm, oder gibst Du gerne Autogrammstunden? Wirst Du auch oft auf der Straße angesprochen?

Mat Sinner:   Ich hasse eigentlich Autogrammstunden, aber sehe auch ein, dass es für eine Band von unserem Standing einfach ein Part unseres Jobs ist und deswegen auch nützlich. Klar werde ich ab und zu auf der Strasse angesprochen, aber meist in netter Form!

Tanja:   Wenn ich als Fan einen Brief schreiben will, kann ich den dann auch direkt an Euch schreiben, oder geht alle Fanpost über den Fanclub? Lest Ihr die Briefe dann trotzdem noch? Interessiert es Dich, wenn Dir die Fans aus ihrem Leben erzählen, oder ist Dir das nicht so wichtig?

Mat Sinner:   Natürlich können sich Fans direkt an uns wenden. Im Zeitalter des Internets werden sowieso fast nur noch Mails geschrieben. Wir lesen jede Mail und beantworten auch jede Mail!

Tanja:   Was würdest Du Dir von den Fans wünschen, z. B. bei der Autogrammstunde oder in den Fanbriefen?

Mat Sinner:   Was sie wirklich von uns auf der nächsten Platte hören wollen, oder welche Songs, wenn wir auf Tour gehen!

Tanja:   Metallah, WahWah, Headbanger´s Ball, etc. gibt es ja schon seit einiger Zeit nicht mehr im deutschen Fernsehen. Siehst Du eine Chance, dass solche Sendungen wiederkommen oder denkst Du, dass Metal und klassischer Rock nicht mehr angesagt genug sind für eigene Sendungen?

Mat Sinner:   Angesagt ist diese Musikrichtung schon, Du musst nur in die jeweiligen Albumcharts schauen. Es werden reichlich Metalplatten gekauft, nur war es schon immer ein Stiefkind der TV Macher. Da laufen lieber parallel 3 Volksmusiksendungen, bevor auch nur um Mitternacht eine Metalsendung eine Chance bekommt. Die totale Ignoranz unserer Medien schmerzt schon.

Tanja:   Ist die TV-Situation in anderen Ländern besser? Gibt es woanders noch richtige Metal-Sendungen?

Mat Sinner:   Es gibt Sendungen und in fast allen Ländern in Europa ist das Verhältnis der Metalbeiträge wesentlich höher als in Deutschland.

Tanja:   Wie beurteilst Du die Metal-Situation in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern? Sicher ist Japan noch verrückter nach Bands wie Euch, aber wie sieht es zum Beispiel in den Staaten aus?

Mat Sinner:   Wir spielen zum Glück auf der ganzen Welt. Wir waren dieses Jahr schon 2x in den USA mit Primal Fear und beim 2. Besuch waren wir schon Headliner auf dem legendären Milwaukee Metalfest. Die Entwickling für uns ist super und wir sind auch sehr zufrieden. Auch unsere Besucherzahlen in Deutschland waren auf der ?Nuclear Fire? Tour sehr erfreulich und auch die Resonanz auf den Sommer Festivals war top. Wir können uns also nicht beklagen.

Tanja:   Wie beurteilst Du die Möglichkeiten von Metal im Internet?

Mat Sinner:   Eine tolle Plattform von Fanzines, Fans, Musikern und Bands zu kommunizieren und sich zu informieren. Im Internet musst Du nicht einen Monat auf ein neues Magazin warten, sondern kannst die Infos immer up-to-date nachvollziehen. Ich liebe es!

Tanja:   Wer entscheidet wohin Eure Tourneen führen?

Mat Sinner:   Das machen wir in Absprache mit unserem Tourmanagement und Agentur Continental Concerts. Wir arbeiten schon seit Gründung von Primal Fear zusammen und es funktioniert bestens.

Tanja:   In welchem Land fühlst Du Dich am wohlsten?

Mat Sinner:   Deutschland ist ganz o.k. - ich habe mir noch keine grösseren Gedanken gemacht in einem anderen Land zu leben, obwohl ich mich in Barcelona sehr sehr wohl fühle. Auch Paris und London sind klasse!

Tanja:   Wie kamst Du zu der Rolle des Produzenten und was sind Deine Aufgaben?

Mat Sinner:   Ich habe das letzte Wort in Sachen Sound und Musik. Ausserdem arbeite ich mit jedem Musiker intensiv an jeder aufgenommenen Spur, bis zum finalen Mix. Das ist eine grosse Verantwortung, aber unser Team funktioniert ganz gut und wir konnten mit dem finalen Resultat immer sehr zufrieden sein.

Tanja:   Stimmt es, dass Du auch andere Bands unterstützt? Wie sieht diese Hilfe aus?

Mat Sinner:   Dieses Statement stimmt zumindest zurzeit nicht ganz. Ich gebe zwar jeden Leuten Tipps, die mich anschreiben, aber zur direkten Unterstützung fehlt mich einfach die Zeit.

Tanja:   Wen hast Du privat immer bewundert? Und wer ist Dein musikalisches Vorbild?

Mat Sinner:   Ein eigentliches Vorbild habe ich nicht, weil ich persönlich nicht auf Drogen stehe und Leute wie Phil Lynott einfach Oberdrogisten waren. Aber seine Musik und Texte finde ich schon einzigartig. Ausserdem mag ich Sting, Kip Winger, David Coverdale, Van Halen, Billy Idol und viele mehr. Von den neueren Bands Fuel, Creed, Prime Sth, Lifehouse und auch STP.

Tanja:   Hast Du Angst, dass z. B. Death Metal Bands unsere Jugend schlecht beeinflussen? Denkst Du, dass solche Bands sehr viel Einfluss haben?

Mat Sinner:   Klar haben Bands einen gewissen Einfluss auf ihre Fans, aber ganz so krass würde ich es nicht sehen. Es gibt einen Haufen geiler Bands unter den Black Metallern.

Tanja:   Was hältst Du von Festivals? Findest Du es sehr interessant andere Bands zu treffen und kennenzulernen? Freundet man sich dann auch untereinander an?

Mat Sinner:   Klar! Festivals sind cool - immer ein Haufen Fans da und man sieht immer wieder Bands und Freunde. Es war immer schön diesen Sommer die Jungs von Nevermore und Savatage zu treffen!

Tanja:   Wie findest Du Rockopern wie z. B. Avantasia von Edguy-Frontmann Tobias Sammet? Würdest Du so was auch gerne machen, oder ist das etwa schon in Planung? Würdest Du das dann mit einer Deiner Bands machen, oder würdest Du Dir dann Gastmusiker aus anderen Bands holen? David DeFeis hat ja sogar eine richtige Theater-Gruppe dazu gebracht sein "House of Atreus" auf die Bühne zu bringen. Fändest Du es besser, wenn man Theater und Metal trennen würde?

Mat Sinner:   Trennen sollte man dies nicht. Ich finde es auch sehr interessant. Ich kenne auch Tobi und fand Avantasia eine absolute super Geschichte, die auch mir viel Spass gemacht hat. Persönlich habe ich dies nicht geplant, aber ich werde mir mit einer neuen Sinner Platte viel Zeit lassen und einige Überraschungen in personeller Hinsicht anbieten.

Tanja:   Wie steht Ihr zu Groupies? Ist das tatsächlich in der Rock- und Metalszene so ein Thema?

Mat Sinner:   Für mich nicht!

Tanja:   Wie wichtig sind Dir die Balladen wie z. b. auf den Metal Dreams-Alben? Brauchst Du das als Ausgleich zu der "harten" Musik, sozusagen zum ausspannen?

Mat Sinner:   Eigentlich höre ich dann nicht Metal Dreams, sondern Künstler wie Sting, Don Henley oder die Solo Alben von Kip Winger - das entspannt mich als Alternative.

Tanja:   Wie stellst Du Dir Dein Leben im Alter vor? Willst Du solange Musik machen wie möglich oder willst Du Dich vorher zurückziehen, um nicht als Metal-Opa in die Geschichte einzugehen?

Mat Sinner:   Wenn ich heute noch Roger Glover, Ian Gillan und Ian Paice von Deep Purple sehe, dann muss ich noch immer vor ihrer Leistung den Hut ziehen. Da würde mir niemals das Attribut Metal-Opa in den Sinn kommen. Das muss jeder für sich entscheiden. Ich fühle mich noch gut in Schuss ein paar Jahre zu rocken!

Tanja:   Hast Du eigentlich Haustiere? Wer kümmert sich um die, wenn Du auf Tour bist?

Mat Sinner:   Habe ich momentan nicht, aber das kann sich ändern.

Tanja:   Was hältst Du denn von "gebastelten" Bands, die im Fernsehen produziert wurden, wie z.B. "No Angels"?

Mat Sinner:   Anfänglich war ich überhaupt nicht gut darauf zu sprechen, aber man muss den Mädels schon attestieren, dass sie ihren Job sehr ernst nehmen und auch gut machen. Wenn ich mir überlege von welchen Termin zum andern die Mädels hasten und dazu immer lächeln und gut drauf sein, ist nicht einfach. Das machen die No Angels schon top. Aber die Art & Weise solche Bands zusammenzustellen wird sich bald relativieren.

Tanja:   Kennst Du die Band Jacobs Dream? Wenn ja, wie findest Du ihre Musik? Hast Du sie vielleicht schon einmal persönlich getroffen?

Mat Sinner:   Ich kenne ihre Musik und finde die Platten auch spannend. Getroffen habe ich die Band persönlich noch nicht.

Tanja:   Your famous last words, please! :-)

Mat Sinner:   Stay Metal, take care & you guys ROCK !

Tanja:   Vielen Dank für das Interview,
  - Tanja

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