Livebericht The 69 Eyes (mit Hardcore Superstar und Crashdiet) |
---|
Ein Livebericht von Elvis aus Köln (Essigfabrik) - 12.04.2011 (34527 mal gelesen) |
Es ist eine relativ bunte Mischung, die an diesem zwar sonnigen, aber doch recht kühlen Aprilabend vor der Essigfabrik in Köln-Deutz auf den Einlass zum letzten Deutschland-Termin der "Dark Decadence"-Tour wartet. HARDCORE SUPERSTAR waren ja bereits früher mit dem Special Guest CRASHDIET unterwegs und zweifelsohne, die Kombination passt tadellos. Daraus eine Co-Headliner-Tour der Street Metal-Meister aus Göteborg mit THE 69 EYES zu machen, dürfte wohl dem gemeinsamen Label Nuclear Blast geschuldet sein, denn auch wenn das Billing nicht abwegig ist, so doch zumindest interessant. Eine schlechte Idee war es offenbar nicht, denn die Essigfabrik füllt sich nach dem Einlass doch ziemlich dicht und so kann der Special Guest sich trotz des ersten Slots am Abend an einem regen Publikum erfreuen. CRASHDIET haben eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Nach grandiosen 2005er Debüt "Rest In Sleaze" war die Band nach dem Selbstmord von Sänger Dave Lepard im Jahre 2006 quasi schon zu Grabe getragen. 2007 ging es dann doch mit Olli Herman (RECKLESS LOVE) und dem neuem Album "The Unattractive Revolution" weiter, bevor musikalische Differenzen 2008 zum Split vom Sänger führten. 2009 wurde dann der neue Frontmann Simon Cruz bekanntgegeben und im Frühjahr 2010 folgte das verdammt starke dritte Album "Generation Wild". Und eben dieser Mr. Cruz wirbelt jetzt gegen 20 Uhr mit den drei anderen Jungs über die Bühne. Der spektakulär anzuschauende Fronter ist der klare Mittelpunkt der Show und mit gleich drei Titeln in Folge wird eindrucksvoll gezeigt, dass das neue Album zurecht selbstbewusst von der Band gesehen wird, denn die Songs überzeugen auch live. Zwar ist der Sound noch nicht optimal und eher etwas roh im Vergleich zu den folgenden Bands, aber der Energielevel der Schweden ist einfach verdammt hoch. Schlag auf Schlag hauen CRASHDIET einen Song nach dem anderen raus und pressen einfach das Maximum aus den zugestandenen 30 Minuten Spielzeit heraus. Dennoch, die Wurzeln hat man im Sleaze-Camp nicht vergessen, denn das legendäre Debütalbum bekommt neben dem Doppel 'Riot in Everyone' und 'Queen Obscene/69 Shots' später noch das unvermeidliche 'Breakin' The Chainz' spendiert. Der nicht nur optisch und showtechnisch starke Simon Cruz kann erwartungsgemäß auch mit dem älteren Material problemlos stimmlich mithalten, denn der Mann hat einfach ein optimales Organ für diese Musik. Das beweist er auch bei der Single 'In The Raw' vom zweiten Album, die er ebenfalls blendend performt. Gelegentlich lässt er es sich sogar nicht nehmen, auch mal selbst die Gitarre in die Hand zu nehmen und mitzuzocken. Die übrige Zeit wird das nötige Fundament jedoch zuverlässig von den Kollegen Peter London, Martin Sweet und Eric Young gelegt. Ein überaus kurzweiliger Auftritt findet mit dem Titeltrack des aktuellen Albums 'Generation Wild' leider schon viel zu schnell sein Ende. In der Form hätten CRASHDIET gut und gerne noch etliche Songs spielen können und nicht nur meiner Meinung nach ist über kurz oder lang eine eigene Headliner-Tour Pflicht. Das Kölner Publikum feiert die Jungs nämlich völlig zurecht durchgehend ab und die Anzahl der Hände, die hier oben ist, unterscheidet sich kaum von der bei den beiden Headlinern. Set List CRASHDIET 01. Down With The Dust 02. So Alive 03. Native Nature 04. Riot in Everyone 05. Queen Obscene/69 Shots 06. In The Raw 07. Beautiful Pain 08. Breakin' The Chainz 09. Generation Wild Allgemein scheinen CRASHDIET auf dieser Tour exzellent angekommen zu sein, denn sämtliches Merchandise, was mitgenommen wurde, ist schon seit einigen Gigs ausverkauft und dabei stehen noch eine handvoll Konzerte aus. Auch HARDCORE SUPERSTAR haben Merchandise-technisch gut Federn gelassen. Längst sind nicht mehr alle Produkte erhältlich und alle Größen ebenfalls nicht mehr. Immerhin, der Shirt-Preis ist mit 20 Euro absolut fair, was ebenfalls fürs Merchandise von THE 69 EYES gilt. Immerhin scheint hier noch etwas mehr vorrätig zu sein. So oder so, erfreulich, wenn die Bands ihre Waren abgesetzt bekommen, denn bekanntlich bleiben diese ein wesentlicher Faktor in der Finanzierung einer Tour. Kurz nach 21 Uhr betreten HARDCORE SUPERSTAR dann pünktlich unter den Klängen von VAN HALENs 'Dance The Night Away' die Bühne und lassen sich auch ein kleines Shake-Hands mit der ersten Reihe nicht nehmen. Auch die Street Metal-Kings wollen heute offenbar nicht viel Zeit verlieren und sparen sich deswegen im Gegensatz zu den letzten Jahren ein langwieriges eigenes Intro. Erwartungsgemäß geht's mit dem Opener des aktuellen Albums "Split Your Lip", 'Sadistic Girls' los und die Stimmung ist gleich hoch. Auch wenn die jüngeren Alben alle mit Songs bedacht werden, im Mittelpunkt steht heute klar "Split Your Lip" mit insgesamt sieben Songs im Set. Im Gegensatz zu CRASHDIET haben HARDCORE SUPERSTAR bis auf den Weggang von Gitarrist Silver 2008 ein langjährig stabiles Line-Up zu verzeichnen. Der aktuelle Output bewegt sich vielleicht auch deswegen auf dem gewohnt hohen Niveau der Schweden, die ihren eigenen Stil nach und nach immer weiter perfektionieren. "Neuling" Vic Zino hat sich mittlerweile blendend eingelebt und agiert neben der selten einmal stillstehenden Frontsau Jocke Berg am heftigsten. Der Energielevel geht also nahtlos von CRASHDIET weiter an HARDCORE SUPERSTAR. Ein ausgesprochener Reißer der aktuellen Platte ist 'Guestlist', ein Song der auch live ebenso gut kommt wie von Platte. Der einzige Song, der etwas ruhigere Töne anschlägt, ist neben dem aktuellen, akustisch vorgetragenen 'Here Comes That Sick Bitch' das feine 'Liberation' vom offiziellen Debütalbum "Bad Sneakers And A Pina Colada". Die restliche Zeit gibt's nur auf die Zwölf und die Stimmung in der Essigfabrik ist dementsprechend gut. Bei 'Bag On Your Head' kommt Eric Young von CRASHDIET nochmals auf die Bühne und löst Adde an den Drums ab, damit der auch mal ein bisschen Kontakt zu den vorderen Reihen suchen kann. Schließlich hat der Drummer stolz sein aktuelles Tattoo zu präsentieren, weswegen er die Gelegenheit gerne wahrnimmt. Zum Ende des regulären Sets werden für den Brecher 'Last Call For Alcohol' noch zwei Mädels aus dem Publikum auf die Bühne geholt, die mitsingen dürfen. Das tun beide auch, bevor es nach einer kurzen Unterbrechung in die Verlängerung, sprich Zugabe, geht. 'Moonshine', die erste Single der aktuellen Platte, darf natürlich ebensowenig fehlen wie der größte Hit 'We Don't Celebrate Sundays'. Dankenswerterweise lässt Jocke heute nicht das Publikum zu viel singen und übernimmt die Aufgabe selbst. Entsprechend zufrieden sind nach dieser gelungenenen Mischung der jüngeren HARDCORE SUPERSTAR-Alben auch die Kölner Fans, von denen offenbar nicht wenige vor allem für die ersten beiden Bands anwesend waren. Set List HARDCORE SUPERSTAR 01. Sadistic Girls 02. Guestlist 03. Split Your Lip 04. Liberation 05. My Good Reputation 06. Wild Boys 07. Into Debauchery 08. Dreamin' In A Casket 09. Here Comes That Sick Bitch 10. Last Forever 11. Bag On Your Head 12. Bully 13. Last Call For Alcohol Encore: 14. Moonshine 15. We Don't Celebrate Sundays Im Vergleich zu vorher leert sich die Essigfabrik nach dem Ende des HARDCORE SUPERSTAR Sets um 22.15 Uhr nämlich doch deutlich. Ob das nun an der Uhrzeit und den Zeiten der Öffentlichen Verkehrsmittel liegt oder daran, dass doch nicht jeder der Fans etwas mit THE 69 EYES anfangen kann, es ist schwer zu sagen. Fakt ist jedenfalls, dass es für die Finnen nach diesen beiden Gigs heute Abend schwer werden dürfte. Pünktlich gegen viertel vor elf kommen die selbsternannten "Helsinki Vampires" zu den Klängen des "True Blood" Themes auf die Bühne. Der von THE 69 EYES und Frontdiva Jyrkie 69 zelebrierte Goth 'n' Roll ist doch deutlich anders als die sleazigeren Klänge der beiden Vorgänger. Jyrkie ist im Vergleich zu den beiden anderen Frontern einfach deutlich düsterer, allerdings auch deutlich statischer auf der Bühne. So spielen die Rocker zwar ein schönes Set als Querschnitt des bisherigen Werkes, doch abgesehen von Drummer Jussy 69, der ab und an ein bisschen Leben in die Show bringt, wirkt das ganze im Vergleich einfach ein wenig blutleer. Vielleicht unterstreicht das den vampirischen Charakter der Band, vielleicht passt das sogar, doch nach zwei Bands mit dermaßen viel Energie fällt die Wirkung hier einfach ein wenig ab. Nicht, dass hier musikalisch groß etwas zu bemängeln wäre, nein, auf diesem Level passt alles. Möglicherweise ist das Billing insofern doch einfach zu gegensätzlich, um einen absolut flüssigen Ablauf zu gewährleisten. Die ersichtlichen Fans von THE 69 EYES haben jedenfalls ihren Spaß bei dem Gig, was ja auch die Hauptsache ist. Immerhin gibt's bei der Zugabe noch einen kleinen Akustikteil inklusive des ELVIS PRESLEY-Covers 'Heartbreak Hotel' als Überraschung, was das Herz des Rezensenten natürlich erfreut. Jyrkie 69 kann sowohl frisurtechnisch als auch stimmlich an dieser Stelle klar punkten. Nachdem mit 'Lost Boys' der letzte Song gespielt ist, ist gegen Mitternach dann endgültig Schluss in der Essigfabrik. Set List THE 69 EYES 01. Devils 02. Ghettoway Car 03. Dead 'n Gone 04. Wings & Hearts 05. The Chair 06. Kiss Me Undead 07. Crashing High 08. Still Waters Run Deep 09. Perfect Skin 10. Velvet Touch 11. Sister Of Charity 12. Never Say Die 13. Dead Girls Are Easy Encore: 14. Feel Berlin (Acoustic) 15. Heartbreak Hotel (Acoustic) (ELVIS PRESLEY Cover) 16. Rocker (Acoustic) 17. Brandon Lee 18. Lost Boys Insgesamt ist die "Dark Decadence" Tour 2011 ein voller Erfolg gewesen. Das Billing mag vielleicht nicht komplett jedem zugesagt haben, aber die hohe Zuschauerzahl gibt der Idee wohl recht. Klare Gewinner des Abends waren jedoch HARDCORE SUPERSTAR und insbesondere CRASHDIET, die für meine Begriffe sogar den besten Auftritt des ganzen Abends abgeliefert haben. Für einen Eintrittspreis von gut 27 Euro im Vorverkauf war das Gesamtpaket jedenfalls hervorragend und hinterließ dementsprechend auch nur glückliche Gesichter - aber wenn dunkle Dekadenz in Köln nicht ankäme, wo dann sonst, nicht wahr? |
Alle Artikel