Scimitar - Shadows Of Man

Review von Divine Victim vom 01.07.2020 (11128 mal gelesen)
Scimitar - Shadows Of Man Wer sagt, dass traditioneller Metal auf dem absterbenden Ast ist, hat definitiv noch keinen Blick nach Kanada getätigt. RIOT CITY haben letztes Jahr ein hervorragendes Speed-Metal Album veröffentlicht, TRAVELER haben nach ihrem tollen Debüt letztes Jahr im April dieses Jahres kräftig nachgelegt und mit Bands wie GATEKEEPER oder SMOULDER hat man sich im Epic Metal ganz dicht hinter dem Nachbarn, den USA, aufgestellt, die mit ETERNAL CHAMPION oder VISIGOTH die Speerspitze der neuen Epic Metal Bewegung bilden.

Obwohl man die Wurzeln des Epic Metal klar zu MANILLA ROAD oder den 1980er Werken MANOWARs zurückführen kann, ist er sehr vielseitig und variantenreich. CANDLEMASS erweiterte das Spektrum deutlich in den doomigeren Bereich und mit BATHORY sollten sich dann nochmal ganz andere Welten öffnen. Die epische Wikingerthematik - später auch nochmal in einer in meinen Augen perfekt aufgegriffenen Version, in Form von MANILLA ROADS "Voyager", dargeboten - sollte die Inspiration zahlreicher anderer toller Bands sein. EREB ALTOR oder FOREFATHER sind mittlerweile wichtige Stützen der "Epic-Viking-Metal" Szene. Auch FALKENBACH, die in der Szene unverzichtbar sind, erinnern soundtechnisch sehr an BATHORY.

Warum erzähl' ich das alles? Um wen geht es hier überhaupt? BATHORY? Nein, es geht um ein Quartett aus Kanada, SCIMITAR - ein Scimitar ist ein orientalischer Säbel. Ende letzten Jahres bin ich auf deren im August 2019 veröffentlichtes Album "Shadows Of Man" gestoßen und hab' mich in einen Song, 'Knights Collapse', besonders verliebt. So war es ein sehr erfreulicher Zufall, als die Band mich fragte, ob ich nicht Interesse hätte, es zu reviewen und obwohl ich ihnen mitteilte, dass ich es vielleicht nicht hinbekomme und dass es lange dauern würde - ich war mitten im Abistress -, haben sie mir trotzdem aus Kanada ohne zu zögern die CD geschickt. Vielen Dank!

Was hat das jetzt aber mit BATHORY zu tun? Stümper würden das Album einfach als Melodeath abstempeln, aber nein, es ist so viel mehr als das. In meinen Augen passt die Bezeichnung: "episch-melodischer, atmospheric Deathfolk/Vikingmetal" besser. Selbst das ist noch nicht genug; dieses Album ist eines der vielseitigsten Alben des letzten Jahres. Dies lässt sich an den Einflüssen und Vorzügen der Bandmitglieder ablesen. Von RUSH und IRON MAIDEN über AMON AMARTH, ENSIFERUM und ARKONA bis ins episch Dunkle, in Form von eben FALKENBACH, EREB ALTOR oder BLACK MESSIAH, wird eine enorme Bandbreite gehört und in den eigenen Spielstil und Sound aufgenommen.

Nachdem die Band 2008 von den Schulfreunden Angus Lennox, Sänger und Bassist, Clayton Basi, Drummer, und den Brüdern George und Noel Anstey, beide Gitarristen, gegründet worden war, brachte man 2009 eine EP und ein Jahr später das Debütalbum "Black Waters" raus. Zudem veröffentlichte man in den nächsten Jahren drei Singles, die sich alle auf dem jetzigen Album befinden. Mit David Douglas hatte man von 2010 bis 2012 auch einen Keyboarder. 2017 verließ George aus beruflichen Gründen die Band und wurde von Jesse Turner ersetzt.

Besonders prägnant ist das Melodische, das sich immer wieder in den Vordergrund drängt. Das Gitarrenduo trägt dazu natürlich bei. Sie sind gefühlvoll und wechseln mühelos zwischen einem melodischen, atmosphärischen und einem harten, brutalen Klang. Die Soli gefallen mir auch sehr und sind meines Erachtens nach sehr passend eingesetzt. Gleiches gilt für die Rhythmussektion. Bass und Drums klingen angenehm und natürlich. Auch sie werden gezielt eingesetzt und liefern, zum Sound passend, Power oder Tiefgang. Sänger Lennox ist wahrlich ein Biest - nicht nur musikalisch: er ist auch Leistungssportler im Gewichtheben. Seine Vocals spiegeln genau das wider und bieten auch eine große Bandbreite. Von mächtigen Death Growls bis zu krächzenden Black Metal-Screams beherrscht er alles, jedoch würde ich seine Vocals überwiegend nicht als Growls, sondern als äußerst rauen Gesang bezeichnen.

Nach einem Intro, das ausnahmsweise nicht völlig belanglos ist, ganz im Gegenteil, ich finde es in Akustikform mit Naturgeräuschen sehr atmosphärisch, startet die Platte mit meinem absoluten Highlight, 'Knights Collapse'. In diesem Lied, in dem es um die Schlacht von Azincourt geht, in welcher die englischen Langbogenschützen 1415 die französische Armee entscheidend schlugen, werden die Verse in klimatischer Art und Weise im hohen Tempo im Sprechgesang vorgetragen, um dann fließend in den epischen Chorus überzugehen. Ich bin kein Fan von Rap, aber in dieser Form, mit der Klimax-Struktur des Songs und den mächtigen Instrumenten sowie den rauen Vocals, klingt der Sprechgesang wirklich stark. 'Flayed On The Birch Back' folgt einem ähnlichen Konzept, ein mächtiger, an Death Metal erinnernder Anfang und ein ziemlich epischer Schluss, diesmal aber ohne Sprechgesang. Bei 'Wandring At The Moon' begeistert mich besonders das tolle sowie höchst atmosphärische Banjitar-Intro (Banjo + Guitar) und bei 'To Cultivate With Spears' das überragende Gitarrenspiel. Das nächste Highlight ist das fantastische, zweigeteilte 'Shadows Of Man', welches ebenfalls ziemlich episch ist. Während der erste Teil 'Imperium' vor allem atmosphärisch und durch einen sehr erfrischenden, abwechslungsreichen Sound auftrumpft, ist es bei Teil zwei, 'Cataclysm', die Eingängigkeit sowie Emotionalität. Während 'Imperium' den Aufstieg eines imaginären Reiches beschreibt, handelt 'Cataclysm' von dessen Untergang und die Brutalität sowie die Verzweiflung lassen sich in der Musik wiederfinden. Man hat sich hier von den Maya sowie dem römischen Reich inspirieren lassen. 'Where Ancient Spectres Lies' hat dann wiederum einen leichten AMON AMARTH-Touch, bevor es mit 'Mysterium, Tremendum Et Fascinans' tiefschwarz wird, sehr düster und nochmal eine andere Seite die uns geboten wird.

Fazit: Auch wenn ich hoffe, dass bis zum nächsten Album nicht wieder neun Jahre vergehen müssen, kann ich sagen, dass das, was SCIMITAR hier abliefern, wirklich stark ist. Wir haben hier keinen konventionellen simplen Melodeath oder Vikingmetal. Nein, die Kanadier machen das, was ihnen Spaß macht, verknüpfen die Aspekte von Musik, die sie wirklich mögen, und haben dadurch ein wirklich tolles Gespür für Melodie und Atmosphäre. Diese Aspekte schaffen es meiner Meinung nach wirklich, über die Grenzen des Genres hinauszugehen, wenn man dieses abwechslungsreiche Abenteuer überhaupt einem spezifischen Genre zuteilen kann. Alle Songs sind meines Erachtens nach wirklich gut, manche sind sogar wirkliche Highlights des letzten Jahres. Die größte Stärke ist der Abwechslungsreichtum und dank ihm ist das Album nach vielfachem Hören immer noch nicht langweilig. "Shadows Of Man" von SCIMITAR ist nur zu empfehlen!

Gesamtwertung: 9.0 Punkte
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Trackliste Album-Info
01. State Of Nature
02. Knights Collapse
03. Flayed On The Birth Rack
04. Wandering At The Moon
05. To Cultivate With Spears
06. Shadows Of Man I: Imperium
07. Shadows Of Man II: Cataclysm
08. Where Ancient Spectres Lie
09. Mysterium, Tremendum Et Fascinans
Band Website: www.scimitar.ca
Medium: CD
Spieldauer: 48:57 Minuten
VÖ: 23.08.2019

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