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Rock Harz 2016Hier geht's zur Bildergalerie! |
Take off: 07.07.2016 - Review (19155 mal gelesen) |
Kein Rock Harz ohne Baustellen und Vollsperrungen. Nachdem meine letztjährige Unterkunft zwischenzeitlich aufgegeben wurde, weil der Betreiber ein anderes Hotel gefunden hat, bei dem die Zimmerausstattung bei weitem nicht diesen minimalen Charme versprüht wie es bei der alten Unterkunft an den Gegensteinen der Fall war. Der direkte Weg über Bad Suderode ist also gesperrt und unter ständigem Protest meiner Navigöse genieße ich noch die landschaftlich reizvolle Strecke über Gernrode nach Quedlinburg, ehe es links zu den Gegensteinen straight on Richtung Festivalgelände geht. Wenn man über das Rock Harz berichtet, darf man den Vorabend nicht außen vor lassen, denn am Hauptanreisetag findet traditionell die AFM/Soulfood Label-Night statt. Während sich die Camping-Area immer weiter füllt und ein Auto nach dem anderen das Gelände passiert, füllt sich auch so nach und nach das Festivalgelände.Im Vergleich zum letzten Jahr genießen die Bands auch eine Aufwertung, denn anstatt auf einer separaten Bühne spielen zu müssen dürfen sie dieses Mal auf die Rock Stage. Eine gute Entscheidung, denn die Bands haben mehr Platz, die Zuschauer können sich besser ausbreiten und alle profitieren von dieser Entscheidung. AFM hat auch dieses Jahr wieder ein buntes Programm aufgefahren und bietet den bereits am Mittwoch anreisenden Fans schon mal eine kurzweilige Unterhaltung. Mit MORS PRINCIPUM EST und SHAKRA beginnt der lockere Aufgalopp. KISSIN' DYNAMITE haben ihren Auftritt zwar mit J.B.O. getauscht, was für die Jungs aus Baden Württemberg aber kein Nachteil darstellt, denn das Gelände ist bereits gut gefüllt und ich kann auch einige Fans ausmachen, die recht textsicher die Songs mitzusingen wissen.
Der Tausch in der Running Order ist wahrscheinlich auch der Popularität der Fun-Metaller von J.B.O. geschuldet, die mit ihrem pinken Outfit und einem Mix aus Cover-Versionen und eigenem Material für das Highlight des Abends sorgen. Als Gradmesser dafür reicht allein der Blick über das Gelände vor der Bühne, denn der Platz ist richtig gut gefüllt und somit ein würdiger Rahmen für das Highlight des Tages. Wer es nicht glauben mag, der durfte am nächsten Tag die lange Schlange bei der Autogramm-Session bestaunen. Die Folge: Die Session dauert so lange, dass die Folge-Session mit SPIRITUAL BEGGARS gestrichen werden muss. Abgerundet wird der Anreisetag mit ONSLAUGHT und ASENBLUT, wobei letztgenannte als Wiederholungstäter am Start sind, denn sie durften bereits im letzten Jahr den letzten Festivaltag eröffnen und haben sich mit ihrem überzeugenden und engagierten Auftritt nachhaltig empfohlen. Als Belohnung dürfen die Göttinger eine Dreiviertelstunde die Rock Stage bespielen und die geneigte Metal-Gemeinde ordentlich in die Nacht verabschieden.
1. Festivaltag, 07.07.2016
Kommen wir zum ersten Festivaltag. Der Wettergott hat es gut mit uns gemeint, denn nach einigen dunklen Wolken, die am Vormittag locker an Sachsen Anhalt vorbeigezogen sind, strahlt nun die Sonne fast uneingeschränkt über das Festival-Gelände. Ein leichter Wind begleitet die noch recht überschaubar versammelte Metal-Gemeinde, als das Wiesbadener Quartett THE NEW ROSES die Bühne entert und ihre Rocknummern unter das Volk streuen. Der Festival-Auftakt wird dankbar aufgenommen und so sind auch THE NEW ROSES nicht böse, dass der Auftritt bereits nach 35 Minuten vorbei ist.
Zehn Minuten später entern HACKNEYED die Nachbarbühne, die es vom Start weg ordentlich krachen lassen. Auch wenn der Hintergrund eher traurig ist, spielt das Quintett befreit auf und schafft es, die langsam aus dem Schlaf kommenden Besucher mitzureißen. Dies scheint für die Band ebenfalls zu gelten, denn Sänger Philipp ruft den Zuschauern ein fröhliches "Guten Morgen" von der Bühne, auch wenn der kleine Zeiger schon kurz vor der 2 und der große Zeiger auf der 9 steht. Egal, der Auftritt der Süddeutschen wird gefeiert und mittlerweile wissen alle, dass im Oktober mit der Band Schluss sein wird. Die letzte Show wird am 1. Oktober in Aalen gespielt und dann ist wohl ein für alle Mal Feierabend. Schön, dass wir sie vorher noch mal beim Rock Harz sehen durften.
Auf der Nachbarseite kommt dann nach 14 Uhr etwas mehr Bewegung ins Spiel, denn DEADLOCK wuchten am Freitag ein neues Album an den Start, sind also noch frisch motiviert und anscheinend mit unbändiger Energie gesegnet. Die Melodic Death Metaller geben ordentlich Gas und spielen ihren Gesangs-Trumpf voll aus. Während John mit seinem gutturalen Gesang richtig steil geht, fängt Sabine die Stimmung immer wieder ein und sorgt für ein paar ruhige Momente und klaren Gesangslinien. Zudem sieht sich dieses kleine Power-Paket veranlasst, von der Bühne aus für etwas Animation zu sorgen, was von den Fans vor der Bühne dankbar angenommen wird. Im Gepäck hat man mit 'Berserk' die erste Veröffentlichung aus dem neuen Album, zu dem es auch ein Video gibt. Mit der passenden Aufforderung von Sabine wird zu den heftig rotierenden Double Bass Drums fleißig Head gebangt und ein weiterer Hit der Band, 'Coast Of Honour', ordentlich abgefeiert. Nur schade, dass man das neue Album noch nicht mit im Gepäck hat, aber wer sich angefixt fühlt, kann ja auch flugs vor der Bühne noch schnell eine Bestellung online aufgeben.
Der Staffelstab wird an die bereits seit 20 Jahren in der Szene agierenden GRAND MAGUS übergeben, die in der absoluten Minimalkonfiguration mit Bass, Rhythmus-Gitarre und Schlagzeug arbeiten. Bei der Songauswahl hat man sich an den erfolgreichen Alben "Iron Will" und "Hammer Of The North" orientiert, wobei man auch Material vom neuen Album "Sword Songs" im Gepäck hat. Janne kokettiert mit seiner über lange Jahre im Business erworbenen Schwerhörigkeit und schafft es immer wieder, die Zuschauer zu noch lauteren Jubelstürmen zu verleiten. Die Jungs sind Profis durch und durch und so gibt es auch ein Wiedersehen bei der anschließenden Autogrammstunde.
Die Dänen begleite ich bereits seit einigen Jahren, wobei es den Jungs trotz einiger guter Alben nie so recht gelungen ist, den Durchbruch zu schaffen. Trotzdem hat man sich nicht schrecken lassen und so ist die Band bereits seit 25 Jahren aktiv. Dieses Detail will uns Bo Summer auch nicht vorenthalten und er schwelgt in Erinnerungen, dass ILLDISPOSED bereits seit 25 Jahren in Deutschland spielen und zu den eigenen Anfängen eine gewisse Birne Kanzler war. Zwischendurch gibt es immer wieder mal einen Song, wobei auch das recht frische neue Album "Grey Sky Over Black Town" gewürdigt wird. Dazwischen immer wieder seltsam anmutende Ansagen wie "Wir sind Dänen. Aus Dänemark". Aha. Wir erfahren auch, dass die Band "schnelle Frauen" (oder waren es schöne Frauen?) und "alte Autos" hat. Der gute Bo hat wohl den ein oder anderen Schluck zu viel aus der Hasseröder-Flasche genommen, zumindest hat es die Zunge wohl etwas zu sehr gelöst. Wenigstens ist er allseits orientiert, denn die Spielzeit von 40 Minuten hat er stets im Blick und er weiß, dass die Zeit für "9 schwule Songs" reicht. Alles klar?
Danach kommt wieder Seriosität auf die Bühne. SPIRITUAL BEGGARS ist nicht nur die Zweitspielwiese von Michael Amott und Sharlee D'Angelo, sondern auch eine zur festen Größe gereifte Band in der Stoner-Szene. Der Auftritt der Band ist durch und durch fokussiert. Einerseits wird die Gelegenheit genutzt, das neue Album "Sunrise To Sundown" vorzustellen, andererseits wird die Zeit nicht groß mit Laberei verschwendet, denn die 40 Minuten sind gut gefüllt und so folgt ein Song auf den nächsten. Dazwischen wird immer mal wieder ein "Dankeschön" eingeworfen und unter dem Strich bleibt das Gefühl, dass es doch schade ist, dass die Autogrammstunde ausgefallen ist. Aber einen Teil der Formation sehen wir bereits im nächsten Jahr auf dem Rock Harz wieder, denn ARCH ENEMY stehen bereits als Teilnehmer für das Rock Harz 2017 fest.
In Sachen Fokus können die Jungs von ENTOMBED A.D. ein deutliches Wort mitreden. Die Stockholmer Formation haut einfach einen Song nach dem anderen aus den Instrumenten und weiß durch Spielfreude zu begeistern. Die Fans danken es, dass sich die Schweden auf die Instrumente konzentrieren und die Setlist nur durch kurze Ansagen unterbrochen wird. Danke für diesen knackigen und unterhaltsamen sowie überzeugenden Auftritt.
Auf den Auftritt von ANNIHILATOR war ich schon richtig gespannt, denn bisher hatte ich noch nicht die Gelegenheit gefunden, mir die kanadischen Thrasher einmal Live anzuschauen. Die Jungs sind alte Hasen im Geschäft, hoch routiniert und weit davon entfernt, etwas anbrennen zu lassen. Über 30 Jahre ist man im Geschäft und so verwundert es nicht, dass sich die Besetzungsliste bereits einige Male geändert hat, wobei der Kern unverändert besteht. Alles steht und fällt mit Jeff Waters, der sich für die Live-Auftritte mit Session-Musiker ergänzt. Insbesondere an den Becken ist ständige Rotation der Normalfall und diesmal hat er einen gewissen Fabio mitgebracht, auf den er anscheinend große Stücke hält. Die Kanadier erfahren eine große Aufmerksamkeit, denn der Platz ist richtig gefüllt, die Leute bangen was das Zeug hält und ANNIHILATOR begeistern mit der perfekten Auswahl der Setlist. Natürlich darf auch 'Welcome To Your Death' nicht fehlen. Nach dieser guten Einstimmung ist der Boden für...
...Richtig, SOILWORK bestellt. Ab Beginn brennt der 6er ein mächtiges Feuerwerk ab und wird natürlich meinem und dem hohen Anspruch des Publikums in allen Facetten gerecht. Als ob die Zuschauer nur darauf gewartet haben, entsteht Bewegung und die vor der Bühne stehenden "Grabenschlampen" bekommen endlich was zu tun und dürfen die Crowdsurfer aus der Menge fischen. Dazu entsteht immer wieder ein Circle-Pit, ein weiterer Beweis dafür, wie wohl sich die Menge bei dem Auftritt der schwedischen Melodic Deather fühlt. Die Sonne hat zwischenzeitlich auch ihr Tagwerk verrichtet und bei einigen Besuchern für Sonnenbrand an diversen Körperstellen gesorgt. Doch der Tag ist noch lange nicht vorbei, die Sonne steht noch hoch genug und sorgt weiterhin für ein pralles Festivalerlebnis. Mit "Stabbing The Drama" runden die Schweden ihren grandiosen Auftritt ab und empfehlen sich für einen weiteren Besuch im schönen Harz.
Mit nahezu 30 Jahren auf dem Buckel hat Kai Hansen mit seiner Band GAMMA RAY auch schon so etwas wie einen Alten-Hasen-Status. Auch wenn man kein ganz frisches Album am Start hat, kann man aus einem breiten Fundus der gut ein Dutzend Veröffentlichungen schöpfen, so dass die Setlist mit Hits noch und nöcher gespickt ist. Die Ansage "Alter Scheiss" ist also Programm und so kommt auch der ein oder andere Song aus den Anfangszeiten der Band zu Gehör. Die Fans freuen sich, recken ihre Hände und feiern mit der Band einen unterhaltsamen Auftritt.
Für ASP ist die Bühne bereitet, der Feuerwehrschlauch ausgerollt und die Feuersäulen angeschlossen und getestet. Kann noch irgendwas störend dazwischen kommen? Höchstens ein Fußballspiel, was auf einem vom Veranstalter aufgebauten LED-Screen seitlich von der Hauptbühne geguckt werden kann. Public Viewing mit musikalischer Untermalung von ASP an Stelle der nervigen TV-Kommentare hat auch mal was. Dem Auftritt um Mastermind Alexander tut das jedoch keinen Abbruch, denn der Platz vor der Bühne ist proppevoll und die Ansage des Publikums ("Wollt ihr Musik? Ja!! Wollt ihr Fußball? Nein!!!") fällt eindeutig aus. Textsicher geht die Meute von Beginn an mit und so hat der weiß geschminkte, hoch gewachsene und kräftig wirkende Mann am Mikro leichtes Spiel, wobei der Auftritt seine Krönung durch den ersten Einsatz von Pyro an diesem Tag erhält. Währenddessen muss nach ungefähr einem Drittel der Spielzeit von ASP die vor dem Screen versammelte Menge das unnötige Handspiel von Schweinsteiger mit ansehen und darf sich kurz vor der Halbzeitpause über den sicher verwandelten Foulelfmeter von Griezmann ärgern. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt und ASP bekommen von dieser Entwicklung, ganz auf ihren Auftritt fokussiert, nichts mit. So erfolglos die deutsche Elf in der zweiten Halbzeit auf das Tor der Franzosen anrennt, so erfolglos versucht der Techniker das Problem mit den zeitweiligen Teilausfall des Screens in den Griff zu bekommen. Als es dann endlich soweit war, sind ASP mit ihrer Setlist auch schon so gut wie durch und brennen ein letztes Feuerwerk bei 'Ich will brennen' ab, wöährend zeitgleich auf der anderen Seite Griezmann einen kapitalen Fehler der deutschen Hintermannschaft nutzt und zum alles entscheidenden 0:2 einschießt. Für den deutschen Fußball ein gebrauchter Tag, für die Rock Harz-Besucher kurz vor dem Headliner.
Fast jede Band bekommt eine Art Intro als Einlaufmusik, so dass auch die Fans die Orientierung erhalten, dass die Band jetzt gleich die Bühne entern wird. Bei SAXON hat man zu meiner Überraschung auf den AC/DC-Klassiker 'It's A Long Way To The Top' zurückgegriffen, aber wenn man bedenkt, dass der Song bereits Mitte der 70er veröffentlicht wurde und damit vor der Gründung von SAXON, kann man, auch unter Berücksichtigung des Werdegangs der Briten, verstehen. SAXON ist bereits eine Legende und kann von diesem Status ganz gut leben. Das Gesicht von SAXON schlechthin ist Biff Byford und Gitarrist Paul Quinn, der genau weiß, dass er leichtes Spiel haben wird. Er schaut in seiner Schatulle nach, welche Songs in seiner langen Schaffensphase unter dem Banner SAXON entstanden sind, holt eine Hand voll der Hits heraus, rührt mal ordentlich um und zieht dann blind die Anzahl raus, die er für den zeitlich limitierten Auftritt benötigt. Noch ein paar Verschiebungen in der Reihenfolge und fertig ist der Auftritt des Briten und seiner Mannen. Biff mit seinen über 65 Lenzen ist nicht mehr der Aktivposten auf der Bühne, dennoch hat er mit seinen schlohweißen Haaren und seiner Ausstrahlung und Stimme die Chose im Griff und beherrscht den Auftritt förmlich. Einen alten Haudegen, der für die Mitbegründung des New Wave Of British Heavy Metal steht, bringt so schnell nichts aus der Ruhe und wenn man zum wiederholten Male Routine abspulen kann bei Songs wie '747...' oder der epischen Schlacht-Hymne 'Crusader', dann kommt auch ein Biff in sein Element. Den Fans ist es egal, sie wollen die alten Gassenhauer abfeiern und so kann Biff und seine Mannen das Schiff locker in den nächtlichen Hafen fahren.
Mit dem Night-Slot ENSLAVED wird der erste Tag abgeschlossen und noch mal ein feistes Kontrastprogramm geboten. Wer nach dieser Dosis Progressive Pagan Black Metal nicht in den Schlaf findet, dem kann ich auch nicht mehr helfen.
2. Festivaltag, 08.07.2016
Den Freitag eröffnet AND THEN SHE CAME bei fast durchgehend bewölktem Himmel, was aber weder die frühen Durchstarter stört, noch die Band selbst. Während Sängerin Ji-In Cho den gestrigen Tag noch relaxend auf der VIP-Tribüne genoss, gibt sie heute auf der Bühne mächtig Gas und bietet mit ihren Mannen eine dynamische Show. Leider ist es nicht allen Festivalteilnehmern vergönnt, den Start an diesem Freitag mitzuerleben, denn die Schlange an den Duschen war mörderisch und so wird sich der Gang auf das Festivalgelände für den ein oder anderen Besucher noch ein Weilchen hinziehen. Für die Band ist der Tag dennoch perfekt, denn neben diesem Auftritt erreicht uns die Information, dass das jüngst veröffentlichte und selbst betitelte Album auf Platz 69 der deutschen Album-Charts gestiegen ist. Glückwunsch!
DUST BOLT sind nicht minder engagiert und versprühen um kurz vor 12 Adrenalin pur auf der Bühne. Heftiges Stage-Acting gepaart mit der mehrfachen Aufforderung an die Zuschauer, doch näher an die Bühne heranzutreten und nicht zu schüchtern zu sein, verfehlen nicht ihre Wirkung. Eine leichte Bewegung hin zur Bühne ist auszumachen und DUST BOLT legen auch gleich los wie die Feuerwehr. Etliche Fäuste recken sich gen Himmel und sind Beweis dafür, dass die Band von Beginn an das Publikum erreicht hat und mitreißt. Zudem kommen die Besucher des Rock Harz an diesem Tag in den Genuss des Release-Auftritts, denn heute erscheint das neue Album "Mass Confusion", zu dem das Quartett auch Kostproben im Gepäck hat. Das Rock Harz 2016 entwickelt sich also langsam zum Open Air mit den besonderen Momenten.
TWILIGHT FORCE ist eine junge Power Metal Band aus Falun, Schweden. Die Jungs sind hübsch anzusehen ist, sie lieben lustige Verkleidungen und stellen damit fiktive Gestalten dar und sie beackern das Genre stilecht im Sinne der späten 90er. Zugegeben, ich kannte die Band vorher nicht und werde auch danach nicht mehr groß mit ihr in Berührung kommen, doch über einen Mangel an Fans kann sie sich zumindest nicht beschweren. Mit neuen Songs des aktuellen Albums "Heroes Of Mighty Magic" bewaffnet erleben die Festivalbesucher eine weitere Band mit recht frischem Material am Start. So albern ihre Verkleidungen auch wirken, die Schweden scheinen das anders zu sehen und ziehen ihren Stiefel inklusive der Autogrammstunde, die zudem auch noch reichlich besucht wird und die Schlange fast schon J.B.O.-Ausmaße annimmt, durch. Geschmäcker sind halt verschieden, aber der Erfolg und die Aufmerksamkeit gibt den Schweden recht.
Mit SUICIDAL ANGELS bekommt das Rock Harz Besuch aus Griechenland. Das 2001 gegründete Quartett frönt dem Thrash Metal und pustet den geneigten Festivalgängern zur Mittagsstunde ordentlich die Ohrkanäle frei. Auch wenn die Band erst 2007 ihr Debüt veröffentlichte, hat man in der Folge fleißig an weiteren Songs gearbeitet und regelmäßig neue Alben veröffentlicht. So ist auch der Fundus für den 35-minütigen Auftritt reichlich vorhanden und man hat eine Auswahl der Marke Creme-de-la-Creme getroffen. So ist der Boden bereitet, denn danach wird es mit...
...den Norwegern KAMPFAR noch eine Spur düsterer. Die Pagan und Folk Metaller beackern bereits über 20 Jahre die Festival-Äcker dieser Welt und können durch die Bank überzeugen. Für Norweger nicht überraschend sind ihre schwarzmetallischen Wurzeln, die sie mit den jüngsten Veröffentlichungen wieder stärker fokussiert haben und auch hier im Harz zum Besten geben. Von diesem Stilmix profitieren auch die Songs der Band, die von Atmosphäre, Folk, Metal bis in die schwarzen Gefilde alles hergeben und für Freunde der Kontrast-Achterbahnfahrten alles bereithalten. So kann es weiter gehen.
Mit NITROGODS entert eine Rock 'n' Roll-Band des alten Schlags die Bühne, die erstaunlicherweise erst 2011 das Licht der Welt erblickte. Das Trio macht ordentlich Betrieb und bestreitet ihren Auftritt mit Songs der beiden bisher veröffentlichten Alben. Es gibt anscheinend ein paar Hardcore-Die-Hard-Fans der Jungs, die vor der Bühne in der ersten Reihe stehen und Oimel Claus und den weiteren Mannen zujubeln. Das Rock Harz steht also nicht nur für ein breites Stil-Spektrum, sondern gibt auch jungen Bands eine Chance. Die Reaktionen zeigen, dass dieser Weg nicht falsch gewählt ist.
Wo wir gerade beim Thema Kontrast sind, sind wir auch schon bei den Würzburgern DER WEG EINER FREIHEIT. Das Extreme Metal-Quartett kann bisher zwei Alben vorweisen und bietet den Besuchern einen guten Überblick zu den beiden bisherigen Veröffentlichungen. Die teils progressiv angehauchten Songs versprühen etwas Atmosphäre und verhehlen nicht die schwarzmetallischen Wurzeln. Überwiegend dominiert aber der Extreme Metal und die Matten kreisen fröhlich zu den unaufhörlich treibenden Double Bass Drums. Wer noch nicht genug Kontrast hatte, der switched nun einfach nach links zur Dark Stage, die fünf Minuten später von...
... COPPELIUS geentert wird. Die Berliner Klamauk-Truppe mit Hüten bietet dem Zuschauer nicht nur was fürs Auge, sondern weiß neben der Theateraufführung auch musikalisch zu unterhalten. Ich habe die Band mit ihrem 2013er Album "Extrablatt" kennengelernt, wobei das Album damals auch von der starken Single 'Spieldose' flankiert wurde. Die Berliner Kammercorer, wie sie sich selbst gerne beschreiben, können und wollen ihre NWOBHM-Wurzeln nicht verleugnen und so streut man immer noch ein MAIDEN-Cover mit ein, was auch mit Kontrabass, Cello und Klarinette mal eine coole Alternative ist. Die Fans freut es eh und der Stimmung ist es natürlich auch zuträglich. Nicht, dass es die Band gebraucht hätte, aber so wird auch dieser Auftritt ein richtig rundes COPPELIUS-Ding, bei dem auch Butler Bastille nicht fehlen darf.
AXXIS gehören mit zu den Bands, die ich irgendwann aus den Augen verloren habe, in diesem Fall recht früh nach ihrem Debüt "Kingdom Of The Night". Ich bin sogar davon ausgegangen, dass sich AXXIS zwischenzeitlich sogar aufgelöst hätten, doch weit gefehlt. 1988 gegründet ist man seitdem aktiv und hat zu keiner Zeit abreißen lassen. Immer wieder gab es neue Alben und man kann insgesamt auf ein bewegtes Bandleben zurückblicken. Den Auftritt auf dem Rock Harz hat man sich allemal verdient und die Rock-Gemeinde vor der Bühne weiß die Band und die zahlreichen Hits zu schätzen. Zwischenzeitlich ist auch etwas Wind aufgekommen und das Regenradar ist unerbittlich und behauptet, dass auch Ballenstedt und somit das Festivalgelände von einer Breitseite angesteuert wird. Während es für AXXIS noch gut ausging...
...baut sich für PRIMORDIAL die Spannung erneut auf. Bleibt es trocken? Wird es regnen? Wenn es regnet, wie schlimm wird es das Festival treffen? Gedankenspiele über Gedankenspiele, doch was hilft es. Die Iren entern unbeeindruckt die Bühne und Alan, weiß geschminkt und bemalt, zieht das Publikum mit der einfachen Frage "Are You With Me" gleich auf seine Seite. Mit fast 30 Jahren Erfahrung weiß er, wie ein kurz vor der Apokalypse stehende Festival-Meute einzufangen ist. Auch diese ist vom Wetter und den ersten Tröpfchen unbeeindruckt, locker abwartend und teils mitgrölend werden die Iren bei ihrem Auftritt unterstützt. Die Midtempo-Nummern laden auch förmlich zum bangen ein und der böig aufkommende Wind sorgt für zusätzliche Bewegung in der Frisur. Das Gefühl von Freiheit und Wildnis war heute noch nicht größer und so bleibt auch der Auftritt von PRIMORDIAL unvergessen.
Die erste Band, die noch vor dem Ende des letztjährigen Festivals feststand, war KÄRBHOLZ. Wer so früh sein Kommen zusagt, soll auch mit einer attraktiven Uhrzeit belohnt werden, denn nichts geht über Planungssicherheit. KÄRBHOLZ, die aus dem Nabel der Welt Ruppichteroth stammen, hat mittlerweile einen guten Bekanntheitsgrad erreicht und können auf eine ansehnliche Fanbase blicken. So verwundert es nicht, dass der Auftritt der Rock-Punk-Indie-Band sehnlichst erwartet wird, während das Wetter immer noch Spannung vermittelt und die Chance, dass das große Unwetter einfach vorbeizieht, gar nicht mal so klein ist. Aber was reden wir hier vom Wetter, wenn KÄRBHOLZ die Bühne abreißen wollen? Die bei Köln verortete Band trifft mit ihrem Rock mit deutschen Texten den Geschmack der Fans, die sich von der Band mitreißen lassen und textsicher begleiten. Während die Band weiter Gas gibt, bereiten sich einige Händler im Hintergrund auf das große Unwetter vor und schließen ihre Verkaufshütten. Wiederum andere nutzen die Gunst der Stunde und lassen den Verkauf weiterlaufen. Und der Wettergott hatte ein Einsehen mit den Festivalbesuchern, denn nach 5 Minuten leichten Regens reißt die Wolkendecke auf und die Sonne kommt heraus. Mit den ersten Sonnenstrahlen des Tages beenden auch KÄRBHOLZ ihren Auftritt und entlassen die glückliche Fangemeinde in Richtung der Nachbarbühne, auf der...
... SATYRICON den nächsten Abrissversuch auf der anderen Seite starten. Die norwegischen Extreme Metaller sind seit Jahren eine feste Größe in der Szene und haben einige Fans im Publikum, die sich wie Bolle auf diesen Auftritt freuen. Die Freude beruht auf Gegenseitigkeit und dementsprechend Gas geben die Norweger, was das Publikum dazu animiert, die Mähne ordentlich in Rotation zu bringen. Routiniert und tough wird ein buntes Programm aus dem Back-Katalog runtergezockt, wobei sich Jungs keiner Blöße hingeben und einen astreinen Gig abliefern, der nach der Power Metal-Weichspül-Momente des Tages die Gehörgänge mal wieder einer ordentlichen Tiefenspülung verpasst.
Mit KNORKATOR kann ich so gut wie gar nichts anfangen und verbinde mit dieser Band ausschließlich den 2000er-Auftritt beim Vorentscheid zum Eurovision Song Contest, bei dem die Herrschaften in so komischen weißen Fellanzügen auftraten. KNORKATOR 2016 sind wahrscheinlich gar nicht so weit weg von ihrem Auftritt 2000 und die Bild würde auch in diesem Jahr wieder – leicht abgewandelt – texten "Wer hat diese Irren zum Rock Harz gelassen?". Spaß macht was gefällt und den Fans scheint es zu gefallen, denn kaum ist die Band auf der Bühne angekommen, wird Gero Ivers, auch "Stumpen" genannt, vielstimmig aus dem Publikum aufgefordert, sich auszuziehen. Gefordert und umgesetzt, behende schlüpft er aus seinem Ganzkörperkondom und präsentiert sich nackig, tätowiert und mit einer pinken Lackunterhose bekleidet dem Publikum. Natürlich möchte ich die Kniebandage nicht unterschlagen, die der drahtige kleine Mann auch noch trägt, doch noch markanter als sein echt schrilles Outfit ist die hohe Stimme, die er gleich zu Beginn voll nach oben fährt. Ja, KNORKATOR sind schrill und speziell, ihre Gassenhauer sind bekannt und werden aus vielen Kehlen mitgegrölt. Hat man KNORKATOR genossen, kann man die Entscheidung des Veranstalters, die Berliner Band zu verpflichten, gut verstehen und in keiner Weise kritisieren. Spaß muss sein und der Spaß der Festivalbesucher geht über alles. Die Grabenschlampen sind schwer aktiv und pflücken einen Crowdsurfer nach dem anderen aus der Menge, während der Stumpen einen Dezibeltest macht und das Publikum bis zu 97 Dezibel laut jubeln lässt. Mit dem Boney M-Cover 'Ma Baker' schließen KNORKATOR ihre Setlist ab und räumen die Bühne für den Aufbau für AVANTASIA.
Ein weiterer Augenhappen kommt kurz vor der Dämmerung auf die Bühne, denn es ist an der Zeit für die Mittelalter-Rocker SALTATIO MORTIS. Die Band, die ihren Wurzeln treu bleibt und immer noch auf Mittelalter-Märkten spielt, ist mit ihrer Musik sehr erfolgreich. So erreichte das letztjährige Album "Zirkus Zeitgeist" Platz 1 der deutschen Albumcharts und in diesem Jahr gab es zumindest eine Echo-Nominierung. Die Diskussion, dass FREI.WILD als Sieger hervorgegangen sind, soll hier nicht wieder aufgegriffen werden, denn letztlich sind die Verkaufszahlen entscheidend gewesen. Waren die anderen nominierten Bands dann nur Staffage? Ach, egal, hier soll ja nicht diskutiert werden. Widmen wir uns dem auf die Bühne stürmenden Oktett, die von ihrem Sänger Alea der Bescheidene nicht angeführt wird. Erst zum ersten Song kommt er an den Bühnenrand gestürzt, kein Gramm zu viel auf den Rippen und mit muskulösem Oberkörper agiert er von links nach rechts nach vorne und wieder zurück, ständig in Bewegung. Dazu ist er noch ein Animateur vor dem Herrn, ständig wird das Publikum mit einbezogen und muss entweder mit den Handys ein Lichtermeer erzeugen, mit den Armen winken, wippen oder mit der geliebten Partnerin auf dem Rücken springen. Trauriger Nebenschauplatz ist ein Zuschauer, der von der Menge nach vorne gespült wird, dort von den Jungs im Graben in den Graben gehoben wird und von den Helfern des Maltesers erstversorgt wird. Ein paar Minuten später erfolgte der Abtransport mit dem Krankenwagen und hoffentlich war es nur ein leichter Schwächeanfall und der Junge ist bald wieder Wohlauf. Die Nachricht hat die Band dann anscheinend doch noch erreicht und mit einer in die Länge gezogene Abschiedszeremonie versucht man die Aufmerksamkeit des Festivalpublikums weiter auf die Dark Stage zu lenken.
Derweil finden die letzten Abstimmungen der Instrumente für den nahenden Auftritt von AVANTASIA statt und endlich ist die Zeit für den Headliner des Tages gekommen. Tobi Sammet entert mit seiner Band AVANTASIA die Bühne, die ein ausgetüfteltes Burg-Bühnenbild erhalten hat, so dass die Musiker wie auf einer Showtreppe runter auf die Bühne kommen und vom Publikum begrüßt werden können. AVANTASIA ist für das Festival sicherlich eine besondere Herausforderung, wobei die Meinungen nicht stärker auseinandergehen können. Dennoch stellt sich Tobi mit seinen Musikern dieser Herausforderung, verzichtet netterweise auf große Labereien und lässt die Musik sprechen. Den Opener kann man fast schon mit geschlossenen Augen aufsagen und so verwundert es nicht, dass der Einstieg ins Set mit 'Mystery Of A Blood Red Rose' erfolgt und wer weiß, vielleicht hätte uns der Song beim ESC doch ein paar Punkte eingebracht. Ganz ohne Gäste will er es dann aber doch nicht durchziehen und so dürfen wir uns über Ronnie Atkins (PRETTY MAIDS) freuen, der am Anfang einige Probleme mit dem Ton auf dem Ohr hatte und heftige Zeichen in Richtung des Technikers gab. Das unbedarfte Publikum interpretierte die Zeichen dahingehend, dass Atkins "some noise" haben wollte, und so bekam er die primär eigentlich nicht gewünschte Reaktion vom Publikum. Wenn schon Gäste auflaufen, dann darf natürlich auch Michael Kiske nicht fehlen. Tobi hat dem Rock Harz Publikum also eine abgespeckte und auf Kompakt – die Überziehung der Spielzeit soll hier aber nicht unter den Tisch fallen – reduzierte Version seiner "Ghostlights World Tour" mitgebracht, was wenig Raum für längere Ansagen bietet. Wem die Aussicht auf die sonst rund 3 Stunden dauernde Show bisher abgeschreckt hat, kommt hier auf seine Kosten und letztlich kann AVANTASIA alle Bedenken zerstreuen, dass die eher für epische Auftritte bekannte Band nicht auch auf einem Festival als Headliner spielen kann.
Zur Nacht gibt es einen weiteren Kontrastpunkt, denn FLESHGOD APOCALYPSE kombinieren klassische Musik mit Death Metal und spielen aufgrund der Überziehung durch AVANTASIA ein abgespecktes Programm.
3. Festivaltag, 09.07.2016
Der letzte Festivaltag hält ein Wetter-Mix der letzten beiden Tage bereit, etwas Wind, Wolken, sonnige Abschnitte und wenigstens kein Regen. Die Voraussetzungen sind also gut, wobei die ersten beiden Bands ROCKDEVILZ und LOST SOCIETY den leichten Verschleißerscheinungen bei den Besuchern, der Schlange vor den Duschen und dem späten Ende gestern Tribut zollen müssen. Dennoch ist bei den Besuchern, die sich bereits vor den Bühnen eingefunden haben, die Stimmung gut und so können beide Bands mit ihrem Auftritt und den erhaltenen Zuspruch zufrieden sein.
Bekanntlich musste aufgrund von Schwierigkeiten mit den schwedischen Behörden bei der Erstellung von nötigen Reisepapieren für die Sängerin Heike der Auftritt von DRACONIAN nicht nur für das Rock Harz abgesagt werden, was ich ganz besonders bedauere. An Stelle der Schweden wurden die Bayreuther Power Metaller WINTERSTORM verpflichtet, die die Gunst der Stunde nutzen, um die Lücke zu schließen. Die bisher durchweg positiven Kritiken können die Bayern locker bestätigen und auch die Fans freuen sich über die fette Dosis Power Metal am Mittag.
Ein noch recht junger Stern am Folk Rock-Himmel sind HARPYIE. Die Ostwestfalen, die in Bad Oeynhausen ihren Proberaum haben, entern die Bühne in einer leicht veränderten Zusammensetzung, als noch auf der Homepage der Band hinterlegt. Keine Ahnung, wer die rothaarige Drehleier-Spielerin ist, aber sie ersetzt den immer noch auf der Homepage abgebildeten Dudelsack-Spieler Mark, der aufgrund seines Fulltime-Jobs nebst Studium einfach keine Zeit mehr für die Band findet und daher leider die Band verlassen musste. So hart die Entscheidungen sind, es tun sich immer Alternativen auf und jetzt hat man eben dieses junge Ding mit an Bord, gerade mal 18 Jahre und schon auf der Bühne des Rock Harz-Festivals. Für HARPYIE, die heute Abend noch einen weiteren Auftritt auf einem Open Air in Bad Oeynhausen haben, ist der Auftritt hier insgesamt eine große Sache, versucht man doch gerade die Band besser und prominenter ins Licht zu rücken. Musikalisch muss man sich zumindest jetzt noch mit den Größen des Genres messen, was noch eine Herausforderung für die Zukunft sein wird. Die Ansätze sind bereits gut zu hören, aber der Weg wird noch steinig und schwer.
Das Thema Neue Deutsche Härte wird von der Koblenzer Band HELDMASCHINE besetzt. Die Formation um Sänger Rene Anlauff, der auch in der RAMMSTEIN-Tribute-Band VÖLKERBALL aktiv ist, verfolgt eigene Ziele, wobei man dennoch sehr stark im Fahrwasser von RAMMSTEIN schwimmt. Die Jungs lassen es ordentlich krachen und vertreten das Genre stilecht, können aber gegen die Originale nicht im mindestens anstinken.
Ganz anders dagegen mein erstes Highlight des Tages, die finnischen Melodic Death Metaller von OMNIUM GATHERUM. Wie Jukka treffend bemerkte, ist der Festival-Samstag auch der Saufsamstag und wenn ich in die glasigen Augen mancher Fans in der ersten Reihe schaue, würden sie dieser Aussage blind zustimmen. Die Finnen, bekannt für ihre brillanten Alben, haben ihre Setlist auf die typische Festivalatmosphäre abgestimmt und heizen bei teils praller Sonne das Publikum mit 'Frontiers' vom aktuellen Album "Grey Heavens" oder dem ebenfalls vom neuen Album stammenden Headbanger 'Storm Front' ein. Dankbar werden die musikalischen Animationen angenommen, denn immer wieder recken die Fäuste gen Himmel. Der Besuch der Finnen hat sich allemal gelohnt, insbesondere, weil neues Material am Start war und die Festivalbesucher in den Genuss kamen, dieses Material erstmals Live zu hören.
Auf der anderen Seite wird es dagegen wieder etwas grober in der Stilistik. Die Thrasher TANKARD kommen auch schon auf über 30 Jahre Bandtätigkeit und müssen sicherlich nicht näher vorgestellt werden, haben sie doch bestimmt schon jedes Festival bespielt. Etwas überraschend wird für die Thrasher SIMON & GARFUNKEL zum Einlauf aufgelegt, aber vielleicht ist der Kontrast als Effekt bewusst gewählt. Mit einer fetten Basseinstellung wird gleich zu Beginn eine Ansage gemacht, die sich durch die komplette Setlist der Frankfurter zieht. Als Gerre dann auch noch seinen feisten Wanst dem Publikum offenbart, bin ich raus, egal, ob diese Einlage seiner unbeholfenen Grobmotorik geschuldet war oder es ihm einfach wurscht ist, dass die Schwarte feist über seinen Hosenbund schwabbelt.
Ästhetischer sind dagegen die Power Metaller von GLORY HAMMER anzuschauen. Christopher Bowes kennt den Weg in den Harz noch vom letzten Jahr, als er mit seiner Band ALESTORM das Festival bespielte. Diesmal wird es hymnisch, episch, teils kitschig – zumindest von der Optik her – und umso mehr funktioniert die Geschichte. Die in den Texten verarbeiteten Fantasy-Geschichten sind durchweg mitreißend komponiert, werden vielkehlig mitgesungen und sorgen in der Gesamtsumme zu einem weiteren Highlight dieses Festivaltages. Auch wenn die Meinungen über den Geschmack auseinandergehen, die Fans, die sich diesen Auftritt angeschaut haben, waren vollends begeistert und lassen keine zwei Meinungen zu.
Aus mir nicht ersichtlichen Gründen verzögert sich der Auftritt von HÄMATOM mit der Folge, dass die Zeit nach hinten natürlich wieder reingeholt werden muss. Dies führt dazu, dass aus der Setlist flugs zwei Songs gestrichen werden. Nach dem Sprechintro zu 'Wir sind Gott' legen die Jungs mit fettem Bass los und brennen trotz des verkürzten Sets ein Feuerwerk nach dem anderen ab. Durch diese notwendige Beschneidung...
...liegen FINNTROLL wieder punktgenau in der Zeit und demonstrieren dem geneigten Publikum in Ballenstedt, dass Folk Metal auch ordentlich auf die Zwölf gehen kann und man dabei auch ordentlich Gas geben kann. Wenn die finnischen Trolle von Folk Metal sprechen, dann steht der Metal an erster Stelle und die folkigen Klänge dienen lediglich der Untermalung. Zwischenzeitlich wird vom benachbarten Flughafen der Rundflug, der unter anderem am Festivalgelände vorbeiführt, aufgerufen, so dass ich die Finnen leider verlassen muss.
Da der ganze Akt mit dem anmelden im Tower, dem Warten auf das Einsteigen, der Flug selbst und dann das Zurückkommen auf das Festivalgelände doch ein wenig Zeit in Anspruch genommen hat, haben sich zwischenzeitlich nicht nur FINNTROLL verabschiedet, sondern auch ENSIFERUM die Nachbarbühne erklommen, was man auch vom Flugzeug aus gut beobachten kann. Dementsprechend fortgeschritten ist bei meiner Rückkehr die Spielzeit der finnischen Wikinger, die das Publikum locker eingefangen und mitgerissen haben. Die Finnen, die dieses Jahr auch schon 20-jähriges Bandjubiläum feiern, sind in Sachen Viking Metal ein Großgewicht, wobei der einzig verbliebene Bandgründer Markus Toivonen für die Texte verantwortlich ist. Mit Petri Lindroos ist seit 12 Jahren ein besonderer Sänger am Mikro, der mit seiner Stimme auch maßgebliche Wirkung auf den Zuschauer entfaltet und ENSIFERUM ein markantes Gesicht verleiht.
SONATA ARCTICA sind bei mir eine Live-Unbekannte, doch dieser schwarze Fleck wird heute auch getilgt. Mit Tony Kakko hat die Band einen charismatischen Frontmann in den Reihen, der das Publikum voll mit einbezieht und mit kurzen Ansagen und Fragen zu vielkehligen Antworten verleitet. Der musikalische Bogen spannt sich über die gesamte Schaffenszeit der Finnen und ist Vollbedienung pur. Zum Schluss hat Tony noch einige Dankesworte für die Fans parat und man stimmt musikalisch mit Wodka an. Nach den Finnen ist vor den Finnen und so werden SONATA ARCTICA von ihren Landsleuten …
… CHILDREN OF BODOM abgelöst, die bei den Ballenstedt-Wiederkehrern keine Unbekannten sind. In diesem Jahr hat man mit "I Worship Chaos" auch noch neues Material am Start, auf das auch großzügig eingegangen wird. Die Fans freut es, sie feiern die neuen Nummern wie auch die älteren Klassiker ab und lassen es sich nicht nehmen, von der ersten Minute steil zu gehen. Auch die Jungs von COB machen nicht lange rum und arbeiten hochkonzentriert und voll fokussiert ihre Setlist ab. Die Fans danken es mit einem Moshpit und auch die Grabenschlampen dürfen wieder ordentlich zupacken und einen Crowdsurfer nach dem nächsten im Graben entgegennehmen.
Die Dämmerung setzt so langsam ein und die Dark Stage ist präpariert für den Auftritt optisch unterstützende Feuersäulen. Für die Potsdamer SUBWAY TO SALLY ist die pyrotechnische Unterstützung der Ausgleich dafür, dass man es nicht auf die Position des Headliners geschafft. Doch wen juckt es, die Fans haben die sich zwischenzeitlich gebildeten Lücken im Publikum wieder geschlossen und man huldigt der Band mit textsicherer und zahlreicher Unterstützung, die jede Diskussion um den Stellenwert einer Band im Keim ersticken lässt.
Vor der Headliner-Show von POWERWOLF gibt es das obligatorische Dankeschön des Veranstalters und der Crew sowie das gewohnte Gruppenfoto.
Ich habe im Vorfeld bereits einige Stimmen gehört, die meinten, dass man POWERWOLF mittlerweile oft genug gesehen hätte. Mein eigenes Gefühl sagt mir hier auch, dass die Band gerade auf einer Welle schwimmt, die es auszukosten gilt. Folgerichtig gibt man sich als Headliner des Rock Harz 2016 die Ehre und brennt im wahrsten Sinne des Wortes ein Feuerwerk ab. Wieder zeigt sich das Publikum textsicher und Songs wie 'Blessed And Possessed und 'Amen und Attack' sind die Steilvorlage zum Mitgrölen. Weitere Einsatzmöglichkeiten bieten sich im weiteren Verlauf der Setlist, wobei es reichlich Unterstützung von Flammenwerfern und Bengalos gibt und die Show in ein besonderes Licht taucht. Gemessen an der Show und dem Auftritt der Saarländer hat der letzte Festivaltag einen würdigen Abschluss gefunden, wobei auch die Fans, die sich bis hierhin durchgekämpft haben, dem Marathon vereinzelt Tribut zollen müssen.
So lässt sich sicherlich erklären, dass sich das Feld vor der Bühne merklich lichtet und der Abreiseverkehr vom Zeltplatz verstärkt einsetzt. Für TANZWUT, die im letzten Jahr mit Stromproblemen zu kämpfen hatten, sicherlich wieder ein undankbarer Begleitumstand, dafür hat man sich beim Rock Harz aber mit dem weiteren Auftritt in diesem Jahr gebührend entschuldigt. Diesmal läuft es glatt und die Berliner Mittelater-Rocker können ihre Show ohne Probleme dem immer noch ausharrenden Publikum kredenzen.
Schluss war dann aber immer noch nicht, denn die Bremer Mittelalter-Rocker VERSENGOLD haben das große Los gezogen, den verbliebenen Rest in die Nacht zu verabschieden. Zeit also, ein
... Fazit zu ziehen. Der letztjährigen Kritik bei der Anfahrt hat man sich selbstkritisch gestellt und auch positiv gelöst. Für Sauberkeit wurde gesorgt und auch in Sachen Vielfalt beim Essen wurde einiges geboten, was ich als besonders positiv hervorheben möchte. Dazu noch humane Getränkepreise und eine der Situation nicht nur in Ballenstedt geschuldete Aufstockung der Security, die weitestgehend mit dem nötigen Fingerspitzengefühl agierte und lediglich in einem Fall, den ich mitbekommen habe, überreagiert hat. Der betroffene Metaller wird sich vielleicht aufgrund seines Alkoholspiegels gar nicht mehr daran erinnern können, dass man ihn etwas unsanft vom Gelände getragen hat. Es bleibt also der Ausblick auf das nächste Jahr, wobei auch dieses Jahr die Planungen bereits angelaufen sind und mit ARCH ENEMY, DEATH ANGEL, IN EXTREMO und MONO INC. bereits die ersten Bands feststehen. Wir sehen uns also in 2017 in Ballenstedt!
Bericht und Pics vom Rock Harz: RJ |
Billing
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*** AND THEN SHE CAME *** ANNIHILATOR *** AVANTASIA *** AXXIS *** CHILDREN OF BODOM *** DEADLOCK *** DER WEG EINER FREIHEIT *** DRACONIAN *** DUST BOLD *** ENSIFERUM *** ENSLAVED *** ENTOMBED A.D. *** FINNTROLL *** FLESHGOD APOCALYPSE *** GAMMA RAY *** GLORY HAMMER *** GRAND MAGUS *** HACKNEYED *** HÄMATOM *** HARPYIE *** HELDMASCHINE *** ILLDISPOSED *** KAMPFAR *** KÄRBHOLZ *** KNORKATOR *** INTROGODS *** OMNIUM GATHERUM *** POWERWOLF *** PRIMORDIAL *** ROCK DEVILZ *** SALTATIO MORTIS *** SATYRICON *** SAXON *** SHAKRA *** SOILWORK *** SONATA ARCTICA *** SPIRITUAL BEGGARS *** SUBWAY TO SALLY *** SUICIDAL ANGELS *** TANKARD *** TANZWUT *** THE NEW ROSES *** TWILIGHT FORCE *** VERSENGOLD ***
Auf der AFM-Label-Night am 6. Juli spielen:
*** J.B.O. *** KISSIN' DYNAMITE *** ONSLAUGHT *** SHAKRA *** MORS PRINCIPUM EST *** |
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