Interview mit Sänger Lon Fright und Drummer Luke Seven von The Fright

Ein Interview von Stormrider vom 11.11.2017 (24119 mal gelesen)
Im Zuge der Veröffentlichung von "Canto V" standen uns THE FRIGHT Sänger Lon Fright und Drummer Luke Seven Rede und Antwort.

THE FRIGHT haben kürzlich mit "Canto V" ein Album veröffentlicht, das die Band qualitativ auf eine neue Stufe gehoben hat (zum Review). Sänger Lon Fright und Drummer Luke Seven Seven zeigen im Interview, dass man in der Gruft nicht nur ordentlich rocken, sondern offenbar auch eine Menge Spaß haben kann.

Hallo in die Gruft! Ich hoffe alles gut bei Euch da unten? Ist ja schon eine Weile her, dass wir das letzte Interview geführt haben, um genau zu sein vier Jahre. In der Zwischenzeit habt ihr ja nicht nur 2015 "Rising Beyond" veröffentlicht, sondern auch kürzlich das starke "Canto V". Während ihr bisher ja noch eher undergroundig und im DIY-Style unterwegs wart, steht ihr nun bei Steamhammer/SPV unter Vertrag. Eines der ersten Dinge, die man realisiert, wenn der Opener 'Bonfire Night' loslegt ist, dass ihr einen konkurrenzfähigen Sound spendiert bekommen habt, für den Waldemar Sorychta verantwortlich zeichnet. Wie kamt ihr auf Waldemar?

Lon Fright: Von Waldemar las ich das erste mal im Buch "Century Media – Do it Yourself". Darin geht es darum, wie sich das Label und die damit verbundene (Gothic) Metal Szene gerade in Deutschland etablierte. Ein Blick auf meine Plattensammlung offenbarte mir dann, bei wievielen Alben Waldemar mitgewirkt hat. Nachdem mein guter Freund Rod von THE OTHER auch nur Gutes über ihn zu erzählen hatte, habe ich ihm unsere Pre-Production zugeschickt, die er offensichtlich cool fand. Für mich war er auf jeden Fall die erste Wahl.

Wie kann man sich Eure Zusammenarbeit an "Canto V" dann vorstellen, und hat sich Eure Arbeitsweise dadurch verändert? Und hat er Euch mit seiner Erfahrung auch beim Songwriting/den Arrangements unter die Arme gegriffen?

Luke Seven: Ja, Waldemar hat uns bereits im Schreibprozess unter die Arme gegriffen. Wir haben zunächst die Pre-Production soweit wie möglich selbst fertiggemacht und an Waldemar geschickt. Er hat dann noch ein paar Ideen und Veränderungen eingebracht, insbesondere was Strukturen oder den Satz einzelner Instrumente anging. Anschließend ging es zu ihm ins Studio, um alles professionell aufzunehmen. Waldemar hat eine sehr disziplinierte und geduldige Arbeitsweise, zumindest dann, wenn nicht gerade sein Rechner streikt. Das hat sich natürlich positiv auf die Platte ausgewirkt, denn wir haben alle 105 Prozent gegeben und mit ihm Schritt für Schritt höchstakribisch an "Canto V" gearbeitet. Ein "ach das geht schon, hört man eh nicht", gibt es bei ihm nicht. Es musste alles sitzen, was sich letztendlich auch positiv auf unsere Liveshow und Selbstdisziplin ausgewirkt hat.

Ich finde, ihr seid mit "Canto V" auf einem neuen Level angekommen. Manche Fans belegen es ja negativ, wenn man bei einer Band feststellt, dass sie "erwachsener" geworden ist. Ich finde hingegen, dass ihr damit zur nationalen und internationalen Konkurrenz aufschließt und "Canto V" das Potenzial hat, Euch komplett neue Hörerkreise zu erschließen. Wie seht Ihr Eure Entwicklung? Seid ihr "erwachsen" geworden?

Lon Fright: Wir wissen mittlerweile einfach, was wir wollen. Es ist eine Frage von Professionalität und Beharrlichkeit. Manchmal muss man sich auch schlichtweg seine Fuck Off-Haltung bewahren, um mit der notwendigen Konsequenz zu arbeiten. Wir machen das, worauf wir Lust haben, sozusagen frische Musik für Junggebliebene von jugendlichen Greisen!

Wo seht Ihr selbst die größten Unterschiede zwischen "Canto V" und seinem Vorgänger "Rising Beyond"?

Lon Fright: Fetter, zwingender und kurzweiliger.

Luke Seven: Langsamer, düsterer, durchdachter.

Ja, kann man wohl wirklich so beschreiben. Der Albumtitel "Canto V" ist an "Die Göttliche Komödie" von DANTE angelehnt. Wie kam es zu diesem Thema, und hast Du den Schinken ganz gelesen, bevor Du an die Lyrics gegangen bist? Und gibt es ein, wenn auch loses, Konzept, welches die Songs verbindet, oder steht der Albumtitel einfach ohne Konzept für sich?

Lon Fright: Die Idee zu dem Thema kam eigentlich von unserem Gitarristen Kane. Und nein, den ganzen Schinken habe ich natürlich nicht gelesen. Ich kenne die Geschichte aber gut genug, um die Metaebene zu den Songs herzustellen. Muss man aber gar nicht. Der erste Teil des Albums dringt thematisch eher in persönliche Sphären vor, bis es sich gegen Ende hin gesellschaftspolitisch offenbart. Das soll jetzt bloß nicht so pseudointellektuell klingen. Ok, klingt es eh, fuck! Am Ende habe ich einfach das zu Papier gebracht, was mich beschäftigte. Und eins der Dinge waren die ganzen Spackos, die wieder nach Grenzen schreien.

Wie stellst sich dabei der Zusammenhang zum Albumcover dar, bei dem ihr wieder Timo Würz gewinnen konntet, der neben Euch auch schon mit einigen bekannten Bands gearbeitet hat?

Lon Fright: Timo hat ja schon das Cover zu "Rising Beyond" gemalt und auch schon einige Shirt-Designs für uns gemacht. Deswegen war er wieder unser erster Ansprechpartner. Es sollte sowas wie ein Wimmelbild werden, in dem man alle Songs auch auf dem Cover wiederfindet. Guckt es euch also mal in Ruhe an und versucht, die Verbindung zu den Songs herzustellen. Das, was sofort ins Auge fällt, ist sicherlich, dass der Typ auf dem Cover sich die Maske absetzt und wirklich keine Schönheit ist. Leichen im Keller und so, ihr wisst was ich meine.

Nöö, eigentlich nicht, aber interessant zu wissen, dass Du Leichen im Keller hast. Übrigens ein Schelm, wer nicht grinsen muss, wenn eine Band mit Eurem Konzept ihr neues Album an einem Freitag dem 13. veröffentlicht. Musstet ihr da nicht selber etwas schmunzeln?

Lon Fright: Wir sind einfach große Hockeyfans!

Luke Seven: Diese Frage schon wieder. Irgendwie wurde mir das beim letzten Mal schon nicht abgekauft, dass das Datum zufällig gewählt war. Glaubt ihr uns wenigstens?

Ehrlich gesagt, nein. Aber das macht nichts, es passt ja bestens zu Euch. Ihr habt auf "Canto V" wieder sehr viel Wert auf eingängige Refrains gelegt. Ein Titel, der das Zeug dazu hat, in den Metal-Discotheken die Tanzflächen in Bewegung zu setzen, ist 'Leave', ein Duett mit Michelle Darkness von END OF GREEN. Deine - ich nenn sie mal "Grabesstimme" - ist der von Michelle und auch Jyrki69 (THE 69 EYES) nicht unähnlich. Nachdem Du mit Jyrki69 ja bereits auf "Rising Beyond" ein Duett gesungen hast, ist es nun dieses Mal Michelle Darkness. Wie kam es zu der Kollaboration?

Lon Fright: Ich persönlich finde unsere Stimmen gar nicht so ähnlich. Klar, da singt ein langhaariger Typ mit Pandamaskerade über Liebe und Tod in tieferen Melodien. Das gab's mit Sicherheit noch nie. Ich fühle mich gesanglich aber eher von Leuten wie Ian Astbury, Glenn Danzig oder Sebastian Bach inspiriert. Für eine Stimme wie die von Michelle müsste ich mir wohl noch eine LKW-Ladung Kippen und Whiskey bestellen, so tief komme ich dann doch nicht. Aber hoch komme ich! Hoden-im-Bauchraum-Hoch!

Luke Seven: END OF GREEN sind einfach eine großartige Band, welche Lon, Danny und ich ziemlich abfeiern. Wir haben Michelle bereits als Feature auf der Scheibe einer befreundeten Metal-Band gehört und dachten uns: Fuck, genau das ist es! Beim gemeinsamen Gig im Leipziger Werk 2 kam dann der Kontakt zustande, und wir sind der Meinung, dass sich das Ergebnis der Zusammenarbeit definitiv hören lassen kann!

Ja, 'Leave' ist absolut eines der Highlights auf "Canto V". Daneben habt ihr auf dem Album noch den Song 'In Sicherheit' gemeinsam mit FLIEHENDE STÜRME. Lon, mit wem würdest Du zukünftig gerne noch ein Duett aufnehmen? Und warum gerade mit diesem Künstler?

Lon Fright: Ian Astbury von THE CULT. Das wäre ein Traum. Es wäre einfach interessant mal zu hören, wie er einen Song von uns interpretieren würde. Oder mit LANA DEL RAY, sie hat die schönstemelancholische Stimme die ich je gehört habe. Und schöne Lippen.

Fakt. Aber bevor das Gespräch in die falsche Richtung abdriftet. Ihr seid ja nun auch schon eine ganze Weile am Start und feiert dieses Jahr 15-jähriges Bandbestehen. Dabei gab es laut Wikipedia nur einen Besetzungswechsel. Reife Leistung das so lange gemeinsam durchzuziehen! Wie habt ihr das gefeiert?

Lon Fright: Mit ner Ladung Zewa Wisch & Weg!

Luke Seven: Ein Teil dieser Antwort würde die Bevölkerung verunsichern!

Dann sollten wir die Bevölkerung lieber nicht verunsichern und bleiben hart am Thema. Viele Musiker machen in so einer Zeitspanne eine Entwicklung durch, die sie von ihrem Sound der Anfangstage wegführt. Ihr seid indes weiterhin im Horror-Punk mit starkem Sleaze-Einfluss beheimatet. Was hält diesen Sound für Euch spannend?

Lon Fright: Also irgendwie ist es schon noch Horror, aber eben reeller und kein kulturell inspirierter. Horrorpunk sind wir meiner Meinung nach gar nicht mehr, und wie will man Horrorpunk eigentlich definieren? Spannend ist es immer, wenn man nicht so klingen will "wie" oder "weil". Natürlich hört man unsere Einflüsse ganz klar raus, und das ist ja auch kein Geheimnis. Die Spannung erhält man sich, indem man unaffektiert macht, worauf man Lust hat, ungeachtet dessen, was vermeintlich gerade gut ankommt. Ich könnte jetzt auch Schlager mit harten Gitarren machen, nenne es NDH und verneine es von RAMMSTEIN "inspiriert" zu sein, bzw. geklaut zu haben. Ich könnte auch einfach aus dem Schlagerbaukasten schöpfen und es Gothic nennen. Vermutlich würde es dann mit einer größeren Anzahl von Festivals klappen, aber dann könnte ich auch als Koch arbeiten und jedem Gast Erbsen als Kaviar verkaufen ... natürlich mit Popeln.

Während der 15 Jahre habt ihr ja die meiste Zeit tief im Underground gesteckt. Wie hat sich die Szene aus Eurer Sicht verändert?

Lon Fright: Immer der gleiche Scheiß, immer die gleichen Anbiederungen, Scheiße schlucken und genießen. Es gibt so geile Musik und Künstler gerade im Underground Bereich. Komischerweise wird es immer beschissener, je bekannter die Bands im Independent Bereich werden. Ich verspreche hiermit, dass wir uns davor hüten werden und auch nie ein Duett mit Chris Pohl machen. Ich warte schon die ganze Zeit bis es eine Black Edition mit Carmen Nebel gibt. Da kann dann die ganze Plastikscheiße auftreten und wir können den Sack zu machen und ordentlich paddeln.

Kommen wir wieder zurück in die Gegenwart. Was können wir in der nächsten Zeit von THE FRIGHT erwarten? Auf Eurer Homepage sind bis dato noch keine Tourdaten veröffentlicht. Wann kann man zu den neuen Songs die Matte kreisen lassen und die Fäuste recken?

Lon Fright: Wir spielen am 30.11. im Rock Cafe Prag mit unseren Freunden von DARKH und am 12.01. in Hamburg mit den Dudes von JOHNNY DEATHSHOW in der Markthalle. Die Tourbestätigungen kommen dann nächstes Jahr und paar Festivals sind auch schon bestätigt.

So langsam kommen wir auch schon zum Ende unseres kurzen Interviews, daher mal was anderes. THE FRIGHT spielen nicht nur Horrorpunk, auch wenn wir nicht mehr genau wissen was das ist, sondern auch optisch mit den klassischen Genreklischees. Wenn Ihr wählen könntet, was der letzte Song ist, den Ihr hören möchtet, bevor es hinab in die Gruft geht, welcher wäre es? Und wieso gerade dieser?

Lon Fright: Ja, wir sind ja dafür bekannt schon immer mit Skullpainting und Devillook aufzutreten. NEIN! Wir haben den Kajal-Look Of Death! Die Frage mit dem letzten Song stell ich mir häufiger. Vielleicht SOLSTAFIR - 'Miðaftann' wenn alle weinen sollen. Aber ich bin dafür den Tod zu feiern dann wohl eher GHOST DANCE mit 'Celebrate'.

Luke Seven: Meiner wäre 'Look On Down From The Bridge' von MAZZY STARR. RICK AND MORTY-Fans werden es verstehen.

Ich danke Euch für Eure Zeit. Wie es bei uns gute Tradition ist, gehören die letzten Worte des Interviews Euch. Noch etwas, was Ihr unseren Lesern mit auf den Weg geben möchtet?

Lon Fright: Hört Ihr Euch "Canot V" nicht an und erzählt Euren Freunden nicht davon: Dann gibts nen Paddel. Kommt jemand nicht auf unser Konzert: Wird gepaddelt. JedeR der/die uns supportet bekommt eine exklusive Teilnahmebestätigung für unseren Kurs "Wie isst man eine Orange". Danke für's Lesen, danke an den Interviewer und allen Supportern!

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