Ein Interview von HappyTarabas vom 05.09.2001 (30857 mal gelesen)
Ein Fan-Interview aus dem September 2001
Tanja: Wann und wie bist Du Musiker geworden?
Mat Sinner:
Das war vor ca. 25 Jahren, ich war eigentlich ein talentierter
Fussballer, hatte aber auf der anderen Seite schon ein grosse Vorliebe
für Rock Musik. Fussball wurde mehr und mehr reduziert und dafür mehr
Gitarre gespielt :-)
Tanja: Hat Deine Familie Dich unterstützt, oder wollten sie Dich überreden doch lieber einen "vernünftigen" Beruf zu ergreifen?
Mat Sinner:
Ich habe einen vernünftigen Beruf - das war sehr wichtig für mich.
Insgesamt hielt sich die Unterstützung meiner Familie in Grenzen, obwohl
ich ein tolles Verhältnis zu meinen Eltern habe.
Tanja: Hast Du eine Ausbildung zu einem "richtigen" Beruf oder hast Du
immer Musik gemacht? Wolltest Du schon als Kind Musiker werden?
Mat Sinner:
Ich bin Industriekaufmann und Personalleiter bei Nuclear Blast. Ich
arbeite in einem seriösen Beruf in einer Plattenfirma und wie oben schon
gesagt, ist dies für mich unheimlich wichtig.
Tanja: Gab es schon mal einen Punkt, wo Du am liebsten alles
hingeschmissen hättest? Was hat Dich dazu bewogen es nicht zu tun?
Mat Sinner:
Es gab zwei Punkte in meiner Karriere, wo ich nah dran war, erst mal aufzuhören.
Meistens ist der Anlass, wenn Topmusiker die Band verlassen und sich
einer anderen Band anschliessen, oder wenn es eine Revolution innerhalb
der Band gibt. Ich will zwar nicht länger auf dieses Thema eingehen,
aber meine Hartnäckigkeit und Bodenständigkeit ist bekannt und nach
einer Nacht Schlaf sieht die Welt wieder anders aus.
Tanja: Wie kommt es, dass Du zwei Bands hast? War das Absicht oder Zufall
und wie koordinierst Du die beiden? Setzt Du Prioritäten, oder sind Dir
beide Bands gleich wichtig?
Mat Sinner:
Im Moment kann ich nur für Primal Fear arbeiten, weil die Band
unglaublich erfolgreich im Moment ist und das auch hoffentlich bleiben
wird. Sinner wird dann wieder ins Studio gehen, wenn ich genügend Zeit
habe und ich meine Vision von der Zusammenstellung der Band auch
verwirklichen kann. Deswegen stellt sich auch nicht die Frage nach
Prioriät.
Tanja: Wie hast Du die Musiker in Deinen Bands kennen gelernt? Ist Euer
Verhältnis rein geschäftlich, oder geht Ihr auch mal zusammen was trinken?
Mat Sinner:
Das ist ja das Schöne an Primal Fear. Wir sind privat wirklich gute
Freunde, nicht nur Partner. Das macht Spass und deswegen ist auch die
Stimmung in der Band grossartig.
Tanja: Hat Primal Fear schon neue Songs in Planung, oder macht Ihr jetzt
erst mal eine ausgedehnte Pause? Wie geht es denn bei Sinner weiter? Ist
da schon ein neues Album geplant?
Mat Sinner:
Wir haben 17 Songs für die neue Primal Fear Platte geschrieben und es
werden bestimmt noch 5 Songs dazukommen. Im Dezember gehen wir ins
Studio und Ende April/Anfang Mai kommt das neue Primal Fear Album "BLACK SUN" auf
den Markt, deswegen gibt es auch keine Planung bzgl. Sinner momentan.
Tanja: Wodurch lässt Du Dich beim Songschreiben inspirieren?
Mat Sinner:
Einfach von allem. Gute News, schlechte News - wichtig ist, die Idee
sofort festzuhalten - egal ob es auf einem Diktiergerät ist oder gleich
auf dem Homestudio.
Tanja: Kennst Du noch alle Deine Songs, oder musst Du die alten ab und zu
"auffrischen"? Gibt es einen Trick, wie Du Dir die ganzen Songs merkst?
Mat Sinner:
Ich kenne wirklich alle Songs und Tricks habe ich auch nicht. Nicht nur
Politiker haben manchmal einen Blackout, auch ich habe mich schon auf
der Bühne erwischt, wie auf einmal der leichteste Part nicht mehr im
Hirn war, aber ab dem nächsten Break ist schon wieder alles im Griff!
Tanja: Wie lange dauert es einen Song aufzunehmen und wie viel Arbeit
steckt dahinter?
Mat Sinner:
Das ist natürlich ganz verschieden. An manchen Songs oder Texten
schreibst Du eine Ewigkeit und änderst permanent und dann gibt es Songs,
wo Text, Arrangement und Musik vom ersten Demo an funktionieren. Aber
von der ersten Idee bis zum Recording im Studio dauert es 6 Monate.
Tanja: Wie sieht ein Tagesablauf für Euch im Studio aus? Nach welchen
Kriterien sucht Ihr Eure Studios aus?
Mat Sinner:
Wir arbeiten seit 4 Jahren fast immer im gleichen Studio dem "House of Music" in
Winterbach. Winterbach ist nicht weit entfernt von unserem Wohnort
Esslingen und wir haben ein ausgezeichneten Draht zum Inhaber und unser
Engineer Achim ist Studiomanager. Das passt und ausserdem ist das Studio
qualitätstechnisch auf Top-Level.
Tanja: Sicher ist es Dir am liebsten, live zu spielen - hast Du auch noch
manchmal Lampenfieber?
Mat Sinner:
Ganz im Gegenteil. Ich bin lieber im Studio und bastele an den Songs
herum, aber natürlich ist die Kommunikation zwischen Fans & Band etwas
ganz besonderes. Lampenfieber habe ich immer 5 Minuten vor dem Gig, aber
wenn ich auf die Bühne gehe ist es verflogen. Das ist aber sicherlich
auch ein reiz an diesem Job - jeder hasst es und liebt es zugleich.
Tanja: Ich stelle es mir komisch vor, wildfremden Menschen, die Dich
scheinbar sehr gut kennen, Autogramme zu geben und Dich mit Ihnen zu
unterhalten. Ist Dir das manchmal unangenehm, oder gibst Du gerne
Autogrammstunden? Wirst Du auch oft auf der Straße angesprochen?
Mat Sinner:
Ich hasse eigentlich Autogrammstunden, aber sehe auch ein, dass es für
eine Band von unserem Standing einfach ein Part unseres Jobs ist und
deswegen auch nützlich. Klar werde ich ab und zu auf der Strasse
angesprochen, aber meist in netter Form!
Tanja: Wenn ich als Fan einen Brief schreiben will, kann ich den dann auch
direkt an Euch schreiben, oder geht alle Fanpost über den Fanclub? Lest
Ihr die Briefe dann trotzdem noch? Interessiert es Dich, wenn Dir die
Fans aus ihrem Leben erzählen, oder ist Dir das nicht so wichtig?
Mat Sinner:
Natürlich können sich Fans direkt an uns wenden. Im Zeitalter des
Internets werden sowieso fast nur noch Mails geschrieben. Wir lesen jede
Mail und beantworten auch jede Mail!
Tanja: Was würdest Du Dir von den Fans wünschen, z. B. bei der
Autogrammstunde oder in den Fanbriefen?
Mat Sinner:
Was sie wirklich von uns auf der nächsten Platte hören wollen, oder
welche Songs, wenn wir auf Tour gehen!
Tanja: Metallah, WahWah, Headbanger´s Ball, etc. gibt es ja schon seit
einiger Zeit nicht mehr im deutschen Fernsehen. Siehst Du eine Chance,
dass solche Sendungen wiederkommen oder denkst Du, dass Metal und
klassischer Rock nicht mehr angesagt genug sind für eigene Sendungen?
Mat Sinner:
Angesagt ist diese Musikrichtung schon, Du musst nur in die jeweiligen
Albumcharts schauen. Es werden reichlich Metalplatten gekauft, nur war
es schon immer ein Stiefkind der TV Macher. Da laufen lieber parallel 3
Volksmusiksendungen, bevor auch nur um Mitternacht eine Metalsendung
eine Chance bekommt. Die totale Ignoranz unserer Medien schmerzt schon.
Tanja: Ist die TV-Situation in anderen Ländern besser? Gibt es woanders
noch richtige Metal-Sendungen?
Mat Sinner:
Es gibt Sendungen und in fast allen Ländern in Europa ist das Verhältnis
der Metalbeiträge wesentlich höher als in Deutschland.
Tanja: Wie beurteilst Du die Metal-Situation in Deutschland im Vergleich
zu anderen Ländern? Sicher ist Japan noch verrückter nach Bands wie
Euch, aber wie sieht es zum Beispiel in den Staaten aus?
Mat Sinner:
Wir spielen zum Glück auf der ganzen Welt. Wir waren dieses Jahr schon
2x in den USA mit Primal Fear und beim 2. Besuch waren wir schon
Headliner auf dem legendären Milwaukee Metalfest. Die Entwickling für
uns ist super und wir sind auch sehr zufrieden. Auch unsere
Besucherzahlen in Deutschland waren auf der ?Nuclear Fire? Tour sehr erfreulich und
auch die Resonanz auf den Sommer Festivals war top. Wir können uns also
nicht beklagen.
Tanja: Wie beurteilst Du die Möglichkeiten von Metal im Internet?
Mat Sinner:
Eine tolle Plattform von Fanzines, Fans, Musikern und Bands zu
kommunizieren und sich zu informieren. Im Internet musst Du nicht einen
Monat auf ein neues Magazin warten, sondern kannst die Infos immer
up-to-date nachvollziehen. Ich liebe es!
Tanja: Wer entscheidet wohin Eure Tourneen führen?
Mat Sinner:
Das machen wir in Absprache mit unserem Tourmanagement und Agentur
Continental Concerts. Wir arbeiten schon seit Gründung von Primal Fear
zusammen und es funktioniert bestens.
Tanja: In welchem Land fühlst Du Dich am wohlsten?
Mat Sinner:
Deutschland ist ganz o.k. - ich habe mir noch keine grösseren Gedanken
gemacht in einem anderen Land zu leben, obwohl ich mich in Barcelona
sehr sehr wohl fühle. Auch Paris und London sind klasse!
Tanja: Wie kamst Du zu der Rolle des Produzenten und was sind Deine Aufgaben?
Mat Sinner:
Ich habe das letzte Wort in Sachen Sound und Musik. Ausserdem arbeite
ich mit jedem Musiker intensiv an jeder aufgenommenen Spur, bis zum
finalen Mix. Das ist eine grosse Verantwortung, aber unser Team
funktioniert ganz gut und wir konnten mit dem finalen Resultat immer
sehr zufrieden sein.
Tanja: Stimmt es, dass Du auch andere Bands unterstützt? Wie sieht diese
Hilfe aus?
Mat Sinner:
Dieses Statement stimmt zumindest zurzeit nicht ganz. Ich gebe zwar
jeden Leuten Tipps, die mich anschreiben, aber zur direkten
Unterstützung fehlt mich einfach die Zeit.
Tanja: Wen hast Du privat immer bewundert? Und wer ist Dein musikalisches
Vorbild?
Mat Sinner:
Ein eigentliches Vorbild habe ich nicht, weil ich persönlich nicht auf
Drogen stehe und Leute wie Phil Lynott einfach Oberdrogisten waren. Aber
seine Musik und Texte finde ich schon einzigartig. Ausserdem mag ich
Sting, Kip Winger, David Coverdale, Van Halen, Billy Idol und viele
mehr. Von den neueren Bands Fuel, Creed, Prime Sth, Lifehouse und auch STP.
Tanja: Hast Du Angst, dass z. B. Death Metal Bands unsere Jugend schlecht
beeinflussen? Denkst Du, dass solche Bands sehr viel Einfluss haben?
Mat Sinner:
Klar haben Bands einen gewissen Einfluss auf ihre Fans, aber ganz so
krass würde ich es nicht sehen. Es gibt einen Haufen geiler Bands unter
den Black Metallern.
Tanja: Was hältst Du von Festivals? Findest Du es sehr interessant andere
Bands zu treffen und kennenzulernen? Freundet man sich dann auch
untereinander an?
Mat Sinner:
Klar! Festivals sind cool - immer ein Haufen Fans da und man sieht immer
wieder Bands und Freunde. Es war immer schön diesen Sommer die Jungs von
Nevermore und Savatage zu treffen!
Tanja: Wie findest Du Rockopern wie z. B. Avantasia von Edguy-Frontmann
Tobias Sammet? Würdest Du so was auch gerne machen, oder ist das etwa
schon in Planung? Würdest Du das dann mit einer Deiner Bands machen,
oder würdest Du Dir dann Gastmusiker aus anderen Bands holen? David
DeFeis hat ja sogar eine richtige Theater-Gruppe dazu gebracht sein
"House of Atreus" auf die Bühne zu bringen. Fändest Du es besser, wenn
man Theater und Metal trennen würde?
Mat Sinner:
Trennen sollte man dies nicht. Ich finde es auch sehr interessant. Ich
kenne auch Tobi und fand Avantasia eine absolute super Geschichte, die
auch mir viel Spass gemacht hat. Persönlich habe ich dies nicht geplant,
aber ich werde mir mit einer neuen Sinner Platte viel Zeit lassen und
einige Überraschungen in personeller Hinsicht anbieten.
Tanja: Wie steht Ihr zu Groupies? Ist das tatsächlich in der Rock- und
Metalszene so ein Thema?
Mat Sinner:
Für mich nicht!
Tanja: Wie wichtig sind Dir die Balladen wie z. b. auf den Metal
Dreams-Alben? Brauchst Du das als Ausgleich zu der "harten" Musik,
sozusagen zum ausspannen?
Mat Sinner:
Eigentlich höre ich dann nicht Metal Dreams, sondern Künstler wie Sting,
Don Henley oder die Solo Alben von Kip Winger - das entspannt mich als
Alternative.
Tanja: Wie stellst Du Dir Dein Leben im Alter vor? Willst Du solange Musik
machen wie möglich oder willst Du Dich vorher zurückziehen, um nicht als
Metal-Opa in die Geschichte einzugehen?
Mat Sinner:
Wenn ich heute noch Roger Glover, Ian Gillan und Ian Paice von Deep
Purple sehe, dann muss ich noch immer vor ihrer Leistung den Hut ziehen.
Da würde mir niemals das Attribut Metal-Opa in den Sinn kommen. Das muss
jeder für sich entscheiden. Ich fühle mich noch gut in Schuss ein paar
Jahre zu rocken!
Tanja: Hast Du eigentlich Haustiere? Wer kümmert sich um die, wenn Du auf
Tour bist?
Mat Sinner:
Habe ich momentan nicht, aber das kann sich ändern.
Tanja: Was hältst Du denn von "gebastelten" Bands, die im Fernsehen
produziert wurden, wie z.B. "No Angels"?
Mat Sinner:
Anfänglich war ich überhaupt nicht gut darauf zu sprechen, aber man muss
den Mädels schon attestieren, dass sie ihren Job sehr ernst nehmen und
auch gut machen. Wenn ich mir überlege von welchen Termin zum andern die
Mädels hasten und dazu immer lächeln und gut drauf sein, ist nicht einfach.
Das machen die No Angels schon top. Aber die Art & Weise solche Bands
zusammenzustellen wird sich bald relativieren.
Tanja: Kennst Du die Band Jacobs Dream? Wenn ja, wie findest Du ihre
Musik? Hast Du sie vielleicht schon einmal persönlich getroffen?
Mat Sinner:
Ich kenne ihre Musik und finde die Platten auch spannend. Getroffen habe
ich die Band persönlich noch nicht.
Tanja: Your famous last words, please! :-)
Mat Sinner:
Stay Metal, take care & you guys ROCK !