Interview mit Totalscorn von IXXI

Ein Interview von Kex vom 06.04.2009 (10108 mal gelesen)
IXXI existieren seit drei Jahren, starteten als Nebenprojekt und haben sich voll und ganz dem Black'n'Roll verschrieben. Mittlerweile bei Candlelight Records unter Vertrag, ist Werk Nummer drei "Elect Darkness" erschienen. Album Nummer vier ist in Arbeit. Sänger Totalscorn stand Rede und Antwort.

Mit "Elect Darkness" habt ihr bereits euer drittes Album veröffentlicht. Gratulation! Waren die Reaktionen ähnlich denen der positiven bei dem Vorgänger "Assorted Assentment"?

Totalscorn: Von dem was ich bisher gesehen habe, denke ich, dass die Bandbreite der Reviews wesentlich größer ist bei "Elect Darkness", es gab alles von schlechten bis sehr guten Kritiken. Ich kann aber nicht sagen, dass das besonders aussagekräftig ist, denn "Elect Darkness" erschließt sich dem Hörer eigentlich erst nach und nach über einen längeren Zeitraum. Auf diesem Album haben wir uns nicht von Sentimentalitäten zurückhalten lassen, dementsprechend ist es unvermeidbar, einige Leute zu verärgern, die exakt den Musikstil der vorangegangenen beiden Alben erwartet haben. "Elect Darkness" ist die Bestrebung den Rahmen eines Genres zu sprengen mit einem Konzept für die Audienz, das intelligent und ganzheitlich angelegt ist - sowohl in der Musik als auch in den Texten - und mit etwas Zeit denke ich, dass auch unsere heftigsten Kritiker, uns einen Daumen nach oben geben müssen!

Ihr wolltet etwas machen, das sich komplett vom konservativen Black unterscheidet. Nun ist das dritte Album mit Black'n'Roll raus gekommen. Erwarten uns noch weitere anders geartete Avantgarde Projekte?

Totalscorn: Ich denke, dass "Elect Darkness" die Grenze dessen, was wir an Genrevermischung machen wollen, darstellt; zumindest für die nächste Zeit erst mal. Das Spiel mit diesem Bündel Genre überschreitender Konzepte auf diesem Album weckt in uns momentan den Wunsch beim nächsten weniger abzuheben. So weit es uns angeht ist Black Metal nach wie vor das wichtigste Element unseres Black'n'Roll Spitznamens, unter dem wir hausieren gehen. Deshalb sollte "Elect Darkess" auch nicht als verweichlichend interpretiert werden. Man bewege sich nur unter die Oberfläche dieses Albums und die meisten intelligenten Menschen werden feststellen, dass es härter ist, als ein Großteil der Blast-Beats orientierten Corpse-Paint Bands dort draußen.

Welchen Lebensstil verbindest du mit Black'n'roll, welches Lebensgefühl vermittelt dieser Musikstil deiner Meinung nach?

Totalscorn: Naja, es ist Black Metal ohne den ganzen Ernst. Es beinhaltet die Freiheit, einige mitreißende Rhythmen zu schaffen, zu denen man im Black Metal sonst eher nicht berechtigt ist. Außerdem, da Rock'n'Roll neben Black Metal nicht den einzigen Einfluss darstellt, ist es vielleicht treffender zu sagen, dass wir modernen Black Metal ohne die übliche Engstirnigkeit produzieren. Die Attitüde, dies findet sich vor allem auf "Elect Darkness" sehr stark wieder, kann wie folgt beschrieben werden: Die eher ernsthaften Ansichten des Black Metal werden von einem theoretischen Level auf eine realitätsnahe Ebene herunter gebrochen. Die Werte werden etwas detaillierter dargestellt als die stumpfe Satansverehrung - wir erweitern zwar unsere musikalischen Möglichkeiten, bleiben aber inhaltlich auf dem Boden der Tatsachen.

Wie unterscheidet ihr euch von Bands wie CARPATHIAN FOREST, NATTEFROST, TOXIC HOLOCAUST oder DEAD TO THIS WORLD, die sich ebenfalls mit Black'n'Roll auseinandersetzen?

Totalscorn: Keine Ahnung. Natürlich habe ich von CARPATHIAN FOREST und NATTEFROST schon mal gehört und ich denke, dass IXXI sich doch schon sehr von diesen Produktionen unterscheidet. Ich vermute mal, dass diese Bands ernsthafter an die Sache rangehen und sich bemühen einem bestimmten Stil treu zu bleiben, im Unterschied dazu versuchen wir weiter zu gehen.

Wenn ihr einen Song schreibt, entscheidet ihr da in irgendeiner Form wie viel Black und wie viel Roll vorkommen soll? Hat sich da irgendwas durch die Wechsel im Line-up verändert?

Totalscorn: Beide Fragen: Nein. Was das Songwriting betrifft, arbeiten wir alles weitestgehend gemeinsam aus, welches Material uns weiterbringt und welches nicht - es würde uns sehr merkwürdig vorkommen, uns hinzusetzen und den Black Metal Anteil jedes Liedes abzuschätzen. Wir würden uns wahrscheinlich wie Deppen vorkommen, um ehrlich zu sein. Wir sind anständige Künstler. Die Besetzung hat sich natürlich mehrfach geändert, aber das war nichts fundamental Wichtiges. Es ist ein Unterschied, ob man Sessions-Musiker austauscht oder neue Schlüsseltalente sucht. Die Kernbesetzung (Totalscorn, Acerbus, Nattdal, Avsky) ist so festgeschrieben wie zur Gründung IXXIs. Das heißt nicht, dass andere, zeitweise aktive Mitglieder irrelevant gewesen wären, nur eben nicht wichtig genug, um zu definieren was IXXI an sich ausmacht.

Jeder von euch spielt neben IXXI noch in anderen Bands. Wie lassen sich all die Termine organisieren?

Totalscorn: Acerbus nimmt gerade mit ONDSKAPT ein neues Album auf. Nattdal ist unter anderem Namen bei LIFELOVER aktiv und hat manchmal mehr als alle Hände voll zu tun. Ich persönlich hoffe ja, dass die Umstände eines Tages eine neue ZAVORASH Produktion zulassen. Bei der Ausarbeitung der Zeitpläne kommt es öfter zu Reibungen, aber bisher war das eigentlich OK - man muss sich zurückerinnern, dass IXXI eigentlich als Nebenprojekt begann. Die Qualität unserer Arbeit und die Menge chaotischen Spaßes, die wir hatten, hat letztlich zu dem geführt, was man eine Band nennen kann. Die Aufmerksamkeit durch Candlelight Records ist dabei nicht zu unterschätzen. Plötzlich hatte IXXI eine Plattform, die alles in den Schatten stellte, was ONDSKAPT oder LIVELOVER (nicht zu vergessen ZAVORASH) je erreichten. Das heißt nicht, dass wir nun alles aufgeben würden, was bisher für uns an erster Stelle kam. Ein Beispiel: Ich habe bisher keine Ambitionen meinen Vollzeitjob aufzugeben.

Euer letztes Album beschäftigte sich im Großen und Ganzen mit den Schwächen der Menschheit und der Überwindung gesellschaftlichen Gelähmt-Seins. Welchen Themen widmet ihr euch auf "Elect Darkness"?

Totalscorn: Kurz zusammengefasst: Es ist eine in alle Richtung gehende zeitgemäße Kritik, die von einer Black Metal Perspektive ausgehend alle Völker und Überzeugungen dieser beschissenen Welt angreift. Das Tüpfelchen auf dem I war die Wahl Barack Obamas zum Präsident der Vereinigten Staaten, aber das war ungefähr ein Jahr nachdem der Titel des Albums bereits stand, also müssen wir denjenigen, die auf das Unmögliche zu hoffen wagten, leider mitteilen, dass "Elect Darknes" kein Tribut-Album ist. Ich habe die Texte geschrieben, werde hier also nicht in Eigenlob verfallen, aber ich denke, dass "Elect Darkness" die gleiche Basis nutzt wie "Assorted Assentment", allerdings mehr philosophisches Wissen beansprucht, um verstanden (genossen?) zu werden.

Welche Songs sind musikalisch wie auch inhaltlich für dich die wichtigsten dieses Albums?

Totalscorn: Dieses Album, und das hat keinen Seltenheitswert, war eine ganzheitliche Erfahrung. Ich habe keinen Lieblingssong, ich glaube niemand von uns hat einen. Um manche dieser griesgrämigen Kritiker zu beruhigen, hätten wir dieses Album vielleicht auf ein, maximal zwei Songs verkürzen sollen, aber glücklicherweise ist es nicht unsere Hauptaufgabe Kritiker zufrieden zu stellen. Ich denke, dass jeder einzelne Song verdammt noch mal ein Juwel ist, allein schon wegen dem, was jedes einzelne Stück beabsichtigt hat; so ist "Elect Darkness" dann eben eine Stunde lang. Meine Güte, die Leute können ja immer noch so tun, als hätte es eine A und eine B Seite.

Das nächste Album entsteht ja bereits. Wie kommt ihr voran und in welcher Weise beeinträchtigt es euch, dass ihr keinen Schlagzeuger mehr habt?

Totalscorn: Hm, da wir ja irgendwie alle unter einem kollektiven Aufmerksamkeitsdefizit leiden, haben wir natürlich schon massenhaft Ideen hervorgebracht, bevor "Elect Darkness" fertig war. Ein Album pro Jahr ist IXXI Routine geworden, obwohl ich denke, dass wir mit dem vierten Album vielleicht etwas mehr Zeit aufwenden werden, einfach um unseren Ambitionen nachzukommen, uns in die Richtung weiter zu entwickeln, in die es uns verschlagen wird. Naja und Schlagzeuger ... davon hatten wir jetzt vier, so wie es momentan aussieht wird ein fünfter bei den nächsten Proben zugegen sein. Es ist mehr ein Problem auf dem Papier, klein im Vergleich zu anderen Dingen.

Was braucht jemand, der Teil von IXXI sein möchte?

Totalscorn: Black Metal braucht mehr als Leute, die sich schwarz anzuziehen, andernfalls zerbricht man irgendwann. Das, was uns am meisten neben uns selbst ankotzt, sind Leute, die uns im Weg stehen. Unsere Besetzung ist so weit ziemlich solide, aber wenn sich irgendwo da draußen ein talentierter Gitarrist findet, der Talon an der dritten Gitarre ersetzen möchte, so soll er sich umgehend bei mir melden, gleiches gilt für raffinierte Schlagzeuger, wobei wir bei jedem neuen hoffen, dass er derjenige ist, welcher endlich bei uns und unserer Routine bleibt. Es ist schon hart genug, uns gegenseitig selbst zu ertragen, neue Leute kennen lernen ist etwas, das wir tunlichst vermeiden.

Ich danke euch für die ausführlichen Antworten, traditionell gehören die letzten Worte der Band:

Totalscorn: Danke für die Möglichkeit, uns äußern zu dürfen. Ich hoffe, ich bin mit meinen Antworten entgegenkommend gewesen. Hails and nails!

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