Livebericht Insomnium (mit Before The Dawn und MyGrain) |
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Ein Livebericht von Krümel aus Wiesbaden (Schlachthof) - 23.11.2011 (34341 mal gelesen) |
Wer den "Schlachthof" in Wiesbaden noch von früher kennt, jedoch schon länger nicht mehr dort war, wunderte sich bei der Ankunft, ein Schild am Eingang zu finden, welches verkündete, dass das Gebäude baufällig ist. Rechts neben dem alten Gebäudekomplex in Richtung Turm befindet sich zudem ein Riesenloch in der Erde mit großer Baustelle drum herum. Der Schlachthof wird in Zukunft dort seine neue Heimat finden. Das bedeutet aber nicht, dass bis zum Zeitpunkt X keine Konzerte mehr stattfinden. Der Betrieb geht zunächst in Räucherkammer und 60/40 weiter. Puh - Glück gehabt! Wollte das Bleeding-Team doch unbedingt das nordische Melodic Death Metal Package MY GRAIN, BEFORE THE DAWN und INSOMNIUM erleben. Und so betraten Krümel und Opa Steve kurz nach 19 Uhr die Ausweichräumlichkeiten, um sich diese finnische Bandzusammenstellung anzuschauen und anzuhören. Der Konzertraum, der Platz für etwa 200 Leute bietet, besitzt eine recht niedrige Gewölbedecke. Auch die Bühne hat nicht gerade überdimensionale Ausmaße, weswegen das darauf verteilte Equipment etwas eng beisammen stand. Trotzdem wirkt die Location aber ansprechend und irgendwie heimelig. Langsam trudelte dann weiteres Publikum ein. Zunächst waren es ca. 120 Leute, die in lockerer und fast familiärer Atmosphäre die erste Band des Abends erwarteten. Nach einem Sirenenintro betraten MYGRAIN die ziemlich kleine Bühne, die wie schon gesagt mit Equipment nur so vollgestopft war. Doch das machte dem finnischen Six-Pack bestehend aus Drummer DJ Locomotive, Rhythmus Gitarrist Resistor, Sänger Tommy, Aushilfs-Keyboarderin Laura Dziadulewicz (von MEDEIA), Leadgitarrero Mr.Downhill und Bassist Yonas überhaupt nichts aus, sondern legte gleich ordentlich los. MYGRAIN bewegen sich stilistisch zwischen melodischem mit Keyboardlines versehenem Death Metal, Metalcore und seit dem aktuellen Album auch progressiveren Anteilen. Von Anfang an wuselte Fronter Tommy, dessen Gesang mittlerweile von deathigen Growls über Core-Screams bis hin zu äußerst melodischen Cleanvocals variiert, zwischen seinen Kollegen hin und her. Die ließen sich schnell von der guten Laune ihres Vokalisten und dem netten Empfang des Publikums anstecken. Und so herrschte trotz des wirklich sehr beschränkten Radius' jedes Einzelnen bei der Präsentation der Songs aus der gesamten bisherigen Bandschaffensphase wie z. B. 'Of Immortal Aeons' (von der selbstbetitelten 2011er Scheibe "MyGrain"), 'Plastic' (vom Debut "Orbit Dance") oder dem mit einem sehr progressiven Gitarrensolo und ebensolcher Clearvocal-Einlage versehenen 'Trapped In An Hour Glass' recht viel Bewegung auf der Bühne. Resistor glänzte neben einigen Soli oft mit Dreadlock-Propeller-Banging, musste aber aufgrund der niedrigen Decke und eines genau über seinem Kopf verlaufenden Rohres höllisch aufpassen, sich nicht mit seiner Haarpracht darin zu verfangen. Selbst Keyboarderin Laura stand nicht wie viele Tastenhauer einfach still da, sondern tanzte, bangte und animierte ihrerseits sowohl ihre Mitstreiter als auch das Publikum. Da alle Stücke der Finnen wirklich zum Mitmachen prädestiniert sind, nahmen vor allem die Leute vor der Bühne gerne die Einladung zum Bangen, Mitwippen oder was auch immer an. Leider verging die Zeit natürlich viel zu schnell. MYGRAIN beendeten ihren mehr als ordentlichen Opener-Auftritt unter wohlverdientem Applaus. Völlig unbeachtet vom Publikum (welches sich größtenteils erstmal der Getränketheke zuwandte bzw. nach draußen zum Rauchen verzog)absolvierte BEFORE THE DAWN-Bandkopf Tuomas Saukkonen in der Umbaupause seinen Gitarrensoundcheck für den kommenden Gig. Nach und nach fanden dann sogar ein paar mehr Leute als vor/bei der ersten Band den Weg ins Schlachthofinnere. Mach einigen technischen Fehlversuchen, kündigte schließlich ein bombastisch-dramatisches Intro die finnischen Melodic Deather Metaller an, die kurz darauf die Bühne betraten und gleich mit 'Disappear', nahtlos gefolgt von 'Fear me', loslegten. Neben den Gitarren ist Mastermind Tuomas auch für den Gesang zuständig. Normalerweise wechselten sich bisher auch live die Deathgrowls von ihm mit den Clearvocals ab. Doch da Lars Eikind nicht mehr in der Band ist, singt der Meister inzwischen allein. Überhaupt sind BEFORE THE DAWN mittlerweile wieder härter geworden; der Gothic/Dark-Einfluss, der noch auf älteren Scheiben zu hören war, ist verschwunden. Und so kamen die weiteren Stücke wie 'Repentance', 'Wraith' und 'Unbreakable', welches den u. a. auch anwesenden französchen Fans gewidmet wurde, deutlich heftiger rüber als früher und als sie auf der CD wirken. Als Schmankerl gab es dann einen völlig neuen Song, welcher auf dem neuen Album zu finden sein wird. Bei der Ankündigung dazu zeigte Tuomas, der sich ansonsten gewohnt zurückhaltend, fast introvertiert, gab und nur wenige, meist knappe Ansagen machte, einen richtig trockenen Humor: er drohte mit Todesstrafe, wenn er dieses Stück am nächsten Tag auf Youtube finden würde...Wie man an den Songtiteln erkennt, präsentierten BEFORE THE DAWN nicht nur Stücke von der aktuellen CD "Deathstar Rising" sondern aus fast allen bisherigen Alben. Trotz einiger Zugaberufe verließen Saukkonen und Co. nach 'Phoenix Rising' relativ schnell die Bühne. Insgesamt war die Show zwar gut und solide, aber ich habe die Finnen schon deutlich agiler und mitreißender gesehen. Während des nächsten Changeover verdichtete sich dann die Menge im Saal zusehends. Nach einiger Zeit ertönte das sehr atmosphärisch-düstere 'Intertia' und spätestens mit dem 1. Ton von 'Through The Shadows' war klar, für welche Band die meisten der anwesenden Leute eigentlich den Weg zum Schlachthof gefunden haben: für INSOMNIUM. Der Vierer erschuf mit seinem dunkel-melodischen Death Metal vom ersten Augenblick an eine sehr intensive und dichte Atmosphäre, die bis zum Ende hin anhielt. Und zum 1. Mal an diesem Abend gab es auch sowas wie eine Lightshow, die der Stimmung natürlich zuträglich war. Das Publikum war sofort sehr agil dabei und sang die dargebotenen Songs mit. Da die Tour unter dem Motto des Albums "One For Sorrow" stand, hatten die Finnen natürlich einige aktuelle Stücke wie 'Only One Who Waits', 'Song Of The Blackest Bird', welches ein paar unglaublich schöne Doom-Riffs enthält, oder 'Unsung' mit im Gepäck. Aber auch älteres Material ('Where The Last Wave Broke' (2009), das etwas härtere 'The Day It All Came Down' (2004) oder das 2002er 'The Elder') kam zum Zuge. Und obwohl man den Jungs einerseits die typisch finnische Zurückhaltung anmerkte, so zeigten sich die Headliner doch deutlich extrovertierter als die Vorband. Viele der Ansagen machte Fronter und Bassist Niilo Sevänen sogar in wirklich gutem Deutsch und prieß eifrig das mitgebrachte Merchandise an. Weil's so schön war, überraschten INSOMNIUM nach 'Weighed Down With Sorrow' als einzige Band dieses Abends mit gleich zwei Zugaben ('Every Hour Wounds' und 'One For Sorrow'). Beim letzten Song fiel leider teilweise über mehrere Sekunden (wie auch vorher bereits ab und zu einmal) das Mikro aus, so dass der Gesang nicht zu hören war. Trotzdem konnte diese kleine technische Pannen den Hörgenuss und die Atmosphäre insgesamt nicht wirklich stören. INSOMNIUM wurden zu Recht mit viel Applaus und nur sehr ungern von der Bühne entlassen. Somit endete ein schöner Melodic/Dark Death Metal-Abend mit einem wirklich bestens zusammen passenden Finnen-Package. Alle Bands zeigten Einsatzfreude und lieferten guten Darbietungen ab, wobei INSOMNIUM deutlich herausstachen. BEFORE THE DAWN hätten wie bereits oben erwähnt ruhig etwas mehr Power zeigen dürfen. Dafür überraschte aber gerade der Opener MYGRAIN mit seiner frischen und sympathischen Art äußerst positiv. |
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